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Endlich schwanger: Ein Liebesroman
Endlich schwanger: Ein Liebesroman
Endlich schwanger: Ein Liebesroman
eBook363 Seiten5 Stunden

Endlich schwanger: Ein Liebesroman

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Über dieses E-Book

Die große Liebe. Den Mann fürs Leben. Hochzeit und Kinder – und einen Hund. Lena will alles!
Und mit 30 ist sie doch genau im richtigen Alter dafür. Findet Lena jedenfalls.
Und ihre Mutter auch: "Ich wünsche mir endlich Enkelkinder von euch."
Schade nur, dass ihr Traummann Chris vom Heiraten und Kinderkriegen so gar nichts wissen will. Streit, Tränen, Trennung... das war es dann wohl mit dem "großen Glück".
Doch so schnell gibt Lena nicht auf und kämpft weiter um ihren Traum. Wie gut, dass sie Freundinnen hat, die ihr mit Rat und Tat zur Seite stehen.
"Also statistisch gesehen ist die Chance, schwanger zu werden, beim Verkehr mit einem 20jährigen drei- bis viermal größer als bei einem Mann so 30 plus", sagte Johanna, "statistisch gesehen." -
"Ich frag misch ja immer, wie die sowat eigentlich ermitteln", meinte Josi. -
"Na. Statistisch halt", sagte Johanna, "wie denn sonst?" -
"Ja, klar. Aber wie?", fragte Josi, "halten die da ein Becherglas drunter, oder wie?" -
"Äh. Also da bin ich jetzt im Moment überfragt."
OK, vielleicht sind die Mädels einem jetzt auch nicht unbedingt immer eine große Hilfe...
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum6. Dez. 2015
ISBN9783738050141
Endlich schwanger: Ein Liebesroman
Autor

Ann Brondhem

Ann Brondhem lebt und schreibt in Hamburg.

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    Buchvorschau

    Endlich schwanger - Ann Brondhem

    Paris, je t'aime...

    FLUCTUAT NEC MERGITUR

    Sie schwankt, aber sie geht nicht unter

    Liebst du mich? Pause Pause Pause.

    Ja. Kuss. Pause Pause Pause. Klar. Ich liebe dich wahnsinnig, kleine Prinzessin. Und noch mehr Küsse. Und der ganze Rest.

    Der perfekte Moment, einfach so absolut ouuuh! Du bist mit deinem Traummann im Bett, nackt, verschmiert, ein bisschen verschwitzt und völlig zerzaust. Du kuschelst dich an seinen Hals, er hält dich fest im Arm und flüstert dir zärtlichen Schwein­kram ins Ohr. Und ihr seid in Paris, deiner Traumstadt der Liebe. Das vollkommene Glück in einem klitzekleinen Hotelzimmer. Toujours l'amour!

    Guter Sex kann ein Mädchen unglücklich machen, ich weiß, aber woher hätte ich wissen sollen, dass Chris mich in dem Augenblick anlügt?

    Aber das ist jetzt alles schon ziemlich lange her. Und auf'ne Art habe ich ihm auch längst verziehen. Er ist nun mal die große Liebe meines Lebens. Das war er von Anfang an, und das ist er auf'ne Art eben auch immer noch.

    1

    Gibt's was Schöneres, als die eigene Hochzeit zu planen?

    Es scheint zumindest bei uns Frauen allgemein Konsens zu sein, dass es auf Gottes weiter Welt nichts Schöneres gibt für ein Mädchen, als die eigene Hochzeit vorzubereiten. Jedenfalls sagen das immer alle, alle Mädels, die ich kenne, jedenfalls, die verheirateten genauso wie die unverheirateten, erstaunlicherweise. Lexa hat es schon gesagt, Clara und Tessa, die Mädels hier aus Kiel und die aus Hamburg, alle meine Freundinnen und Kolleginnen. Meine Mutter natürlich sowieso. Sogar Sonia hat sich schon dementsprechend geäußert, wo du bei ihr ja eigentlich immer denken würdest, dass sie mit Heiraten undsoweiter nun so überhaupt gar nichts am Hut hat. Aber so kann man sich täuschen!

