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Im Tal der Langzähne
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eBook111 Seiten1 Stunde

Im Tal der Langzähne

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Über dieses E-Book

Bei diesem Mystery-Roman geht es um Elisabeth, die auf einer abgelegenen Burg ein Mädchen unterrichten soll. Anders als ihre junge Schülerin wirken die anderen Bewohner des Schlosses schwach und kränklich. Ein unangenehmer nächtlicher Besuch verrät ihr kurz darauf den Grund. Die wahren Herren der Burg sind Vampire und sie schwebt in Lebensgefahr.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum4. Okt. 2021
ISBN9783754171325
Im Tal der Langzähne

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    Buchvorschau

    Im Tal der Langzähne - Lucy van Geldern

    Kapitel 1

    Die hohen Schlossmauern neigten sich nach oben zu immer mehr nach innen, als wollten sie die knorrigen Kiefern und die Salbeibüsche unter sich begraben. Ihre mit spitzen Eisenzacken bewehrten Kronen schimmerten im fahlen Licht der Fackeln. Wie tödliche Lanzen eines Feindes sahen sie aus, und die letzten blutroten Wolkenfetzen warfen einen drohenden Hauch über den Park, der von diesen Mauern umfangen war.

    Ein Gefängnis. Nein, schlimmer noch. Ein Ort des Todes.

    Kein einziger Windhauch durchzog die düstere Parkanlage. Nirgendwo knackte ein Ast, zogen Leuchtkäfer ihre Spuren. Alles wirkte ausgestorben und leer. Und doch gab es innerhalb dieser Mauern Leben.

    Elizabeth schritt langsam den ausgetretenen Pfad entlang. Sie wollte Luft schöpfen, aber der Dunst, der aus dem River Dane aufstieg, drückte ihr auf die Atemwege und ließ einen Augenblick das Gefühl in ihr aufkommen, sie müsste ersticken. Heftig sog sie die Luft ein, die feucht und kühl in ihre Lungen drang. Das Mädchen fröstelte.

    Elizabeth trug ein zartes Abendgewand aus hellblauem Stoff, das ihren Körper wie ein leichter Mantel umschloss. Es reichte ihr bis zu den Knöcheln, von den silbernen Pumps ragten nur die Spitzen hervor. In der hereinbrechenden Nacht wirkte es wie ein grauer Schleier.

    Das also ist Beverley Castel, dachte sie und ließ ihre Augen über die Erker und Spitzen des Schlosses wandern, das sich zu ihrer Linken erstreckte und stumm bei ihrem Spaziergang zusah. Hier soll ich die nächsten Monate und Jahre verbringen.

    Sie schüttelte auflachend den Kopf, und das volle, wellige Haar umflog sie von einer Seite zur anderen. Schwarz war es, und es hob sich kaum von der Umgebung ab, die immer mehr an Konturen verlor und einen undurchdringlichen Wall um die junge, zweiundzwanzigjährige Frau aufwarf. Sie fühlte sich geborgen und doch so fremd. Als Kind war sie oft mit ihrem Vater und ihrer Mutter in den Ruinen der Umgebung herumgestöbert, hatte mit Schulfreundinnen Versteck gespielt. Aber nie waren sie hierher in diese einsame Gegend gelangt, die so nahe der Heimat lag und ihr doch so unbekannt war.

    Die Vögel sind schlafen gegangen, dachte Elizabeth und lauschte auf Geräusche. Bei ihrer Ankunft, da war das anders gewesen. Draußen, der Wald, er war in Bewegung gewesen.

    Elizabeth lehnte sich mit dem Rücken gegen den knorrigen Stamm einer Kiefer und schloss die Augen. Sie dachte nach, rief sich die ersten Eindrücke ihrer Ankunft in das Gedächtnis zurück. War es tatsächlich so gewesen?

    Langsam ging sie weiter, links und rechts von den hohen Steinmauern begleitet und beschützt. Nur gegen den Himmel war ihre Umgebung offen und frei. Ein unbeschreitbarer Fluchtweg. Aber Flucht wovor?

    Die junge Frau presste unwillig die Lippen zusammen und richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Weg, den sie nur noch schwach erkennen konnte. Sie wollte ein paar Minuten draußen bleiben und dann in das Zimmer zurückkehren, das man ihr zugewiesen hatte. Die erste Nacht in der fremden Umgebung, das ungewohnte Bett, alles lenkte sie ab und ließ sie nicht zur Ruhe kommen. Sie wusste, dass sie kaum schlafen würde vor lauter Aufregung und Erwartung, am nächsten Morgen ihre Schülerin kennen zu lernen. Ein kleines, achtjähriges Mädchen, hatte man ihr gesagt. Lebendig und neugierig auf alles.

    Irgendwo knarrte ein Fenster. Die junge Frau fuhr herum und versuchte die Richtung auszumachen, aus der das Geräusch gekommen war.

    Es gelang ihr nicht. Sie hörte eine Uhr schlagen. Halb zehn. Sie erschrak. Dann hatte sie über eine Viertelstunde im Park zugebracht.

    Hastig wandte sie sich um und ging den Weg zur Terrasse zurück, so schnell sie konnte. Auf den Zehenspitzen eilte sie zwischen den Bäumen hindurch und raffte das Gewand zusammen, das vorne auseinander trieb. Die aufsteigende Kühle der Herbstnacht umfing ihren Körper, und sie schauderte leicht.

