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Zaubertanz und weiser Funke: Zwei Novellen
Zaubertanz und weiser Funke: Zwei Novellen
Zaubertanz und weiser Funke: Zwei Novellen
eBook148 Seiten1 Stunde

Zaubertanz und weiser Funke: Zwei Novellen

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Über dieses E-Book

Künstler geben einen Zauber in die Welt, andere Kräfte zerstören ihn. Eine begabte Tänzerin schlittert durch eine unglückliche Beziehung in widrige Umstände. Ein beliebter Society-Anwalt gerät, auf der Suche nach Sinnhaftigkeit, in die Bredouille. Zwei Geschichten aus Wien, erzählt von einer Pflegedienstleiterin und einem Chauffeur, die sich in einer Zwangspause befinden.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum24. Okt. 2021
ISBN9783754174043
Zaubertanz und weiser Funke: Zwei Novellen

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    Buchvorschau

    Zaubertanz und weiser Funke - Anita Lang

    neobooks_2014_4c_pos_10cm

    Inhaltsverzeichnis

    I. Wie ein Bissen Brot

    II. Die schimmernde Tänzerin

    1. bis 10. Kapitel

    III. Felix und seine Heilsversprechen

    1. bis 4. Kapitel

    I. Wie ein Bissen Brot

    Personal ist zur Ware geworden, zur Mangelware. Karin betrachtet die ihr Zugewandten vom Beifahrersitz aus.

    „In Kürze werden wir in Wien ankommen. Einige von euch kennen die Patienten bereits." Pflegekräfte werden heutzutage gebraucht, wie ein Bissen Brot.  Doris war Kellnerin.

    „Macht es euch etwas aus, wenn wir per du sind? Scheint okay zu sein. „Doris, deine Patientin, achtundsiebzig, rüstig, in Währing. Ihr Gesundheitszustand hat sich nicht verschlechtert.

    „Gott sei‘s gepfiffen und getrommelt." Doris lächelt sonnig. Sie kennt die Gepflogenheiten, den Hausbrauch in der Villa. Ein angenehmer Auftrag.

    Miriam hat früher Klaviere verkauft. Sie ist nach ihrer Ausbildung zum ersten Mal im Einsatz.

    „Miriam, wir werden den ersten Tag gemeinsam arbeiten. Sondieren wir, was im Haushalt benötigt wird. Den Sollstand, sozusagen. Der alte Herr ist fünfundachtzig, Parkinson seit zehn Jahren. Kooperativ und geistig rege. „Gedächtnistraining nimmt er sehr positiv auf. Miriam ist sanft und ernst. Gelegentlich summt sie, wenn sie putzt. In der Ausbildung hat sie im März 2020 mit ‚sehr gut‘ abgeschlossen.

    Ein wechselhaftes Aprilwetter, as usual, am Stadtrand von Wien sieht alles gleich aus. Die staubigen Metallplanken an der Autobahn lassen wir links liegen, wechseln die Spur an der Ausfahrt zur Bundesstraße. Den Abbiegestreifen eskortieren improvisierte, rot-weiße Schilder. Als Rauch aus der Kühlerhaube dringt, wird unsere Fahrt jäh unterbrochen.

    „Jetzt wird’s brenzlig", sagt der Fahrer. Abrupt lenkt er den Minibus an den Fahrbahnrand. Neben einer Leitplanke, die uns Gestrandete gegen die Böschung abschirmen soll.

    „Bleibt bitte hier sitzen. Ich muss nachsehen, was da los ist." Herr Kerala schaltet die Warnblinkanlage ein und stellt den Motor ab. Rasch verlässt er das Fahrzeug und klappt geräuschvoll die Motorhaube hoch.  Damit sich der Qualm in die Luft verziehen kann. Angeblich stehen die Sterne denkbar schlecht. Laut heutigem Radio-Horoskop stehen mir lästige, große Hindernisse bevor.

    Wir sind auf einer zweispurigen Bundesstraße. Spärlich zeigen sich junge Laubbäume auf ausgeblichenem Rasen. Dahinter undurchdringliches Dickicht, wild wuchernde Sträucher, an welchen zarte Blätter sprießen. Von seinem Smartphone aus ruft er den Pannendienst. Eine angenehme, sonore Männerstimme gibt die Position durch. Versucht, alles in den Griff zu bekommen. Wir Reisende sitzen in diesem goldfarbenen Kleinbus fest. Vier Pflegekräfte haben sich in Linz am Sammeltreffpunkt, vor dem Viersternehotel nahe der A eins, eingefunden. Sie sollen unverzüglich zu ihren Patienten nach Wien, wo sie sehnlichst erwartet werden. Pietro war Fahrradbote in Salzburg.

    „Pietro, du wirst das Ehepaar in Stammersdorf weiter betreuen." Zwei Jahre arbeitet er bereits für unser Dienstleistungsunternehmen. Acht Monate in dem Pensionistenhaushalt. Sie, ein zänkisches Weib, behäbig und renitent. Ihr Ehegatte ist flexibel, vernünftig und praktisch veranlagt.

