Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Im Banne des Perlentauchers
Im Banne des Perlentauchers
Im Banne des Perlentauchers
eBook315 Seiten4 Stunden

Im Banne des Perlentauchers

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Das Buch "Im Banne des Perlentauchers" und der dazu gehörige zweite Teil "Im Land der Prinzessin" bilden das Leben einer Frau mittleren Alters ab, die nach der Scheidung beschließt, einen Partner im Internet zu finden. Dabei lernt sie einen Mann kennen, der ihr Leben auf eine seltsame, ja fast kranke Art mitbestimmt. Dennoch hält sie krampfhaft an ihm fest. Lesen Sie diese unglaublich und zugleich wahre Geschichte! Sie wird sie berühren, das versichere ich Ihnen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum10. Sept. 2014
ISBN9783735731234
Im Banne des Perlentauchers
Autor

Nathaijana Narantho

Tja, nun ist es da, das zweite Buch von Nathaijana Narantho.

Mehr von Nathaijana Narantho lesen

Ähnliche Autoren

Ähnlich wie Im Banne des Perlentauchers

Ähnliche E-Books

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Im Banne des Perlentauchers

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Im Banne des Perlentauchers - Nathaijana Narantho

    Inhaltsverzeichnis

    PROLOG

    WAS IST LIEBE?

    KONSEQUENZEN

    WEITERE SCHRITTE

    AB IN DIE VIRTUELLE WELT

    ALLTAG

    UND IMMER WIEDER FRANZ...

    VOM MAIL ZUM TELEFON

    DAS WAR ALSO FRANZ!

    GEFÜHLSCHAOS

    ZWEITER ANLAUF

    ALLTAG ZUM ABGEWÖHNEN

    EINE FAMILIE FÜR FRANZ

    ENDE DER SOMMERFERIEN

    AUF ZUR WIES´N

    DIE KARTEN WURDEN NEU GEMISCHT

    ERZIEHUNGSEXPERTE FRANZ

    BEFREMDLICHE AKTIONEN

    BLANKE REALITÄT

    FRANZ, DER FEIGLING

    AUFRÄUMAKTION

    UND WIEDER FRANZ

    PRINZESSIN VIVIEN

    DER WAHNSINN

    GROßZÜGIGKEIT UND HOHN

    DER MAI WAR GEKOMMEN…

    FRANZ ELTERN

    ARME VIVIEN

    WEITERE UNGEZOGENHEITEN

    FERIEN FÜR MICH

    AMERIKA

    RÜCKREISE NACH DEUTSCHLAND

    NEUES ALTES

    UNPASSENDE GESCHENKE UND KONGRESSE

    ETWAS ZUM VERBUDDELN

    EIN NEUES JAHR FÄNGT AN

    UND ALLES WIEDER LINKS HERUM

    SAURE GURKENZEIT

    NÄCHSTES DRAMA

    URLAUB IN DER SCHWEIZ

    ABER DA GING NOCH MEHR…

    SPAZIERGÄNGE

    EIN RECHTSANWALT ZUM VERLIEBEN

    MIAMI

    FREUNDINNEN SIND WICHTIG

    WIRBEL IM HERBST

    WEIHNACHTEN ZUM WEGRENNEN

    DIE SPITZE DES EISBERGS

    NACHTRAG UND AUSBLICK

    PROLOG

    Ein Prolog ist langweilig und wurde von mir zumindest in wenigen Büchern bislang gelesen. Daher soll nun auf eine solche umschweifende und ausführliche Einleitung verzichtet werden.

    Dennoch habe ich mich hier dazu entschieden, diese kleinen Notizen zu fertigen, um den Lesern des vorliegenden Werkes wichtige Hinweise zur Personenkonstellation zu liefern, ohne die man als Außenstehender zweifelsohne hier und da ins Stocken geraten würde. Der Inhalt würde teilweise sprunghaft anmuten und auch die Rolle der einzelnen Charaktere wäre zu oft nicht nachvollziehbar, wenn ich jetzt nicht im Vorfeld die Figuren kurz vorstellen würde.

