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Amaranth - eine Legende
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eBook319 Seiten4 Stunden

Amaranth - eine Legende

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Über dieses E-Book

Fantasy - Mystic - Horror - Thriller - Magie - Liebe

Alles dreht sich in Helenas Leben um das Studium von Legenden und Mythen.
Als sie eines Tages Manuel kennenlernt, findet sie sich plötzlich iner einer dieser Legenden wieder.
Sie taucht in das Leben der Salwidizer ein und erlebt mit ihnen ungeahnte Abenteuer auf der Suche nach dem Buch...
"Die Legende der Saphir - Prinzessin"
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum15. Sept. 2017
ISBN9783742775382
Amaranth - eine Legende
Autor

A. B. Schuetze

Ich wurde 1958 im Sternzeichen Schütze geboren. Daher auch mein Pseudonym A.B. Schuetze. Die Buchstaben A.B. sind echt. Sie stehen für meinen Vornamen Antje und ... Ich lebe in Berlin, bin verheiratet und habe drei ganz tolle bereits erwachsene Kinder. Seit 2012 widme ich mich ausschließlich meinem Hobby, dem Lesen und in meine eigenen Fantasien eintauchen., bis ich dann 2014 beschlossen habe, zum Schreiben kann man niemals zu alt sein und haue seitdem selbst in die Tasten.

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    Buchvorschau

    Amaranth - eine Legende - A. B. Schuetze

    Vorwort

    Laut schallten ihre Rufe durch die leeren Hallen. Sie blieb stehen und lauschte. Nichts. Absolute Stille. Nur das Klappern ihrer Schuhe auf den Marmorfliesen, das von den hohen Wänden gespenstisch widerhallte, war zu hören.

    Beunruhigt eilte Amaranth weiter durch das Schloss. Es war wie ausgestorben. Wo waren denn alle? Was stimmte hier nicht? Was hatte sie denn nur geweckt? Warum war sie allein?

    Noch niemals zuvor war sie aus ihrem Schlaf erwacht, ohne dass ER nicht zugegen gewesen wäre. Stets umgaben sie zudem junge Mädchen, die ihr zu Diensten standen. Nicht so dieses Mal.

    Albträume hatten ihren Schlaf beherrscht, bis sie schließlich, von bösen Ahnungen befallen, aufgeschreckt war. Die vorherrschende Dunkelheit und die für sie ungewohnte Einsamkeit hatten ihr solche Angst eingeflößt, dass sie kaum in der Lage war zu atmen. Unter Mühen, ihre innere Unruhe und das Zittern ihres ganzen Körpers bezwingend, hatte sie sich auf ihre Umgebung konzentriert und sich im Zimmer umgeschaut. Hastig war sie aus dem Bett gesprungen, um sich anzukleiden und sich im Anschluss auf die Suche zu begeben. Auf die Suche nach … irgendjemanden.

    Vor dem riesigen Porträt eines Mannes blieb sie schließlich verzweifelt stehen.

    Der hochgewachsene, elegant gekleidete Mann starrte sie mit seinen tiefschwarzen Augen, in deren Zentrum das rote Feuer der Hölle loderte, eindringlich an. Eine steile Falte zwischen seinen zusammengezogenen Brauen verlieh seinen sonst so aristokratischen Gesichtszügen einen eher grimmigen und bösartigen Ausdruck. Das schwarze, bereits mit Grau durchzogene Haar war streng in einem Zopf geflochten, der ihm bis zur Hüfte reichte.

    Amaranth schaute liebevoll zu ihm empor, neigte den Kopf leicht zur Seite und flüsterte: „Vater. Sagt mir … was ist passiert? Was soll ich tun?" Sie schloss ihre nachtblauen Augen mit den silbernen Pünktchen und lauschte auf seine Worte im Geist.

    Meine Tochter. Böse Mächte halten mich gefangen. Wisse aber, ich komme zurück. Gib dich inzwischen deinen Studien hin. Vervollkommne dein Wissen und Können. Trainiere deine Fähigkeiten und Fertigkeiten. Traue niemandem mein Kind. Fremde Männer werden versuchen, deiner ebenfalls habhaft zu werden. Gib Acht und verlasse nicht die sichere Zone.

    Gefangen? Wer hatte ihren Vater gefangen und warum? Was konnten das für böse Mächte sein?

    Schnell trat die junge Frau an ein Fenster, um sich zu überzeugen, dass die magische Schutzkuppel noch intakt war.