    Und natürlich sagt Gini es auch. Und zwar ständig. So wie jetzt gerade eben wieder am Telefon, als sie anrief, um über irgendein extremst wichtiges Planungsdetail zu diskutieren, schon das dritte Mal. Heute wohlgemerkt! Und ich das eigentlich immer so lustig finde, dass nun ausgerechnet Gini das sagt, wo bei ihrer eigenen Hochzeit doch so ziemlich alles schiefgelaufen ist, was schieflaufen kann. Trotzdem wird Gini nicht müde, es immer gebetsmühlenartig zu wiederholen. Gern auch mit einem kleinen Seufzer.

    Ach, gibt es etwas Schöneres, als die eigene Hochzeit zu planen?

    Es ist natürlich nur eine rhetorische Frage, und die rhetorische Antwort darauf lautet Nein, es gibt nichts Schöneres. Aber in Wirklichkeit sollst du gar nicht darauf antworten. Eigentlich ist es eine Aussage, die sich nur als Frage tarnt. Und wer weiß, vielleicht wollen die Mädels mich ja damit auch einfach nur ein bisschen aufmuntern.

    Ich würde nämlich im Moment immer am liebsten ganz laut rausschreien: Ja ja ja, auf jeden Fall gibt's was Schöneres! Ich finde es ehrlich gesagt gerade einfach nur schrecklich. Oder jedenfalls meistens, so dieses ganze Grobplanung, Feinplanung, Zeitplanung. Termine machen ändern koordinieren. Die Klamottenfrage. Standesamt. Einladungskarten. Kirche, Predigt, Blumenschmuck, Blumenstreuen, Brautstrauß. Fotograf. Essen, Probeessen ja oder nein. Torte, Musik Übernachtungen... AAAAAARRRRRRH!!!

    Hochzeitsplanung kommt mir echt manchmal so vor wie eine Mischung aus Sudoku, Strategiespiel und logischer Knobelaufgabe, und das sind drei Dinge, die ganz ganz weit oben stehen würden auf meiner imaginären Liste von Freizeitbeschäftigungen, die ich absolut nicht ausstehen kann. Wahrscheinlich bin ich da einfach anders gestrickt als die meisten Mädels. OK, manchmal finde ich es auch ganz schön, klar, und natürlich ist dieses ganze Planungschaos ja auch nur die unangenehme Seite bei den Hochzeitsvorbereitungen. Es gibt dabei bestimmt auch immer wieder ganz schöne Momente, auch wenn mir ehrlich gesagt jetzt gerade keiner einfällt. Aber wahrscheinlich bin ich einfach nur total gestresst. Es sind ja auch nur noch vier Wochen. Und ich ja nun mal einfach die totale Perfektionistin bin. Wir hatten zu Anfang sogar kurzzeitig mal überlegt, ob wir nicht einfach eine professionelle Hochzeitsplanerin beauftragen sollten. Nicht so ganz ernsthaft, ehrlich gesagt, weil ich ja auch eher immer so der totale Kontroll-Freak bin, der nicht gut was aus der Hand geben kann. Und ich mich deswegen dann auch dagegen entschieden hatte. Und wegen der Kosten natürlich auch. In den letzten Wochen hätte ich mir jetzt allerdings schon manchmal sowas gewünscht wie Franck den Hochzeitsplaner, jemand, der mir das alles abnimmt. Es ist einfach Turbo-Stress.

    Vielleicht sollte ich das alles einfach mit mehr Ruhe angehen. Heitere Gelassenheit, meint Lexa immer. Zumal es hinterher ja bestimmt auch so sein wird, dass alles ganz hervorragend klappt. Tut's das nicht irgendwie immer? Und du im Rückblick dann ja sowieso immer nur die schönen Seiten siehst bei deiner Hochzeit, glaube ich. Hoffe ich. Weil in der Erinnerung verklärt sich ja doch immer alles. Wie bei Gini.

    Und bis dahin ist es eben einfach noch total viel Aufregung. Und unendlich viel Arbeit.

    Das ganze ist für mich sowieso immer noch völlig unfassbar: Ich werde heiraten, und ich bekomme ein Kind. Mein Kind! OK, unser Kind. Wir wollen ihn Ernst nennen. Wir haben jetzt schon so oft Ernst gesagt, wenn wir über die Schwangerschaft und das Kind der Zukunft gesprochen haben, da geht es ja eigentlich schon fast gar nicht mehr anders. Sowas verselbständigt sich dann ja auch.

