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Lykanta: Eine Geschichte mit Biss
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eBook487 Seiten7 Stunden

Lykanta: Eine Geschichte mit Biss

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Über dieses E-Book

Ein Vampir Roman, der das gängige Klischee etwas durcheinanderwirbelt und eine Heldin präsentiert, die nicht souverän durch die Geschichte schreitet.
Schnell gerät sie in einen Strudel aus Gewalt und Intrige, doch manchmal haben auch Antihelden ihre Sternstunde.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Aug. 2014
ISBN9783847699057
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    Buchvorschau

    Lykanta - Oliver Speier

    1 Dumm Gelaufen

    Meine Handtasche schien Tonnen zu wiegen und ein schneller Blick auf mein iPhone zeigte 22.03 Uhr. Der nächste Bus kam also erst in knapp fünfundzwanzig Minuten. Frustriert seufzte ich auf.

    Ein Heimkommen vor 24 Uhr war nur noch zu schaffen, wenn ich die Abkürzung durch den Park zur U-Bahn-Station nehmen würde. Tagsüber hatte ich damit kein Problem, doch um diese Zeit hatte ich um ehrlich zu sein, ein mulmiges Gefühl. Ein Gähnen bahnte sich den Weg durch meine Kehle und meine schmerzenden Füße, in den Highheels, gaben den Ausschlag. Mit klopfendem Herzen betrat ich den Stadtpark und schritt zügig aus, um ihn schnell hinter mir zu lassen. So schön und idyllisch er tags mit all den Leuten und dem Trubel war, so düster und erschreckend still erschien er mir um diese Zeit, als ich allein über die Wege eilte, nur begleitet von dem lauten Tack, Tack meiner Stöckelschuhe.

    Als ich die Kreuzung erreichte, an der ich zur U-Bahn-Station abbiegen musste, geriet ich ins Stocken. Die Lampen am Wegrand waren alle dunkel. Nervös begann ich auf meiner Unterlippe zu kauen und war kurz davor umzukehren. Letztendlich siegte jedoch die Faulheit über meine Angst.

    Während ich durch die Dunkelheit schritt, versuchte ich mir damit Mut zu machen, dass es ja wohl sehr unwahrscheinlich wäre, wenn gerade ich Überfallen würde. Schon nach kurzer Zeit war ich von düsterer Schwärze umgeben. Immer wieder warf ich Blicke über meine Schulter und verfluchte mich für den Entschluss diesen Weg durch den Park genommen zu haben. Eine Umkehr würde jetzt jedoch noch länger dauern, als den Weg bis zum Ausgang weiterzugehen.

    Zu allem Überfluss meldete sich auch noch meine Blase. Wie das bei uns Frauen eben so ist, hat man dann nicht allzu viel Zeit, sich diesem Bedürfnis zu widersetzen. Ich versuchte es zu ignorieren, machte es damit jedoch nur schlimmer.

    Bis heute ist mir schleierhaft, wie Männer sagen, sie müssen bald mal pinkeln, um dann noch zwei Stunden sitzen zu bleiben und dabei gemütlich ein Bierchen zu trinken, oder noch eben die zweite Halbzeit des Fußballspiels zu schauen.

    Der Weg wurde nun von den Lichtern der Stadt etwas erleuchtet und meine Angst ließ spürbar nach. Ich wurde langsamer und blieb unschlüssig stehen. Die Toiletten auf dem Bahnhof würden mich nicht noch einmal sehen. Der Dreck und Gestank beim meinem letzten Besuch in diesen hatte mir gereicht. Zudem hatte der Druck in meiner Blase einen Punkt erreicht, der mich zum Handeln zwang. Mit einem leisen Fluch auf den Lippen drehte ich mich im Kreis und versuchte in der Dunkelheit eine Stelle neben dem Weg zu entdecken, an der ich mich erleichtern konnte.

    Als ich so stand, stieg mir ein stechender Geruch in die Nase. Ich konnte ihn nicht direkt einordnen, aber er erinnerte mich stark an die Raubtierkäfige im Zoo. Ich versuchte mir gerade einzureden, dass ich dumme Nudel mich hier im Dunkeln selbst verrückt machte, als aus einem Gebüsch keine zwanzig Schritte entfernt ein dumpfes Knurren erklang. Mein Puls stieg auf geschätzte zweihundert und ich begann leicht zu hyperventilieren. Wie festgewachsen blieb ich auf der Stelle stehen und starrte gebannt in die Richtung des Geräusches, konnte im schlechten Licht jedoch kaum etwas erkennen. Langsam glitt ein mächtiger Umriss aus dem Gebüsch. Zuerst dachte ich es wäre ein Mensch, doch die Proportionen passten nicht wirklich. Zwar stand die Gestalt auf zwei Beinen, diese waren jedoch in die falsche Richtung abgeknickt und ihr Umfang hätte wohl manchen Bodybuilder vor Neid erblassen lassen. Der Brustkorb stand dem in nichts nach und auch wenn die Gestalt nach vorne gebeugt war, wirkte sie ungemein bullig und kraftvoll. Ein Hals war nicht zu erkennen, wohl aber der langgezogene Kopf, von dem sich Spitze Ohren erhoben. Das alles hätte wohl schon gereicht um mir klar zu machen, dass ich keinem Menschen gegenüber stand. Was mich jedoch am meisten überzeugte waren die Augen die zu glühen schienen. Das zottige Fell welches überall Abstand, konnte ich im schlechten Licht nur erahnen.

    In Actionromanen würde die Heldin jetzt wohl ihre Waffe ziehen oder ihre geheimen Kampfkünste aktivieren. Das einzige was sich bei mir aktivierte, war meine Blase. Während ich geschockt auf das Monstrum vor mir blickte, spürte ich wie die Nässe meine Beine hinunterlief.