    Alles war so, wie es sein sollte. Eingehüllt in den Schein eines blauen Lichtes stand das Schloss umgeben von Tausenden Steinsoldaten in einer Welt der Finsternis. Bis hin zum Horizont zog sich das Land unter dem ewig währenden dunklen Himmel, an dem Tausende und Abertausende Sterne funkelten. Wie ein samtener Kokon schien sich das leblose Schwarz schützend um den Lichtkegel zu legen.

    Wehmütig lächelnd drehte sich Amaranth noch einmal zum Bildnis ihres Vaters um, verharrte einen Moment, als ob sie überlegte … begab sich dann aber doch in die Bibliothek. Sie würde, wie befohlen, ihre Studien fortsetzen.

    Ein Blick über die hohen Bücherregale und ein kurzer Stoßseufzer entrang sich ihrer Brust. Wie oft hatte sie diese Bücher nun schon gewälzt? Zu oft … und doch entdeckte sie immer wieder Neues.

    All dieses Wissen schien unendlich. Aber genügte es auch, der bevorstehenden Bedrohung durch dunkle Mächte Herr zu werden? Sollte sie nicht vielleicht in den Arbeitsräumen ihres Vaters nach vor ihr verborgenen Kenntnissen suchen? Sicherlich besaß er umfangreiche Aufzeichnungen, wie man dem Feind begegnen konnte. Bei seinen Erfahrungen, die er in fast viertausend Jahren gemacht haben musste, war dies doch anzunehmen.

    Und genau diese Informationen wollte Amaranth nun finden. Galt es nicht, jede nur denkbare Möglichkeit zu nutzen, um eine eventuelle Gefahr bereits im Keim zu ersticken? Deshalb suchte sie den Trakt des Schlosses auf, in dem sich die Räumlichkeiten ihres Vaters befanden. Doch schon beim Näherkommen spürte sie ein unangenehmes Kribbeln auf der Haut. Ihr Herz schlug unruhig gegen ihre Rippen und ihr üppiger Busen hob und senkte sich unter ihrer stoßweisen Atmung. Lag es wohl daran, dass sie sich nicht allein und schon gar nicht ohne die Erlaubnis ihres Vaters in diesem Teil des Schlosses aufhalten durfte? Sie hatte das Gefühl, ihre Ängste wurden hier um ein Vielfaches verstärkt.

    Sie würgte die aufkommende Panik hinunter. Sie würde sich nicht entmutigen lassen. Zu allem entschlossen steckte sie ihre schweren Locken, die ihr bis zum Po reichten, zu einem Knoten im Nacken zusammen. Sicher war sicher und so störten sie nicht. Sie straffte ihre Schultern und marschierte schnurstracks den Gang hinunter. Sie drückte, mit noch immer klopfendem Herzen, die Klinke der schweren Holztür nieder. Wie nicht anders zu erwarten, war sie verschlossen. Doch Amaranth wäre nicht die Schülerin des ältesten und größten Magiers aller Zeiten, wenn eine verschlossene Tür für sie ein Hindernis darstellte. Sie atmete tief durch und betrat nach nur wenigen Momenten das Heiligtum von …

    Jagd nach Legenden

    Missbilligend schaute die Bibliothekarin über ihre Brille auf die große Uhr an der hinteren Wand des Lesesaals. Die meisten der Leser waren bereits verschwunden und die noch Anwesenden waren zumindest im Begriff, ihre Studien zu beenden.

    Nicht so eine junge Frau, die, versteckt hinter einem Turm von alten Büchern auf ihrem Tisch, nichts von all dem zu bemerken schien.

    Als sich der Saal vollends geleert hatte, räusperte sich die ältere Frau am Empfang ungehalten ob der Leserin in der letzten Reihe, die es sich scheinbar zum Ziel gemacht hatte, die Nerven der Angestellten zu strapazieren. „Frau Urban! Würden Sie dann bitte auch zum Ende kommen? Ich möchte die Bibliothek gern noch heute schließen."