    Dann vernahm sie das Geräusch. Es kam aus der Luft über ihr. Es klang wie ein leises Singen, das sich rasch näherte. Elizabeth sah nicht, was es verursachte, aber ihre Vorstellungskraft verhalf ihr zu einem Gedanken, der sie erstarren und unbeweglich auf der Stelle verharren ließ.

    Sie legte den Kopf in den Nacken und versuchte, zwischen den Wipfeln und Dächern etwas zu erkennen.

    Das Singen wurde immer heller. Es war ganz nah bei ihr! Sie erahnte das Wesen mehr, als dass sie es mit den Augen erkannte.

    Ein Schrei quälte sich über die Lippen der jungen Frau. Entsetzt wandte sie sich ab, rannte in die Finsternis des Schlossparks hinein. Blind stolperte sie zwischen den Büschen hindurch über den Rasen. Wie durch ein Wunder bekam sie ein Geländer zu fassen, an dem sie sich keuchend festhielt. Es war das Geländer der Treppe, die zur Terrasse führte.

    Sie zog sich die Stufen hinauf, ertastete die leicht geöffnete Tür und schlüpfte in das Zimmer hinein. Aufatmend lehnte sie sich gegen den hölzernen Rahmen und schloss die Augen.

    Minutenlang stand sie so da, und in ihr jagten sich die Gedanken. Mit der Zeit jedoch wurde sie ruhiger, kämpfte ihre Panik nieder und dachte nach. Es musste sich um eine Eule oder ein anderes Nachttier gehandelt haben.

    Elizabeth lachte erleichtert auf und schloss die Terrassentür ab.

    Froh über die so einfache Erklärung schlüpfte sie aus den Pumps und streifte das Gewand ab. Das Bett war aufgeschlagen, es duftete nach den Blüten, mit denen der Bezug verziert war. Die junge Frau stieg hinein und kuschelte sich zwischen den weichen Daunen zusammen, deckte sich bis zum Hals zu.

    Du bist ein wenig überreizt, redete sie sich ein. Die plötzliche Mitteilung, nach Beverley Castel zu kommen, hat dich völlig überrumpelt.

    Das Verhalten des Taxifahrers, das Schloss und jetzt das Erlebnis im Park. Für all das musste eine Erklärung geben.

    Aber dennoch. So viele fremdartige Eindrücke innerhalb weniger Stunden konnten eigentlich nur bedeuten, dass sie nervlich überdreht war.

    Elizabeth wälzte sich unruhig in dem fremden Bett hin und her. Sie fand keinen Schlaf. Immer wieder meinte sie das Singen in der Luft zu hören.

    Jetzt bereute sie ihren überstürzten Aufbruch und den kurzen Abschied von ihren Eltern. In der Vorfreude hatte sie gar nicht darauf geachtet, aber jetzt war es ihr, als hätten Pa und Ma ein bestürztes Gesicht gemacht. Sie waren gar nicht mehr richtig zu Wort gekommen.

    Habe ich mich falsch verhalten? Fragte sie sich. Habe ich einen Fehler gemacht?

    Ihre Gedanken kehrten zurück zu den Morgenstunden desselben Tages, an dem sich ihr bisher größter Wunsch erfüllt hatte.

    *

    Mrs. McCaugh nahm den Brief entgegen und musterte ihn zunächst verwundert. Die Nachbarin beugte sich neugierig über den Zaun, um den Absender ebenfalls lesen zu können. Da aber verschwand Mrs. McCaugh in der Tür ihres Hauses und eilte in die Wohnstube, wo Mann und Tochter noch beim Frühstück saßen. Beide blickten überrascht auf, und Mr. McCaugh sagte: »Ich dachte, du wolltest einkaufen gehen!«

    »Hier, da ist ein Brief für Elizabeth gekommen«, erwiderte die Frau und reichte den Brief ihrer Tochter. Ihre Hände zitterten leicht dabei, und Mr. McCaugh rieb sich verwundert die Augen.

    Elizabeth nahm das Kuvert in Empfang und drehte es um. Aufmerksam musterte sie den Briefkopf und das Wappen, das darauf abgebildet war. Es zeigte zwei gekreuzte Hämmer und ein Lamm darüber. Dazwischen waren die Initialen des Absenders eingraviert. W.B.

    Elizabeth riss den Umschlag auf und zog den Briefbogen heraus, faltete ihn auseinander. Der Umschlag fiel auf den Tisch, und Mr. McCaugh holte ihn zu sich. Er griff nach seiner Brille und benutzte das eine Glas als Lupe, mit der er das Wappen ebenfalls betrachtete. Er benötigte länger dazu als seine Tochter, aber als er ihn sinken ließ, war sein Gesicht blass. Er wollte etwas sagen, doch seine Frau gab ihm verstohlen einen Wink. Also schwieg Mr. McCaugh.

    Elizabeth jubelte, als sie aufsah. »Ich habe es geschafft. Meine Bewerbung hat Erfolg gehabt!«

    Stürmisch eilte sie auf ihre Eltern zu und umarmte sie nacheinander, hielt ihnen den Brief vor die Nase.

    »Lest!«, sagte sie fröhlich. »Das lange Warten ist zu Ende. Ich habe eine Stellung. Auf Beverley Castel!«

    Sie begann von Schlössern zu träumen, die sie kannte.

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