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Der Husarensäbel
Der Husarensäbel
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eBook216 Seiten2 Stunden

Der Husarensäbel

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Über dieses E-Book

Die Frau des Bürgermeisters erbt einen goldenen Husarensäbel aus dem 18. Jahrhundert – das gilt in ihrem verschlafenen Nest bereits als kleine Sensation, und so ist es kein Wunder, dass sie plötzlich bei allen Nachbarn im Mittelpunkt steht. Als das kostbare Erbstück jedoch als Mordwaffe missbraucht und anschließend gestohlen wird, ist auch das Interesse der auswärtigen Kriminalpolizei geweckt. Die Ermittlungen enthüllen schonungslos, wie viel Neid, Misstrauen und Raffgier tatsächlich hinter den schmucken Kleinstadt-Fassaden verborgen sind…
SpracheDeutsch
Herausgeberepubli
Erscheinungsdatum24. Juni 2021
ISBN9783754135907
Der Husarensäbel
Autor

Bernharda May

Hobbyschriftstellerin, Krimifan und Leseratte. Sie hat weder ein Haustier noch eine Topfpflanze, mit der sie tiefgründige Gespräche führt, und auch keinen interessanten Zweitnamen, um sich von anderen Bernharda Mays abzugrenzen. Mehr wird nicht verraten - denn Geheimnisse machen Frauen im besten Alter erst so richtig interessant!

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    Buchvorschau

    Der Husarensäbel - Bernharda May

    Inhaltsverzeichnis

    Cover

    Titel

    Impressum

    1. Kapitel

    2. Kapitel

    3. Kapitel

    4. Kapitel

    5. Kapitel

    6. Kapitel

    7. Kapitel

    8. Kapitel

    9. Kapitel

    10. Kapitel

    11. Kapitel

    12. Kapitel

    13. Kapitel

    14. Kapitel

    15. Kapitel

    16. Kapitel

    17. Kapitel

    18. Kapitel

    19. Kapitel

    20. Kapitel

    Hinweis

    Lesetipps

    Bernharda May

    Der Husarensäbel

    Kriminalroman

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

    Texte: © Copyright by Bernharda May

    Umschlaggestaltung: © Copyright by Janne Gret

    Verlag:

    JanneGret Selbstverlag

    Postfach 11 11 03

    35390 Gießen

    bernharda.may@gmail.com

    1

    »Das Geheimnis des Husarensäbels« titelten vor einigen Jahren großspurig alle Zeitungen, als der Raub in Gooths Haus bekannt wurde und jeder in unserem Städtchen rätselte, wer wohl dahinterstecken mochte. »Riesenärger um den verfluchten Säbel« wäre meines Erachtens die bessere Überschrift gewesen, denn der Fall zog nicht nur eine Menge Verdruss mit sich, sondern sorgte in unserem Städtchen für allerhand falsche Verdächtigungen und böse Streitereien, sodass die vormals traute Ortsgemeinschaft beinahe völlig auseinandergebrochen wäre.

    »Mit deiner langjährigen Erfahrung als Reporter kommst nur du infrage, die Story richtig zu erzählen, Martin«, bedrängen mich meine Freunde seitdem, »noch dazu, weil du der einzige Augenzeuge warst!«

    »Augenzeuge ist Unsinn, was habe ich schon gesehen?«, pflege ich mich herauszureden. »Lass die Jungen berichten, die das Zeug dazu haben. Ich bin zu alt.«

    Nachdem jedoch erst vor ein paar Tagen ein Freund unbeholfen versuchte, seiner Ehefrau die damaligen Ereignisse zu schildern, habe ich mich entschlossen, die Geschichte um den Husarensäbel ein für alle Mal so niederzuschreiben, wie sie tatsächlich passiert ist – ohne jene reißerische Sensationsgier des heutigen Journalismus, die jegliche Bemühung um Klarheit so erschwert.

    Aber wo beginnen? Am besten fange ich mit jenem sonnigen Sommernachmittag an, als ich von dem unheilvollen Säbel zum ersten Mal hörte. Ich saß gerade mit meiner Schwiegertochter Margit in unserem Garten bei einem Glas frischen Orangensaft, während die Insekten um uns herumschwirrten, und stellte fest, wie Margit ihren Stuhl entgegen ihrer Gewohnheit recht nah an der Hausecke positioniert hatte und beständig nach hinten kippelte, um zur Straße zu sehen.