    Die Protagonistin war gerade einmal 37 Jahre alt, als ihre Geschichte begonnen hatte. Sie war verheiratet und hatte vier Kinder, einen Jungen namens Angelo und drei Mädchen, Luisa, Alina und die kleine Kiara. Der angetraute Partner und Vater der vier Kinder hieß Nikodemus und wird hier meistens schon als Exmann oder Noch-Ehemann bezeichnet. In der Phase des Ausstieges aus der Ehe und dem damit verbundenen Leben spielten verschiedene Personen eine nicht unbedeutende Rolle, zum einen Franz, mit dem die Protagonistin glücklich werden wollte und zum anderen der Schutzengel, den die Ich-Erzählerin schon vor ihrer Ehe mit Nikodemus gekannt hatte. Der Schutzengel war ihre erste große Liebe gewesen, die allerdings schon vor der Ehe beendet gewesen war, und hatte die drei bis vier seltsamen Jahre der Beziehung zu Franz begleitet:

    Diese Geschichte wurde niedergeschrieben, um irgendwie mit dem Irrsinn einer viel zu lange andauernden und verrückten Affäre fertig werden zu können oder auch einzelne wirre Gedanken zu sortieren. Wenn überhaupt, dann kann die nachfolgende Erzählung nur der Belustigung derer dienen, die in einer intakten Verbindung glücklich sind, oder für diejenigen ein Trost sein, welche ähnliche Reinfälle beim Internet-Dating erfahren haben. Letztlich kann ich hier weder eine Warnung vor dem Ausbruch aus einer zerrütteten Ehe aussprechen, noch eine Aufforderung zu einer Suche nach einem besseren Partner im Internet aufrufen. Jeder muss selbst entscheiden, was er tut. Ich hatte den Weg des Ausstiegs gewählt und war mir nicht im Klaren darüber, welchen Wahnsinn ich damit für meine folgenden drei bis vier Jahre losgetreten hatte. Rückblickend muss ich gestehen, dass ich mit der Beziehung zu Franz meine persönliche Rechnung für mein Handeln bekommen hatte. Niemandem wünsche ich eine solche Erfahrung, weil sie einen nicht klüger macht, sondern nur seelisch aufreibt, zermalmt und vollends zerstört, wenn man nicht durch äußere Umstände wach gerüttelt wird.

    Die Protagonistin

    …. Er schlug in meinem Leben auf wie es in einem der Weltkriege vermutlich eine Bombe getan hatte. Mit viel Krach und Präsenz setzte er seinen Fuß über meine Türschwelle in mein Leben, von dem ich mir bis dato sicher war, es gut zu kennen und auch zu meistern. Da war er. Selbstsicher, besitzergreifend, mit einem stechend klaren Blick und unheimlich hellem Verstand, dessen Funktionstüchtigkeit sich in allen seinen Reaktionen widerspiegelte. Erstaunlich auch dieser beneidenswerte Hang zur Leichtigkeit und die ungeheuere Schlagfertigkeit. Alles an ihm strahlte Selbstsicherheit aus und zog mich unwillkürlich für eine viel zu lange Zeit in seinen Bann. …

    WAS IST LIEBE?

    Was ist Liebe? Ich dachte einmal, ich wüsste genau, was das ist, wie es sich anfühlte und welche Kräfte es verlieh. In der Zwischenzeit sah ich vieles anders. Ich saß in meinem Arbeitszimmer im Keller. Der Rechner war an und vor mir erstrahlte ein weißer Hintergrund, eine neue Word-Seite auf meinem Bildschirm. Oben im ersten Stock hörte meine kleinste Tochter gerade ihre Lieblingsmusik, bei der Britney Spears sang: „I used to know, I had the answers to everything but now I know, life doesn’t always go that way". Wie wahr, dachte ich und lehnte mich zurück:

    Alles begann im Sommer 2005. Meine Ehe war irgendwie am Ende, der Haussegen hing buchstäblich schief, nichts schien mehr reparabel. Außerdem wollte ich auch nicht mehr. Von meiner Seite kamen nur Trotz und Zorn über den Zustand, der in unserer sechsköpfigen Familie herrschte. Den Ton gaben schon lange nur noch Vorwürfe und hässliche Worte an, die tägliche Musik trug den Titel „Streit. Längst war das gemeinsame Schlafzimmer aufgehoben und jeder von uns hatte sein eigenes kleines Reich in unserem Holzhaus. Zwar im Keller, bei vier Kindern eben kaum anders denkbar. Zum Glück der Kinder war das aber nicht immer so. Wir hatten auch wunderbare Zeiten, in denen nach außen hin alle glaubten, wir seien das Traumpaar oder die Bilderbuchfamilie schlechthin. Ob in Kindergarten oder Schule, überall stießen wir auf großen Respekt und eine fast schon unheimliche Bewunderung, weil wir es mit vier Kindern schafften oder gerade, weil wir trotz der vier Kinder noch Zeit fanden, andere Sachen zu bewältigen. Ich war jahrelang im Elternbeirat des Kindergartens aktiv und führte den Vorsitz, war Bürgermeister und Gemeinderat mit meiner unnachgiebigen und hartnäckigen Kämpfernatur schon fast ein Dorn im Auge und genoss unter den Eltern dankbare Wertschätzung, was mich freilich mit Stolz erfüllte. Meine Kinder galten stets als wohlerzogen, höflich und intelligent. Sie waren gut ausstaffiert und allesamt in Markenklamotten gehüllt. Wir hatten sogar einmal an einem Fotoshooting einer nicht unbekannten Markenkleidungsfirma teilgenommen, wobei unsere Bilder auch veröffentlicht worden waren. Nicht selten kam es vor, dass ich von anderen Müttern um Rat in Erziehungsangelegenheiten gebeten wurde. Am Vormittag führte ich den Haushalt, erledigte Einkäufe, arbeitete an der Kindergartenfront und pflegte Familienbande. Nachmittags standen Dinge wie Hausaufgabenbetreuung und Spielen sowie Fördern unserer Kinder auf dem Plan. Am Abend, wenn Nikodemus, mein Mann, nach Hause kam, verwöhnte ich meine Lieben mit einem leckeren Essen und zum Ausklang des Tages brachten wir gemeinsam die Kinder zu Bett und mümmelten noch ein oder zwei Stunden vor dem Fernseher. Am liebsten sahen wir „Tatort oder „Der Bulle von Tölz und „Der letzte Zeuge. Im Winter waren Fenster zu schmücken, Plätzchen zu backen und Geschenke im Keller zu verstecken, damit die neugierigen und auf Weihnachten gespannten Kinder diese nicht vor dem Fest begutachten konnten. Im Frühjahr frischte ich den Garten samt Teich auf, damit wir den Sommer faul und in der Sonne brutzelnd auf der Terrasse dösen konnten. Der Herbst trug uns Laubaufräumarbeiten auf und der Winter endete irgendwie mit Silvester. Oft reisten wir an Weihnachten mit den Kindern zum Skifahren in ein Kinderhotel nach Österreich, was immer sehr schön war, weil die Kinder Spaß dabei hatten, und wir wenigsten augenscheinlich ein wenig Erholung erfuhren. Zudem fiel man in solchen Einrichtungen eher gar nicht auf, weil dort nur solche Leute Urlaub machten, die eben auch mit einer größeren Anzahl an Nachwuchs gesegnet waren.