    „Mit ihm verstehe ich mich inzwischen bestens, sagt der Betreuer. „Sie ist auch irgendwie auszuhalten. Man muss sie nur zu nehmen wissen. Beim Entblößen seiner Zähne kommt eine reizende Lücke zwischen seinen Schneidezähnen zum Vorschein. Wir können uns unsere Kunden nicht aussuchen. Siglinde war Gärtnerin, bevor sie zu uns kam.

    „Siglinde, dein Auftrag ist klar. Das Seniorenheim in Brigittenau braucht Verstärkung. Die Belegschaft wird dich einschulen." Es ist ein Zeitauftrag, drei Monate, wenn’s hoch hergeht. Bringt lediglich siebzig Prozent ein, am üblichen Honorar gemessen.

    „So, und was machen wir jetzt mit dem angebrochenen Vormittag? Kerala hat seine silberfarbene Stoffmaske aufgesetzt und wieder auf seinem Fahrersitz Platz genommen. Er sieht Karin erwartungsvoll in die Augen. „Etwas Orientalisches, sagt er. „Die Covid 19-Masken haben etwas Orientalisches an sich."

    „Da könnte ich dir Sachen erzählen, sagt sie. „Du würdest staunen.

    „Na dann los. Wir haben Zeit. Wer weiß, wann die eintrudeln."

    „Ja, bitte erzähl doch, sagt Siglinde. „Es würde uns sehr interessieren.

    „Ich muss noch die Patienten informieren, dass wir uns verspäten werden. Um, sagen wir – zwei Stunden."

    „Mindestens, sagt Kerala. „Wenn die in einer halben Stunde da sind, dann entweder flugs den Schaden beheben. Oder uns in die nächste Werkstatt abschleppen. Fahrtzeit zum Ziel: eine Stunde. Ergo zwei Stunden. Seine dichten Augenbrauen heben sich. Er interessiert sich für mich, denkt Karin. Grau-weiße Schläfen, volles Haar. Braune Augen, die funkeln. Ein liebenswürdiger Gentleman. Fragt sich, wie alt. Vielleicht sechzig. Schwer zu sagen, in der heutigen Zeit. Bei den vielen, meist rüstigen Senioren.

    „Die Story, Karin Asminda. Die Story."

    „Ja doch, Kerala. Es ist die ausgefallenste Geschichte, von der ich je gehört habe."

    II.Die schimmernde Tänzerin

    1.

    Ich kannte sie gut, die Tänzerin Dajana. Sie tanzte bereits als Kind – nahezu wie ein Profi. Sie entstammte einer gutbürgerlichen Familie. Vater Gerichtsvollzieher, Mutter im Haushalt. In den Achtzigerjahren war sie Sachbearbeiterin in einer Kanzlei. Ein undramatischer Broterwerb, der nach einer aufregenden Freizeitgestaltung verlangte. So fand sie. Tagsüber im Büro, erledigte sie ihre Aktenberge, um sich anschließend mit Tanzstunden dafür zu belohnen. Mit dreiundzwanzig fand sie ihre Berufung im Bauchtanz. Sie genoss ihre Jugend und die Bewunderung ihres Publikums.

    „Könnt ihr euch die exotischen Kostüme vorstellen?" Sie waren die reinste Augenweide. Samtige, mit Pailletten besetzte Oberteile, wallende Röcke und Pluderhosen in knalligen Farben. Seidene Schleier, die Wolken gleich geschwungen wurden. Es war die Liebe zur Musik, die sie durch das Leben trug und gleichsam ernährte. Man taucht in einen Schwall von Gefühlen. Spielerisch, wie ein Fisch, der das Riff umkreist. Wendig tänzelnd, wie ein zartes Seepferdchen.

    Bauchtanz entfacht gleichsam eine feine Welle. Im Nu erfasst sie das Publikum. Dutzende Augen verfangen sich in den vibrierenden Münzen, die der Shimmy klimpernd in Trance versetzt. Die Tänzerin ist zum Instrument geworden, zu einem Kleinod der Musizierenden. Röhrende Flöten nebst heiteren, lichten Zimbeln. Der hämmernde Rhythmus der Darbuka mitsamt ihrer Zauberkraft. Unweigerlich zieht dich das sinnliche Pochen der Trommeln in seinen Bann. Wiegt dich, und entführt dich, in ein glückverheißendes, träumerisches Land.

    „Wusstest du, dass es eine Vielzahl von Shimmys gibt?"

    „Das ist das Zittern in den Hüften, nicht wahr? In Hawaii  haben sie das auch, soviel ich weiß."

    „Marilyn Monroe setzte ihn ein. Elvis ebenso. Den Handshimmy. Das ist der am meisten gebräuchliche."

    Kerala streckt seine Hand hoch und versucht, die Bewegung zu simulieren.

    „Gar nicht so einfach."