    Dass ich heiraten würde und Kinder haben, irgendwann mal, war für mich auf'ne Art natürlich eigentlich schon immer klar. Völlig selbstverständlich. Schon als Kiddie. Mit 12 habe ich gedacht, ich würde auf jeden Fall mal einen Feuerwehrmann heiraten. Feuerwehrmänner waren die absoluten Helden. Als damals bei uns zuhause der Dachstuhl brannte, hatte mich ein junger Feuerwehrmann mitten in der Nacht aus dem Bett geholt und hinausgetragen. Und seitdem war ich Feuerwehrmann-Fan. Absolut.

    In meiner Partnerwahl schlug sich das später allerdings nicht nieder. Ich hatte noch nie etwas mit einem Feuerwehrmann, also nicht dass ich wüsste jedenfalls. Obwohl ich schon immer noch irgendwie Fan bin und ihnen auch immer noch hinterhergucke, wenn sie mit Tatütata in ihrem großen roten Auto durch die Stadt jagen. Und wenn Ernst alt genug ist, werde ich ihm bestimmt auch ein Feuerwehrauto schenken, und dann können wir zusammen damit spielen.

    Das Heiraten-Kinder-Projekt hatte ich zwischenzeitlich auch lange aus den Augen verloren. Bis zu dem Moment, als ich Chris traf. Er war zwar kein Feuerwehrmann, aber Chris war der erste Mann, bei dem ich dieses ganz bestimmte Gefühl hatte: Der ist es! Wo für mich einfach klar war, er ist der Mann, den ich heiraten will. Und Kinder haben natürlich, klar. Das auch.

    Im Nachhinein würde ich immer sagen, dass es schon von Anfang an so war. Aber das wäre wahrscheinlich auch eine Verklärung der Vergangenheit, weil tatsächlich hat es schon ein paar Monate gedauert, ehe ich das so ganz richtig realisiert habe. Und das war dann in Paris, und insofern waren unsere vier gemeinsamen Tage in Paris damals auch so total wichtig. Wichtig für uns, wichtig für unsere Beziehung. Der Ort und die Stunde, wo alles begann. J'aime Paris au mois de mai, das allein klingt doch schon nach totalem Zauber. Es war mein 29. Geburtstag, und ich war in Paris mit dem Mann, in den ich bis über beide Ohren verliebt war. Und da wusste ich es plötzlich einfach: Das ist der Mann, mit dem ich den Rest meines Lebens verbringen will. Die große Liebe meines Lebens. My one and only. Chris.

    Paris war der entscheidende Wendepunkt für unsere Beziehung, das schon, aber Paris war nicht der Anfang unserer Geschichte. Kennengelernt hatten wir uns schon knapp fünf Monate früher. Chris war kurz vorher nach Hamburg gezogen und der neue Mitbewohner meiner Freundin Tessa. Und ich war an dem Wochenende in Hamburg, weil ich eine Wohnung suchte oder zumindest ein WG-Zimmer, ich hatte ja ab Februar meine erste Stelle in der Klinik, hatte also praktisch gerade noch knapp vier Wochen Zeit, um meinen Wechsel von Kiel nach Hamburg auf die Reihe zu kriegen, inklusive Wohnungssuche und Umzug.

    Ich hatte ehrlich gesagt ursprünglich natürlich darauf spekuliert, dass ich erstmal bei Tessa einziehen kann, bis ich was gefunden hatte. Oder vielleicht sogar auf Dauer mit ihr zusammenwohnen kann. Aber dann war eben keine sechs Wochen vorher dieser Typ bei ihr eingezogen, mit einem Untermietvertrag für zunächst ein halbes Jahr. Und damit war unser Zusammenleben natürlich keine Option mehr.

    Ach ist das blöd! Ich war echt ziemlich genervt. Ich mein, das wär doch supergeil gewesen, wenn wir beide wieder zusammenwohnen würden.

    Ja, das wäre allerdings supergeil gewesen, sagte Tessa. Aber das konnte ja kein Mensch wissen, dass unsere kleine Lena nun ausgerechnet nach Hamburg kommen würde.

    Hm! Auch wieder wahr, sagte ich, so leicht missmutig. Ein halbes Jahr vorher hatte ich meine Zukunft noch mit Daniel geplant. Aber das war ja inzwischen Geschichte.

    Ich kannte Tessa schon ewig, schon aus Marburg, wo wir zusammen Philosophie studiert und in einer WG gewohnt hatten, bevor ich dann zur Medizin und nach Kiel gewechselt war. Tessa war inzwischen eine richtige Hardcore-Travellerin geworden und mindestens sechs Monate im Jahr unterwegs. Sie hatte sogar ihre Assi-Stelle an der Uni geschmissen, um mehr Zeit zum Reisen zu haben, und seitdem jobbte sie nur noch, um das Geld zusammenzukriegen, das sie brauchte, um wieder auf Reisen gehen zu können. Deswegen ja auch die Untervermietungen, damit sie ihre fixen Kosten niedrig halten konnte.

