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Der Bischof und der Räuberhauptmann: Der Herr der Wälder des Sudetenlandes
Der Bischof und der Räuberhauptmann: Der Herr der Wälder des Sudetenlandes
Der Bischof und der Räuberhauptmann: Der Herr der Wälder des Sudetenlandes
eBook130 Seiten1 Stunde

Der Bischof und der Räuberhauptmann: Der Herr der Wälder des Sudetenlandes

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Über dieses E-Book

Jede Änderung der politischen Großwetterlage zwingt die vom Staat angestellten Historiker ihre Figuren neu zu tünchen. Man braucht schließlich Vorbilder und Gegner. Wenzel Kummer ist ein typisches Beispiel dafür.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum6. Nov. 2014
ISBN9783738000221
Der Bischof und der Räuberhauptmann: Der Herr der Wälder des Sudetenlandes

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    Buchvorschau

    Der Bischof und der Räuberhauptmann - Klaus Hoffmann - Reicker

    0 Nachbarn einst und heute

    Geschichte ist die Sinngebung des Sinnlosen!" Prof. Dr. Theodor Lessing 1872 - 1933

    Schon als Schüler hat mancher davon geträumt, irgendwann eine große Räubergeschichte zu schreiben. Von Ludwig Tieck und Theodor Fontane wird schließlich berichtet, daß sie sich bereits in ihrer Schulzeit mit solch einem Stoff beschäftigten. Die Zeit scheint heute dafür günstiger denn je. Die ganze Gesellschaft ist schließlich mit dem Umverteilen fremden Eigentums beschäftigt. Unsere Politiker und Spitzenmanager machen es ohne jede Scham vor. Nachdem sich die Fiktion vom ungebremsten Fortschritt des Industriezeitalters als Lüge erwiesen hat, womit man einlullte, wenn es greinte, das Volk den großen Lümmel, läßt sich unsere Welt nur noch auf die simple Formel reduzieren: Ich bin nur noch das, was ich besitze und konsumiere. Wer zu wenig zu haben glaubt, hilft dem Besitzerstatus eben etwas nach und erklärt es dem Finanzamt als Freies Unternehmertum, weil sein Gebrauch zugleich dem Wohl der Allgemeinheit diene. Eigentum bekommt so gesehen etwas von Diebstahl. Macht bleibt eben ein Spiel mit gezinkten Karten. Es gibt viele Diplomwirtschaftler, die zu gerne auf ihre Visitenkarten schreiben würden: Finanzmanager aus uralter Räuberfamilie, wenn sie denn einen Räuber im Familienstammbaum besäßen.

    Hinzu kommt erschwerend eines der hoffnungsvollsten Zeichen des 21. Jahrhunderts, der Abbau der Grenzzäune zu Osteuropa. Es kehren wieder die Zeiten ein, wie man sie bis zum Ende des 19.Jahrhundert hatte. Wenn beispielsweise der Dresdner Malergilde danach war, wanderte sie auf dem sogenannten Malerweg über Herrnskretzschen nach Tetschen, ohne sich um Grenzsteine zu kümmern, um im Schloß der Grafen von Thun einen bedeutenden Streit über Caspar David Friedrichs „Kreuz im Gebirge" zu führen. Keiner kontrollierte sie auf ihrer Wanderung.

    Heute freuen sich vorerst die Politiker über den Ausbau der guten Beziehungen zu unseren polnischen und tschechischen Nachbarn. Sie haben ja auch nicht unmittelbar damit zu tun. Den Menschen der Grenzregion dagegen fehlt einfach der Zaun. Raub und Diebstahl haben vor allem in der Oberlausitz eine sehr lange Tradition. Bibliotheken und Archive bieten umfangreiches Material dazu. Wer als Tourist das Glück hat in einem Kretzscham des Oberlandes an einen Stammtisch zu geraten, der erfährt, ob er will oder nicht, neue und alte Räubergeschichten. Die Menschen haben Angst – ein Zustand, der ihnen früher allerdings fremd war.