    »Was äugst du denn immer zum Fußweg?«, fragte ich, nachdem ich ihr Verhalten mehrere Minuten lang stumm geduldet hatte. »Erwartest du noch Besuch?«

    »Nein, nein«, antwortete Margit und lächelte unschuldig. »Ich schau mich eben gern in unserem Garten um.«

    Ich glaubte ihr nicht und sagte das auch.

    »Nach irgendjemandem hältst du Ausschau«, stellte ich fest. »Aber wenn es kein Besuch ist… Wer könnte um die Zeit denn alles die Straße entlangkommen?«

    Ich zählte an den Fingern ab.

    »Die Post war schon mittags da. Walther patrouilliert erst nach Sonnenuntergang hier herum. Und der Ausflug der Grundschulklasse ist vor einer Dreiviertelstunde lärmend hier vorbeigeradelt. Mehr dürfte nicht passieren, oder?«

    »Du irrst«, entgegnete Margit und lächelte wieder, aber nicht mehr so unschuldig. »Eine Partei hat ihre Aufwartung noch nicht gemacht.«

    »Und wer?«, fragte ich nun beharrlicher.

    »Die Gooths wollen heute zurückkommen«, erklärte meine Schwiegertochter. »Nina Kowalski hat mir das verraten. Und da ich vorgestern verpasst habe, Griselda mein Beileid auszudrücken, warte ich nun auf ihre Rückkehr, um das nachzuholen.«

    Griselda und Eduard Gooth wohnten in der großen Backsteinvilla direkt gegenüber und überdies waren unsere Häuser jeweils die letzten am Ortsausgang, bevor die Straße begann, sich durch Felder und Wiesen zu schlängeln. Aus unserer friedlichen Nachbarschaft hatte sich mit der Zeit eine gute Freundschaft entwickelt. Allerdings hatte sich vor fünf Tagen ein dunkler Schatten über das Verhältnis der Familien Gooth und Harbecke gelegt. Das war folgendermaßen gekommen:

    Unvermittelt hatten Margit und ich beide Gooths vor ihrer Einfahrt angetroffen. Griselda war ganz in Schwarz gehüllt und hatte ihr braunes Haar zu einem strengen Dutt frisiert, ihr untersetzter Mann trug einen grauen Anzug mit dunkler Krawatte.

    »Wir haben eine weite Strecke vor uns«, erklärte Eduard und wirkte kurz angebunden. »Mein Schwiegervater ist verstorben und wir müssen zur Beerdigung nach Nürnberg, wo wir bis zur Testamentseröffnung bleiben müssen.«

    »Griselda stammt aus Bayern?«, war alles, was Margit in jenem Moment hervorbringen konnte, überrascht darüber, dass es Dinge zu geben schien, die wir trotz langjähriger Freundschaft nicht übereinander wussten. »Ich habe nie den leisesten Dialekt rausgehört!«

    Hier in Mecklenburg gilt alles, was jenseits des Harzes liegt, als exotisch und fremd, jedenfalls teilen diese Ansicht alle Einheimischen unseres kleinen Städtchens mitten im Nirgendwo. Darum hatte meine Schwiegertochter etwas Zeit gebraucht, um die Neuigkeit zu erfassen, und selbst ich war nicht geistesgegenwärtig genug gewesen, um mich rechtzeitig vor Abfahrt der Gooths auf die Grundregeln des Anstands zu besinnen. Vielleicht war das der Grund, warum Griselda den Briefkastenschlüssel nicht, wie sonst üblich, uns überlassen hatte.

    »Nina wird sich um die Leerung der Post kümmern«, war alles gewesen, was sie sagte.

    Dann waren sie davongefahren und Margit wollte sich den Fauxpas nicht verzeihen.

    »Heute fange ich Griselda ab, sobald sie aussteigt, und werde das Verpasste nachholen«, sagte sie und hielt triumphierend eine Trauerkarte in die Höhe, die sie vorbereitet hatte.