    Und? Was ist das für einer, dein neuer Mitbewohner?, erkundigte ich mich, immer noch so leicht genervt.

    Irgendwie so ein Computer-Nerd, meinte Tessa, und wir verdrehten beide gleichzeitig die Augen.

    Scheiße!, sagte ich lachend, und Tessa musste auch lachen, natürlich.

    Aber es ist ganz okay mit ihm.

    Was heißt okay?, fragte ich. Geht so okay oder okay okay?

    Okay okay, meinte Tessa, oder eigentlich sogar sehr okay, wir kommen echt gut miteinander klar.

    Aha! Und? Hast du schon was mit ihm?, fragte ich streng, weil wer Tessa kannte wusste, bei ihr konnte man nie wissen.

    Um gotteswillen, nein! Tessa lachte. Er ist wirklich überhaupt nicht mein Typ. Er ist total nett, echt so total angenehm, als Mitbewohner jetzt, aber anson­sten ist er wirklich überhaupt gar nicht mein Typ.

    Und sieht er denn wenigstens gut aus?

    Nö!, sagte Tessa, und das kam echt so wie aus der Pistole geschossen, wir mussten uns beide erstmal ein bisschen wegkugeln vor Lachen.

    Was heißt schon gut aussehen? Tessa konnte kaum sprechen, weil wir beide so rumgackerten, dass sie kaum Luft kriegte. "Er sieht halt irgendwie aus. Einfach so, so mittel eben."

    Doofer nerdiger Nerd, meinte ich schmollend und machte ein bisschen auf eingeschnappt, was allerdings ehrlich gesagt auch nur halb gespielt war, weil ich war natürlich schon ein bisschen gefrustet, dass nun ausgerechnet dieser dämliche Nerd mir mein Zimmer so knapp vor der Nase weggeschnappt hatte.

    Aber da kannte ich Chris ja auch noch nicht. Im Nachhinein fand ich es natürlich supergut, dass nun ausgerechnet er bei Tessa eingezogen war, weil wir uns sonst ja wahrscheinlich nie im Leben begegnet wären. Und so passierte es dann eben gleich noch am selben Abend. Unsere erste Begegnung!

    Tessa und ich hatten zusammen gekocht, schön gegessen, und danach saßen wir noch in der Küche am unabgeräumten Tisch, tranken Rotwein, rauchten und quatschten. Tessa quetschte mich über meine Südostasienreise aus, und ich ließ mich bereitwillig von ihr ausquetschen, schließlich war diese Reise mein großes Abenteuer, meine kleine Weltreise, die mir meine Eltern zum Hammerexamen geschenkt hatten. Fünf Monate Thailand, Laos und Vietnam, zusammen mit Lexa, unserer ehemaligen Mitbewohnerin und gemeinsamen Freundin aus Marburg.

    Wie lange seid ihr denn jetzt eigentlich schon wieder zurück?, fragte Tessa.

    Seit ungefähr vier Wochen. Also ich, seit vier Wochen. Weil Lexa ist ja immer noch unten. Sie ist gerade in Indien, soweit ich weiß.

    Echt? Hat sie da ihren Guru gefunden oder was?

    Nee, nee nee! Also keine Ahnung, ich glaub nicht. Wir hatten uns ja schon gleich zu Anfang getrennt.

    Nein!

    Doch! Weil Lexa sich dann...

    Und ich dachte, ihr wart die ganze Zeit zusammen unterwegs.

    Ja nee, das war der Plan, aber dann kam eben einfach alles ganz anders.

    Weil ihr euch verzankt habt.

    Nee, gar nicht. Also nicht wirklich, es war nur so, dass Lexa… Ach, die ersten zwei drei Wochen waren schon der absolute Horror. Alptraumartig! Das ging eben wie gesagt schon damit los, dass ich, kaum dass wir in Bangkok waren, diese Mail von Daniel kriegte, dass er Schluss macht.

    So ein Arsch! Per Mail!

    Das kannste laut sagen.

    So ein Arsch!, sagte Tessa laut.

