Texas - Austria: Eine Berg-und-Tal-Novelle für Ein- und Auswanderer
Von Ernst von Wegen
()
Über dieses E-Book
Freuen Sie sich auf eine nachdenklich und doch humorvoll erzählte Novelle, wie man sie nur selten zu lesen bekommt.
Mehr von Ernst Von Wegen lesen
Fliehkräfte: Erzählungen und Kurzgeschichten aus zwei Jahrzehnten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMaiglöckchen-Blues: Vom Duft der kleinen, weiten Welt Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnlich wie Texas - Austria
Ähnliche E-Books
Zwischen Steppenwind und Rotem Asphalt: Die Erinnerungen von Helene Hartmann an die russischen Revolutionen und die beiden Weltkriege Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Früchte der Tränen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFlo... Liebe im Mittsommer: Schwedenroman Band 2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWeinfrankenmorde: 9 Kurzkrimis aus Franken Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas heilige Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Geigenbauer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKommissar Hansen ermittelt:: 3. Nackte Tatsachen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAn Willem Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSeewölfe - Piraten der Weltmeere 90: Rebellion am Silberstrand Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen-Grauer- -Adane-: Zwei Novellen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Rückkehr des Kirby Halbmond Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJan Kiekut: Die Abenteuer des Jungen vom Vegesacker Utkiek Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMein Usedom Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenErinnerungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBen und der gefangene Drache Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Brenner ist nichts für heurige Hasen: Familienerlebnisse in den 50er Jahren Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Licht Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDrei Lieben: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Alpenwaran: Ein fantastisches Märchen für Groß und Klein Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKopf über Bord Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Monster von Bozen: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Märchenfischer Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSiehdichum: Annäherungen an eine brandenburgische Landschaft Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJane Eyre, die Waise von Lowood Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenImmer noch Träume: Des sind wir fröhlich Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBrockland - Band 2 Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerliebte Ferienreise Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOstpreußen für Anfänger: Ansichten, Einsichten und Vergnügliches für Spurensucher Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGaslicht 1: Die Geistergaleere Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen"Ich habe die Wolken von oben und unten gesehen": Die Berge, das Wetter, mein Leben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Allgemeine Belletristik für Sie
Das Nibelungenlied Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Welle: In Einfacher Sprache Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKönig Artus: Die Geschichte von König Artus, seinem geheimnisvollen Ratgeber Merlin und den Rittern der Tafelrunde Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnnas Tagebuch: A Short Story for German Learners, Level Elementary (A2): German Reader Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDenke (nach) und werde reich: Die 13 Erfolgsgesetze - Vollständige Ebook-Ausgabe Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Sämtliche Creative Writing Ratgeber: 5 x Kreatives Schreiben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAna im Kreis: Novela en alemán (nivel A1) Bewertung: 3 von 5 Sternen3/5Der Tod in Venedig Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWalter Benjamin: Gesamtausgabe - Sämtliche Werke: Neue überarbeitete Auflage Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHandbüchlein der Moral Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDienstanweisung für einen Unterteufel Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Kaiserin Elisabeth und die historische Wahrheit Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerlaufen in Berlin Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHarry Potter und der Stein der Weisen von J K. Rowling (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchöne neue Welt von Aldous Huxley (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGermanische Mythologie: Vollständige Ausgabe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJames Bond 01 - Casino Royale Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Italienisch lernen durch das Lesen von Kurzgeschichten: 12 Spannende Geschichten auf Italienisch und Deutsch mit Vokabellisten Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMetamorphosen: Bücher der Verwandlungen: Mythologie: Entstehung und Geschichte der Welt von Publius Ovidius Naso Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Edda - Nordische Mythologie und Heldengedichte Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesammelte Werke Gustav Meyrinks Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer kleine Hobbit von J. R. R. Tolkien (Lektürehilfe): Detaillierte Zusammenfassung, Personenanalyse und Interpretation Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGesammelte Werke: Romane, Memoiren, Essays, Novellen und Erzählungen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFriedrich Wilhelm Nietzsche – Gesammelte Werke Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGrimms Märchen: Mit hochauflösenden, vollfarbigen Bildern Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Heinrich Heine: Gesammelte Werke: Anhofs große Literaturbibliothek Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Ilias & Odyssee Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenImmanuel Kant: Gesammelte Werke: Andhofs große Literaturbibliothek Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchneewittchen und die sieben Zwerge: Ein Märchenbuch für Kinder Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5
Rezensionen für Texas - Austria
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Texas - Austria - Ernst von Wegen
1. Auf dem Gipfel
„Wir waren kurz vor dem Gipfel, wir sahen schon das Kreuz..."
„Das Kreuz, Papa? Welches Kreuz?"
„Auf den Gipfeln der Alpen stehen Kreuze, mein Sohn..."
„Warum Kreuze, Dad? Warum keine Flaggen? Wenn man ein Land erobert, stellt man doch zuerst seine Flagge auf..."
„Du bringst da einiges durcheinander, Benny. Wir haben das Land nicht erobert, sondern befreit. Aber diese Geschichte erzähle ich dir, wenn du älter bist. Na ja, und die Berge kann man ohnehin nicht erobern..."
