David
Von Lutz Rücker
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David - Lutz Rücker
Lutz Rücker
David
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VerlagslogoInhaltsverzeichnis
Titel
David
Impressum neobooks
David
David
Der Humanist steht vor allen Gläubigen und Ungläubigen.
Es ist Sonntag. Kirchturmuhren schlagen vier Uhr.
David sitzt bei schönstem Sonnenschein in einem Straßencafé durch Sonnenbrille getarnt in einer schattigen
Ecke mit dem Rücken zur Wand. Er wirkt desinteressiert. Als hätte er die Augen hinter der Sonnenbrille
geschlossen, um nicht sehen zu müssen. Um wie versteinert seinen Gedanken Einhalt zu gebieten.
Doch dieses Kunststück gelingt selbst ihm nicht. Seitdem der Mensch die Sprache erfunden, denkt er
unaufhörlich. Stehen Gedanken nur sekundenweise, etwas länger im Schlaf still, wenn das übermächtige,
alles beherrschende, keinen Widerspruch duldende Hirn seine Bewusstheit aufgibt.
Seine Bewegungslosigkeit, die nur durch Heben des Glases und trinken vom Bier unterbrochen wird, verstärkt
diesen Eindruck. Doch der Eindruck trügt. Denn ganz im Gegenteil zu seiner anscheinenden Teilnahmslosigkeit
beobachtet David den Wildwechsel der Frauen genauestens.
Er ist auf der Suche. Auf der Suche nach dem Glück, um seinen größten Wunsch, sein wichtigstes Streben
Wirklichkeit werden zu lassen. David will eine Frau und ein Kind, um seine tief in ihm wurzelnde, aus ihm
herausquellen wollende Liebe leben zu können. Dieses Verlangen, seine Liebe auf etwas fokussieren zu können,
treibt ihn an das Wichtigste und Erstrebenswerteste zu tun, um sein Dasein vollkommen zu machen. Denn er ist
kein Egoist. Kein in sich selbst verliebter Mensch. Nein, er ist ein Humanist. Seine Ehre und sein Wertekanon
stehen über allem und bestimmen sein Handeln. Doch reicht dies nicht aus sein Leben erstrebenswert zu
gestalten. Er hat erkannt, dass es das Eine braucht um wirklich glücklich zu sein. Und dies Eine ist jemanden
lieben zu können.
Das Wertvollste was kann haben man, ist ein Mensch den man lieben kann.
So sitzt David nicht zum ersten Mal in der Öffentlichkeit und beobachtet das Geschehen.
Er sucht nach der Richtigen. Nach Lady Right.
Schon oft hat er von der Weiblichkeit gekostet, befürwortet, sich am Ziel geglaubt und doch schlussendlich nicht
gefunden was er suchte. Nicht das er höchste Ansprüche stellt. Nein, das ist es nicht. Sein Gefühl muss ihm nur
sagen: „Sie ist es. Mit ihr will ich Kinder haben und alt werden."
Um diese Eine zu finden, braucht es Mühe, Geduld und Menschenkenntnis. Eine wahrhaft große Liebe ist so
selten. Um so zu lieben, muss man verzichten können und nicht besitzen wollen. Man muss achten, vertrauen
und tolerieren. Ein richtiges Maß an Eifersucht ist notwendig, sonst liebt man nicht wirklich, nicht wahrhaftig.
Ebenso wichtig sind gemeinsame Denkweisen und Interessen, denn die verbinden ein Leben lang und sind das
Fundament des Zusammenseins, auch wenn sich jeder weiterentwickelt.
David glaubt nicht an ein Schicksal. Entscheidungen und Zufälle entwickeln das Leben. So werden
Entscheidungen, zur selben Zeit am selben Ort zu sein, ihn die Ersehnte treffen lassen. Er sucht die frei von
Heuchelei Seiende. Eine, die lieber Gebende als Nehmende ist, die keine Besitzansprüche stellt und nicht
besessen werden will. Auch er will nicht besitzen, einfach nur lieben.
Irgendwann erkennt er sie und sein Puls wird in die Höhe schnellen. Er wird ein Gefühl empfinden das einzigartig
und zeitlos ist. Dann kommt es darauf an diesen Preis zu erringen. David ist sich sicher diese Eine zu finden.
Eine mögliche Auserwählte erscheint auf der Bildfläche, auf dem Tummelplatz der Eitelkeiten.
Und sie ist schön. Hat eine gute Figur und lange dunkle Haare. Auch das Alter und die Größe stimmen.
