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Schlechte Zeiten für Märchen: und andere wundersame Geschichten und Gedichte
Schlechte Zeiten für Märchen: und andere wundersame Geschichten und Gedichte
Schlechte Zeiten für Märchen: und andere wundersame Geschichten und Gedichte
eBook105 Seiten1 Stunde

Schlechte Zeiten für Märchen: und andere wundersame Geschichten und Gedichte

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Über dieses E-Book

Während Corona die reale Welt beherrscht, plagen die Bewohner eines Landes, in dem alles möglich und nichts unmöglich ist, ganz andere Sorgen. Königreiche kommen und gehen und Scharen notleidender Prinzen ziehen brandschatzend über Land. Am Pfefferkuchenhäuschen warten Hänsel und Gretel vergeblich auf die Rückkehr der Hexe. Der Rosenkavalier hat die falsche Wahl getroffen und nur wenige Schritte vom Traualtar entfernt nötigt Leschil seiner Braut ein fatales Versprechen ab. Frau Holle kämpft mit dem Klimawandel und der Schurke schurkt nicht mehr. Die Zeiten sind einfach zu schlecht, als dass man gut daran tut, zu gut zu sein.

In achtzehn skurrilen Märchen, schrägen Geschichten und Gedichten erfährt man alles, was man noch nie wissen wollte und womit man niemals rechnen sollte. Denn es sind schlechte Zeiten für Märchen.
SpracheDeutsch
Herausgeberneobooks
Erscheinungsdatum9. Okt. 2021
ISBN9783754171776
Schlechte Zeiten für Märchen: und andere wundersame Geschichten und Gedichte

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    Buchvorschau

    Schlechte Zeiten für Märchen - Gisela Walitzek

    Anstelle eines Vorwortes

    Es war einmal eine Frau. Die war mit der Zeit schon etwas in die Jahre gekommen und lebte damit glücklich und zufrieden. In jungen Jahren hatte sie für einen Hamburger Buchverlag über Hexen und Nixen, Trommler und Trolle und andere wundersame Wesen geschrieben und einige von ihnen waren danach einfach in ihrem Leben geblieben.

    So war sie mit der Zeit nicht nur etwas schrunzelig, sondern auch etwas schrullig geworden. Wenn ihre Kleider immer enger wurden, ihre Vorräte an Erdbeereis im Gefrierschrank dahinschmolzen und sie am Morgen Chipskrümel auf dem Sofa oder Schokoladenpapier im Abfalleimer entdeckte, so vermutete sie dahinter das Werk von Geistern oder Heinzelmännchen. Doch nie hörte sie in der Nacht ein Klappern und ein Lärmen, ein Rupfen und ein Zupfen, ein Putzen und ein Schaben und am Morgen war ihr Tagwerk leider auch nie gemacht.

    Eines Tages erhielt die Frau eine Nachricht von einer guten Fee. Die fragte an, ob sie in der Adventszeit an jedem Tag von einer von vierundzwanzig Frauen ein selbstgebasteltes, gehäkeltes, getöpfertes oder irgendwie gewerkeltes Geschenk erhalten wolle. Das wollte die Frau natürlich von Herzen gern.

    Das Kleingedruckte, dass sie sich damit auch verpflichtete, vierundzwanzig Geschenke selbst zu basteln, zu häkeln, zu töpfern oder irgendwie zu werkeln, um damit die vierundzwanzig Frauen zu beschenken, verdrängte sie erfolgreich. Denn sie war ja etwas wunderlich und es war ja noch Sommer.

    Als sich der Sommer aber dem Ende neigte, da schrieben vierundzwanzig Frauen in einer eigens eingerichteten Messenger-Gruppe, dass sie schon fleißig bastelten und häkelten, malten und töpferten oder irgendwie werkelten, um rechtzeitig zum ersten Advent mit ihren Geschenken für den Adventskalender fertig zu sein. Da wurde der Frau ganz anders. Was sie nämlich im Sommer nicht bedacht hatte, war, dass sie mit zwei linken Händen gestraft war, mit denen sie weder basteln noch häkeln noch töpfern noch irgendwie handwerkeln konnte.

    In der Nacht erschien der armen Frau wieder die gute Fee. Die sagte „Ich will ja nichts sagen, aber du sitzt ganz schön in der Klemme."

    Das hatte die Frau sich auch schon gedacht. Dann aber fiel ihr ein, dass sie ja in jungen Jahren mit dem Schreiben von Geschichten über Hexen und Nixen, Trommler und Trolle und andere wundersame Wesen ihr Geld verdient hatte. „Ich schreibe einfach für jede Frau eine Geschichte", erklärte sie deshalb frohgemut.

    Da guckte die gute Fee aber dumm. Denn sie hatte das Projekt Adventskalender nur ins Leben gerufen, um guten Frauen ihr neues Buch ‚Basteln, Häkeln, Töpfern oder irgendwie Handwerken für Dumme‘ aufzuschwatzen.