    Naja, das war natürlich schon mal das erste! Und da'ann, 14 Tage später, auf Koh Lanta, ging mir dann auch noch meine Reisegefährtin verloren.

    Nein!

    Weil Lexa hatte sich unsterblich verliebt und wollte lieber mit Pierre weiterreisen. Ich verpasste den Wörtern unsterblich und Pierre jeweils Anführungs­zeichen mit meinen Zeigefingern.

    Wer hätte das gedacht, stellte Tessa trocken fest.

    Ja, genau. Wer hätte das gedacht.

    Wahrscheinlich jeder, grinste Tessa. Ich mein, wir kennen doch Lexa.

    Also Pierre, Pierre war zwar Franzose, aber ansonsten genau so ein Arsch wie Daniel. Nur dass er eben nicht per Mail Schluss gemacht hat, sondern ganz klassisch. Er ließ seine Freundin einfach so mir nichts, dir nichts sitzen, mitten in Thailand, und fuhr mit Lexa weiter.

    "Ça arrive, meinte Tessa. Shit happens."

    Und so lernte ich Cécile kennen, Pierres Freundin. Oder seine Ex dann ja eigentlich. Wir standen beide mit einem Mal ganz allein da, und da haben wir uns dann einfach zusammengetan und sind ab da dann zusammen weitergereist. Cécile ging es die ersten paar Tagen natürlich noch ziemlich schlecht, also wegen Pierre und der krassen Trennung undsoweiter. Weil die beiden waren eigentlich auf dem Weg nach Tahiti, wo sie in einem Meeresforschungsprojekt arbeiten wollten, Cécile ist Ozeanographin, und das stand dann natürlich alles erstmal auf dem Spiel.

    Scheiße!, sagte Tessa und zündete sich eine Zigarette an.

    Ich auch, sagte ich und streckte die Hände nach ihrer Zigarette aus. Und Wein will ich auch noch! Tessa schnippste mir ihre Zigarettenschachtel herüber, und während ich mir eine anzündete, ging sie zum Kühlschrank, holte die Flasche heraus, die schon wieder fast leer war, und schenkte uns nach.

    Zimmertemperatur, sagte sie grinsend.

    "Danke! Also. Cécile hat also ganz viel geheult die erste Zeit, ich war auch meistens schlecht drauf, wegen Daniel und so, Trennung, hu hu hu, alles so voll schlimm undsoweiter. Und da haben wir uns dann immer gegenseitig so ein bisschen getröstet, Ah, scheiß Männer und so. Und ab da hatten wir dann eine ganz tolle Reise zusammen. Bis zu dem Tag meines Rückflugs Anfang Dezember sind wir die ganze Zeit zusammengeblieben. Wir haben uns immer super verstanden, haben ganz viel gesehen, ganz viel gefeiert. Ich hab echt noch nie so viel getrunken wie zu der Zeit. Allerdings nichts im Vergleich zu Cécile, diese kleine Französin konnte echt saufen wie keine. Also wir ließen es jedenfalls meistens schon ziemlich krachen."

    Mit andern Worten, es wurde dann insgesamt doch noch eine ganz schöne Reise. Trotz der ganzen Scheiße zu Anfang.

    Ja. Klar. Es war wunderbar. Und das war wirklich nicht übertrieben. Und ich fing an, Tessa haarklein meine thailändischen Reiseerlebnisse zu schildern.

    Und wart ihr dann überhaupt noch in Vietnam?, fragte Tessa irgendwann, als sie gerade eine neue Flasche Wein aufmachte. Oder seid ihr die ganze Zeit nur in Thailand geblieben?

    Ja nee, klar. Klar waren wir in Vietnam. Also erst sind wir rüber nach Laos, so wie ich es ja auch ursprünglich geplant hatte, und für Cécile war das okay, sie hatte ja irgendwie endlos Zeit, und haben uns dann da ein bisschen umgetan. Von da hatte ich dir doch auch noch die Karte geschrieben. Aus Vang Vieng.

    Keine Karte! Tessa machte ein gespielt-betrübtes Gesicht.

    Scheiße, echt nicht?

    Keine Karte.

    Mist! Dafür hatte ich mir echt noch einen halben Tag lang die Hacken abgelaufen, nur um Briefmarken zu kriegen. Naja, in Vang Vieng jedenfalls haben wir dann die beiden Australier kennengelernt, Brian und Andrew, beide so Typ braungebrannter Surfer und total nett.

    Ding-dong, machte Tessa und fing an zu lachen.