„Ach ja, bei den Bergen heißt es ‚bezwingen’..."
„So nennen es die Abenteurer, ich sage lieber: besteigen. Oder einfach: betreten..."
Fast wortgenau kamen die Sätze seines Vaters aus der Tiefe der Erinnerung an die Oberfläche des Bewusstseins. Ben blieb kurz stehen und keuchte. Die dünne Luft machte ihm deutlich mehr zu schaffen, als er vermutet hatte. Verdammt, da gingen welche ohne Sauerstoffgeräte auf die Achttausender und er keuchte und schnaufte bei zweieinhalbtausend Metern schon! Endlich hatte er jenes Kreuz vor Augen, jenen Gipfel, von dem ihm sein Vater so oft und so viel erzählt hatte. Er ignorierte seine Erschöpfung und taumelte auf das Gipfelkreuz zu, wie ein Marathonläufer auf die Ziellinie. An die Stimme seines Vaters konnte Ben sich kaum noch erinnern, er fühlte die Worte mehr, als er sie hörte: so, als würden sie mit jedem Schritt durch seinen Körper schwingen. Das war der Sauerstoffmangel, der im Takt seines rasenden Herzens gegen die Schläfen pochte und die Worte seines Vaters halluzinierte:
„Früher hatten die Menschen eine Heidenangst vor den Bergen, weil sie zu wenig über sie wussten. Man blieb lieber in den sicheren Tälern und wer dennoch einen Berg überqueren musste um in das nächste Tal zu gelangen, begab sich in große Gefahr. Viele von ihnen blieben auf der Strecke, blieben im meterhohen Schnee stecken und erfroren, wurden von Lawinen begraben, oder von Steinen erschlagen, die sich aus den Felswänden lösten. Andere wurden zerfleischt von Bären und Wölfen, die damals noch in den Alpen lebten. Manche erreichten ihr Ziel mit Frostbeulen im Gesicht, mit erfrorenen Fingern oder gebrochenen Beinen. Wahrscheinlich kamen die meisten ohne Schrammen an, aber die Menschen erzählten sich schon immer das Schreckliche am liebsten, und so bekamen die Berge ihren üblen Ruf: Wo der Tod in so vielfacher Gestalt lauerte, musste das Böse hausen! Damals sagten die Leute: Wird es dem Teufel in seiner Hölle zu langweilig, treibt er in den Bergen sein Unwesen. Ohne Not ging früher keiner hinauf in das Reich des namenlosen Grauens. Heute tragen die Gipfel Namen und Kreuze und dadurch glaubt man den Schrecken gebannt..."
‚Scheint zu funktionieren,’ dachte Ben und lächelte ‚ich kann nichts Schreckliches erkennen.’ Fünfzehn Meter vor dem Kreuz blieb er abermals stehen. Die Luft reizte Rachen und Lungen. Zu schnelles, gieriges Atmen tat richtig weh. Ben verspürte Durst, unglaublichen Durst. Und Hunger! Und jenes unbändige Gefühl, das ihn manchmal auch beim Lesen überkam: die tiefe Sehnsucht, diesen Augenblick mit jemandem zu teilen.
Helen war mit den anderen bei der Hütte geblieben. Besser gesagt: Ben hatte sich heimlich davon gemacht. Um Helen zu schonen, sagte er sich, und auch weil ihm der Rest der Gruppe gelegentlich auf die Nerven ging. Dies hier war sein Ding, das ging die anderen nichts an, es waren die Spuren seines Vaters, die er verfolgte, seine Geschichte. Die zwei Jahre, die George Kline in Old Austria als Soldat stationiert gewesen war, hatten ihn sein Leben lang nicht mehr losgelassen. Schon früh hatte er in seinem Sohn die Begeisterung für die Alpen geweckt und sich so einen geduldigen Zuhörer geschaffen, einen Kameraden, mit dem er seine Ausflüge in die Berge immer wieder von Neuem erleben konnte. Was George am meisten fasziniert hatte, begann Ben jetzt erst allmählich zu erahnen: „...es liegt ein geheimnisvoller Zauber in der Einsamkeit der Berge. Und die vollkommene Einsamkeit findet man auf dem Silberstein! Gab es so was wirklich? Einen Gipfel mit einer besonderen Aura, die man spüren konnte? Konnte sich Einsamkeit hier anders anfühlen, als anderswo? Ein unvorsichtiger Blick in die grelle Sonne schwärzte Ben’s Sicht für eine Weile. Er schloss die Augen und atmete langsam und tief ein. Noch immer hämmerte es in seinen Schläfen und hallte im Kopf wie ein wildes Trommeln nach. Er öffnete die Augen wieder und seine überreizten Sehnerven setzten ihm die Berge nur widerwillig ins Bild. An der Grenze zur Ohnmacht glaubte er genau jene „Einsamkeit