    Dabei war die Grenze zwischen Sachsen und Böhmen die friedlichste im deutschen Reich. Erst die Politiker der Periode des Nationalismus haben die gute Nachbarschaft langsam und systematisch vergiftet. Hoffen wir, daß Schengen diese Froschperspektive wieder abbaut. Schließlich verbindet uns mehr, als uns trennt.

    Die EU – Hauptstadt der Zukunft sollte Prag heißen, weil es in der Mitte liegt.

    Sprach- und Geschichtswissenschaft haben bis 1989 viele Geschichten aus unserer gemeinsamen Geschichte im Auftrag ihrer jeweiligen Regierung, Partei oder Kirche unter den geduldigen Teppich der Geschichte gekehrt. Geschichte war wie Politik schon immer besonders anfällig für Manipulationen und Verfälschungen. Es ist auch nicht schwierig. Die Ereignisse, welche im Nachhinein dargestellt werden sollen, liegen so lange zurück, daß sich keiner mehr daran erinnern kann. Chronisten sind auch nur sogenannte Augenzeugen. Sie waren Kinder ihrer Zeit mit subjektiver Wahrnehmung und irgendeiner philosophischen Einstellung, die wir heute nicht mehr teilen. Meist fühlten sie sich aus Staatsräson ( auf Deutsch aus Gehaltsgründen) irgendeiner ideologischen Richtung verpflichtet. Ihr Bild von Vergangenheit steuert oft genug noch heutige Politik. Solche subjektiven, oft sogar fiktiven Geschichten stehen oft genug im Widerstreit mit den Spuren überlieferten Handelns. Genau deshalb könnte man sich ab und zu eine Tour zurück in die Vergangenheit dieser Grenzlandregion leisten.

    Sowohl Historiker als auch Autoren kommen nicht ohne Phantasie aus, ohne latenten Idealismus. Wissen sie doch, daß es die Wahrheit nicht gibt. Wir halten alle nur Bruchstücke davon in der Hand. Niemand kann behaupten: So ist es gewesen! Die einen fabulierten unter dem Vorzeichen des angestammten Herrschergeschlechts, andere unter dem Adler der Hohenzollern, der Nazis oder der Kommunisten. Heute bemühen sich die gleichen Wissenschaftler, dem Mittelalter besonders fromme Menschen und Fürsten unterzuschieben, damit sich vielleicht die Kirchensteuern mehren. Der überstehende Rest kommt zunächst wieder unter den Teppich. Genau dort ist mein Arbeitsplatz. Doch die Zeiten haben sich gewandelt. Heute verweist man die meisten dieser Mythen und Sagen ins Reich der Dichtung. Bereits Goethe bezeichnete sein Erleben als Dichtung und Wahrheit.

    Die Einbrüche bei Ebersbachern liegen aber als reale Anzeige auf dem Schreibtisch der personell weit unterbesetzten Polizeidienststelle.

    Recherchen zu ähnlichen Raubzügen in der Vergangenheit könnten sich lohnen, auch wenn sie nur die Frage erhellen, warum fing man eigentlich vor 200 Jahren die Räuber ohne moderne Ermittlungs- und Nachrichtentechnik zu immerhin 70 %!? Wie ging die Presse damit um, wenn wir davon absehen, daß die Kommunisten einen Räuber als Sozialrevolutionär gegen feudale oder kapitalistischen Ausbeutung einstuften. Dazu kommt, daß man es langsam als belastend empfindet, eine Geschichte chronologisch sozusagen von der Vergangenheit in die Zukunft erzählt zu bekommen. Der Himmel wird gerade neu getüncht. Erst eine neue lebenskräftige Gesellschaftsidee braucht wieder Geschichte als Vorfeld.

