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Die Zeitstufen des Florian Knet.
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eBook125 Seiten1 Stunde

Die Zeitstufen des Florian Knet.

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Über dieses E-Book

Mit Beginn seiner Geburt bis zum Eintritt in das Militär wird das Geschehen mit Absicht in der Vergangenheitsform dargestellt.
Ab der Bundeswehrzeit ist die Gegenwartsform eine gewählte Zeitstufe, da Erlebnisse und Erfahrungen aus jener Epoche der Person "Florian Knet" lebenslang gegenwärtig bleiben.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum3. Sept. 2014
ISBN9783847605133
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    Buchvorschau

    Die Zeitstufen des Florian Knet. - Rolf L. Tenk

    Kapitel 1

    Manch einer seiner Zeit voraus,

    das Zeitmaß „Presto" ist gewollt.

    Die Endzeit hat ihn jetzt - oh Graus -

    zeitlich im Zeitfluss überrollt.

    Die Zeit meinte es wahrlich nicht gut mit ihm, als er im April das Licht der Welt erblickte. Seine ersten Schreie im wahren Leben verhallten an den mit Eisblumen verzierten Fenstern des alten und schlecht beheizten Bauernhauses im noch tief verschneiten Thüringen. Die Behörden hatten Mutter Maria Knet mit ihrem Ungeborenen und anderen Verwandten dort einquartiert. Zu Beginn des 2. Weltkrieges evakuierte man die Bewohner der grenznahen Gebiete im Südwesten Deutschlands ins Landesinnere nach Hessen, Franken und wie schon erwähnt Thüringen.Frau Knet hatte dem kleinen Schreihals den Namen Florian gegeben. Diese Entscheidung musste sie alleine treffen. Ihr Gatte glänzte durch Abwesenheit, da er durch Wohnungswechsel Gestellungsbefehle der Nazis zuvorkommen wollte. Was nur kurzzeitig klappte.Aus Florian wurde bald ein „Flori, viel später bediente man sich des Einsilbers „Flor. Seinen Vater Leon sollte Flor nie richtig kennen lernen. Zehn Monate später hatte dieser im blühenden Alter von fünfundzwanzig Jahren das Zeitliche gesegnet.

    Dies war der Anfang einer unseligen Serie: Mutter Maria war drei Jahre nach dem Tod ihres Mannes Leon eine neue Ehe eingegangen. Aus dieser ging eine Tochter, genannt Ulla, hervor. Ihr zweiter Mann Erwin war zu jener Zeit mehr an der Kriegsfront als zu Hause. Er geriet irgendwann in Gefangenschaft und galt lange als verschollen. Frau Knet war nun mit zwei kleinen Kindern meist auf sich alleine gestellt. Sie musste psychische und physische Belastungen hinnehmen, die fast alle Grenzen des zumutbaren überschritten. Die Bombennächte im Keller oder Bunker taten ihr Übriges dazu. Für den kleinen Flor gehörte weinen, jammern und die psychische Instabilität der Mutter zur Normalität. Er kannte das Leben ja nicht anders. Gott sei Dank bekam die kleine Schwester von all diesem Elend noch nichts mit. Gegen Kriegsende erfolgte die zweite Evakuierung. Zunächst konnte Frau Knet mit ihren Kindern bei ihrer Schwägerin in einer Hessischen Kleinstadt unterkommen. Diese bewirtschaftete ein kleines Hotel in dem sich Maria nützlich machte. Mit dieser Tätigkeit konnte sie gut und sorgenfrei für die Unterhaltskosten ihrer Kleinen aufkommen. Doch sie kamen vom Regen in die Traufe. Hundert Meter entfernt lag der Bahnhof. Diesen hatte man fast jede Nacht bombardiert, da er vom Feind als Verkehrsknotenpunkt ausgemacht wurde.