    Ja, so sah alles prima aus und dennoch hatte sich im Laufe der Jahre irgendetwas gewandelt. Mein Mann war nicht mehr der, den ich geheiratet hatte. Er hatte sich zu seinem, wie ich fand, Nachteil gewandelt. Er zeigte immer weniger Aktivität und wollte abends nur noch vor seinen Computerspielen sitzen. Stress in der Arbeit wurde als Erklärung für die unbefriedigende Situation abgegeben. Selbst Erledigungen kleinerer Art, wie beispielsweise Fahrten am Samstagmorgen zum Bäcker lehnte er rigoros ab, weil ihm das zu viel war. Er jammerte bei der Gartenarbeit, Haushaltspflichten hatte er noch nie wahrgenommen und auch sonst brach er bei fast allen Ankündigungen irgendwelcher Minijobs in leichtes Weinen aus. Es war schrecklich. Vor allem die vier Kinder schienen eine erdrückende Last darzustellen. Ich versuchte mich zu erinnern, wann das wohl angefangen hatte mit ihm und seinem Gewinsel, kam aber nur dahinter, dass er eigentlich nie derjenige war, den ich liebte und ehelichen wollte. Warum nur? Weil ich zu naiv war und scheinbar nicht für mich definieren konnte, was Liebe bedeutete oder was ich mir vom Leben erwartete, wie es sich anfühlen musste und was wichtig und richtig war in einer Beziehung oder Ehe. Nikodemus war verändert, irgendwie! Oder doch nicht? Nein, er war von Anfang an genauso. Er strotzte vor Faulheit und Bequemlichkeit. Er kam irgendwie nie aus den Puschen. Sein gesamtes Auftreten, sowohl optisch als auch verhaltensmäßig, zeugte von einer chronischen Unlust, Arbeitsunwilligkeit und schier unlösbaren Lethargie. Dazu gesellte sich dann noch eine Art Schlamperei, die mich täglich umgab, weil er alles irgendwo im Haus verteilte. Mein Ordnungswahn dagegen trieb ihn zur Verzweiflung, dabei wollte ich nur eine saubere und vorzeigbare Hütte haben. Letztendlich war ich als Frau ihm zu spritzig, zu ideenreich und zu fordernd. Alles, was er gab, war zu wenig, alles, was er tat, und das war herzlich wenig, war einfach nicht gut genug. Seine höchste Lust bestand wahrlich darin, seinen Computersielen zu frönen, auf der Couch zu liegen, weil der vorausgegangene Arbeitstag im Büro so wahnsinnig anstrengend war. Jedenfalls kriselte es gewaltig, er war unzufrieden, doch warum eigentlich? Genau wusste er es, glaube ich, auch nicht. Ich für meinen Teil hatte die Schnauze gestrichen voll von dieser Passivität, die einem ein gewisses Maß an Depressivität geradezu aufzwang. Dennoch gab es da jene vier Kinder, die einfach noch klein waren und eine Familie brauchten. Und dann war da ja noch dieses Haus, das mit Schulden behaftet war. Ach ja, und ich hatte keinen festen Beruf, zumindest keinen, in dem ich dauerhaft und erfolgreich tätig sein konnte, wenn ich dann alleinerziehend sein würde. Eine echt verzwickte Ausgangssituation. Aber mein Entschluss stand fest - ich musste aus dieser Ehe raus. Ich hatte weder eine plausible noch eine befriedigende Erklärung dafür, was in mir vorging. Und mir fehlten schlicht und ergreifend die Worte, diesen Seelenzustand zu beschreiben. Hier passierte gerade etwas, das mir innerlich einen solchen Druck bereitete, dass ich zuweilen meinte, ich würde ersticken. Und ich wusste plötzlich: Nikodemus war das Übel, er musste weg. Ja, ich wollte, dass er ging, ich brauchte ihn nicht, wozu auch, alles, was anstand tagtäglich, erledigte ich. Er war immer und überall nur im Weg. Sein Wehklagen über den gestrigen Stress im Büro, die heutigen Kreuzschmerzen in seinem ach so geplagten Rücken und die morgige bevorstehende und schreckliche Kindergartenparty, zu der ich doch auch gut alleine gehen konnte – das alles brauchte und wollte ich nicht mehr um mich haben und ertragen müssen.

