Nicht wie gestern (Ein Ilse-Beck-Thriller – Band 3)
Von Ava Strong
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Über dieses E-Book
FBI-Spezialagentin Ilse Beck, Opfer einer traumatischen Kindheit in Deutschland, zog in die USA, wo sie eine renommierte Psychologin mit Schwerpunkt auf posttraumatische Belastungsstörungen wurde und weltweit als führende Expertin für das einzigartige Trauma von Überlebenden von Serienmördern gilt. Durch ihre Forschung an der Psychologie der Überlebenden besitzt Ilse ein einzigartiges und unvergleichliches Fachwissen über die wahre Psychologie von Serienmördern. Allerdings hatte sie nicht geahnt, dass sie selbst einmal FBI-Agentin werden würde.
Die Leichen der Opfer eines neuen Serienmörders werden ausgestopft vorgefunden, das scheinbare Markenzeichen eines Tierpräparators. Ist das der Beruf des Mörders? Oder überlistet er das FBI, indem er eine falsche Spur legt, und ist tatsächlich viel gefährlicher als gedacht?
Schafft es Ilse, in seinen Kopf zu blicken und ihn zu fassen, bevor es zu spät ist?
Und schafft sie es, diesen Fall und eine weitere Rückreise nach Deutschland unter einen Hut zu bringen, als sie endlich den dunkelsten Geheimnissen ihrer Kindheit auf die Spur kommt?
Die ILSE-BECK-Reihe ist ein dunkler und spannender Krimi und dermaßen fesselnd, dass man ihn praktisch in einem Zug durchlesen muss. Der packende und verwirrende Krimi steckt voller Wendungen und erstaunlicher Geheimnisse. Sie werden sich in eine brillante neue Protagonistin verlieben, während das Buch Ihnen bis spät in die Nacht den Atem raubt.
Band 4 in der Reihe – NICHT SO – ist nun ebenfalls erhältlich.
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Nicht wie gestern (Ein Ilse-Beck-Thriller – Band 3) - Ava Strong
n i c h t w i e g e s t e r n
(ein ilse beck-fbi-thriller — buch 3)
a v a s t r o n g
Ava Strong
Die Debütautorin Ava Strong ist Autorin der REMI LAURENT-Krimireihe, die aus drei Büchern besteht (weitere folgen), der ILSE BECK-Krimireihe, die aus vier Büchern besteht (weitere folgen) und der STELLA FALL-Psychothriller-Reihe, die aus vier Büchern besteht (weitere folgen).
Als begeisterte Leserin und lebenslange Liebhaberin des Krimi- und Thriller-Genres freut sich Ava darauf, von Ihnen zu hören. Besuchen Sie www.avastrongauthor.com, um mehr zu erfahren und mit Ava Kontakt aufzunehmen.
Copyright © 2021 by Ava Strong. Alle Rechte vorbehalten. Vorbehaltlich der Bestimmungen des U.S. Copyright Act von 1976 darf kein Teil dieser Publikation ohne vorherige Genehmigung des Autors in irgendeiner Form oder mit irgendwelchen Mitteln reproduziert, verteilt oder übertragen oder in einer Datenbank oder einem Abfragesystem gespeichert werden. Dieses eBook ist nur für Ihren persönlichen Gebrauch lizenziert. Dieses eBook darf nicht weiterverkauft oder an andere Personen weitergegeben werden. Wenn Sie dieses Buch mit einer anderen Person teilen möchten, kaufen Sie bitte für jeden Empfänger ein zusätzliches Exemplar. Wenn Sie dieses Buch lesen und Sie es nicht gekauft haben, oder es nicht nur für Ihren Gebrauch gekauft wurde, dann senden Sie es bitte zurück und kaufen Sie Ihre eigene Kopie. Vielen Dank, dass Sie die harte Arbeit dieses Autors respektieren. Dies ist eine erfundene Geschichte. Namen, Charaktere, Unternehmen, Organisationen, Orte, Ereignisse und Vorfälle sind entweder das Ergebnis der Phantasie des Autors oder werden fiktiv verwendet. Jede Ähnlichkeit mit tatsächlichen Personen, ob lebendig oder tot, ist völlig zufällig. Jacket image Copyright zef art, verwendet unter der Lizenz von Shutterstock.com.
