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Für Kusskuss brauch ich kein Rezept: Roman
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eBook205 Seiten2 Stunden

Für Kusskuss brauch ich kein Rezept: Roman

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Über dieses E-Book

Laura Bernfeld, die sympathische, temperamentvolle Lehrerin, muss ihr geliebtes Freiburg verlassen und stellt fest, dass im neuen Wohnort am Feldberg die Schwarzwalduhren völlig anders ticken. Im Haus spukt es, zwischen Ober- und Unterdorf gibt es eine uralte Fehde und zu allem Überfluss taucht die Exfrau ihres Freundes Jan wieder auf. Trotz Gefühlswirrwarr stürzt sie sich in ein Rettungsprojekt für den alten Dorfgasthof.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum13. Dez. 2018
ISBN9783842518087
Für Kusskuss brauch ich kein Rezept: Roman

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    Buchvorschau

    Für Kusskuss brauch ich kein Rezept - Maria Kehlenbeck

    Danksagung

    1

    Hmmmpf. Eigentlich dachte ich, diese sprachlich doch recht erbärmliche Ausdrucksform gehöre der Vergangenheit an. Ich wäre quasi herausgewachsen aus dieser comichaften Asterix-Sprache. Ich war sogar überzeugt davon, dass ich älter, reifer, vielleicht sogar klüger geworden wäre. Hmmmpf. Mir blieben auch jetzt wieder die Worte im Hals stecken, wie meinem guten Obelix, wenn er einer wohlgeformten Frau seine Liebe gestehen wollte. Fehlanzeige. »Mit der Reife wird man immer jünger.« Ha! Da war er wieder, der gute Hermann Hesse, auf den ich sonst meine gesamte Hoffnung stützte. Aber es gehörte wohl noch mehr dazu, wenn die Reife von mir Besitz ergreifen sollte. Ein paar Betrachtungen über das Alter an sich und ein paar Jahre mehr auf dem Buckel reichten da wohl nicht aus. Andererseits – im Moment fühlte ich mich völlig überreif. Als Apfel, Birne oder Kirsche würde ich schon nicht mehr gepflückt werden. »Die fällt von alleine ab, oder die Vögel holen sie sich«, würde jeder vernünftige Bauer urteilen, der mich am Baum hängen sähe. Aber im Moment hing ich eigentlich gar nicht an einem Baum, sondern in der Luft. Ich hatte keine Ahnung, wie es jetzt weitergehen sollte.

    Eigentlich war alles gut: Mein Freund Jan war liebevoll, unterhaltsam und so geduldig, dass er meine vielen Macken noch nicht einmal zu bemerken schien. Sein Sohn Erik ging auf eine Schule, die wieder nach so einem Dichter benannt worden war, dessen Worte von großer Klugheit und Reife zeugten. Sogar die Farbenlehre hatte der Allrounder unter den Denkern unter seinen Fittichen gehabt. Das war mir ein völliges Rätsel. Wie konnte man sprachlich so versiert sein, Gedichte und Theaterstücke verfassen wie normale Leute einen Einkaufszettel und dann noch der Menschheit zu naturwissenschaftlichen Erkenntnissen verhelfen? Dieser Goethe war mir deshalb schon zur eigenen Schulzeit etwas suspekt gewesen.

    Erik schien zwar weniger im naturwissenschaftlichen Gebiet fit zu sein, seine gesamte Klasse plus Lehrer hatte er aber ganz schön im Griff und fühlte sich – auch ohne mich als seine Klassenlehrerin – pudelwohl. Ich hatte den stillen, freundlichen Jungen in den letzten beiden Grundschulklassen unterrichtet. Obwohl wir uns hervorragend verstanden hatten, waren wir nun froh, dass sich unsere Wege nicht mehr kreuzten. Auf dem Sofa seines Vaters konnte man sich besser über das Hüttenbauen und den motorisierten Raupenbagger von Lego Technik unterhalten als zwischen Klassenzimmer und Pausenhof. Ich gab mir die größte Mühe, mich in Jungenthemen wie eben diese hineinzudenken, und es kam nicht selten vor, dass ich im Wohnzimmer über einer Bauanleitung brütete und schließlich auf dem Boden herumrobbte. Was blieb einem auch anderes übrig, als die kleinen Teilchen wieder zusammenzusuchen, wenn man sie mit einem »Maaaann! So ein Kack-Scheiß!« zuvor frustriert dahin befördert hatte. Aber dafür brauchte ich mein viel strapaziertes »Hmmmpf« nicht, ich hatte schließlich ein weitgefächertes Vokabular.