    Wagte man sich nach einem Luftangriff aus den Kellern und Bunker, sahen sie im weiten Rund die Häuser in Flammen stehen, oder in Schutt und Asche liegen. Zum Glück traf Mutter Knet eines Tages eine Bekannte aus ihrem Heimatort, die in der Stadt einige Besorgungen tätigte. Diese erzählte: „Wir sind mit der ganzen Familie in einem kleinen Bauernkaff, zwanzig Kilometer entfernt, einquartiert worden. „Dort sind noch Wohneinheiten frei und vom Kriegsgeschehen ist nichts zu spüren. Nach Ummeldung bei der Behörde bezogen sie zwei Zimmer in einem unbewohnten Bauernhaus. Man fühlte sich zunächst sehr wohl in dieser ländlichen Idylle. Später gesellten sich sogar noch Angela Meyer, die Mutter von Frau Knet, mit drei ihrer jüngsten Kinder dazu. Drei Söhne von ihr waren an der Front, keiner kehrte zurück. Sie wurden nur achtzehn, zwanzig und zweiundzwanzig Jahre alt. Oma Angela erhielt noch zusätzliche Belastung mit Diethelm, dem Sohn von Tante Liesel. Diese war „arbeitsdienstlich für eine Organisation unterwegs, genau wie Opa Franz Meyer für die T. N. (Technische Nothilfe). Flor und Diethelm waren vom gleichen Jahrgang. So hatten sich schnell zwei kleine Strolche gefunden, die von der Familie nur mit „Max und Moritz betitelt wurden. Die Anwesenheit der Großmutter sollte sich später als großer Glücksfall für Flor und Klein Ulla erweisen.

    Manch einer ist im Stillen rein

    und lässt es um sich wettern.

    Je mehr er fühlt ein Mensch zu sein,

    gleicht bald er auch den Göttern.

    Die wenig befahrene Dorfstraße wurde von Flor und Diethelm zum Lieblingsspielplatz auserkoren. In jener Zeit benutzten höchstens zwei bis drei Autos täglich die Schotterstraße durch den Ort. Die Ortsmitte durchquerte ein Bach in den die Einwohner ihre Abwässer einleiteten. Das Rinnsal wurde von einer kleinen Brücke überspannt, neben der sich oft die Gänse des Nachbarn aufhielten. Nun machten sich die beiden Strolche einen Spaß daraus, mit Steinchen das Federvieh aufzuschrecken und unter die Brücke zu treiben. Schnell lief einer auf die andere Seite, um den Gänsen den Fluchtweg ab zu schneiden. So begann nun ein gemeines Spiel, indem man das arme Vieh von einer Brückenseite zur anderen scheuchte. Bis der Bauer irgendwann die Sache mitbekam und den beiden mit Schlägen drohte. Schnell flüchteten die Lausbuben ins „sichere Haus. Fast harmonisch verlief der Alltag mittlerweile bei der„Großfamilie. Mutter Maria sorgte als Helferin beim Bauern für die dringend benötigten Lebensmittel. Ohne Arbeit gab es bei diesen Leuten nichts zu erben. Die drei Kinder von Großmutter Angela besuchten vormittags die örtliche Volksschule. Am Nachmittag gingen sie ihrer Mutter zur Hand. So ließ sich der nicht geringe Haushaltsaufwand einigermaßen bewältigen. Mit noch drei Kleinkindern am Rockzipfel war Oma weit mehr als beschäftigt.

    Bei Wind und Wetter, in unzulänglicher Kleidung, ackerte ihre Tochter Maria im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Feld. Dies hat unwiderruflich Spätfolgen.

    Großvater Franz Meyer, nach längerer Abwesenheit wieder zurück, beschäftigte sich tagsüber mit den Kleinsten. Bei gutem Wetter zog er mit ihnen in den nahen Wald. Wenn es der Zufall wollte, zeigte und erklärte der Opa ihnen die dort lebenden Wildtiere. Er erzählte auch, dass diese komischen blauen Perlen genießbar sind und man Heidelbeeren nennt. „In unserem Heimatdialekt bezeichnet man sie auch als „Wääle", behauptete Opa Franz. Sein Spruch dazu klang noch viele Jahre später in ihren Ohren:

    „Wääle, Wääle Heidelbeere,

    wer will sich de Mund beschmiere"?

    So genossen diese „Kids" kurzzeitig auch mal die schöne und beschauliche Seite des Lebens. Doch die Idylle war trügerisch. Unerwartet veränderte sich eines Tages die Lage. Die Misere nahm ihren Lauf.

    Manch einer wird im Leben

    ganz selten mal beschenkt.

    Ein anderer beim geben

    an sich nur meistens denkt.