    »Eine Karte halte ich für überflüssig, wo wir ihren Vater doch gar nicht kannten«, meinte ich.

    Ehe Margit mit mir darüber streiten konnte, hörten wir den Motor eines Wagens, der sich unserem Haus näherte. Margit kippelte abermals nach hinten, lugte um die Ecke und wäre beinahe mit dem Stuhl umgefallen, wenn ich sie nicht rechtzeitig am Arm gepackt und zu mir gezogen hätte.

    »Da sind sie«, sagte sie und erhob sich. »Lass uns hingehen.«

    Sie löste sich aus meinem Rettungsgriff und nahm nun ihrerseits mich an den Arm, um gemeinsam mit gebotener Höflichkeit hinüberzuschreiten und feierlich die Beileidsbekundung zu überreichen. Doch erneut wurden wir überrascht: Statt mit ernsten Mienen und gedeckter Kleidung, sprangen Griselda und Eduard fröhlich aus ihrem Auto, sommerlich in ein geblümtes Kleid beziehungsweise ein hellblaues Polo-Shirt gehüllt.

    »Schön, euch wiederzusehen«, rief Eduard. »Süddeutschland ist definitiv eine Reise wert, aber wie sagt man? Trautes Heim, Glück allein.«

    »Das Wetter war fabelhaft«, fügte Griselda hinzu.

    Angesichts solch guter Laune war uns sofort klar, dass jeglicher böser Schatten verflogen war. Margit schüttelte Griseldas Hand und murmelte leise »Mein herzliches Beileid nachträglich«, während sie die Karte übergab. Unsere Nachbarin stutzte kurz, steckte dann die Karte lachend in ihre Handtasche und sagte:

    »Ach, meine Liebe, sehr aufmerksam. Auch dir, Martin, danke schön. Aber ihr kanntet meinen Vater ja gar nicht und auch ich hatte nur wenig mit ihm zu tun.«

    »Ich hoffe, die Feier war trotzdem angemessen?«, erkundigte ich mich.

    »Ein paar sonderbare Musikwünsche, wie ich fand«, berichtete Eduard. »Eher unbekannte Klavierwerke, die – gemessen an der kleinen Trauergemeinde – die Beisetzung sehr in die Länge zogen. Aber ansonsten war alles gut, das Essen war fabelhaft.«

    Er öffnete den Kofferraum und zwinkerte uns zu.

    »Das Highlight war ja später die Testamentseröffnung. Nicht, dass der gute Schwiegerpapa besonders reich gewesen wäre. Aber es ist da ein Schatz aus dem Besitz seines Großonkels aufgetaucht, mit dem wir nicht gerechnet haben!«

    Er holte ein längliches Paket heraus und zwinkerte abermals.

    »Ihr erratet nie, was sich hier drinnen befindet«, grinste er.

    »Eduard, leg es wieder ins Auto«, bat Griselda. »Es soll doch eine Überraschung für alle werden! Außerdem lohnt es sich nicht, das Ding auszupacken. Wenn alles klappt, werden wir damit gleich morgen oder übermorgen wieder wegfahren! Ach, da fällt mir ein, ich muss telefonieren. Bis später, Margit! Mach’s gut, Martin!«

    Sie eilte ins Haus. Eduard sah ihr nach, beugte sich dann verschwörerisch zu uns und raunte:

    »Überraschung hin oder her, euch kann ich vertrauen. Sieh her, Martin, ist das nicht ein tolles Stück?«

    Er öffnete das Paket und ließ mich zuerst hineinsehen. Dann war Margit dran. Meine Schwiegertochter und ich tauschten einen ratlosen Blick.

    »Ein altes Schwert?«, fragte ich.

    »Eher ein Degen, oder?«, mutmaßte Margit.

    »Ein Säbel, um genau zu sein«, erläuterte Eduard mit sichtlichem Stolz. »Der ist geschichtsträchtig, glaubt mir. Griselda und ich haben bereits die ganze Autofahrt darüber gesprochen: Wir werden damit zum Fernsehen gehen!«

    Mir fiel ein Werbespot ein, den ich unlängst gesehen hatte. Darin spießte ein alter Mann, als Pirat verkleidet, gefrorene Fischstäbchen mit seinem Säbel auf und knabberte sie anschließend gemeinsam mit einer Gruppe Kinder daran herum.