    Im Grunde machte mir dieses kindliche Spielen und Basteln große Freude, und ich war glücklich, dass mich Erik an der Seite seines Vaters so gut zu akzeptieren schien. Natürlich konnte ich ihm die Mutter nicht ersetzen, das war mir schon klar. Die war mit ihrem Lover von einem Tag auf den anderen nach Guatemala abgehauen, um dort sich selbst und sämtliche Weisheiten des Lebens zu finden. Oder was auch immer. Ich hatte keine Ahnung. Ich wusste nur, dass Erik in der Zeit nach ihrem Verschwinden unter heftigen Asthmaanfällen litt, die den Jungen noch zusätzlich gebeutelt hatten. Aber sein Vater war einfach wunderbar. Mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen (von wegen, Männer wären prinzipiell nicht dazu in der Lage, nee, die waren nur manchmal einfach zu bequem) stand er an Eriks Seite und gab ihm den nötigen emotionalen Halt. Mein Jan war in jeder Hinsicht ein Traum! Nach mehreren Fehlschüssen auf die männliche Zielscheibe hatte ich doch tatsächlich mit ihm ins Schwarze getroffen. Wahrscheinlich waren meine Gewehre auf der Männerjagd wie auf dem Rummel falsch eingestellt gewesen. Mit denen war Treffen auch ein unmögliches Unterfangen. Wie auch immer, ich hatte es geschafft. Inzwischen waren wir seit gut einem Jahr unzertrennlich und genossen jede Minute, die wir zu zweit oder mit Erik als kleine Familie verbringen konnten.

    Aber jetzt kam es wieder: das totgeglaubte Hmmmpf.

    Vor einem halben Jahr hatte ich einen Versetzungsantrag gestellt. Mit meinem Fahrrad war ich so mobil und flexibel genug, um an einer Grundschule in jedem anderen Stadtteil anzuheuern. Zwar etwas seriöser formuliert, aber sinngemäß hatte ich den Antrag mit einer solchen Bitte um eine Versetzung innerhalb Freiburgs eingereicht.