    Dann machte ich endlich was jeder normale Mensch in dieser Situation machen würde, ich schrie wie am Spieß!

    Keine Ahnung ob es mein Geschrei oder der stechende Geruch meines Urins war, auf jeden Fall veranlasste etwas den Werwolf sich auf mich zu stürzen. Tja, die Filmstudios Hollywoods hatten die Viecher recht gut getroffen, was mich wenigstens nicht doof sterben ließ. Sein Brüllen durchdrang die Nacht und wurde durch einen hohen Schrei hinter meinem Rücken beantwortet.

    Dann ging alles drunter und drüber. Irgend etwas traf mich von hinten, mit der Gewalt einer Dampfwalze und ich wurde nach vorne geschleudert. Der Wolf ignorierte mich und katapultierte sich über mich hinweg, wobei eines seiner Beine mich mitten im Gesicht traf. Ich wurde wieder nach hinten gerissen und spürte wie mir Blut aus der Nase schoss. Mein Versuch mit den Händen den Sturz abzufangen scheiterte kläglich und ich schlug unsanft im Dreck auf. Die Luft wurde mir aus den Lungen gepresst und mein Körper fühlte sich an als wären sämtliche Knochen gebrochen. Ein donnernder Knall ertönte aus der Richtung in die der Werwolf gesprungen war, gefolgt von seinem lauten Aufbrüllen.

    Dieses Brüllen reichte aus, um mich förmlich hochschnellen zu lassen. Panisch versuchte ich auf die Beine zu kommen, trat dabei jedoch auf meine Handtasche, die mir noch immer um die Schulter hing. Dies brachte mich erneut zu Fall. Unsanft fiel ich auf meine Knie und verlor dabei auch noch einen meiner Schuhe. Der Lärm hinter mir nahm immer weiter zu und ich begann auf allen Vieren davon zu krabbeln. Erneut erklang dieses Donnern hinter mir, welches ich jetzt eindeutig mit dem Abfeuern einer Waffe in Verbindung brachte. Mit einem Aufheulen warf ich mich wieder in den Dreck, schloss meine Augen, bedeckte meinen Kopf mit den Armen und versuchte mich so klein wie möglich zu machen.

    Ja, schon klar, dieses Verhalten ist wohl absoluter Blödsinn, aber erklären sie so was mal ihrem Körper, wenn es soweit ist.

    Das Keuchen, Knurren und Aufstöhnen in meiner Nähe klang beängstigend und plötzlich mischte sich ein reißendes Geräusch darunter, begleitet von einem hohen weiblichen Schrei, dem der Schmerz deutlich anzuhören war. Irgend etwas schlug dumpf neben mir auf und ich zuckte zusammen, hielt die Augen jedoch weiterhin geschlossen. Der Schrei brach ab und ging in ein gequältes Aufstöhnen über.

    Oh mein Gott, da wurde eben eine Frau von diesem Monstrum zerfleischt und statt irgend etwas zu tun, lag ich hier wimmernd herum. Ich war fast am Durchdrehen und mein Körper zitterte so sehr, dass ich kaum Kontrolle über ihn hatte. Erneut erklang dieses reißende Geräusch und diesmal vermeinte ich auch noch Knochen brechen zu hören. Das Stöhnen wechselte zu einem schrillen Schrei und nahm um einiges an Lautstärke zu.

    Dieser Schrei brachte mich dazu, die Augen zu öffnen.

    Das erste was ich sah, war die rauchende Mündung einer Waffe. Mit einem Aufschrei fuhr ich hoch, um zu erkennen, dass da eine Pistole neben mir im Dreck lag. Im selben Moment wurde mir bewusst, dass es eben diese gewesen sein musste, welche vorhin das dumpfe Geräusch verursacht hatte. Ohne groß nachzudenken, griff ich nach ihr und drehte mich in Richtung der Kampfgeräusche. Mir bot sich ein Bild des Grauens.

    Der Werwolf kauerte über der Frau, hatte sich in Schulter oder Hals seines Opfers verbissen und versuchte eben mit ruckartigen Bewegungen ein Stück aus ihr herauszureißen. Die Frau hatte die Hände am Maul der Bestie und versuchte erfolglos dieses aufzustemmen. Das Biest hingegen schlug mit seinen Klauen immer wieder auf ihren Körper ein. Ich konnte nicht begreifen wie sie überhaupt noch zu einer Reaktion fähig war.

    Dann wurde es hell und ein ohrenbetäubender Knall übertönte alle Geräusche um mich herum. Die Waffe in meiner Hand bockte wütend in die Höhe und ein stechender Schmerz zuckte meinen Arm empor. Ohne das ich überhaupt richtig begriff was ich da tat, gab ich Schuss um Schuss ab.

    Ich sah nichts mehr außer dem Mündungsfeuer der Waffe und das Knallen der Schüsse drohte mein Trommelfell zum Platzen zu bringen. Lichtblitz folgte auf Lichtblitz, bis plötzlich alles wieder in völlige Dunkelheit versank. Mich umwehte eine dicke Rauchwolke und es stank wie an Silvester. Immer wieder krümmte sich mein Finger um den Abzug, ehe mir klar wurde, dass die Waffe leer geschossen war. Dies wurde zudem durch ein nervenaufreibendes Klicken unterstrichen.

    Panisch starrte ich in die Düsternis vor mir, konnte jedoch kaum etwas erkennen. Ich rechnete damit, jeden Augenblick dieses Monster auf mich stürzen zu sehen, um mich wie sein erstes Opfer zu zerreißen.