    KONSEQUENZEN

    Ich konnte zum damaligen Zeitpunkt nicht ermessen, welche Konsequenzen dieser Schritt nach sich ziehen würde. Ich war endgültig enttäuscht von dieser Art Ehe, zutiefst getroffen von der ewigen Faulheit und Trägheit meines Partners; beleidigt im Inneren, weil er sogar keinen eigenen Antrieb verspürte, wo er doch mich als hoch motivierte Person an seiner Seite hatte; erschüttert in meinem Vertrauen in ihn, da ich ihn schon lange in nichts mehr einweihte, und verwirrt in Bezug auf mich, weil ich gar so etwas wie Hass auf ihn in einer beängstigenden Intensivität anfing zuzulassen. Was hatte ich falsch gemacht? War ich nicht mehr die Person, die ich morgens im Spiegel begutachtete, erfüllte ich meine täglichen Pflichten nicht ausreichend oder hatte ich mich so massiv verändert? War ich zu weit aus der Ehe hinausgegangen, um mich ein wenig zu verwirklichen und hatte ich dabei meine Mutterrolle vernachlässigt? Oder suchte ich eigentlich nach mir, wer ich war und wer ich sein wollte? War es nicht endlich an der Zeit, mich selber beruflich nach meinen Wünschen zu stellen? Wenn ich besser in mich hineinhorchte, sah ich diese Entwicklung deutlich vor meinen Augen: Die Liebe und die Leidenschaft waren irgendwo verloren gegangen. Waren sie überhaupt in ausreichendem Maße je vorhanden? Von Anfang an - wie fühlte ich mich da? Was hatte ich gefühlt, als ich damals `Ja´ gesagt hatte am Traualtar? Hm – beschissen - ich erinnere mich, ich wollte schon vor der Hochzeit abhauen, alles beenden, weil mich der Verdacht beschlichen hatte, dass ich es mit diesem Mann nicht aushalten würde. Ich spürte schon damals, er würde mich nie satt machen, ich wusste, wenn ich diesem Bündnis zustimmte, würde ich eben später ausbrechen. Wenige Tage vor der Heirat rief ich meine Eltern an und bekundete meine Unsicherheit bezüglich der bevorstehenden Trauung am Telefon. Mein Vater meinte am anderen Ende, dass er sich wohl verhört hätte, alle würden hier im Hause Kuchen und Torten in Massen backen, um diese in der Nachbarschaft auszutragen, und ich hätte nichts Besseres zu tun als solche dämlichen Reden zu schwingen. Erschrocken und natürlich einsichtig beendete ich dieses Telefongespräch. Das konnte ich wirklich nicht bringen: Meine Mutter buk, die Nachbarn brachten Geschenke und ich spielte hier die undankbare Tochter. Das war echt peinlich und einmal wieder typisch für mich. Ich durfte meine Eltern nicht enttäuschen. Ich musste einmal etwas richtig und zu ihrer Zufriedenheit machen. Diese Ehe musste geschlossen werden, auch wenn ich sie schlussendlich gar nicht eingehen wollte. Ich war mit so wenig Selbstvertrauen ausgestattet, dass ich mich nicht mehr traute, auch nur einen Schritt rückwärts zu gehen. Ich war feige und unehrlich. Aber konnte man überhaupt so reif und so weit schon denken im Alter von 24 Jahren? Ich konnte es nicht. Genau genommen hatte ich auch ihm, meinem zukünftigen Mann, die Chance auf eine wahrhafte Liebe verbaut, zumindest würde ich es mit meinem falschen, gelogenen Ja-Wort für die kommenden dreizehn Jahre tun. Nein- ich denke nicht, dass es so einfach hier hingeschrieben werden kann. Ich empfand freilich etwas für ihn, eine leichte Sympathie und das Gefühl, dass ich für ihn wichtig war, doch es war nicht ausbaufähig. Ich half ihm, sein Studium zu beenden, schrieb Seminararbeiten, Referate und seine Diplomarbeit, in der ich immerhin die Note 1,3 erhalten hatte. Er selber war einfach nicht in der Lage, zu lernen und eine gewisse Mühe in seine Studien zu investieren. Sein Arbeitstier war ich und ich fühlte mich groß und mächtig hierin, weil ich etwas konnte, das sich auch in guten Noten widerspiegelte, wenn auch nicht in meinen eigenen. Und das war die eigentliche Krux. Zuhause galt ich nur als Tochter, die schon aufgrund ihres weiblichen Geschlechts von Geburt an durchgefallen war. Und hier bei Nikodemus war ich der Macher. Ich wollte aus meinem furchtbaren, tyrannischen Elternhaus fliehen. Und mit diesem Mann, den meine Eltern zwar als Trottel, aber dennoch bodenständig einstuften, konnte ich es wagen. Zu jeder Zeit gaben mir meine Mutter und mein Vater das Gefühl, dass dieser Mann der einzige sein würde, den ich mit viel Glück abbekommen würde. Na, wenigstens das hatte ich offensichtlich richtig gemacht, oder doch nicht? Irgendwann, vielleicht nach den Geburten der Kinder, musste es passiert sein und wir hatten es nicht einmal bemerkt. Vielleicht waren wir auch zu sehr mit unserer Rolle als Eltern beschäftigt und hatten uns als Paar vergessen, bei vier Kindern wäre das auch kein Wunder. Am Ende stellten wir wohl beide erschrocken fest, dass nichts mehr übrig war, überhaupt nichts. Konnte es so etwas geben? Interessant war daran nur, dass ich damals Glaubens war, dies wäre das Schlimmste und Heftigste, was mir mit einem Mann passieren könnte. Dass ich feststellte, dass es keine Liebe mehr gab oder dabei war, das heilige Bündnis der Ehe zu brechen und alleine mit vier Kindern weiterzugehen.