    Mein Arbeitsplatz war mit der Zeit immer mehr zu einem Kampfplatz geworden. Ein kalter Krieg zwischen dem chauvinistischsten aller Rektoren und einer Lehrerin, die nichts von schmierigen Fingern auf ihrem Oberschenkel hielt. Donald Duck. Daniel Düsentrieb. Rainer Rastler. Im Comic hätte ich ihn zu den Panzerknackern hinter Gittern gesteckt, aber im realen Leben war er wirklich eine Zumutung, der ich nur auf zwei Wegen entkommen konnte: Entweder ich versuchte mein Glück in einem anderen Stadtteil oder ich wurde besser heute als morgen schwanger. Mit dem Schwesterchen für Erik war das so eine Sache: Jan und ich waren uns schon mal über das Geschlecht einig. Ich wollte so gerne ein kleines Mädchen, dem ich süße Frisuren machen und Puppen kaufen konnte, er wollte seine Mini-Laura. Allein für diesen Wunsch hätte ich ihn knutschen können. Wann der große Wettlauf der potenziellen Anwärter auf meine Eizellen stattfinden sollte, war uns beiden nicht ganz klar. Jan wollte Kinder mit mir, aber nicht wieder heiraten. Ich kam aus einem konservativen Haus und wollte erst den Trauschein in der Tasche, bevor eine richtige Familie gegründet werden konnte. Ha! Da sieht man mal, wie hoch meine Frustrationstoleranz tatsächlich war! Diese beiden Vorstellungen waren nicht wirklich kompatibel, schmissen mich aber noch lange nicht aus der Bahn. Mit dreiunddreißig Jahren waren meine Eizellen durchaus etwas überreif, aber ich mochte Früchte auch leicht gegoren und übte mich in stoischer Gelassenheit. Ob als überreife Birne am Baum oder als Eizelle in meinem Inneren, das spielte auch schon keine Rolle mehr. Nein, das tatsächliche Unglück hatte in meinem Briefkasten gelauert. Wie Jans Hund Bootsmann vor dem Kaninchenbau. Mit zitternden Händen hatte ich den Brief vom Regierungspräsidium in die Hand genommen und die ersten Zeilen überflogen. »… wurde dem Versetzungsantrag stattgegeben.« Die Freude über diese Nachricht dauerte genau so lange, wie ich für das Lesen von zwei weiteren Sätzen brauchte. Also in etwa vier Sekunden. Man hatte mir eine Gemeinschaftsschule im Dschungel angedacht. Nee, nicht angedacht. Es war beglaubigt, besiegelt, beschlossene Sache. Hmmmpf. Sah ich aus wie ein C-, D-oder F-Promi, der es bitter nötig hatte, in der Wildnis Spinnen zu essen, um wieder ins Gespräch zu kommen? Gut, ich sollte mich weder ausziehen noch Schlangen über mich kriechen lassen. Aber unterrichten! Im Dschungel! Fernab jeglicher Zivilisation! Mein geliebtes Freiburg würde nur noch mit dem Bus erreichbar sein. Irgendetwas war da ganz gewaltig schiefgelaufen. Ich war zum Telefon gerannt und hatte nach fünf Ehrenrunden in der Warteschleife einen leicht genervten Herrn am Apparat gehabt. Sein einziger Kommentar dazu: »Sie können ja in ein paar Jahren erneut einen Versetzungsantrag stellen.« Danke auch.

    Der Dschungel nannte sich Schwarzwald. Grundsätzlich ein traumhaftes Fleckchen Erde, dessen Qualitäten für Wintersportler und Wanderer nicht von der Hand zu weisen waren. »Der Südschwarzwald ist der zweitgrößte Naturpark Deutschlands und umfasst die drei höchsten Gipfel des Schwarzwaldes, den Feldberg (1493 m), das Herzogenhorn (1415 m) und den Belchen (1414 m).« Solche und ähnliche Informationen erhielt man von diversen Reiseführern, die Wanderfreunden den Mund wässrig machten. Hallo? Ich sollte da wooohnen! Was nutzten mir drei wunderschöne Berge, wenn in der einzigen Kneipe weit und breit der Ü-70-Männerstammtisch tagte und man nur auf die Tchibo-Ecke im Einkaufsmarkt hoffen konnte, um mal neue Socken zu ergattern oder den kaputten Möhrenschäler zu ersetzen. Ich bin und bleibe Städter. Da konnte der komplette Dschungel mit seinem traumhaften Panorama des Hochschwarzwaldes und der Alpen nichts daran ändern. Mein Bruder Peter seufzte in der Regel theatralisch, wenn er vor einer umwerfenden Kulisse stand, und hängte ein »welch wunderschönes Pornorama« an den Seufzer an. Für meinen bescheidenen Humor genau das Richtige, aber das hier war jetzt alles andere als witzig.

    In den Filmen, die Sonntagabend im Zweiten Deutschen Fernsehen ausgestrahlt wurden, lief das generell so ab: Der Städter, karrieregeiler Kinder- und Tierhasser noch dazu, ist böse. Alle Menschen auf dem Land lachen strahlend bei jedem eisverschmierten Kindergesicht, helfen herausgefallenen Vogelküken wieder ins Nest und sind so lieb, dass sie noch nicht einmal Groll hegen, wenn der gemeine Städter sie nach Strich und Faden hintergangen hat. So. Ich war Städter. Aber ich mochte Tiere, ich liebte Kinder, sogar die von anderen Leuten, und in der Natur fühlte ich mich durchaus wohl. Am Wochenende oder im Urlaub. Denn ICH. BIN. STÄDTER.