    Aus ihren Studien gerissen, warf die Angesprochene einen flüchtigen Blick auf die Uhr. Peinlich berührt, schon wieder einmal die Zeit vergessen zu haben, entschuldigte sie sich. Dann starrte sie ratlos auf den Stapel der noch vor ihr liegenden und nicht gelesenen Bücher. Es war einfach viel zu viel Material für die wenigen Stunden, die für das Studium im Lesesaal zur Verfügung standen. Man müsste diese Unterlagen mit nach Hause nehmen können. Leider handelte es sich dabei um besonders alte und wertvolle Dokumente und Bücher aus dem Präsenzbestand. Wie oft würde sie wohl noch wiederkommen müssen, um diese Bücher alle durchzuarbeiten? Hinzu kam, die meisten waren Originalschriften und das Entziffern und Übersetzen der alten Texte … Nur bei dem Gedanken daran stöhnte die junge Frau auf.

    „Mann, Helena. Ich hätte es wissen müssen. Du hast mich vergessen. Wir waren verabredet, und stattdessen sitzt du mal wieder über all diesen alten Schinken." Manuel steckte seinen Kopf durch die Tür, nur um zu schauen, ob Helena noch da war. Und siehe an, wenn man sie suchte, im Lesesaal der Stadtbibliothek wurde man für gewöhnlich fündig.

    Mit einem treuen Hundeblick in Richtung der ungeduldigen Bibliothekarin legte er seinen Leseausweis auf den Tresen. „Tut mir leid, dass ich jetzt erst komme und Sie von dieser sesshaften Leserin befreie. … Was hat sie denn da alles noch so? … Ich leihe diese Bücher über das Wochenende aus. Die nötigen Schreiben, Genehmigungen und Autorisierungen der verschiedensten Ämter liegen Ihnen ja vor. … und wie gesagt, am Montagmorgen bringe ich sie zurück."

    Manuel hatte sich den ganzen Stapel Bücher unter den Arm geklemmt und schubste Lena mit der freien Hand vor sich her. Ein böses Zischen ihrerseits ignorierte er einfach. „Sag mal Lena, was soll das denn? Meinst du, die ollen Bücher oder die Legenden laufen dir weg? Hast du Angst, ein anderer könnte sie dir vor der Nase wegschnappen? … Brauchst gar nicht die Augen zu verdrehen. Wir haben gesagt, wir machen das Ganze zusammen. … und was machst du? Gott, Lenchen … ein bisschen mehr Rücksichtnahme auf deine Mitmenschen … "

    Als sich Manuel unbeobachtet wähnte, war es mit seiner Beherrschung vorbei und er prustete laut heraus. „Hast du die mürrische Miene von dieser vertrockneten alten Jungfer gesehen? Die wäre dir doch am liebsten an die Kehle gegangen. Was musst du das auch stets und ständig provozieren." Dabei legte er seinen freien Arm um ihre Schulter und lachte aus vollem Hals. Er kannte Helena mittlerweile so gut, dass er ihren immensen Eifer hinsichtlich des Studiums von Legenden und Mythen tolerierte und sogar eifrig unterstützte. Sie waren einfach ein Dream-Team.

    Helena grinste Manuel verschmitzt an. „Berechnung. Es war alles Berechnung. Ich hab da nämlich so meine Probleme mit der Originalhandschrift in dem einen oder anderen Buch. Na und du beherrschst das doch aus dem Effeff, und dann hast du ja auch diese Generalvollmacht von … Ach egal. Ich wusste, du darfst die Bücher mit nach Hause nehmen."

    Ja, irgend so etwas hatte sich Manuel schon gedacht. Doch er konnte ihr einfach nicht böse sein und wuschelte durch ihren kinnlangen Bob. Er musste nicht befürchten, dass er Helenas Frisur durcheinanderbrachte, denn sie liebte fransig geschnittenes Haar, das nicht ständig nach einem Styling verlangten. Alles musste bei Helena sehr pflegeleicht sein, Frisur, Kosmetik, Klamotten und ihre Bude. Ihre Bude … ein Zimmer im Studentenwohnheim. Sich auf keinen Fall Luxus ans Bein binden, war ihre Devise. So blieb mehr von allem für ihr Faible, die Erforschung unbekannter Legenden und Mythen.

    Manchmal hatte Manuel den Eindruck, Helena übertrieb ein wenig mit ihrer Jagd nach dem Unbekannten und Mystischen. Es grenzte schon beinahe an Besessenheit. Gleichwohl, Manuel akzeptierte es nicht nur, er forcierte ihr Handeln, denn je mehr Helena allein herausfand, umso leichter hatte es Manuel bei seiner Mission. Und wenn er sich mit einem leichten Kopfschütteln den Bücherstapel unter seinem Arm so ansah, wusste er, Helena hatte ihn mal wieder überrumpelt. Bei Menanim. Wie macht sie das nur immer, dass ich nie Nein sagen kann? Es wird wohl dann heute wieder eine von diesen sehr langen Nächten werden. Puh. Dann sollte ich aber auch auf einem Abstecher beim Italiener bestehen, denn bekanntlich hält Essen und Trinken Leib und Seele zusammen.