    Du kannst aufhören. Er ist weg! Erklang es aus der Kampfecke. Langsam begann sich die Kontur der Frau auf meiner vom Mündungsfeuer verblitzten Netzhaut abzuzeichnen. Sie begann sich mühsam aufzurichten und sogar mit dem wenigen Licht um uns herum, sah ich, dass sie übel zugerichtet war. Eine Schulter hing ein ganzes Stück tiefer als die andere, was auf einen Bruch oder schlimmeres hindeutete. Kleidungsfetzen hingen an Armen und Oberkörper herunter. Sie kam taumelnd auf die Beine und machte ein paar Schritte auf mich zu. Die Hand mit der Pistole zuckte in ihre Richtung, was sie zum Innehalten bewegte. Schuldbewusst senkte ich die Waffe und ohne Vorwarnung begann mein Körper erneut krampfhaft zu zittern. Tränen liefen über meine Wangen und als ich zu reden begann, klang meine Stimme schrill und zittrig. Oh mein Gott, wo ist er hin?

    Die Frau setzte sich wieder in Bewegung und kam neben mir zum Stehen. Aufstöhnend ließ sie sich auf die Knie sinken. Als ich die Wunden jetzt aus der Nähe sah wurde mir schlecht. Eine riesige Wunde klaffte in der Schulter. Aus dem Oberkörper waren ganze Stücke der Kleidung und Haut herausgerissen, ich meinte sogar eine Rippe weiß und glänzend hervorschimmern zu sehen.

    Der wird sich in seinen Bau zurückziehen und seine Wunden lecken. Du hast ihn mindestens mit zwei oder drei Kugeln erwischt , antwortete sie mit schmerzverzerrtem Gesicht.

    Sie sind verletzt, ich ruf einen Arzt! , kam es dümmlich über meine Lippen und ich wendete meinen Blick von ihr ab, weil ich befürchtete beim Anblick der Wunden ohnmächtig zu werden. Hektisch suchte ich nach meiner Handtasche, da mein Handy in ihr lag. Sie legte mir ihre Hand an die Schulter und drehte mich langsam, aber bestimmt wieder in ihre Richtung.

    Mit einem traurigen Lächeln sah sie mich an und flüsterte. Du hast mir eben meinen Arsch gerettet, als Rauwolf mich in die Mangel nahm. Dafür hast du echt was gut bei mir. Leider kann mir ein Arzt nicht helfen! Was ich jetzt schnellstens brauche, kannst leider nur du mir geben.

    Verstört blickte ich sie an und fragte mich, ob sie wohl einen Schock hatte und deshalb so verständnisloses Zeug brabbelte. Sie hatte diesem Vieh sogar einen Namen gegeben, was ja wohl alles sagte! Ich wollte mich eben abwenden um wieder nach der Tasche zu suchen als mir an ihrem Mund etwas auffiel. Ihr Lächeln wurde etwas breiter und nun war ersichtlich was daran nicht stimmte. Oh nein! , keuchte ich auf. Oh doch! , kam ihre traurige Antwort, als sie sich blitzschnell zu mir herab beugte und ihre Fangzähne in meinen Hals bohrte. Ein stechender Schmerz durchzuckte mich und eine lähmende Starre erfasste meinen Körper. Schaudernd hörte ich das schmatzende Geräusch, das dabei entstand, als mein Blut in ihre Kehle floss. Langsam wurde alles dunkel um mich und mein letzter Gedanke war.

    Klasse, der Tag ist ja mal wirklich dumm gelaufen.

    2 Platz für die Neuen

    Der stechende Geruch von Pisse war das Erste, was mir beim Erwachen in die Nase drang. Die nasse Strumpfhose und der nicht minder nasse Rock, welche beide kalt und klebrig an meinen Beinen anlagen, ließen keinen Zweifel daran, dass ich der Verursacher dieses Gestankes war. Das eben Erlebte trat mir wieder vor Augen und mit einem Aufschrei fuhr ich hoch. Ein Gurt, der sich von meiner Schulter, quer über meinen Brustkorb in Richtung Becken schlang, warf mich zurück in meine sitzende Position. Als ich mich hektisch umblickte, wurde mir bewusst, dass ich in einem Auto saß und der Gurt mich eben davor bewahrt hatte, in meiner Panik durch die Frontscheibe zu springen. Die Szene im Park schoss mir durch den Kopf und mit einem zittrigen Aufseufzen wurde mir klar, dass ich wohl geträumt hatte. Blieb nur die Frage zu klären. Wem hatte ich ins Auto gepinkelt? Mit schamrotem Kopf drehte ich mich zum Fahrer. Meine Röte wandelte sich schlagartig in fahle Blässe. Fassungslos starrte ich auf die Frau aus dem Park, also hatte ich doch nicht geträumt.

    Als ich sie so anstarrte, warf sie mir einen kurzen Blick zu, ehe sie nach einer Zigarettenpackung griff und sich eine Zigarette heraus angelte. Nachdem diese entzündet war, bot sie auch mir eine an. Ich schüttelte den Kopf, woraufhin sie schweigend weiterfuhr, ganz so, als wäre nichts Besonderes geschehen. Ich nahm sie genauer in Augenschein. Sie war schlank und hatte eins dieser Gesichter, die Frauen wie mich in die Verzweiflung stürzten. Schmal, klassisch, die Haare schwarz, dicht und etwas über schulterlang. Nur die Klamotten passten nicht so recht ins Erscheinungsbild. Statt Pariser Chic gehörten ihre eher in die Pfadfinderecke. Zudem hingen sie in Fetzen an ihr herunter. Im Gegenlicht der vorbeifahrenden Autos, sah ich immer wieder dunkle Flecken aufblitzen, die verdächtig nach Blut aussahen.

    So unauffällig wie möglich, hob ich meine Hand an meinen Hals und begann daran zu fühlen. Fast sofort spürte ich die Bisswunde.

