Der Tote an der Lesum
Von Ingo M Schaefer
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Über dieses E-Book
Ingo M Schaefer
Nach dem Studium der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie, Biologie und Ethnologie eröffnete Ingo M. Schaefer ein Möbelgeschäft in Freiburg i. Brsg. Er schrieb als freier Journalist für den Burda-Verlag in München. Fünfzehn Jahre leitete er einen Werbeartikel-Versand in Bremen. Der begeisterte Wasserballer trainierte Jungen-, Mädchen-und Herrenmannschaften. Er lebt mit seiner Familie in Bremen-Nord.
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Buchvorschau
Der Tote an der Lesum - Ingo M Schaefer
Grundsätzliches
Nichts, aber auch gaaar nichts, verbindet meine Krimis mit der real existierenden Polizei, deren Methoden, Zugehörigkeiten oder Instituten.
Alles hier Niedergeschriebene ist frei erfunden: die Figuren, die Handlungen, einfach alles.
1
Der Rabe kreischte mich an. Sein Schnabel war rot und das Ende seiner Sturzbahn zeigte auf mein Vorderrad. Dann folgte Stille, und die Speichen rupften schwarze Federn, bis Gabel und Speiche den Vogel einklemmten. Meine Vollbremsung bewahrte den Verkündiger des Todes nicht vor seinem eigenen Lebensabgang, während ich über den Asphalt schlitterte. Am Boden liegend sah ich mehrere Raben hinter dem Deich hoch fliegen. Einige waren bereits über mir, als sie ebenfalls kreischend das Flügelschlagen einstellten und um mich herum auf den Asphalt platzten oder sich in den Rasen bohrten. Die Schnäbel, die ich sah, glänzten dunkelrot.
Halb zehn in Deutschland, dachte ich. Ich zog mich unter dem umgestürzten Aluhengst hervor und stellte ihn auf, während meine Ahnung bereits zur anderen Seite des Deiches glitt. Den Tuchkorb öffnete ich. Die Beschichtung hielt die Flüssigkeit drinnen. Mein Einkauf beim Bauern schwamm darin. Zerschlagene Milchflaschen, Äpfel und Fleischpakete sowie die Milch suchten den Weg nach draußen. Ich staunte über den Reißverschluss, der bisher nichts durchgelassen hatte.
Jeder anständige Bürger informierte jetzt die Polizei oder die Feuerwehr. Der Rest, der sich selbst als anständig bezeichnete, rief die Presse oder machte gleich seine eigenen Videos und hoffte auf Werbeeinnahmen. Herab fallender Rabe stellte vielleicht eine neue Form der Terrorwarnung dar. Dass ich an einen ganz anderen Film dachte, war wirklich nur Zufall. Ja, wirklich.
Ich ging den Deich hoch über den Weg und sah hinunter zur Lesum. Eine bekleidete männliche Leiche lag längs zum Flusslauf vor der steinigen Uferbefestigung, während ein Arm im Flutwasser schwamm. Um sie herum lagen weitere Totenbegleiter und andere Vögel, die so ein Essen nicht verschmähten. Manche trieben bereits Richtung Flussmitte.
Ich nahm das Handy.
„Äh!", sagte ich.
„Ja?"
Die Frage enthielt alles, was ich wissen musste. Gutes Zeichen. Augen zu und durch.
„Ich bin ausgerutscht und betrachte eine Leiche."
„Okay!" Sie legte auf und ich hörte einen gleichmäßigen Ton. Jetzt hüpften Zweifel hoch. Das war nicht Marga, wie ich sie kannte. Kein Wort über freie Tage und Überstundenabbau, die auch ein Leiter, ein Hauptkommissar - wie sie betonte - einzuhalten hatte. Kein liebevoller Vorwurf, dass ich Frühstück zu holen hätte. Nur ein ‚okay‘ gab es diesmal.
Ich bin Hauptkommissar Karl Nagel, Leiter der K007, einem kleinen Stein im Kiesweg der bremischen Verbrechensbekämpfung. Noch hatte ich frei. Ich rief die Bereitschaft an. Meine gesamte Abteilung feierte Überstunden ab. Von oben verordnet.
„Moin, sagte ich. „Ich steh am großen Knick der Lesum. Da wo die Straße Im Pohl auf den Deichweg stößt.
Ich erklärte den Zustand der Leiche.
„Mann, Karl. Hast du nicht frei? Du kannst es nicht lassen, wa?, war die Antwort. „Ich schicke die Bechte. Ist in einer halben Stunde da.
„Hm, grunzte ich. In Gedanken war ich bei Marga. Das „Okay!
hatte richtig fröhlich geklungen. Hörte ich mehr als eigentlich war?
Der Wind klappte schwarze Federn um. Ich blieb oben auf dem Deich stehen, atmete frische Luft.
2
Nach einer Stunde wuselten die üblichen Leichenträger, Overalls und Mützenpolizisten umher. Masken und Handschuhe schützten vor möglichen Giften oder Viren. Die Raben waren eingesammelt. Die Leiche geborgen.
Ich war hin- und hergerissen. Der Kommissar wollte sofort loslegen. Der Ehemann war nachdenklich. Marga hatte sich gefreut, dass ich aufgehalten wurde. Warum? Meine Augen verfolgten die Arbeiten. Mein Hirn war mit meiner Frau beschäftigt.
Mir fehlte Yannick Helmke, mein Jugendfreund, der in Südamerika irgendwelche unbekannten Insekten suchte oder so was in der Art. Alle meines Teams waren sicherheitshalber abgereist. Als vor dem Wochenende die Anweisung zum Urlaub kam, flüchteten sie auf meine Anweisung aus der Stadt mit dem Befehl ihre Dienst-Handys zu Hause zu lassen.
Die textsichere Pathologin Dr. Marker half drei Monate in Chicago aus. Das war meiner Frau zu verdanken, die in allen Instituten der Welt jemanden kannte, der jemanden kannte und so weiter. Sie, liebe Leserschar, haben von solchen Netzwerken bestimmt schon mal gehört! Vor drei Tagen brachten Marga und ich sie zum Flieger.
Dr. Markers Vertretung war Dr. Wichtig. Seinen richtigen Namen wollte ich mir nicht merken. Seit er ankam, ignorierte er mich. Das missfiel der diensttuenden Kommissarin Birte Bechte.
Sie hatte vier Versetzungsanträge in meine Abteilung gestellt. Viermal bekam ich kein Geld für sie und musste absagen. Alle Abteilungen waren unterbesetzt.
Andere Dezernate wie Einbruch und Diebstahl oder organisiertes Verbrechen, kurz OV, erstickten in der Anzeigenflut, seit man sich nicht wie früher abschlachtete, um zu Geld zu kommen, sondern sich online beklaute, ohne den anderen anzufassen.
Um das Recht im Auge zu behalten, stieß Staatsanwalt Sebastian Weinhaus zu uns, der mich verblüfft anschaute. Ich stellte mich vorsorglich neben mein Rad. Unser Paragrafenreiter