    Was ding-dong?, fragte ich unschuldig und musste auch schon lachen, klar, weil ich natürlich wusste, was sie meinte.

    Ding-dong heißt, dass wir jetzt endlich zum interessanten Teil kommen, meinte Tessa breit grinsend.

    Ja, danke schön! Ich tat ein bisschen eingeschnappt, konnte aber natürlich auch nicht ganz ernst bleiben. Ich erzähl hier gerade die ganze Zeit hochinteressant vom Mysterium Südostasiens, und du bist bloß neugierig auf Sex-Geschichten.

    Ach Süße, du weißt doch, wie ich das meine, sagte Tessa lachend. Und auf'ne Art hatte sie natürlich auch recht. Jetzt kam tatsächlich der wirklich aufregende Teil meiner kleinen Weltreise.

    "Die beiden Jungs waren aus Perth, Western Australia. Beide so mein Alter. Und sie waren tatsächlich Surfer. Also jetzt zwar nicht profimäßig, aber praktisch. Wie auch immer, jedenfalls kam ich dann kurz darauf oder eigentlich fast sofort mit Brian zusammen."

    Ding. Dong, meinte Tessa lachend, und ich musste dann auch lachen.

    Ja, jetzt wirklich ding dong. Weil das war nämlich wirklich echt total atemberaubend, wie das abging mit ihm. Sowas hab ich vorher echt noch nicht erlebt. Und ich mein jetzt nicht bloß sexuell, also das natürlich auch, sondern vor allem auch gefühlsmäßig.

    "Wow!"

    "Also ich war wirklich völlig hin und weg, ganz richtig doll verliebt. Total high."

    "Wow!"

    Und zwar von jetzt auf gleich!

    "Wow!"

    Und das hielt dann auch an, also auf dem Level, die ganze Zeit eigentlich, wo ich mit ihm zusammen war. Auch wenn mir auf'ne Art natürlich schon die ganze Zeit über klar war, dass das nur was für jetzt war, also nur eine Beziehung auf Zeit.

    Klar.

    Also solange wie wir zusammen unterwegs waren.

    Klar. Sowas lässt sich ja in der Regel nicht importieren, also meistens jedenfalls nicht, in den Alltag.

    Nee. Wahrscheinlich nicht. Leider.

    Tessa zündete sich eine Zigarette an, schob mir die Packung rüber, und ich nahm mir auch noch eine.

    "Naja, wie gesagt, wir waren dann zu viert unterwegs, und die nächsten acht Wochen waren wir dann immer so die Gang of Four: Cécile, Andrew, Brian und ich. Wir sind rüber nach Vietnam. Und da haben wir dann fast das ganze Land bereist, mit dem Zug, mit Bussen, mit Fahrrädern teilweise."

    "Ah Vietnam ist echt soo schön", sagte Tessa schwärmerisch. Und wir schwärmten uns beide gegenseitig noch ein bisschen was vor.

    Ach, ich beneide dich echt, sagte Tessa. Total! So eine geile Reise!

    "Du beneidest mich?! Ja super! Ich mein, wer ist denn fast das ganze Jahr auf Weltreise?" Tessa grinste verschmitzt.

    Und was ist jetzt?, fragte sie dann. Also mit deinem Surferboy-Liebhaber? Ist das jetzt vorbei oder läuft da noch was?

    Keine Ahnung. Also echt nicht. Keine Ahnung. Erstmal ist natürlich Ende, logisch, jetzt allein schon wegen der räumlichen Entfernung. Aber trotzdem… Wir schreiben uns, seit ich wieder hier bin. Jeden Tag eigentlich. Und das ist irgendwie schon so… Wie soll ich sagen?

    Scheiße.

    Nee, das ist eher so so… so ein Gefühl. So ein Gefühl wie dass da noch was ist. Also dass das noch nicht zu Ende ist. Obwohl mir ja wie gesagt die ganze Zeit eigentlich klar war, dass das nur ein Urlaubsflirt ist in Anführungszeichen. Aber jetzt der Abschied zum Beispiel fiel mir echt wahnsinnig schwer. Uns beiden, denke ich. Also Brian hatte mich noch zum Flughafen gebracht, und wir haben beide dann dagesessen und echt nur noch geheult. Echt so total geheult, wie die Schlosshunde. Und als ich dann endlich im Flieger saß und mich im Spiegel anguckte, sah ich echt so aus, als wäre ich verprügelt worden, weil mein Make-up so völlig verschmiert war vom Heulen. Und ich die ganze Zeit während des Fluges dann irgendwie immer nur so dachte, Scheiße Lena, was machst du hier eigentlich? Wieso sitzt du in diesem Flugzeug? Warum bist du nicht einfach dageblieben?