    Du hast mich gebissen! , hörte ich mich atemlos flüstern, um den Satz danach nochmals lauter zu wiederholen. Du hast mich verdammt nochmal gebissen! Ich klappte die Sonnenblende vor mir herunter und betrachtete die Wunden im Spiegel. Wie in einem billigen B-Movie prangte dort die Bissspur und auch sonst bot ich ein verheerendes Bild. Der Mascara war verlaufen und die Schminke wild übers Gesicht verschmiert. Meine Nase und Oberlippe waren blutig und verschwollen, Blut war mir übers Kinn gelaufen und angetrocknet. Meine Haare hingen mir wirr um den Kopf und es waren Blätter und Dreck darin. Scheiße, dabei hatte ich erst vor zwei Tagen stolze 90 Euro beim Frisör für die neue Dauerwelle hingeblättert. Als mir bewusst wurde, über was ich mich gerade aufregte, verfiel ich in hysterisches Gekicher.

    Meine Fahrerin drehte den Kopf zu mir und meinte trocken. Eben dachte ich noch du flippst gleich aus, aber du scheinst es ja recht locker zu nehmen, was da vorhin passiert ist.

    Ansatzlos verstummte ich. In was war ich hier bloß hineingeraten. Mein Mund fühlte sich wund und trocken an. Als ich mit meiner Zunge meine Lippen befeuchten wollte, kam ich dabei an meinen linken oberen Eckzahn und spürte wie er gefährlich in meinem Mund wackelte. Ich blickte in den Spiegel und drückte mit der Zunge leicht gegen ihn. Er kippte einfach aus meinem Mund und fiel in meinen Schoss. Entsetzt starrte ich auf die Zahnlücke. Ich tastete hektisch nach meinem Zahn und als ich ihn fand, streckte ich ihn in Richtung meiner Fahrerin. Mein Zahn ist ausgefallen! , quäkte ich mit erschreckend schriller Stimme.

    Alles was ich als Reaktion bekam, war ein kurzer Blick darauf und den Satz. Ja das ist normal, der macht Platz für die Neuen.

    Für die Neuen? Bei meiner Frage musste ich sie recht dämlich angeschaut haben. Sie zog die Lippen nach hinten und zeigte mir ihre Fangzähne, die strahlend weiß und verdammt gefährlich aufblitzten. Langsam sank mein Arm in meinen Schoß. Meine Gedanken überschlugen sich bei dem Versuch, das eben Gesagte zu verdauen. Erneut tastete ich mit der Zunge in die Zahnlücke und meinte, schon ein Kratzen zu spüren. Verstohlen blickte ich in den Spiegel. Dort zeigte sich jedoch nur die Lücke, welche mir nun endgültig das Aussehen einer Pennerin verpasste.

    Wieso kann ich mich im Spiegel sehen? , fragte ich erstaunt und blickte dabei zu meiner Fahrerin.

    Weil du hineinblickst? Bei ihrer Entgegnung warf sie mir einen ironischen Blick zu. Als sie ihn wieder auf die Straße richtete, glitt ein belustigtes Lächeln über ihr Gesicht. Nach einer kurzen Pause sprach sie erneut. Warte erst mal, bis du Vampire Pizzas essen siehst.

    Pizza? , kam es total verdattert über meine Lippen Ich dachte, äh, aber du hast mich doch vorhin gebi.. , meine Worte erstarben auf meinen Lippen. Irgendwie brachte ich es nicht über mich das Offensichtliche auszusprechen.

    Ihr Lächeln verschwand und als sie mir antwortete, meinte ich sogar einen leicht entschuldigenden Unterton herauszuhören. Klar, ohne Blut geht es nicht, wobei die Menge sehr stark von deiner Lebensweise abhängt, aber das erkläre ich dir später. Im Endeffekt ändert sich für dich nicht viel in der Ernährung. Im Gegenteil, du kannst sogar fast bedenkenlos sündigen, ohne dass dir die Kalorien auf die Hüfte schlagen.

    Bei ihren Worten legte sich meine Hand schuldbewusst auf mein kleines Bäuchlein, es hatte sich jeder Diät der letzten Jahre widersetzt. Meine unbewusste Bewegung war nicht unbeobachtet geblieben. Ihr Tonfall wurde leicht anzüglich, als sie darauf deutete. In spätestens fünf Tagen ist der verschwunden, wenn du bis dahin noch lebst.

    Wenn ich bis dahin noch lebe? , ich klang recht schrill als ich die Frage heraus quiekte.

    Ihr schuldbewusster Blick kehrte zurück und nun war es an ihr nach den richtigen Worten zu suchen. Wie soll ich beginnen? Es gibt Regeln bei uns die strikt eingehalten werden müssen. Zudem sind Vampire , hier fixierte sie mich kurz in der Art ihre Probleme und Streitigkeiten zu regeln, recht aggressiv. Nicht genug damit, da sind auch noch Rauwolf und seine Köter die uns das Leben schwer machen. Oh, und bevor ich es vergesse, in letzter Zeit kommen auch noch die Hunter dazu, die immer öfters ganze Gruppen von uns auslöschen. Sie bemerkte meinen schockierten Blick und lächelte mir beruhigend zu. Genug gelabert, jetzt schauen wir erst mal, dass wir in den Unterschlupf vor der Stadt kommen, danach sehen wir weiter.