    Wenig später, der Karton mit den Überresten einer Familienpizza war neben zerknüllten Pappbechern in der Spüle gelandet, machten sich die beiden bei einer Flasche Rotwein bis in die frühen Morgenstunden über die Leihgaben der Stadtbibliothek her.

    Manuel widmete sich einer originalen Handschrift aus dem 17. Jahrhundert. Es war eine Mär. Sie handelte von einer seltenen Kette mit einem Edelstein, einem Feueropal so groß wie eine Walnuss, und einem mystischen Volk, das sich selbst Salwidizer nannte.

    Eigentlich hätte er sich diese Arbeit sparen können, denn die Geschichte kannte er von Kindesbeinen an. Sie wurde sehr gern von den Alten in den kalten Nächten seiner Heimat am Kaminfeuer erzählt. Sie gehörte zum Kulturgut seines Volkes. Doch für Helena zog er gern die Übersetzung des Originals auf einen Stick. In der Beziehung war sie pingelig. Sie bestand auf einer wortgetreuen Wiedergabe der Texte. Es war ihr wichtig, dass keine Information, und sei sie noch so klein und nichtig, verloren ging.

    Der junge Mann seufzte und streckte seine verspannte Muskulatur. Sein Blick fiel über den Schreibtisch. Das kann jetzt aber nicht wahr sein. Manuel runzelte die Stirn. Ich haue mir die ganze Nacht um die Ohren und Lena? Sie schnarcht.

    Helenas Kopf war auf die Tastatur ihres Laptops gefallen. Kein Wunder. Sie hatte den ganzen Tag im Lesesaal gesessen und dann wollte sie Manuel auch nicht so allein lassen. Irgendwann hatte ihr Körper sein Recht eingefordert und sie ins Land der Träume geschickt.

    Wie sie so dalag, gab sie ein reizendes Bild ab. Ein zartes Rosa überzog ihre Wangen. Die Lider, die von langen schwarzen Wimpern gerahmt waren, zuckten hin und wieder. Zu gern hätte Manuel gewusst, was sie träumte. Aber so weit reichten seine Fähigkeiten nicht. Er lächelte bei dem Gedanken, denn vor nicht allzu langer Zeit hatte er die Bekanntschaft zweier Frauen gemacht, die diese Gabe besaßen. Hm … wissen, was im Traum passiert. Maximiliane und Sabine … Helena könnte die beiden so richtig in Sachen Salwidizer und Co. ausquetschen. Gewiss würde sie sich mit den Mädels ausgezeichnet verstehen. Na ja. Irgendwann wird sie alle kennenlernen … kennenlernen müssen. Aber nicht heute. Heute gibt es erst einmal einen starken Kaffee, um Lenchen wieder auf die Beine zu bringen. Manuel wandte sich ab und ging in die Küche, um kurz darauf mit einem großen Becher starken Kaffees und frischen, noch warmen Brötchen wiederzukommen.

    Das Aroma machte sich im Zimmer breit. Helena schnurrte wie ein Kätzchen und wackelte schnuppernd mit der Nase. Tief zog sie den Kaffeeduft ein und öffnete langsam verträumt die Augen. Ein Stich ging durch ihren Körper, der ihr weniger damenhafte Ausdrücke entlockte. „Ich kann mich echt nicht erinnern, dass ich je unbequemer geschlafen hätte. Es gibt, glaube ich, keinen Muskel, der nicht verspannt ist." Sie riss die Arme nach oben, streckte die Beine lang unter den Tisch und gab sofort weitere jammernde Töne von sich.

    Manuel hatte inzwischen das Tablett mit einem kleinen Frühstück vor ihr auf dem Tisch gestellt und schenkte Helena ein Lächeln. „Na komm. Während du dich stärkst … Ich denke eine Tasse Kaffee weckt deine Lebensgeister. … bekommst du eine Nacken–Schulter-Massage. … Ach und ja … auf dem Stick habe ich dir die wortwörtliche Übersetzung dieses dicken Wälzers da gespeichert. … Natürlich nur die wichtigsten Stellen." Und schon begann Manuel, Helenas verspannte Muskeln zu kneten.