    Hier und jetzt weiß ich, es geht noch mehr. Ein Mann hatte es geschafft, mich stärker zu verletzen, nicht so kurz und schmerzhaft von einer Minute auf die andere, dafür über drei Jahre verteilt und schleichend. Die Erniedrigung, die dieser Mensch mir beibrachte, war mit der in meiner Ehe nicht vergleichbar. Zugegeben, Nikodemus war faul, spielsüchtig und phlegmatisch, aber er versuchte, zumindest während der Ehezeit, nie, mich zu manipulieren oder auf meinen Gefühlen herumzutrampeln. Er enttäuschte mich einzig durch seine Passivität und sein unmotiviertes Auftreten. Jener andere Mann dagegen lenkte und steuerte mich ganz gezielt, schuf eine emotionale Abhängigkeit, die fast schon peinlich war, und erniedrigte und peinigte mich, wo er konnte. In meiner Ehe kam ich mir vor wie ein Trottel und war jahrelang das Arbeitstier für ein Faultier an meiner Seite. Ich harrte neben einem wirklich hoch lethargischen und regungslosen Menschen und vergeudete Zeit, die man eigentlich hätte anders sinniger verbringen können. In der Beziehung zu dem besagten Mann dagegen nahm ich freiwillig die Position der unermüdlich Arbeitswütigen ein und investierte all meine Kraft und all mein Engagement in diesen Macho. Und das, wohl gemerkt, auch ohne Rücksicht auf Verluste - und das war das Sträfliche und Wahnsinnige daran. Dies ist auch die Geschichte, die ich hier festhalten möchte - die Erzählung erstreckt sich über einen Zeitraum von drei bis vier Jahren und beschreibt mein Verharren in diesem Irrsinn, meine für keinen Außenstehenden verständliche Hingabe zu diesem Mann, meine Selbstaufgabe für diesen Macho und meinen mir selbst auferlegten Leidensweg. Das Niederschreiben war mir eine große Hilfe, mit diesem Wirrwarr, einem Hoch und Tief meiner Gefühle, dem Chaos der Liebe, in das ich mich verrannt hatte, überhaupt fertig zu werden.