    Als wäre damit alles gesagt, verstummte sie und konzentrierte sich wieder auf den Verkehr. Nur ab und an schnippte sie Asche aus dem Wagenfenster. Ich saß neben ihr und versuchte das eben Gehörte einzuordnen und zu verdauen. Sie hatte den Werwolf erneut Rauwolf genannt, was wohl sein Name war. Sie sah ihn somit als Person und nicht als Tier. Mit dem Begriff Hunter konnte ich momentan nichts genaues anfangen, aber es klang nicht gut. Das alles erinnerte mich an den Film „Underworld den ich vor ein paar Jahren im Kino gesehen hatte. Während ich so grübelte, betrachtete ich meine Klamotten. Ich sah aus, als hätte ich zwei Wochen Wildnis hinter mir. Alles war dreckig, die Strumpfhose hatte Laufmaschen und mein rechter Schuh fehlte. Was noch fehlte, war meine Handtasche. Hektisch begann ich im Wageninneren nach ihr zu suchen. Als ob meine unbekannte Fahrerin meine Gedanken lesen konnte sagte sie. Deinen Schuh und die Handtasche hab ich in den Kofferraum geworfen, also keine Panik. "

    Die Vorstellung meine Handtasche verloren zu haben, hatte mich tatsächlich mehr aus der Ruhe gebracht, als unser ganzes bisheriges Gespräch. Männer werden so was wohl nie nachvollziehen können, aber jede Frau wird mir bestätigen, dass eine Handtasche für uns Frauen einfach überlebenswichtig ist.

    Ich sank in den Sitz zurück und versuchte meine Lage zu überdenken. Verstohlen blickte ich zu der Frau neben mir. Sie wirkte nicht wie eine blutrünstige Killerin und im Park hatte sie mir ja auch irgendwie geholfen. Also würde sie mich wohl nicht gleich umbringen, wenn ich ihr jetzt ein paar Fragen stellte.

    Äh, korrigiere, sie hatte mich ja bereits umgebracht, oder etwa nicht? Ich tastete mit meinen Fingern am Handgelenk nach meinem Puls. Nichts! Gänsehaut überzog schlagartig meinen Körper, doch ehe ich deshalb in Panik geraten konnte, spürte ich ein sanftes Pochen unter meinen Fingern. Mein Gefühl der Erleichterung hielt nicht allzu lange an, denn der Puls kam nur alle paar Sekunden und irgendwie konnte ich ihn kaum ertasten. Als meine Fahrerin zu sprechen begann, zuckte ich erschrocken zusammen, da ich total in meine Beobachtung vertieft gewesen war.

    Sorry wegen der Wandlung, aber ich hab echt Blut gebraucht und zwar leider soviel, dass ich dich entweder wandeln, oder sterben lassen musste. Ich schaute sie an und fragte ängstlich. Mein Puls ist kaum noch da, werde ich jetzt eine Untote?

    Sie schüttelte den Kopf. Nein, Vampire sind keine Untoten, aber je weniger Blut du im Körper hast, desto langsamer schlägt dein Herz. Im Extremfall fällt dein Körper in Stasis, bis er wieder Blut bekommt.

    Dadurch hatte ich ein paar Antworten und noch mehr Fragen erhalten. Meine nächste Frage kam auch prompt. Wie regle ich das mit meinem Job? Ich kann meinem Chef ja kaum erklären, dass ich ab jetzt nur noch Nachts arbeiten kann? Kaum war der Satz draußen, war er mir peinlich. Was ich da von mir gab, klang ja recht oberflächlich und snobistisch. Der Job sollte jetzt wohl mein geringstes Problem sein.

    Meine Frage schien sie jedoch nicht zu stören, denn sie antwortete ruhig. Am besten du kündigst so schnell wie möglich. Fürs Geld verdienen gibt es bei uns Arbeit genug. Du solltest auch deine Wohnung aufgeben und den Kontakt zu deiner Familie abbrechen. Sie warf mir einen Blick zu und wirkte recht zerknirscht, als sie weiter sprach. Hast du Mann und Kinder? Ich schüttelte den Kopf. Zögerlich meinte sie. Auch wenn sich das jetzt blöd anhört, das ist gut, erspart viel Schmerz und Ärger..

    Ich blickte zu ihr. Sie schien nach den richtigen Worten zu suchen. Was noch? , fragte ich, um es gleich hinter mich zu bringen. Es musste ja was schlimmeres sein, wenn sie zögerte es mir zu sagen.

    Du wirst keine Kinder mehr bekommen können! , platzte es aus ihr heraus. Dabei sah sie mich an, als erwartete sie, ich würde bei dem Satz ausflippen. No Prob. , kam meine fast schon flapsige Antwort. Grinsend blickte sie mich an. Na dann ist ja alles bestens. Ich hab sowieso vermutet, dass Kinder nicht auf Platz eins deiner Prioritätenliste stehen.

    Wie kommst du jetzt darauf? , fragte ich und blickte sie erstaunt an. Sie deutete mit einer Hand auf mein Kostüm. Schon deine Klamotten sind nicht von der Stange und die Uhrzeit, zu der du noch unterwegs warst, sagen mir, dass du keine kleine Angestellte warst. Dazu dein Alter, die Frisur. Ich würde behaupten, du warst was höheres in deinem Job, oder kurz davor in eine hohe Position aufzusteigen. Da würden Kinder wohl eher hinderlich sein, hab ich recht? Sprachlos starrte ich sie an und nickte. Mit wenigen Sätzen hatte sie meinen beruflichen Werdegang umrissen und dabei voll ins Schwarze getroffen. Das mit den fehlenden Kindern hatte zwar noch andere Gründe, aber die gingen nur mich was an. Wir verfielen wieder in Schweigen, doch nach einer Weile unterbrach ich die Stille um mein drängendstes Problem anzusprechen. Ich brauch Klamotten zum Wechseln und ein paar Sachen aus meiner Wohnung.