Die Schöne setzt sich an einen Nebentisch, etwas seitlich
zu David und zieht alle Blicke auf sich.
Eco’s Feststellung bewahrheitet sich. „Die Kraft der Wahrheit und Schönheit ist so groß, dass sie von selber um
sich greift."
Hat sie sich mit Absicht neben David platziert, obwohl noch ein anderer Tisch frei war?
Noch hat sie nicht ein einziges Mal zu ihm geschaut. Wie sollte sie auch? Welche selbstbewusste Schöne schaut
sich nach Männern um? Sie lässt schauen.
David weiß, dass man sich von der Schönheit nicht blenden lassen darf. Aber er weiß auch, dass die Schönheit
eine Verführerin ist, der man sich nur schwer entziehen kann. Selbst große Denker verfielen ihr zu Hauf.
Die Schöne bestellt einen Eiskaffee.
Ihr Profil ist ebenmäßig. Kinn und Stirn bilden eine fast gerade Linie. Die Nase schaut nur ein wenig hervor.
Ihre dunklen Locken wallen tief über die Schultern. Genau wie David es mag.
Sie ruht in sich und ist sich ihrer Schönheit bewusst.
Viele Männer werden sich nicht trauen sie anzusprechen. Das ist ein Nachteil der Schönheit.
Wie macht man ihre Bekanntschaft?
David vertraut der Poesie und schreibt auf einen Zettel.
Oh schöne Frau, ich mich nicht trau.
Sie zu fragen, einzuladen.
Ja ich gesteh, auch wenn ich geh.
Ihr Bild in mir, ich nicht verlier.
Ob Sie sind frei? Ich einerlei?
Ach, ich nicht weiß, wie Ihr Geheiß.
Er nimmt allen Mut zusammen, steht auf, reicht der Schönen den Zettel und sagt: „Halten Sie mich bitte nicht für
aufdringlich."
Die Schöne ist überrascht, nimmt aber den Zettel und liest ihn. David setzt sich wieder. Gespannte Erwartung
beherrscht seine Wahrnehmung. Doch die Schöne schweigt. Ein Schweigen das vieles bedeuten kann.
Anfang und Ende. Anlächeln oder Auslachen.
„Gut gereimt, warum so schüchtern?"
David ist erlöst. Schnell setzt er die Sonnenbrille ab und hängt sie in die Knopfleiste seines tief blauen Poloshirts.
„Bin ich bei einer schönen Frau immer."
„Sie Charmeur. Wie vielen haben sie das schon geschrieben?"
„Nur Ihnen, Ehrenwort."
„Das soll ich Ihnen glauben?"
„Sie müssen. Denn es ist die Wahrheit."
Seine Bestimmtheit macht sie nachdenklich.
„Aber das ist Ihnen doch nicht in der kurzen Zeit meines Hierseins eingefallen."
„Nein, natürlich nicht. Ich habe es gereimt, um bei einer Begegnung der besonderen Art vorbereitet zu sein."
„Sie sind mir ja einer." Ihr Lächeln ist nicht abweisend.
Ihre strahlenden Augen verraten Neugier.
„Entschuldigen Sie meine Dreistigkeit. Ich konnte nicht anders."
„Den Mutigen gehört die Welt."
„Das ist war. Wie ist ihre Antwort?"
„Sie wollen mich also zu etwas einladen?"
„Ja, sehr gern. Es ist mir ein Bedürfnis."
David lächelt so strahlend wie ein kleiner Junge der gerade eine Münze gefunden hat.
„Also gut. Warum eigentlich nicht."
„Ein Glas Sekt scheint mir angebracht zu sein, wenn es für Sie dafür noch nicht zu früh ist."
„Keineswegs. Sekt ist gut."
„Dann darf ich mich zu Ihnen setzen?"
„Ja natürlich."
David steht auf und wählt den Platz ihr gegenüber. Seine blauen Augen, die nicht lügen können, blicken
tiefgründig. David winkt der Kellnerin, die gerade am Nebentisch abkassiert.
„Ich hätte gern eine Flasche Sekt und zwei Gläser."
„Sehr gern", antwortet die Kellnerin mit eingeübtem Lächeln und geht die Bestellung holen.
David schaut in braune so warme Augen und verliert sich in ihnen. Ein Wimpernschlag holt ihn zurück.
„Sie sind aus dieser Stadt?", findet er endlich wieder Worte.
„Ja. Ich bin hier geboren und seit kurzem wieder