BÜCHER VON AVA STRONG
EIN STELLA-FALL-THRILLER
DIE ANDERE FRAU (Buch #1)
EIN SPANNUNGSGELADENER REMI LAURENT FBI THRILLER
DER TODESCODE (Buch #1)
DER MORDCODE (Buch #2)
EIN ILSE BECK-FBI-THRILLER
NICHT WIE WIR (Buch #1)
NICHT WIE ER SCHIEN (Buch #2)
NICHT WIE GESTERN (Buch #3)
INHALTSVERZEICHNIS
KAPITEL EINS
KAPITEL ZWEI
KAPITEL DREI
KAPITEL VIER
KAPITEL FÜNF
KAPITEL SECHS
KAPITEL SIEBEN
KAPITEL ACHT
KAPITEL NEUN
KAPITEL ZEHN
KAPITEL ELF
KAPITEL ZWÖLF
KAPITEL DREIZEHN
KAPITEL VIERZEHN
KAPITEL FÜNFZEHN
KAPITEL SECHZEHN
KAPITEL SIEBZEHN
KAPITEL ACHTZEHN
KAPITEL NEUNZEHN
KAPITEL ZWANZIG
KAPITEL EINUNDZWANZIG
KAPITEL ZWEIUNDZWANZIG
KAPITEL DREIUNDZWANZIG
KAPITEL VIERUNDZWANZIG
KAPITEL FÜNFUNDZWANZIG
KAPITEL SECHSUNDZWANZIG
KAPITEL SIEBENUNDZWANZIG
KAPITEL ACHTUNDZWANZIG
KAPITEL NEUNUNDZWANZIG
KAPITEL DREISSIG
KAPITEL EINUNDDREISSIG
KAPITEL ZWEIUNDDREISSIG
KAPITEL EINS
Kristines Augenlider zuckten und fühlten sich rau wie Schleifpapier an. Sie stöhnte zwischen trockenen und spröden Lippen. Ihre Zunge fuhr hervor, während ihre Sicht langsam wiederkehrte … Sie schmeckte etwas Salziges, das an ihrem Mundwinkel getrocknet war und brauchte einen Moment, um sich bewusst zu werden, was es war.
Plötzlich blitzen ihre Augen gemeinsam mit hämmernden Kopfschmerzen auf. Ein weiteres Leid gesellte sich zum Kopfschmerz: ihre Handgelenke. Während sie immer noch zu sich kam, blickte sie hinunter auf ihre Hände, die wie zum Gebet gefaltet auf ihrem Schoß ruhten. Ein glattes, schwarzes Seil, wie es zum Klettern verwendet wird, war um ihre Handgelenke geschlungen. Sie starrte es an und verstand nicht ganz.
Schließlich konnte sie sich erinnern … Felsklettern im Olympic National Park. Sie war ausgerutscht, aber hatte sich abgefangen. Sie zog die Stirn in Falten und stöhnte, als sie sich versuchte, daran zu erinnern … Sie war an der Seite der Klippen entlang geklettert, konnte sich an das kratzende, schabende Geräusch der kleinen Felsbrocken erinnern, die losgetreten worden waren. Dann war ein Gesicht über einem hervorstehenden Fels erschienen. Ein Gesicht mit einem Messer – der Mann hatte begonnen, ihr Seil durchzuschneiden.