    „Das schaffst du nie", prophezeite die gute Fee der Frau böse, verstreute noch etwas Feenstaub, der sich beim Niederfallen in gemeine Staubflocken verwandelte, und flog unflätig fluchend von dannen.

    Entgegen der düsteren Prognose der Fee entwickelte sich das Schreibprojekt der guten Frau jedoch prächtig. Die ehemaligen Verleger des Buchverlages gaben der Frau die Rechte an ihren Märchen zurück und so hatte sie – ohne die Feder zu schwingen – schon sechs Geschichten geschrieben.

    Die Frau war zufrieden, bis der Oktober kam und sich in der Messenger-Gruppe die Nachrichten über das muntere Basteln, Töpfern, Häkeln und Handwerken überschlugen. Da öffnete die Frau all ihre Schubladen und fand darin einige angestaubte Geschichten, die noch brauchbar waren. So hatte sie – ohne die Feder zu schwingen – schon zwölf Geschichten geschrieben.

    Die Frau war zufrieden, bis der November kam und die vierundzwanzig Frauen in der Messenger-Gruppe posteten, dass sie ihre Geschenke schon verpackt hatten. Da merkte die Frau, dass ihr noch viel zu viele Geschichten fehlten.

    „Das schaffst du nie", prophezeite die gute Fee und die Frau war geneigt, ihr recht zu geben.

    Nachdem sie drei Tage und drei Nächte vergeblich versucht hatte, zwölf halbwegs annehmbare Geschichten zusammenzuschreiben und sich vor Verzweiflung und Gram die Haare raufte, kaufte sie von der Hexe schließlich zu einem Wucherpreis das Buch ‚Basteln, Häkeln, Töpfern oder irgendwie Handwerken für Dumme‘ und bastelte aus Tannenzapfen, Zimtstangen, Wachsresten, Sägespänen und Eierkartons merkwürdig duftende und noch merkwürdiger aussehende Kaminanzünder, die sie in allerletzter Minute per Express an die vierundzwanzig Frauen verschickte. Dann lobte und likte sie in der Adventszeit an jedem Tag in der Messenger-Gruppe jedes Geschenk der vierundzwanzig Frauen so sehr, dass die vierundzwanzig Frauen gar nicht anders konnten, als auch ihre kümmerlichen Kaminanzünder zurück zu liken. An Heiligabend legte sich die Frau erschöpft unter den Weihnachtsbaum.

    „Warum nicht gleich so?", stänkerte in der Nacht die gute Fee.

    Als sich die Frau aber am Weihnachtsmorgen den Feenstaub aus den Augen rieb, überkam sie eine bahnbrechend geniale Idee. Sie würde es genauso machen wie die blöde Fee. Sogleich schickte sie in die Messenger-Gruppe die Einladung zu einer Adventskalenderbastelgruppe für das kommende Jahr.

    Nach dem Feenprinzip würde sie den Frauen keine Geschichte schenken, sondern ein selbstgebasteltes Lesezeichen, das sie nach der Anleitung aus dem doofen Hexenbuch mit nur wenigen Handgriffen falten wollte. Das würde sie zusammen mit einer Bestellkarte für ihr Märchenbuch, das sie aus den fertigen und unfertigen Geschichten im Laufe des Jahres zusammenschreiben wollte, an alle vierundzwanzig Frauen schicken.

    Wenn nämlich, so der Plan, nur die Hälfte der vierundzwanzig Frauen das Buch kaufen, lesen und liken würden, so würde die Frau nach dem Schneeballprinzip zu bescheidenem Reichtum gelangen, ihre systemrelevante Stelle kündigen und noch mehr unnütze Bücher schreiben können. Und so schrieb sie und schrieb sie und wenn sie nicht schrieb, lebte sie glücklich, zufrieden und wunderlich bis ans Ende ihrer Tage.

    Diese Geschichte hat sich so natürlich nicht wirklich zugetragen. Allerdings hat mich ein Adventskalenderprojekt 2020 zu diesem Vorwort inspiriert. Alles andere ist sowieso erstunken und erlogen oder haarscharf an der Wahrheit vorbei.

    Da meine Beiträge im Metta Kinau Verlag, die die Grundlage des Projektes bildeten, in der Reihe Märchen und wundersame Wesen erschienen, sind auch alle anderen Geschichten wunderlich und merkwürdig geworden.

    Ich indes bin weder Hexe noch Nixe, kenne keinen Anton, keinen Leopold und keinen Leschil, schüttele nur äußerst selten am Fenster mein Federbett und habe noch nie in meinem Leben einen Butt geangelt oder verspeist.

    Ich danke den Gebrüdern Grimm, Wilhelm Busch und allen verschrobenen Gestalten in meinem Leben, die mich zu all dem inspirierten. All den anderen danke ich natürlich auch.

    Gisela Walitzek, 2021

    Leschil

    Das Fatale an der Sache war, dass ich anfangs gar nicht merkte, wie ich

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