    „Du sagst es. Es braucht eine entspannte Haltung. Der schwierigste ist der Bauchshimmy. Unser Meisterstück, wenn man so will."

    „Du verstehst etwas davon?"

    „Ein wenig. Ich werde niemals so perfekt sein wie Dajana. Nicht in hundert Jahren."

    Es war an einem Wochentag, im Mai 1985 in der Nähe der Wiener Landstraße. Das Studio lag direkt am Park. Die mächtigen Bäume standen in üppigem Blätterwuchs. Die blühenden Fliederhecken versprühten verschwenderisch ihren leichten Duft. Auf den Parkbänken hatten sich junge Mütter mit ihren johlenden Kindern eingefunden. An einem der Tische dahinter, spielten seelenruhig zwei bärtige Männer Schach. Aus den Räumen des Kellergeschoßes drang Instrumentalmusik. Dajana kam die Treppe herauf, ihre Umhängetasche über die Schulter geworfen. Ihr langes Haar lag offen um ihre wohlgeformten Schultern. Sie war eine anmutige Person. Ihr Gesicht bezauberte durch große, ausdrucksstarke Augen und eine hohe Stirn über einer zierlichen Nase. Sie hatte eine dieser handgewebten Taschen, die man in Dritteweltläden erwerben kann. Orange und türkisfarben, mit breitem Tragegurt. In die man wahnsinnig viel hineinstopfen kann. Hinter ihr fiel scharf die Stahltür ins Schloss. Die Schatten wurden länger, die Laune der Werktätigen beschwingter, gegen Ende des Arbeitstages.

    Eine Gruppe junger Männer pflanzte sich lasziv auf und um einen der Holztische. Für gewöhnlich fanden sie sich im Park ein, um sich zu unterhalten. Miteinander zu scherzen. „Herumlungern, sagte die ältere Generation, die es nicht gerne sah, wenn sie ihre Zeit vergeudeten. Sie leben in kleinen Wohnungen, in denen sie zumeist nur ein Bett besitzen. Deshalb verbringen sie den Großteil ihrer Stunden im Freien. So es das Wetter erlaubt. Bei Regen sieht man sie in den Hauseinfahrten, gegen Wände gelehnt. In der Hocke oder auf ihren zusammengeknüllten Klamotten sitzend. Mit einer Zigarette zwischen den Fingern. Einer von ihnen, mittelblond und hochgeschossen. Sein ganzes Auftreten schien zu sagen: „Ich wollt, ich wäre ein Prinz. Sein ausgeprägtes Kinn fiel ihr als Erstes auf. Und dass er seinen Kumpels imponieren wollte, die ihn Eddy nannten.

    „Ach bitte, schöne Lady, raunte er. „Nur eine Kostprobe ihres Tanzes. Er faltete seine Hände und sah sie aus bittenden Augen an.

    „Leider, meinte Dajana achselzuckend und wandte sich zum Gehen. „Wir haben keine Musik.

    „Ach, bitte. Tun sie uns den Gefallen. Wir sind die Music Brothers." Kaum hatte er dies gesagt, begann die Gruppe auf den Tisch zu klopfen. Einer trommelte mit seinen Fingerkuppen auf den Bänken. Einer anderer schnipste mit den Fingern und pfiff melodisch. Unverkennbar, ein orientalischer Gig. Eddy und ein anderer seiner Freunde klatschten im Takt. Sie ließ sich erweichen. Zaudernd stellte sie ihre Tasche an den Wegesrand und ging in Position. Du musst immer lächeln, locker bleiben, deine Blicke ins Publikum wandern lassen. Jeder soll glauben, du tanzt nur für ihn. In deinem Kopf zählt nur die Musik. Sie wandert, strömt leise in deine Gesten. Deine Sohlen fühlst du gelegentlich, als würden sie abheben. In weichen Achterschleifen lässt die Bauchtänzerin ihre biegsamen Hüften kreisen. Ihre Arme schlängeln sich um die Konturen ihres Körpers, sinnlich und verführerisch. Einladend, wie er später ständig betonte. Bei der Frage nach einer Zugabe winkte sie ab. Höflich, doch entschieden.

    „Ich muss jetzt wirklich gehen", sagte sie entschlossen, und zwang sich zu einem Lächeln.

    Dem jungen Mann, der ihr nachlief, misstrauten die meisten Menschen. Er schien etwas verrückt zu sein. An seinem Blick erkannte man es. Es war nur ein Aufblitzen. In seltenen Momenten, sporadisch zu sehen.

    „Ich kann sie berühmt machen, versprach er. „Edward Krenz, vielleicht haben sie schon von mir gehört. Als wäre er einer dieser Agenten auf Talentsuche. In Wahrheit jedoch war er Gelegenheitsarbeiter. Abladen eines LKWs, Hilfsarbeiten an einer Baustelle. Dies und das, wie befristete Jobs so gelagert sind. Ab diesem Augenblick wurde

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