    Hier werden deshalb Details aus unserer Geschichte versammelt, welche die vergangene Kultur zu einem Abenteuer macht und sie in einem neuen Licht erscheinen läßt. Dabei lernt man Traditionen, Bauten, Landschaften, Gewerke, Menschen kennen, welche diese Gegend beiderseits der Grenze prägten. Das wichtigste bei solche einer Arbeit als Jäger nach Regionalgeschichten sind weniger die dicken Wälzer zur Vergangenheit, die ohnehin keiner mehr liest, sondern schlicht und ergreifend die Kontakte. Dabei geht es weniger darum, welche Museumsdirektoren, Professoren oder Heimatforscher man kennt. Das dürfte eher hinderlich sein, da man durch sie auf die jahrhundertealten Karrengleise der Historikerstraßen geschoben wird, von denen man dann nicht wieder herunterkommt. Wichtig ist es, durch Kontakte möglichst viele Ideen und Hintergrundinformationen anzuhäufen, die dann völlig neue Durchblicke ergeben. Dann geistert irgendwann im Kopf die fixe Idee herum, man müsse den Urgroßvater der heutigen Mafiosi finden und dann in einem Buch gestalten. Die Suche nach dem Stoff dazu beginnt man am besten in der Hauptstadt der Oberlausitz, weil dort alle Fäden zusammenlaufen. So kommt man vielleicht auf die verrückte Reiseidee zu Stätten deutsch - tschechischer Geschichte gekommen, die ihren Ruf scheinbar wahren Sagen verdanken.

    1 Budissin – feste Stadt des Sorbenlandes

    In Bautzen hängt man die Diebe zweimal

    Das Obersorbische steht dem Tschechischen nahe, das Niedersorbische dem Polnischen. In unserer alles gleicher machenden Welt verschwinden die gravierenden Unterschiede der verschiedenen Völkerschaften leider immer mehr. Geschieht das nicht freiwillig aus Konsumgründen oder anderen künstlich erzeugten Bedürfnissen, greift man oft genug zur Waffe, um solche separatistischen Tendenzen auszuschalten. Um so erstaunlicher ist, daß es das kleine Volk der Lausitzer Sorben geschafft hat, seine geistigen und kulturellen Werte bis auf den heutigen Tag mitten in Deutschland zu bewahren. Der Domowina Fördermittel zu streichen, dürfte einen kaum reparablen Schaden in der Zukunft bringen.

    Jedem Besucher der Heide- und Teichlandschaft fallen die vielen vielleicht an Süddeutschland oder Böhmen erinnernden Kreuze, Bildstöcke oder Trachten der älteren Frauen auf. Fronleichnamsprozessionen, Wallfahrten auf der Via Bennonis, Osterreiten, Sprache und Gesang unterscheiden diese auch Wenden genannten Slawen von ihren polnischen oder tschechischen Verwandten, besonders aber von Brandenburgern und Sachsen. Trotzdem sind die Sorben seit Jahrhunderten deutsche Staatsbürger. Mindestens genauso erstaunlich dürfte es sein, daß sich ausgerechnet hier im Kernland Luthers der katholische Glaube lebenskräftig erhalten hat. Geschichten aus der Geschichte der Lausitzen sollten deshalb in Bautzen beginnen. Die Stadt hieß noch bis 1846 Budissin. Heute steht der sorbische Name auf dem Ortsschild.

    Bautzen Stadtansicht

    Um aber aus unserer hektischen Welt ins Früher dieser ehrwürdigen Stadt zu gelangen, braucht man keine kunstvolle rhetorische Brücke zu bauen. Es gibt sie seit 1909. Wer also einmal weit in die Vergangenheit zurückblicken will, sollte sich deshalb Bautzen von Westen über die große Spreebrücke nähern. Von hier kann man am besten bewundern, wie eine tausendjährige Geschichte langsam zu Stein wurde und trotzdem nicht Starres, Unveränderliches ist. Als sächsisches Rothenburg wird die alte Haupt – Stadt der Lausitz nicht zu Unrecht gerühmt.

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