    WEITERE SCHRITTE

    Fast zur selben Zeit, als mein Dasein in diesen Prüfstand wechselte, trat mein Schutzengel wieder in mein Leben. Ein Mann aus meiner Vergangenheit, ein Mensch, den ich nie vergessen konnte. Wir hatten uns lange nicht gesehen und gesprochen. Es war Zufall, ich hatte das Internet für mich entdeckt und Nachforschungen angestellt, wo er lebte und wie. Und da war er wieder und beeindruckte mich. Er war bis dato die größte Liebe meines Lebens und die bislang tiefste. Kein Mann kannte mich so gut wie er. Seine Zuneigung und seine aufrichtige Liebe bedeuteten mir einst unbeschreibliches Glück. Es funktionierte mit uns in allen Bereichen des Lebens. Es war unvergessen schön. Immer. Wir pflegten eine für Außenstehende beinahe beängstigende Harmonie zueinander. Ich lernte ihn auf einem meiner Flüge kennen. Ich arbeitete nach dem Abitur als Flugbegleiterin bei einer großen Airline. Auf einem meiner Transatlantikflüge saß er. Seine Ausstrahlung und sein Humor gefielen mir. Ich war noch sehr jung und hatte mit dem männlichen Geschlecht noch keine Erfahrungen gesammelt. Und dann traf es mich aus heiterem Himmel gleich so.

    Wie also gesagt, kreuzten sich unsere Wege im Jahre 2005 wieder. Ein Treffen einfach so und irgendwo, und er gab mir in wenigen Worten zu verstehen, dass nicht die bezaubernde und fortwährend lächelnde Frau vor ihm stünde, die er damals kennen und lieben gelernt hatte, sondern eine fremde Person. Hatte ich mich so zu meinem Nachteil entpuppt? Musste er mir erst ins Gesicht sagen, dass ich unglücklich war, bevor ich es selbst bemerkte? Zugegeben, ich hatte meinen geliebten Schutzengel nie vergessen können. Tief in mir regierte weiter diese innige Verbundenheit zu ihm. Dennoch war ich eine Meisterin der Verdrängung. Ich hatte meine Vernunft zu jener Zeit entscheiden lassen und nicht mein Herz. Und diese teilte mir mit, dass ich mich meinem jetzigen Mann hatte zuwenden sollen und nicht meinem Schutzengel. Es war einfach besser so gewesen. Mein derzeitiger Mann war nur ein Jahr älter als ich, bodenständig und mit ihm konnte ich eine Familie gründen. Der andere dagegen war bedeutend älter und kam aus einem anderen Land und bot nicht gerade einen Beruf, den man sich für einen Schwiegersohn in spe aussuchen würde. Es gab Menschen, die mir und uns diese Liebe nicht gönnten und sie für uns nicht lebenswert und wahr gemacht hatten, aber genau darauf will ich hier nicht näher eingehen, weil es jetzt und für diese Erzählung keine Rolle spielt. Ich denke heute, rückblickend, dass ich einfach noch nicht reif genug war, um vor mir und anderen zu formulieren, was ich wollte. Dieses aufkommende Gefühlschaos, sprich das Hin- und Her der Emotionen zeigte mir nur allzu deutlich, wie sehr ich mich nach einem anderen Leben und vor allen Dingen nach einem neuen Partner sehnte. Alles verursachte bei mir zusätzliche Verwirrung. Ich eröffnete Nikodemus meine konfusen und aufgewühlten Empfindungen und fand in ihm anfangs den verständnisvollen Berater, den ich mir erhofft hatte. Vielleicht überkam ihn ein Anflug von letzter Hoffnung, diese chaotische Sachen in ruhigere Bahnen zu lenken. Allerdings war ich im Geiste schon aus der ehelichen Gemeinschaft ausgestiegen. Mein Noch-Ehemann wollte zwar irgendwie unsere Verbindung der Kinder wegen retten, konnte sich jedoch auch nicht in Zaum halten. Er fing an, im Internet nach Bekanntschaften zu suchen und traf sich mit anderen Frauen. Das machte mich zwar wütend, bestärkte mich aber in meinem eigenen weiteren Vorgehen. Ich tastete mich Schritt für Schritt an das Leben alleine mit meinen Kindern heran. Neben diesen eher kontraproduktiven Aktionen war mein Mann dennoch bemüht, die Ehe aufrecht zu erhalten. Ich kämpfte weniger dafür, verhielt mich eher passiv und harrte der Dinge, die da kommen sollten. Mein Mann besuchte eine Therapie, in der Hoffnung, den Fall der ehelichen Grundmauern aufhalten zu können, aber es half nichts. Er versuchte sogar, mich in diese psychologische Aufklärung mit einzubeziehen. Stets kam er auf neue therapeutische Ideen, die unsere zerrüttete Verbindung heilen sollten. Ich glaube, wenn ich so darüber nachdenke, war ich diejenige, die von da an ausbrach - täglich ein Stückchen mehr.