    Oh, das kenn ich, meinte Tessa, das kenn ich echt nur zu gut! Also nicht bloß wegen einem Typen jetzt, sondern überhaupt. Also dass ich am Ende einer Reise ganz oft denke so: Scheiße, wieso bleibst du nicht einfach hier?

    Ja, genau. So ging's mir eben auch. Und das mit Brian kam dann eben da noch so obendrauf.

    Aber warum hast du dann nicht einfach verlängert? Oder dich ausgeklinkt?

    Naja, einmal wegen Jobsuche natürlich.

    Wenigstens für ein paar Monate?

    Bewerbungen. Weil ich ja eigentlich gern schon jetzt ab Januar angefangen hätte zu arbeiten. Und ich zum andern natürlich auch gern Weihnachten bei meiner Familie sein wollte.

    Hm!, machte Tessa.

    Aber ich habe wirklich schon echt heftigst mit mir gekämpft deswegen, das kannst du mir glauben. Obwohl ich zu Brian jetzt vielleicht auch nicht sagen würde, du bist der Mann meiner Träume.

    Und genau da, genau in diesem Moment, kam Chris in die Küche. Er stand ganz plötzlich in der Tür, sagte Guten Abend, meine Damen und lächelte mich dabei voll an. Und das war echt nur so whoosh!

    Später, also als wir schon ein paar Monate zusammen waren, hatte Chris irgendwann mal zu mir gemeint: Das waren die allerersten Worte, die ich von dir gehört habe, Prinzessin. Du bist der Mann meiner Träume. Und das war gleich so eine ziemlich schöne Vorstellung, also dieser Gedanke, du könntest vielleicht mich damit gemeint haben.

    Und deswegen hast du mich dann ja auch gleich so volle Kanne angebaggert, meinte ich, und er grinste dann nur so schelmisch und meinte: Vielleicht.

    Tja, das hast du nun davon, Mäuschen, fremder Leute Gespräche zu belauschen, sagte ich lachend, fiel ihm um den Hals und küsste ihn ab. Jetzt hast du mich an der Backe!

    Im Nachhinein würde ich immer sagen, dass ich mich wahrscheinlich sofort in Chris verliebt habe. Liebe auf den ersten Blick! Klingt total kitschig, ich weiß, aber so war es wahrscheinlich wirklich, auch wenn ich das da natürlich noch nicht wusste. Aber ich fand ihn gleich von Anfang an wahnsinnig toll, also sehr sehr faszinierend.

    An diesem ersten Abend saßen wir dann einfach noch ein bisschen zu dritt zusammen bei Tessa in der Küche, tranken Wein und redeten redeten redeten. Tessa und ich waren da ja schon ziemlich angeschickert und wahrscheinlich auch total albern, aber Chris fand das offenbar überhaupt nicht doof. Er saß meistens nur dabei und hörte zu, lachte total hübsch oder lächelte in sich hinein und sagte nur ab und zu etwas. Dann aber meistens irgendwas Intelligentes und total Tiefsinniges. Das war ja auch später meistens die Rollenaufteilung bei uns, ich eher immer so der kleine Quasselkasper und Chris eher immer so der Stille, der nie so besonders viel redete.

    Ich erzählte an dem Abend dann noch ein bisschen von meiner Reise und führte auch noch ein paar Fotos auf dem Laptop vor. Natürlich die bereinigte Eltern-Version, die ich extra zusammengestellt hatte, bevor ich Weihnachten nach Hause gefahren war. Also nichts Explizites. Nichts Nacktes oder Betrunkenes, und vor allem natürlich auch keine australischen Liebhaber. Nur schöne Landschaft, Land und Leute. Tiere. Meer und Strand. Viele viele schöne Bilder. Und Chris fand das alles offenbar richtig spannend.

    Die sind wirklich echt toll, deine Fotos, sagte er, so völlig hingerissen.

    Danke. Ich fühlte mich natürlich geschmeichelt, als er das sagte. Als Teenie wollte ich immer Fotografin werden. Aber dann hab ich mich doch für die Medizin entschieden.

    Ach, du studierst Medizin?