zu erfahren, von der sein Vater sprach: ein ausschließliches Erleben seiner selbst, ein Moment absoluten Behagens. Ein Behagen, das erkauft war mit Verausgabung bis zur Grenze. Solche Strapazen konnte er Helen wirklich nicht zumuten. Sie wäre mitgekommen, bestimmt sogar. Aber eben nicht mit seiner Begeisterung. Sie wäre mitgekommen, ihm zu Gefallen und hätte vermutlich halb auf dem Wege schlapp gemacht. Es war für alle besser, wenn er solche Ausflüge alleine machte. Was zum Beispiel hätten seine vier Freunde mit den ständig gezückten Videokameras schon von so einer Tour gehabt? Ihnen war ein Reiseziel so recht wie jedes andere, wenn es nur Unterhaltung bot. Einsamkeit lässt sich nicht fotografieren und Ruhe macht sich schlecht in den bewegten Bildern ihrer Videos, wie also hätten sie verstehen sollen, was er hier finden wollte? Und wie hätte er’s mit ihnen finden können? Also besser alleine. Und nun hatte er es geschafft: er stand auf dem Silberstein, dem Lieblingsberg seines Vaters! Ben zog ein Foto aus der Tasche und verglich es mit der Wirklichkeit. Das Gipfelkreuz streckte seine Arme noch genauso trotzig von sich, wie auf dem Foto. Erst als er näher kam, sah er, wie Wind und Wetter am Holz genagt hatten. Das Foto zeigte den Vater mit zwei weiteren US-Soldaten. „Wir hatten dafür zu sorgen, dass nach den Katastrophen „Drittes Reich und „Zweiter Weltkrieg
wieder ein normales Leben möglich wurde." Erst als Jugendlicher hatte Ben verstanden, wie das gemeint gewesen war. ‚Wenn ich’s nicht wüsste’, dachte er, ‚käme ich nicht auf die Idee, eine solche Landschaft könne solche Katastrophen gebären!’
Ben hielt das Foto vor die scharfgezackten Konturen der fernen Dreitausender und nannte einen Gipfel nach dem anderen mit seinem Namen, so wie sein Daddy sie ihm genannt hatte: Adlerkofel, Totenkopf, Großer und Kleiner Himmelturm, Schneespitze, Frauenwand, Steinteufel..., Ben hätte sie aus dem Gedächtnis zeichnen können! Nur der Gletscher, der auf George Klines Fotografie noch mächtig zwischen den majestätischen Riesen hervorquoll, sich lang und breit über das Kar wälzte und dann stoppte, wie ein Raubtier, das den Sprung in die bewohnte Gegend scheute – dieser Gletscher hatte sich weit zurückgezogen und streckte Ben bloß noch frech seine kleine weiße Zunge zwischen Schneespitze und Frauenwand heraus. Auch die dünne Luft in 2516 Metern Höhe verriet das Foto nicht.
„Eines Tages werden wir zusammen auf dem Silberstein stehen" hatte ihm der Vater so oft versprochen. Und als George schon gewusst hatte, dass er sterbenskrank gewesen war, hatte er sein Versprechen immer mit einem Zusatz versehen:
„Eines Tages fahren wir beide in das Land der Berge, in das Land unserer Väter. So Gott will, fahren wir zusammen dahin. Und wenn der Herr es nicht will, fährst du alleine und es wird sein, als wäre ich dabei." Nun stand Ben alleine im fernen Land der Berge, deren Stille in seinen Ohren widerhallte und deren Luft auf der Zunge prickelte und so sehr er sich bemühte, er fühlte keine Spur von den Vorvätern, selbst der Vater war nur mühsam zusammen geklaubte, halb halluzinierte Erinnerung.
Ben setzte sich und lehnte sich gegen den Steinsockel in dem das Kreuz verankert war. Bergdohlen umkreisten ihn. Die blauschwarz schimmernden Rabenvögel hatten keinerlei Scheu vor Menschen. Ganz nah bei ihm landeten sie und schienen regelrecht zu betteln. Gut vierzig Meter unter ihm zog ein Rudel Gämsen vorbei, der Wind stand gut, sie kamen ihm näher, ohne ihn zu wittern. Dann schreckten Stimmen sie auf, sie preschten los und verschwanden hinter einer Felsnase. Eine Gruppe von acht jungen Männern näherte sich dem Gipfel. Sie gingen ein für Ben unglaubliches Tempo, ohne zu keuchen, hatten sogar Luft genug zu plaudern. Alle trugen sie dunkelgrüne Hemden, graugrüne Jacken und olivfarbene Hosen mit Taschen an den Seiten und enorme Rucksäcke. Ihr unablässiges Schwatzen widersprach ihrer uniformen Kleidung. Oben angekommen, schüttelten sie einander die Hände mit den Worten: Berg Heil! Seltsamer Brauch, dachte Ben. Das Wort HEIL war ihm aus Vaters Erzählungen in unangenehmer Erinnerung. Auch Ben wurde so begrüßt. Keiner der Männer war älter als fünfundzwanzig und bis auf zwei sprachen