    Zwischen Schnurren und Quieksen, Schlürfen und Schmatzen beteuerte Helena ein ums andere Mal, wie leid es ihr doch tat, einfach eingeschlafen zu sein und dass sie gar nicht wüsste, wie sie ihn, Manuel, überhaupt verdient habe. Wo sie doch eine so treulose Tomate sei. Schnell noch einen letzten Bissen, dann befreite sie sich aus Manuels kräftigem Griff. Sie drückte Manuel einen Kuss auf die Stirn und verschwand im Bad, um eine ausgiebige Dusche zu nehmen. „Die Frau, die dich mal bekommt, ist echt zu beneiden. Gibt es etwas, das du nicht beherrschst?, rief sie lauter als gewöhnlich, um das Fließen des Wassers der Dusche zu übertönen. „Manuel? Du bist ein wahrer Schatz. Hast du gehört? Hm … wohl eher nicht. Bestimmt ist er schon in sein Zimmer gegangen und macht sich ebenfalls frisch.

    Voller neuer Energie schlüpfte Helena in einen legeren Hausanzug und nahm wieder am Schreibtisch Platz. Neugierig auf das, was Manuel für sie herausgefunden hatte, machte sie sich unverzüglich daran, den Stick hochzuladen. Was sie da las, war eine alte Legende über einen Feueropal, der im Laufe des Dreißigjährigen Krieges spurlos verschwunden war. Feueropal … und schon arbeitete es in Helenas Kopf. Steine … hm Feueropale? Vielleicht ebenso einer wie meiner? Das wäre schon interessant. Möglicherweise ist ja doch was dran an … Helena betrachtete ihre Kette und schüttelte den Kopf. Na ja, erst mal die Story lesen. Okay, dann man los. Mal schau'n, was Manuel da gefunden hat.

    >Laut einer uralten Überlieferung aus den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges gab es eine junge Auserwählte Namens Matthilda Kolmar und ihren 'Beschützer des Lebens', Hansjochen.

    Obwohl Hansjochen nicht als der Gefährte dieser jungen Frau galt, verband sie doch eine innige Liebe.

    Da Geschlechtsverkehr außerhalb des Ehebettes Sünde war und ohnehin nur wahre Gefährten den Geschlechtsakt vollziehen konnten, musste man davon ausgehen, dass diese Liebe rein platonisch war.

    Als ein Adliger in den Wirren des Krieges den Beischlaf von Matthilda erzwang, wurde Hansjochen vom Hohen Rat mangelnde Aufsichtspflicht vorgeworfen. Gleichzeitig wurde er zurück in die Heimatwelt gerufen.

    Unglücklich über die Schändung seiner Schutzbefohlenen; über die bevorstehende Trennung; über das Urteil des Hohen Rates sowie über die salwidizischen Naturgesetze … ein Salwidizer kann genetisch bedingt keine Gewalt anwenden … belegte er den Feueropal von Matthilda mit einem Zauber.

    „In jeder Generation wird dieser Feueropal von Mädchen zu Mädchen vererbt werden. Die Besitzerin des Steins ist in der Lage, einem jeden Salwidizer einen Phallus zu schenken."<

    „Manuel! … Maanuuueel!" Erschrocken schaute sich Helena um, als plötzlich jemand seine Hände auf ihre Schultern legt.

    „Schrei doch nicht so. Ich stehe direkt hinter dir", sagte Manuel und lachte, als sie ihm die Story ganz aufgeregt erzählte, ohne daran zu denken, dass Manuel derjenige gewesen war, der sie übersetzt hatte.

    Diese Überlieferung aus dem 17. Jahrhundert war ein weiteres Puzzle, das die kaum bekannte Legende über das mystische Volk der Salwidizer untermauerte, auf die die Studentin für Literatur nur durch Zufall gestoßen war. Gleich wen sie fragte, keiner hatte von einem unsterblichen Volk hinter einer magischen Barriere gehört oder gelesen. Helena sah ihre Chance gekommen und widmete daher ihre ganze freie Zeit diesem Mythos.

    Manuel konnte nur mit Mühe ein lautes Auflachen ob ihrer Euphorie unterdrücken. Es machte ihn glücklich, Helena so zu sehen. Jeden Moment würde die Begeisterung in Hinterfragen der Fakten übergehen. Dann folgte wie immer das Sondieren der Informationen und zuletzt unendliche Diskussionen. Und ehe sich Manuel versah, flog ihm auch schon die erste Frage an den Kopf.