    Vom Regen durchnässt, mit ihrer Kraft total am Ende, so kam Mutter Maria an einem Nachmittag von ihrer Arbeit auf dem Acker nach Hause. Sie erklärte Großmutter: „Ich fühle mich so krank, habe keinen Appetit und lege mich sofort in mein Bett". Dieses Bett hatte sie in den kommenden Tagen und Wochen nur noch ganz selten verlassen. Besserung war kaum in Sicht. Die medizinische Versorgung der Zivilbevölkerung war zu jener Zeit fast auf dem Nullpunkt. Großmutter versuchte es mit den gebräuchlichen Hausmitteln: Wärmflasche, Tee, Wickel, Kräuter und heiße Kraftbrühe. Doch alles umsonst! Total rührend wie sich Neffe Diethelm um seine bettlägerige Tante bemühte. Stundenlang verharrte er an ihrem Bett, unterhielt und tröstete sie. Waren es nur die feinen Happen, die Tante immer übrig gelassen hatte? Sie machte kaum Gebrauch von ihren erlesenen Speisen. Oder war es ein stark ausgeprägtes Mitgefühl das ihn zu diesem Verhalten animierte? Man konnte es nicht genau einordnen. Zur erhofften schnelleren Genesung erhielt Maria Knet feine aufbauende Kost, im Gegensatz zu den Übrigen der Familie. Diese mussten sich mit der zeitgemäßen Nahrung Brot, Margarine, Rübensirup, Kartoffeln und Wurzelgemüse begnügen.

    Die Essensteilung und der nahe Kontakt zur Tante sollten sehr viel später für Diethelm noch ernsthafte Konsequenzen mit sich bringen.

    Für Flor wurde diese ungewohnte Situation zu einer Art Verunsicherung, die sich in einer spontanen Distanzhaltung zur Mutter äußerte. Er kannte sie doch bislang nur als umtriebige und resolute Frau. So wurde nach und nach Oma Angela die Hauptbezugsperson für den kleinen Flor. Klein-Ulla konnte noch nicht laufen und bekam von dem leidigen Geschehen kaum was mit. Großmutter kümmerte sich aufopfernd um die beiden und Cousin Diethelm.

    Sehr störend wirkte in den Nächten eine Mäusepopulation, die sich im Untergrund und dem Dachgeschoss des alten Fachwerkhauses eingenistet hatte. Das tapsende huschen über den Fußboden und geräuschvolle nagen an den Dielen und Fußleisten wirkte nervend und störte oftmals die Nachtruhe.

    Nach Tagen bedrückender Stimmung konnte man endlich einen älteren Landarzt konsultieren. Die Mehrheit der Ärzteschaft war für Militär und Kriegsopfer abgestellt. Der Arzt diagnostizierte eine akute Pneumonie mit Verdacht auf Tuberkulose. Er ordnete eine sofortige Einweissung in das Krankenhaus der Kreisstadt an. Dort hatte man kriegsbedingt nur noch beschränkte Behandlungsmöglichkeiten. Der Zustand von Maria Knet verschlechterte sich von Tag zu Tag. Um die Schwere des Krankheitsgrades zu bestimmen und gezielt zu therapieren, war das Personal offenbar überfordert. Man war wohl gewillt ihr das ableben so human wie möglich zu gestalten. Oma hatte nun noch mehr am Hals. Im Abstand von zwei Tagen besuchte sie regelmäßig ihre Tochter im fünfzehn Kilometer entfernten Krankenhaus. Dies zu Fuß hin und wieder nach Hause zurück!

    Manchmal war ihr das Glück hold und Bauern nahmen Sie auf ihrem Fuhrwerk ein paar Kilometer mit. Was für eine Topleistung dieser Frau! So etwas mutet sich heute wohl niemand mehr zu.

    Manch einer muss noch viel ertragen

    bis schließlich er nun bei den Toten.

    Ein Dasein nur mit schönen Tagen,

    das scheint zu viel ihm angeboten.

    Großmutter stand voll im Stress, wobei für die anderen langsam Normalität einkehrte. Die Tage zogen sich ohne besondere Ereignisse so dahin, bis irgendwann verängstigte Rufe durch den Ort schallten: „Die Amis kommen"!

    Eine militärische Einheit der US-Amerikaner rollte mit ihren Fahrzeugen

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