    »Ah ja, die Tiefkühl-Fischspezialitäten von Frostkost & Co.«, nickte ich. »Das ist ja lieb von euch, den Säbel für deren Clips zur Verfügung zu stellen. Am Ende wird Griselda noch eine Fernsehpiratenbraut?«

    Ich hatte das ehrlich und lobend gemeint und verstand zunächst nicht, warum Eduard plötzlich die Lippen kräuselte, abschätzig die linke Braue hob und das Paket samt Säbel wieder im Kofferraum verschwinden ließ.

    »Du liegst leicht daneben, Martin«, sagte er und etwas Unwirsches schwang in seiner Stimme mit. »Um nicht zu sagen, gänzlich falsch! Vielleicht hat meine Frau recht und ich sollte nicht zu viel verraten? Lasst euch überraschen! In eins, zwei Wochen werdet ihr staunen!«

    2

    Bis wir den Säbel wiedersahen, dauerte es tatsächlich mehr als zwei Wochen. Allerdings redete Margit tagtäglich von kaum etwas anderem, woran ich allerdings selbst schuld war.

    »Sieh, meine Gute, die Gooths wollen die Sache aus irgendeinem Grund geheim halten«, hatte ich zur ihr gesagt. »Das heißt, dass du weder deinen Kolleginnen noch deinen Freundinnen vom Kaffeekränzchen davon erzählen darfst, egal wie stark es dich danach drängt!«

    Margit versprach mir, Stillschweigen zu bewahren. Ihrer üblichen Gesprächspartner beraubt, erkor sie nun dummerweise mich als den Auserwählten, dem sie all ihre Theorien anvertrauen konnte.

    »›Geschichtsträchtig‹ hat Eduard gesagt«, wiederholte sie ständig. »Und vom Fernsehen hat er gesprochen. Am Ende gehörte der Säbel einst einem berühmten Seeräuber? Aber ein schwäbischer Seeräuber aus Nürnberg – kaum zu glauben.«

    »Fränkischer Seeräuber«, berichtigte ich.

    »Egal, das ist eher unwahrscheinlich. Obwohl, vielleicht gab es da früher Flusspiraten? Wie breit ist die Isar?«

    »Die Pegnitz«, korrigierte ich abermals. »Meine Liebe, deine Geografiekenntnisse sind nicht die besten.«

    Margit überhörte das.

    »Ach, ich erinnere mich – die Piratensache hast du ja eingebracht, nicht Eduard. Der hat darüber nur die Nase gerümpft. Also nichts mit Seeräubern. Vielleicht hat sie der Säbel inspiriert und sie wollen einen Fechtkurs buchen? Und als Bürgermeister plant er, ein Turnier hierher in unser Städtchen zu holen! Das wäre was!«

    »Margit, hör doch mit deinen neugierigen Nachforschungen auf, das gehört sich nicht«, versuchte ich sie zu stoppen, aber vergeblich.

    »Oder am Ende wird gar ein Film gedreht?«, führte sie ihre Ideen weiter aus. »Stell dir vor, unser Örtchen wird ganz berühmt! Das würde auch erklären, weshalb die Gooths ständig wegfahren. Ist dir aufgefallen, wie oft sie neuerdings Tagesausflüge machen? Griselda ist kaum noch daheim. Ein Glück, dass sie Frau Kowalski haben, bei dem großen Haus!«

    Frau Kowalski war die Haushaltshilfe, die mehrmals die Woche bei Gooths vorbeikam und Griselda beim Wischen und Waschen half. Als Filialleiter unserer hiesigen Bank und langjähriger Bürgermeister konnte es sich Eduard ohne Weiteres leisten, eine Hilfskraft anzustellen, um seine Gattin zu entlasten.

    »Und für Nina ist es ein schönes Zubrot«, meinte Margit.

    »Ihr Mann ist Polizist und dementsprechend verbeamtet«, entgegnete ich. »Ob sie angesichts seines sicheren Einkommens überhaupt ein Zubrot braucht?«

    »Eine Frau will ihr eigenes Geld verdienen und nicht vom Ehemann abhängig sein«, meinte Margit.