    „Meinst du wirklich, die haben das mit dem Beischlaf so genau genommen? … Nicht mal in dieser Zeit. Auf gar keinen Fall! … Dieser … wie hieß er doch gleich … dieser Hansjochen und Matthilda haben sicher …" Helena schaute Manuel von der Seite skeptisch an. Der zuckte mit den Schultern, so nach dem Motto, wenn's da so steht, wird's schon stimmen.

    Sofort widmete sich Helena wieder dem Text. „ … und hier: >Die Besitzerin des Steins ist in der Lage, einem jeden Salwidizer einen Phallus zu schenken.< Soll das heißen, … du weißt schon. Kann das sein, dass Salwidizer nur eine Erektion bekommen, wenn die Frau so einen Feueropal besitzt? … Oh, warte! Warte! … Da steckt noch mehr dahinter. >… jedem Salwidizer …< Das kann doch nicht sein. Die können nur mit einer ganz bestimmten Frau …? Deshalb Auserwählte. Oh mein Gott." Hektisch las sich Helena die ganze Passage noch und nochmals durch. Sollte es wirklich an dem sein? Salwidizer hatten in all den Jahren, Jahrhunderten, die sie lebten, keinen Sex? Was war mit Gefühlen, dem Trieb nach Liebe, wenn sie nur bei ihrer Auserwählten ein steifes Glied bekamen?

    Helena konnte es kaum glauben. Ob sie wollte oder nicht, sie musste Manuel fragen. Er war doch ein Mann. Sie musste ihn fragen, ob so etwas überhaupt möglich sein konnte. Aber wie fragte man so etwas seinen besten Freund?

    Manuel lehnte hinter Helenas Schreibtisch am Fenster und beobachtete die junge Frau, die mit dem Wahrheitsgehalt der Geschichte kämpfte. Er hoffte inbrünstig, Helena würde nicht fragen, was ihr da wahrscheinlich durch den Kopf ging. Was sollte er antworten? Dass Salwidizer alle Zeit der Welt hätten, um Sex mit ihren Frauen zu haben? Dass sie nichts versäumten, wenn sie ein paar hundert Jahre keine sexuellen Bedürfnisse verspürten? Also was sollte er antworten?

    „Erde an Manuel? Schau nicht so bedröppelt. Ich frage ja nichts mehr. Es steht hier so geschrieben, ergo nehmen wir es einstweilen so hin. Sollte es der Tatsache entsprechen, wird sich dies später sicherlich noch bei anderen Studien erhärten." Helena konnte hören, wie Manuel die angehaltene Luft wieder entweichen ließ. Sie sah ihn herausfordernd an und beide prusteten erleichtert laut los.

    Mit Lena kann man alle Facetten an Emotionen durchleben. Wer sie zur Gefährtin bekommt, kann sich echt überglücklich schätzen. Manuel betrachtete seine Freundin liebevoll, aber nur so, wie man eine kleine Schwester anschaute. Er wusste, sie waren nicht für einander bestimmt. Manuel schüttelte die Gedanken ab, drückte Helena einen Kuss ins Haar und verließ das Zimmer. Sie konnte den ganzen Vormittag auch allein weiterarbeiten. Dann würden sie gemeinsam joggen gehen und sich am Abend das nächste Buch vornehmen. Jetzt brauchte er dringend eine Mütze voll Schlaf.

    Der junge Mann verschwand aus der Tür und Helena setzte sich wieder an ihren Schreibtisch, nahm sich eines der Bücher zur Hand und begann, darin quer zu lesen. Viel gab es allerdings nicht her. Nicht das, was sie sich erhofft hatte. Fehlanzeige. Ebenso ein weiteres Buch. Leicht frustriert griff Helena zum letzten Buch, das sie allein durcharbeiten konnte. Es würde wohl unerwarteterweise ein ruhiges Wochenende werden. Ein Wochenende ohne Bücher. Ohne Studium.