    »… vergammle ich zwischen unförmigen Kuhfladen und miefigen Wanderschuhen. Suse, das ist der Oberkack des Jahrhunderts. So viel Kack können die gesamten Kühe da oben gar nicht auf die Straße flatschen, wie das hier stinkt. Bis zum Himmel! Suse, das ist ja, als würde man eine Badeente aus dem für sie angedachten Wasser rausnehmen und auf einen trockenen Baumstamm setzen!«

    Ausnahmsweise lachte Suse mal gar nicht. Wir saßen in unserer Stammkneipe im Zentrum Freiburgs und hatten den Notstand ausgerufen. Das hieß im Klartext: Schnitzelessen und Biertrinken. Das taten wir natürlich auch sonst mit Leidenschaft, aber wenn eine von uns den Notstand ausgerufen hatte, dann musste man. Komme was wolle. Dann gab es kein Kalorienzählen und kein »Ich muss aber morgen früh aufstehen und einen klaren Kopf haben«.

    Jan hatte dienstags seinen Skatabend, den er sofort absagen wollte, als er von der Misere erfuhr. Aber das kam für mich gar nicht in Frage. Sollte er mal schön bei der Kreuzdame bleiben und die Zeit mit seinen Freunden genießen. Das konnte so schnell vorbei sein. Wenn man sogar selbst darum bat, nach Hintertupfingen versetzt zu werden. Hmmmpf. Suse war seit Kindestagen eine verlässliche Anlaufstelle, wenn es um Liebeskummer, schwierige Eltern oder Kleiderfragen ging. Und bei beruflichem Desaster eben auch. Mit ernstem Blick, den ich durchaus angemessen fand für meine Hiobsbotschaft, saß sie mir gegenüber und malträtierte einen Bierdeckel, als wäre das Pappding höchstpersönlich schuld an allem.

    »Und wenn du deine Wohnung behältst und zwischen Wohnsitz und Schule hin und her pendelst?«

    Eine Schnitzel-Länge hatte sie mich jammern lassen und mit mir um die Wette auf deutsche Bürokratie im Allgemeinen und das Beamtentum im Besonderen geschimpft. Objektiv betrachtet war ich wohl die Einzige, auf die ich sauer sein musste. Aber ich stand zum Glück nicht auf meiner eigenen Abschussliste. Nun versuchte sie, das Problem konstruktiv anzugehen. Aber ich sah meine Freundin traurig an und schüttelte entschieden den Kopf.

    »Das bringt doch nichts, Su. Dann ist Elternabend, Elternsprechtag, Schulfest, Schulentwicklungsaufgaben, die nur im Team besprochen werden können – da darf mein Bett doch nicht hundert enge Kurven von mir entfernt stehen. Und noch dazu müsste ich immer durch die ganze Stadt fahren. Ha! Fahren! Ich hab ja noch nicht einmal ein Auto!«

    Resigniert zuckte ich mit den Schultern.

    »Mein Hollandrad müsste aber einen ganz ordentlichen Motor eingebaut bekommen, damit ich da jeden Tag rauffahre. Oder ich dope mich. Das ist ja im Radsport nicht unüblich.«

    Um diesen Plan sofort in die Tat umzusetzen, trank ich mein Bier in einem Zug leer und gab der Bedienung, die gerade mit vollem Tablett an uns vorbeigerauscht kam, ein Zeichen. Was hätte ich davon, wenn mir irgendetwas Muskelaufbauendes in die Venen gespritzt würde. Meine Leber hätte zwar mit Sicherheit auch in diesem Fall reichlich zu tun, aber wenigstens kam ich zuvor in den Genuss, ordentlich Hopfen getankt zu haben. Der war jetzt wahrscheinlich mit seiner beruhigenden Wirkung ohnehin besser als irgendein stimulierendes Zeugs.