    Als er eines Tages von einem Besuch bei seiner Schwester und deren Familie zurückkehrte, berichtete er mir über eine Familienaufstellung, die er dort gemacht hätte. Dabei wäre herausgekommen, so meinte er, dass ich mich auf den Weg aus der Ehe machen würde und nicht anders könnte, weil ich eine schreckliche Kindheit gehabt hätte. Weiterhin versuchte er mir klar zu machen, dass sich unsere älteste Tochter sehr bald umbringen würde, weil sie es mit mir nicht aushielte, und ich würde die alleinige Schuld daran tragen. Daneben brachte diese Familiensitzung noch andere seltsame und wirre Dinge zu Tage, die ich hier gar nicht alle aufzählen möchte. Ganz schön schräg, dachte ich bei mir, wie sehr fremde Leute doch in der Lage waren, mich und meine Familie zu analysieren, zumal sie mich überhaupt nicht kannten. Gab es das? Wie konnten sich irgendwelche Personen anmaßen, mich zu diagnostizieren? Wie ging das? Und er glaubte diesen Mumpitz allen Ernstes!

    Nun war Schluss, es reichte. Ich war geschockt und sauer. Ich hatte den Willen nicht mehr umzukehren. Jetzt erst recht nicht mehr. Es zog mich buchstäblich fort von ihm. Das war nicht mehr fassbar, was er nun abzog. Aber ich wollte auch aus anderen Gründen fort von ihm. Und der wohl wichtigste Anlass war, dass ich meinen Mann nicht mehr liebte, schon eine geraume Zeit nicht mehr. Ich fühlte es schon lange. Ich log nur noch beim Sex, machte die Beine breit, damit wieder Ruhe herrschte für die kommenden Wochen. Lust verspürte ich ewig nicht mehr. Irgendeine furchtbare Veränderung ging in mir vor. Ich wollte auch raus. Raus aus der Ehe und frei sein! Dass solche Schritte auch gewaltige Katastrophen nach sich ziehen konnten, war mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar. Mein Egoismus und die Erkenntnis, dass ich meinen Mann nicht mehr liebte, trieben mich fort aus der ehelichen Gemeinschaft. Eine Psychologin, der er weis gemacht hatte, dass ich schwer gestört wäre aufgrund meiner verkorksten Kindheit, bestätigte mir nach fünf Sitzungen, die ich ihm zuliebe über mich ergehen lassen hatte, dass ich weder krank noch geistesgestört wäre, sondern schlicht und ergreifend meinen Mann nicht mehr liebte. Diese blanke Erkenntnis erschreckte mich zunächst, bestätigte mich aber in meinen Gefühlen. Ich musste gehen und ich wollte gehen. Leider war auf die Dauer auch die getrennte Schlafräumlichkeit, die wir bereits vor Monaten vorgenommen hatten, keine passable Lösung mehr für ein solches Problem. Dieser Einschnitt sollte im Sommer 2005 kommen. Ich kaufte mir meinen ersten Laptop. Ich hatte das Studium an der Universität für das Lehramt an Realschulen in den beiden Fächern Englisch und Deutsch begonnen, weil ich das Ende der Ehe schon vorausgesehen hatte. Ich wollte auf eigenen Beinen stehen und mir meinen Weg bahnen. Aber ich hatte es mir einfacher oder,

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1