    Während Helena sich in Gedanken schon mit einem freien Wochenende anfreundete, entdeckte sie beim Querlesen die Abbildung eines uralten Buches. Sie wusste nicht wieso, aber es nahm all ihre Aufmerksamkeit in Anspruch. Der Beschreibung nach handelte es sich um ein in blaues Leder eingebundenes Werk. Den Einband zierte das ovale Porträt einer atemberaubenden Schönheit. Schwarzblaue Haare in schweren Locken bis zu den Hüften. Wespentaille. Üppiger Busen. Lange schlanke Beine und Arme. Ein Gesicht von ätherischem Liebreiz mit Augen wie der Nachthimmel mit all seinen Sternen. In goldenem Prägedruck waren die Letter des Titels eingestanzt.

    >Die Legende der Saphir-Prinzessin<

    Gedankenverloren starrte Lena auf das Bildnis der jungen Frau. Sie sieht so weltfremd aus. Es scheint, als habe sich der Künstler hinreißen lassen, in ihre mitternachtsblauen Augen hineinzuinterpretieren, was es nicht gibt, aber den Betrachter in ihren Bann zieht. Die Saphir-Prinzessin. Helena schüttelte nachdenklich den Kopf. Von einer Saphir-Prinzessin hatte sie noch nie gehört. Auch gaben die Angaben über den Inhalt keinerlei Verbindung zu den Salwidizern her. Das würde dann wohl ihr nächstes Projekt werden. Schnell machte sie sich Notizen, um bei späteren Nachforschungen sachdienliche Stichpunkte parat zu haben.

    Helena war so in ihre Arbeit vertieft, dass sie gar nicht bemerkte, wie Manuel sich ihr gegenüber auf den Stuhl hatte fallen lassen. Erst fast am Ende ihrer Aufzeichnungen nahm sie seine Bewegungen wahr. „Uff … Manuel! Sitzt du schon lange da? Hab ich die Zeit wieder vergessen? Ich bin gleich fertig und dann können wir los." Sie klappte den Laptop und alle Bücher zu, verschloss ihre Unterlagen im Schreibtisch und ging sich umziehen.

    Wieder einmal zog Manuel eine Augenbraue nach oben. Lena und ihre Ordnung. Ordnung ist das halbe Leben, war eine weitere Devise. Für Manuel war es einer ihrer Spleens und er zog sie gern damit auf. Erntete dafür jedoch immer mal wieder einen Rüffel oder so wie an diesem Nachmittag eine Strafrunde beim Joggen.

    Viele ihrer kleinen Rangeleien trugen beide beim Sport aus. Sie liebten ihre gemeinsamen sportlichen Aktivitäten, bei denen unter gar keinen Umständen über ihr Studium gesprochen wurde. Es waren absolute Auszeiten.

    Nach ihren gewohnten Runden im Park musste Manuel leider noch eine dranhängen. Völlig außer Atem kniete er nun vor Helena und bettelte um Gnade. Den Blick der vorbeikommenden Spaziergänger ignorierten sie gekonnt.

    „Okay … okay … Komm lass uns noch am Eiscafé vorbeigehen und die abtrainierten Kalorien wieder drauffuttern. Ich lade dich ein." Helena zerzauste Manuels schulterlangen blonden Haare, pikste ihn neckend in die Seite und hakte sich schließlich bei ihm unter.

    Sie ließen den Nachmittag mit einem riesigen Eisbecher ausklingen und schlenderten Arm in Arm in ihre Studentenbude zurück.

    Am Abend saß dann wieder jeder über seiner Arbeit.

    Während sich Manuel das letzte Buch, geschrieben in einer sehr alten Sprache, vornahm, kam Helena eine zündende Idee. Vielleicht konnte sie etwas in Sachen Feueropal, Phallus bei Salwidizern oder aber über die Saphir-Prinzessin in ihren Aufzeichnungen finden, die sie von einem lieben alten Freund erhalten hatte. So nahm sie die Kopien eines anscheinend sehr alten Buches zu Hand und murmelte vor sich hin. „Adanwe ist die Heimatwelt der Salwidizer, eine Anderwelt, die durch eine magische Barriere zur Welt der Menschen verborgen ist und …"

    „Lena! Wie soll ich mich hier konzentrieren, wenn du die ganze Zeit etwas nuschelst? Manuel schaute auf. Hatte er soeben Adanwe, Anderwelt, Salwidizer … gehört? „Was liest du da überhaupt? Neugierig stellte er sich hinter Helena und blickte ihr über die Schulter. Er zog scharf die Luft ein. Das ist ja fast die gesamte Geschichte der Salwidizer. Daher weiß sie also so viel über dieses Volk. „Woher hast

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