    Sie schüttelte bedauernd den Kopf. Mit unserem derzeitigen Aussehen können wir da heute nicht hin, wenn uns einer sieht, verursachen wir zu viel Aufmerksamkeit. Ich schau, dass wir Klamotten für dich auftreiben und in den nächsten Tagen holen wir dann alles, was du noch brauchst, aus deiner Wohnung.

    Mit dem Satz hatte ich fast gerechnet, aber ihr Versprechen mich später zu meiner Wohnung zu bringen, reichte mir fürs erste. Danke! , sagte ich erleichtert. Ich heiße übrigens Eleonora Schmidt, aber du kannst Ellen zu mir sagen.

    Sie klatschte sich mit der Hand an die Stirn, drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus und streckte mir ihre Hand entgegen, wobei sie entschuldigend nuschelte. Sorry, ich hab mal wieder keine Manieren. Ich heiße Cassandra, erfreut dich kennen zu lernen, auch wenn die Umstände recht krass waren.

    Nach kurzem Zögern schüttelte ich ihre Hand, die sich nass und klebrig anfühlte. Als ich meine zurückzog, klebte frisches Blut daran. Du blutest! , japste ich erschrocken. Sie nickte nur und fuhr entspannt weiter, wobei sie locker antwortete. Jepp und nicht zu knapp. Der Drecksack hätte mir das Licht ausgeblasen, wenn du ihm nicht ein paar Kugeln auf den Pelz gebraten hättest. Wird Zeit den Unterschlupf zu erreichen, ich brauch dringend einen Nachschlag und dich müssen wir auch noch einquartieren.

    Beunruhigt starrte ich Cassandra an, aber sie schien nicht kurz vor einer Ohnmacht, oder einem Schwächeanfall zu stehen. Ich versuchte mich also zu entspannen und meine blutverschmierte Hand so gut ich konnte zu ignorieren. Um mich abzulenken, stellte ich meine nächste Frage. Sag mal, solltest du bei all dem Blut hier nicht in Blutrausch verfallen? Du weißt schon, so, wie in den Filmen?

    Sie fing zu kichern an, um sich jedoch gleich an die Seite zu fassen. Scheiße, die sind bestimmt gebrochen. , stöhnte sie und hielt sich dabei die Rippen. Ich dachte sie würde meine Frage ignorieren, doch nachdem sie sich etwas erholt hatte, beantwortete sie diese. Also erstens ist es mein eigenes Blut, zweitens Vampirblut und drittens, würde dich gutes Essen zu unkontrollierter Fresssucht verleiten?

    Na ja, süßes ab und an. Gab ich ohne groß nachzudenken als Antwort.

    Cassandra brach in schallendes Gelächter aus. Zumindest kurz, ehe sie förmlich über dem Lenkrad zusammenklappte, gurgelnde Geräusche von sich gab und von krampfartigen Anfällen geschüttelt wurde. Unser Wagen geriet ins Schlingern und ich versuchte hektisch das Lenkrad zu erwischen. Just als ich es im Griff hatte, richtete sie sich mit einem Ächzen auf und brachte den Wagen wieder unter Kontrolle. Zum Glück hatten wir die Stadt verlassen und fuhren alleine auf der Landstraße, was wohl schlimmeres verhindert hatte.

    Sie blickte zu mir. Ellen ich mag dich irgendwie, auch wenn dein Humor uns eben fast umgebracht hätte. Kleinlaut erwiderte ich. Tut mir leid, das wollte ich nicht. Sie winkte ab. Nicht so schlimm, mir ging es schon dreckiger. Dabei fällt mir ein, wir brauchen einen neuen Namen für dich, je weniger deinen richtigen Namen kennen, desto besser.

    Ich horchte alarmiert auf. Sag bloß, mein richtiger Name gibt ihnen Macht über mich? In Gedanken, sah ich schon dunkle Gestalten, finstere Rituale abhalten, bei denen ich zur seelenlosen Sklavin gemacht wurde.

    Erneut begann sie gequält zu kichern, ehe sie antwortete. Du siehst wohl zu viele Schundfilme. Die Sache hat einen anderen Grund. Durch deinen Namen können andere an deine Adresse, Familie und Freunde kommen und dadurch einen enormen Druck auf so ein Küken wie dich ausüben. So, wir sind gleich da. Am besten du überlässt das Reden mir und sagst so wenig wie möglich.

    3 Herzliches Willkommen

    Nach diesen Worten fuhren wir von der Straße ab und hielten nach kurzer Zeit vor einem großen, reich verzierten Tor. Ein Wachhaus stand links davor, aus dem ein Mann mit typischem Bodyguard-Outfit und Knopf im Ohr, zu uns herüberkam. Eine Überwachungskamera drehte sich auf unseren Wagen und verharrte. Er kam neben der Fahrertür zum Stehen und klopfte mit einer Hand ans Fenster. Cassandra ließ die Scheibe herunter und zeigte ihm ihr Gesicht. Als er sie musterte, ging eine seiner Augenbrauen nach oben, sonst verlor er jedoch kein Wort, über ihr lädiertes Aussehen. Sein Blick glitt weiter zu mir und ich versuchte mich an einem gewinnenden Lächeln, ehe mir einfiel, dass dadurch meine Zahnlücke direkt in sein Blickfeld kam. Schnell schloss ich meinen Mund.

    Er hatte wohl schon genug gesehen, denn er richtete seinen Blick wieder auf sie und brummte. Schon wieder ein neues Küken Cas? Ich hoffe, sie macht weniger Ärger, als deine letzten Zwei.

    Nach diesen Worten richtete er sich auf und das Tor vor uns begann sich zu öffnen.