    »Und was ist, wenn ich da hochziehe und zum Einsiedler mutiere? Vielleicht wächst mir ein Bart? Oder ich fange an, so alemannisch zu schwätzen, dass ihr mich alle nicht mehr versteht?«

    Na also. Jetzt lachte meine Freundin endlich ihr unverkennbares Suse-Lachen, das mich ein bisschen aus der Weltuntergangsstimmung herausholte. Wenn sie noch so lachen konnte, war nicht alles verloren im Leben.

    »Ich stell mir gerade vor, wie du mit Vollbart aussiehst«, brachte Suse unter Glucksen hervor, schmiss ihre blonde Haarpracht nach hinten und schien großen Gefallen an dieser Vorstellung zu finden.

    Eine tolle Freundin hatte ich da! Wütend funkelte ich sie an und griff nach dem Pappdeckel, der mich schier wahnsinnig machte. Mit Hopfen ruhiggestellte Personen konnten hyperaktive Bierdeckel vor ihren Augen prinzipiell nicht ertragen. Meine beste Freundin schien zu begreifen, dass zwar etwas Optimismus angebracht war, aber diese Zukunftsvision eher das Gegenteil bewirken musste.

    Sie nahm über den Tisch meine Hände und sah mich eindringlich an. »Jetzt hör mal zu, meine Süße. Du bist nicht aus der Welt da oben.« Sie machte eine schöpferische Pause, um ihren Worten die nötige Bedeutung zu geben.

    »Zum einen leben dort auch menschliche Wesen. Kein Yeti, keine Menschenaffen. Zum anderen bist du innerhalb einer guten Stunde, na ja, vielleicht eineinhalb, in der Stadt und hast dein gewohntes Umfeld und deine Freunde bei dir. Und ich komm dich mit meinem Auto so oft besuchen, wie es nur irgend geht. Du hast in deiner Ausbildung auch in einem absoluten Kaff gewohnt, und wir haben das hinbekommen.«

    Was würde ich nur ohne beste Freundin tun. Manchmal ging sie mir zwar ganz schön auf den Wecker, besonders wenn sie mir die Wahrheit, die ich mit Sicherheit nicht immer hören wollte, schonungslos an den Kopf knallte. Die ersten grauen Haare, eine kleine Delle am Po – Suse machte mich darauf aufmerksam. Nicht schadenfroh oder gar gehässig, sie stellte es einfach nur fest. Was de facto für mich keinen Unterschied machte, die vereinzelten Silberfäden und die Delle hatte ich trotzdem. Suse war eben eine ehrliche Haut, die mich seit Kindestagen umhüllte wie das Raupennetz einen Kokon. So langsam wurde ich innerlich ruhiger. Mein Freund Florian, Suse und natürlich Jan würden mich nicht zwischen Lianen und Tannenzapfen verrotten lassen.

    Als es mir einmal so richtig schlecht ging, weil mich mein damaliger Partner (bestimmt Städter, nicht kinderfreundlich, Tierfeind) nach Strich und Faden betrog, und ich es schließlich auch erfahren hatte, verpackte Flo meine Situation in ein Bild, das mich bis heute nicht losließ.

    »Du bist der Schmetterling. Du bist frei, das zu tun, was dir im Sinn steht. Du kannst fliegen, dich vom Wind tragen lassen und die Welt erkunden. Irgendwann kommt die Zeit des Verpuppens. Dann wirst du wieder zur Raupe, sammelst neue Erkenntnisse, kriechst auf dem Boden des Lebens. Du spinnst dich ein, umhüllst dich mit deinem Kokon und machst eine Entwicklung durch, die dich Kraft und große Anstrengung kostet. Mit neuen Erkenntnissen wirst du dich von deiner Hülle befreien und das Fliegen neu erlernen.«

    Keine

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