    »Warum gibt sie sich dann mit einer Stellung wie dieser zufrieden und macht nicht mehr draus?«, fragte ich.

    »Wer ist jetzt von uns beiden der neugierige Nachforscher?«, unterbrach mich Margit und lächelte frech.

    »Bei mir ist das was anderes«, behauptete ich. »Das ist das Reporterblut in mir. Da muss man einfach Fragen stellen. Was mich gleich auf eine Beobachtung bringt, die ich selber in den letzten Wochen gemacht habe.«

    »Ja?«

    Margits Augen leuchteten wissbegierig.

    »Oh ja«, nickte ich und sprach betont langsam, um meine Schwiegertochter ein wenig zu necken. »Unser Kühlschrankinnenleben wandelt sich mit jedem Tag ein Stückchen mehr, und ebenso der Bestand der Speisekammer. Nicht nur, dass mehr als üblich in den Einkaufstüten steckt, die du nach der Arbeit mitbringst – immer häufiger lese ich ›bio‹, ›vegan‹ und ›fair trade‹ auf den Schachteln.«

    Margit schwieg betreten.

    »Ich kombiniere daraus, dass du nun doch in dem neuen Laden in der Siedlung einkaufst«, schloss ich meine Ausführungen. »Obwohl wir festgestellt haben, dass die Lebensmittel dort viel teurer sind als woanders.«

    »Dafür sind sie auch gesünder und ökologisch nachhaltiger«, widersprach Margit. »Wir müssen mit der Zeit gehen. Junge Leute legen Wert auf solche Ernährung und außerdem ist es doch schön, wenn wir die neuen Geschäfte in der Siedlung unterstützen, oder nicht?«

    Lassen Sie mich Ihnen, werte Leserschaft, an dieser Stelle eine kurze Beschreibung unseres Städtchens geben. Woanders würde man es wahrscheinlich nur als zu groß geratenes Dorf bezeichnen, aber es ist weit und breit die größte Ortschaft und wird nur von kleineren Gehöften umgeben. Die Landschaft drumherum ist verhältnismäßig flach, eben typisch für das westliche Mecklenburg. Neben Kirche, Grundschule, Bank und Gasthof (inklusive Festsaal!) gibt es hier die einzige Poststelle der Gegend. Jeder kennt jeden, viele Betriebe sind seit Jahrzehnten in Familienbesitz, man trifft sich sonntags in der Kirche oder im Gasthof und örtliche Feierlichkeiten sind terminlich an die Jahreszeiten und Arbeiten auf dem Felde gebunden.

    Die neue Siedlung, von der Margit sprach, war erst in den letzten Jahren gewachsen. Sie diente vor allem Kleinfamilien und Rentnern aus der Großstadt als neuer Wohnsitz, die unbedingt ihren Traum vom Eigenheim verwirklichen wollten und sich nicht davon abschrecken ließen, bis ins nächste moderne Einkaufszentrum fast eine Stunde mit dem Auto fahren zu müssen. Diesen Mangel an Einkaufsmöglichkeiten wiederum hatte sich ein Geschäftsmann zunutze gemacht, der mit den neuesten Ernährungstrends vertraut war und in der Siedlung einen Laden mit teuren Bio-Lebensmitteln, Veggie-Food und ökologisch abbaubaren Produkten eröffnet hatte. Der lief meines Erachtens auch ohne Margits Hilfe ganz gut und ich für meinen Teil erledigte die Einkäufe lieber weiterhin auf dem Markt, wo es einen Bäcker, einen Metzger und einen Tante-Emma-Laden gab und jeden Mittwoch die Bauern Obst, Gemüse, Eier und Molkereiprodukte anboten.

    »Glaub einem erfahrenen Journalisten, der schon über viele Modeerscheinungen in der Lebensmittelbranche berichten musste«, sagte ich zu Margit. »Erinnerst du dich noch an die Zeiten, als man vor Eiern warnte wegen des Cholesterins? Und irgendwann hieß es plötzlich, so schlimm sei es

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