    Das Fenster auf ihrer Seite schob sich nach oben und wir fuhren auf ein großes Gebäude zu. Es passte überhaupt nicht zu meiner Vorstellung eines Vampirsitzes. Ich hatte eine Burg oder ein Schloss erwartet, düster und unheimlich. Dieses Gebäude jedoch, glich eher einem Hotel. Es war an vielen Stellen hell erleuchtet und die Parkanlage darum sah sehr gepflegt aus. Ehe ich genauer hinsehen konnte, fuhren wir auf einen großen Parkplatz ab. Allerlei Fahrzeuge standen herum. Von Limousinen, Sportwagen bis hin zu Motorrädern und Wohnmobilen war alles vertreten.

    Ehe ich sie darauf ansprechen konnte, war Cassandra ausgestiegen. Ich öffnete meine Tür, um ihr zu folgen, dabei wurde mir mein fehlender Schuh und der nasse Rock wieder bewusst. Das Problem mit dem Schuh, löste ich, indem ich den anderen ebenfalls auszog. Der Rock musste vorerst so bleiben. Als ich nun neben dem Wagen stand, klebte er unangenehm an meinen Beinen. Ich fühlte mich leicht schwindelig und hielt mich kurz am Wagen fest.

    Cassandra hatte nicht weiter auf mich geachtet, sie eilte bereits auf einen Nebeneingang zu. Kurz überlegte ich sie zurückzurufen, da meine Tasche und der andere Schuh noch im Kofferraum lagen. Sie gab mir jedoch durch einen Wink zu verstehen, ihr zu folgen. So beschloss ich, sie später nach meiner Handtasche zu fragen, warf meinen Schuh auf den Vordersitz und folgte ihr statt dessen.

    Als ich neben ihr ankam, bemerkte ich erst, wie klein sie war. Ich überragte sie mit meinen 180 Zentimeter, auch ohne Schuhe, um fast einen Kopf. Irgendwie hatte ich erwartet, sie wäre größer. Auf dem Weg zur Tür begegneten wir keiner Menschenseele, wobei mir die Frage durch den Kopf schoss, ob Vampire überhaupt eine Seele besaßen?

    Ich fühlte mich nicht seelenlos. Eigentlich fühlte ich mich ganz normal. Na ja, normal in dem Sinne, dass ich mich total dreckig, zerschlagen und furchtbar hungrig fühlte. Nein, nicht nach Blut, ein Wiener Schnitzel mit Salat spukte mir im Hirn herum.

    Ich fand die Vorstellung, weiterhin essen zu können, recht tröstlich. Der Gedanke Blut zu trinken, schreckte mich dagegen eher ab. Als halb zahnloser Vampir hätte ich zur Zeit sowieso meine Probleme damit. Bei dem Gedanken wanderte meine Zunge erneut zu meiner Zahnlücke. Beim Befühlen dieser, hatte ich das Gefühl, dass auch der untere Zahn zu wackeln begann.

    Tja, somit hatte sich das Wiener Schnitzel wohl auch erledigt.

    Meine Gedanken wurden unterbrochen, als wir das Gebäude betraten. Die Einrichtung hier entsprach diesmal voll meinen Erwartungen, teuer, pompös und dekadent.

    Wir wirkten mit unseren zerfetzten, dreckigen Klamotten reichlich deplatziert in dieser Umgebung. Zu allem Überfluss, betraten soeben drei Herren den Eingangsbereich. Ihrem Aussehen nach schienen sie direkt einem Modemagazin entsprungen zu sein.

    Sie schlenderten gemächlich auf uns zu und obwohl sie keine sichtbaren Waffen trugen und sich auch sonst nicht feindlich zeigten, stellten sich mir alle Nackenhaare auf. Ich spürte förmlich die Gefahr, die von ihnen ausging. Sie blieben direkt vor uns stehen, wobei der mittlere noch einen Schritt näher kam und uns dabei mit leicht abfälligem Blick musterte.

    Als er zu sprechen begann, klang seine Stimme überraschend angenehm. Cassandra, was hast du den wieder mit dir angestellt. Während er sprach, berührte er mit seinen Fingern ihre Schulter in die sich der Werwolf verbissen hatte. Ich folgte seiner Bewegung und jetzt erst sah ich, dass die Wunde noch immer recht übel aussah und Blut aus ihr sickerte. Cassandras ganze linke Körperseite war verblutet und ich fragte mich erschrocken, wieso es keinen der hier Anwesenden zu stören schien. Sie schob seine Hand weg, wobei sie einen blutigen Abdruck auf dieser hinterließ. Für einen Moment zuckte leichter Unwille über sein Gesicht, bevor es wieder einen überheblichen Ausdruck zeigte. Langsam hob er seine Hand an den Mund und leckte das Blut ab, wobei kurz seine Reißzähne aufblitzten.

    Als er nun weiter sprach, klang seine Stimme ironisch. Was hast du uns denn heute mitgebracht, nimmst du jetzt jede Straßenpennerin unter deine Obhut? Dabei behielt er sie fest im Blick und ignorierte mich scheinbar ganz.

    Bei mir hingegen ging der Puls deutlich nach oben. Der Mistkerl hatte mich als Pennerin bezeichnet, was meine Angst auf einen Schlag beiseite fegte. Wut stieg in mir auf und ich wollte ihm schon eine bissige Bemerkung an den Kopf werfen. Cassandra kam meiner Reaktion zuvor, als sie mir eine Hand auf die Brust legte und mich scheinbar mühelos hinter sich schob. Mir wurde sofort klar, dass sie mich damit wahrscheinlich vor einer großen Dummheit bewahrt hatte und ich versuchte mich zu beruhigen.

    Die beiden Begleiter des Kerls hatten wohl großen Spaß an der Vorstellung, denn sie grinsten von einem Ohr zum anderen und zeigten uns dabei ihre langen Eckzähne. Cassandra versuchte zu vermitteln. Komm schon Matthias, lass die Kleine in Ruhe, sie hat für heute genug durchgemacht und steckt mitten in der Wandlung.