    Nee, ich bin schon fertig.

    Oh, ein richtiger Doktor! Er war beeindruckt.

    Jepp!

    Ach ich würde auch echt gern mal nach Südostasien fahren, meinte er dann. Eigentlich würde ich sowieso gern viel mehr reisen.

    Da haben wir auf jeden Fall schon mal etwas gemeinsam, sagte ich und grinste ihn schelmisch an.

    Während ich erzählte, konnte ich meine Augen gar nicht von ihm lassen. Ich konnte auch überhaupt nicht verstehen, was Tessa an ihm auszusetzen hatte. Dieser Typ sah doch wahnsinnig toll aus und überhaupt kein bisschen wie ein Nerd. Also fand ich jedenfalls. Er war groß, hatte dunkle Haare, Kurzhaarfrisur. Er gefiel mir wahnsinnig gut.

    Er kam mir ein bisschen schüchtern vor. Aber ab und zu war da dann immer wieder dieses Lächeln, so in meine Richtung. Und das war dann jedes Mal echt wieder so whoosh!

    Am nächsten Tag sind wir uns natürlich noch ein paar Mal in der Wohnung über den Weg gelaufen und wechselten dann jedesmal ein paar Worte oder rauchten eine Zigarette zusammen, in der Küche oder auf dem Balkon. Und selbst diese kurzen Begegnungen waren dann schon ganz intime Augenblicke, total intensiv! Wir blickten uns an, und ich denke, wir ahnten beide bereits, dass sich zwischen uns etwas entwickelt, auch wenn wir noch nicht wussten, was das war.

    Chris hat ganz dunkle hellblaue Augen, keine Ahnung, wie man das besser ausdrücken kann, sie sind dunkel, und sie sind eigentlich hellblau. Und es war der Blick seiner Augen, in den ich mich dann endgültig verliebte, keine zwei Tage nach unserer ersten Begegnung. An dem Montag sind wir dann nämlich zusammen Frühstücken gegangen, nur wir beide, in die Schanze, um meine erfolgreiche Zimmersuche zu feiern.

    Unser erstes Date!

    Und dabei habe ich mich dann so richtig in Chris verknallt. Und zwar ganz schnell, im Laufe unseres Bio-Frühstücks für zwei Personen. Oder verguckt, besser gesagt. Einfach in den Blick seiner Augen. Ich hatte echt das Gefühl, ich würde mich am liebsten reinstürzen in dieses Blau. Und in seine Stimme. Der Klang einer Stimme ist ja wie eine Berührung, und Chris' Stimme ging mir wirklich durch und durch, sanft, warm, dunkel, eher leise als laut. Und er hatte ein wunderschönes Lachen, das ich richtig toll fand, unglaublich erregend. Eigentlich war ich da schon total hin und weg. Und je länger unser Date dauerte, desto mehr.

    Während des Frühstücks beguckte ich ihn mir dann natürlich auch noch ein bisschen genauer. Chris war schon 30, also knapp zwei Jahre älter als ich, und eine gute Handbreit größer. Einssiebenund­achtzig, meinte er. Wir haben ganz viel erzählt, wer wir so sind, was wir so machen, was wir so vorhaben. Ich erzählte, dass ich gerade in mein Berufsleben als Ärztin starten würde, und dass ich mit meiner Weiterbildung Allgemeinmedizin anfangen wollte.

    Das ist jedenfalls der Plan. Nach sieben Jahren Kiel hatt ich auch einfach das Gefühl, dass es vielleicht mal Zeit wird, was Neues auszuprobieren.

    Und deswegen jetzt Hamburg.

    Ja genau. Also dass es hier klappen würde mit der Stelle, war ehrlich gesagt auch ein bisschen Zufall. Aber ich fand Hamburg sowieso immer schon total geil, und außerdem kenn ich Leute hier. Eigentlich kannte ich zwar nur Tessa so richtig, aber der Rest stimmte eben einfach schon.

    Und du?, fragte ich. Was hat dich nach Hamburg verschlagen? Wo kommst du eigentlich nochmal genau her?

    Aus Hannover. Also da habe ich studiert, ursprünglich bin ich aus Braunschweig. Informatik.

    Also doch ein Nerd!

    Wieso? Nein!, sagte er lachend und ein bisschen verdutzt.

    Ja nee, sagte ich lachend, "das war nur ein Witz, den ich mit Tessa gemacht hatte, als sie meinte, dass du was mit Computern machst. Und

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