    Zum ersten Mal, seit er den Raum betreten hatte, richtete Matthias den Blick auf mich. Zu meinem großen Schrecken, legte er seine Hand an meinen Mund und schob mit dem Daumen meine Oberlippe nach oben. Mit Mühe konnte ich mich beherrschen und verzichtete darauf sie wegzuschlagen.

    Was er dann jedoch zum Besten gab, brachte das Fass zum Überlaufen. Mit Hohn in der Stimme fing er an. Oha, sie wandelt sich tatsächlich. So wie sie nach Lykantroph stinkt, dachte ich, du hättest dir einen dieser Köter als Schoßtier mitgenommen., sein Lächeln wurde nun richtig fies als er fortfuhr. Tja, wenigstens haben wir kein Problem einen Namen für sie zu finden, so wie sie stinkt, werden wir sie einfach Lykanta nennen.

    Die Kerle neben ihm brachen in schallendes Gelächter aus und auch er selbst schien seinen Kommentar recht lustig zu finden.

    Ich jedoch sah rot, schlug seine Hand zur Seite und klatschte meine auf seinen Brustkorb, mit der Absicht, ihn nach hinten zu stoßen. Vom Gefühl her hätte ich genauso gut versuchen können eine Wand zu verschieben. Er kam nicht einmal ins Taumeln, aber wenigstens hinterließ meine Hand eine Blut- und Dreckspur auf seinem Designer Hemd.

    Wütend zischte ich ihm ins Gesicht. Im Gegensatz zu dir, habe ich heute schon gegen einen Werwolf gekämpft! Dieser Rauwolf, oder wie er sich nennt, hätte aus so einem feinem Pinkel wie dir Hackfleisch gemacht, ohne überhaupt ins Schwitzen zu kommen! Die letzten Worte knurrte ich ihm förmlich ins Gesicht. Danach senkte sich eine beängstigende Stille über die Szene. Cassandra stand erstarrt neben mir und auch seine zwei Speichellecker starrten mich sprachlos an.

    Dann wurde erst mal alles schwarz um mich herum. Sengender Schmerz durchzuckte meinen Körper und ich brach aufstöhnend zusammen. Zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit entleerte sich meine Blase unkontrolliert, während ich mich vor Schmerzen wimmernd auf dem Boden wälzte. So plötzlich wie der Schmerz gekommen war, so ansatzlos verschwand er wieder. Was zurück blieb, war mein tief beschämtes und verängstigtes Ich, eine kleine Pfütze auf dem Boden und die Erinnerung an den Schmerz. Zusammengekrümmt lag ich da und Tränen liefen mir über die Wange.

    Als Matthias wieder zu sprechen begann, klang seine Stimme gelangweilt. So, so, Rauwolf ist in der Stadt. Sei mir nicht böse Cassandra, aber mich wundert, dass du nach einer Begegnung mit ihm noch vor mir stehst.

    Keiner der vier schien einen Gedanken daran zu verschwenden, was da eben mit mir geschehen war. Meine Muskeln entkrampften sich langsam und ich fragte mich was der Scheißkerl mit mir gemacht hatte. Ich war mir sicher, das er für meine derzeitige Verfassung verantwortlich war. Cassandra ergriff das Wort. Das hab ich , hier stockte sie kurz, um dann mit meinem neuen Namen fortzufahren. Lykanta zu verdanken. Sie hat ihm glücklicherweise ein paar Kugeln auf den Pelz gebrannt.

    Ich spürte wie sich mein Peiniger zu mir herunterbeugte. In Erwartung neuer Schmerzen begann ich ängstlich zu wimmern. Statt dessen wurde mein Haar sanft aus dem Gesicht gestrichen. Ich traute dem Frieden nicht und zuckte nach hinten, doch die Hand folgte beharrlich und drehte meinen Kopf, bis ich ihm ins Gesicht schauen musste.

    Er lächelte mich so freundlich an, dass ich schon daran zweifelte, ob er wirklich für meine erlittenen Schmerzen verantwortlich war. Seine folgenden Worte ließen daran jedoch keinen Zweifel.

    Dann ist klein Lyk ja jetzt schon nützlicher gewesen, als es deine zwei letzten Küken je waren. Schon wieder war das Wort Küken gefallen, was wohl meinen Status als frischen Vampir kennzeichnete. Sein Lächeln wurde breiter und jetzt trat ein Hauch Grausamkeit zutage, der sich dicht unter der scheinbaren Freundlichkeit verbarg. Sein Griff an meinem Kinn wurde schmerzhaft. Und wie ich sehe, scheint klein Lyk meine Erziehungsmaßnahme verstanden zu haben, nicht wahr? Ich beeilte mich heftig zu nicken.

    Ansatzlos richtete er sich auf. Mit einem Wink gab er uns zu verstehen, dass wir entlassen waren. Sorge dafür, dass sie ein Zimmer bekommt! , sagte er in Cassandras Richtung als er davon Schritt. Seine Begleiter wollten ihm folgen, doch er hob die Hand. Bertram, du und Albrecht beseitigt erst mal die Sauerei hier, solange ich mich nochmal frisch mache! , dabei deutete er auf meine Pfütze. Als mir Cassandra aufhalf, nahm ich aus den Augenwinkeln die Blicke wahr die mir Bertram und Albrecht zuwarfen. Umgehend war mir klar, hier keine Freunde gewonnen zu haben.

    Cassandra zog mich eilig durch eine Tür. Kaum hatte sich diese hinter uns geschlossen, fuhr sie zu mir herum und drückte mich gegen die Wand. " Was sollte das eben, willst

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