Bei der Erinnerung stach ihr ein weiterer Schmerz durch den Schädel; sie starrte wieder hinunter auf ihre Hände, verlagerte ihr Gewicht in der Dunkelheit und versuchte zu verstehen, wo sie war …
Schräge, glatte, feuchte Erdwände. Über ihr ein Lichtschein wie die Öffnung eines Brunnens. Geäst und dicke Stöcke bedeckten den Brunnen, die wie ein Dach aus einer Baumkrone wirkten. Und neben ihr, seitlich im Schlammloch … Ein Metallgitter. Das Ding sah aus, als wäre es aus dem Abflusskanal einer Stadt gestohlen und danach in die Berge gebracht worden …
Als sie sich etwas umwandte, um einen genaueren Blick durch das Gitter zu erhaschen, schabte ihr Körper gegen die schlammige Wand. In diesem Augenblick bemerkte Kristine, dass sie nackt war. Ein Schauder jagte ihr über den Rücken, der nur teilweise mit der Kälte zu tun hatte. Ihr Herz hämmerte und ein leiser Schrei verfing sich in ihrer Kehle, während sie sich etwas weiter wandte und versuchte, nach ihrer Kleidung Ausschau zu halten.
Ein Wimmern des Entsetzens entfloh ihrer Kehle und sie bemerkte, dass ihre gefesselten Hände jetzt fürchterlich auf ihrem von Schlamm beschmutzten Schoß zitterten.
Während das Grauen sich in ihr breitmachte und eine Gänsehaut sich über ihre Haut zog, verzog sie schließlich ihr Gesicht und blickte durch das Metallgitter. Auf der anderen Seite der Gitterstäbe erblickte sie eine kleine Holzbank, die aussah, als stammte sie aus einer Heimwerkstatt, wie ihr Vater sie hatte. Aber im Gegensatz zu ihrem Vater schien Handwerkskunst demjenigen, der diese Bank hergestellt hatte, gleichgültig zu sein: Kein Lack, nur Schrauben und minderwertiges Holz.
Allerdings zogen die Flaschen auf der Bank wirklich ihre Aufmerksamkeit in Bann. Als sie die Etiketten darauf las, zitterten ihre Hände so sehr, dass sie sich nach vorn lehnte, um zu versuchen, das unfreiwillige Zittern zu bändigen.
Ihr Entsetzen wurde jetzt durch ein schneidendes, qualvolles Gefühl von Schrecken ersetzt, das sich in ihrem Magen wie eine eiserne Faust anfühlte und sich anschließend durch ihren ganzen Körper zog.
„Lieber Gott …, murmelte sie leise. „Oh Gott, nein … Bitte …
Sie wimmerte dieses Gebet leise vor sich hin, ohne eine offensichtliche Antwort zu erhalten.
Eine der Flaschen war eine Körperlotion. In einer anderen befand sich destilliertes Wasser. Die weiteren hatten keine Etiketten, abgesehen von einem Stück Klebeband, auf dem in unordentlicher Schrift stand: „entgiftende Lösung".
Die Spinnen an der Wand gegenüber huschten weiter, während ihr Blick sich über die Flaschen erhob, um den Rest der Höhle durch das Metallgitter zu erforschen.
Der Raum war voller Schaufensterpuppen.
Sie legte die Stirn in Falten, verzog das Gesicht und lehnte sich vor; ihre Hände zitterten weiter und sie keuchte. Ihr nackter Körper streckte sich über den feuchten Erdboden und ihr Herz hämmerte wie wild, als sie durch die Gitterstäbe spähte und in den Raum auf der anderen Seite des Loches starrte.
Sie wurde sich schlagartig ihres Fehlers bewusst.
Es waren keine Schaufensterpuppen.
Körper. Es waren menschliche Körper, die wie ausgestopfte Taxidermie-Tiere erstarrt im Raum standen. Zwei Frauen lehnten steif wie Papp-Ausschnitte gegen eine Wand; kleine Teekessel hingen an ihren kalten Fingern. Eine Frau lag neben einem kleinen, ausgestopften Hund auf dem Boden, als ob sie mit dem Spielzeug im Maul des Tieres Tauziehen spielte. Weitere Körper, die sie nur schwer aus ihrer Position erkennen konnte, standen erstarrt in dem Raum.
Jetzt schrie sie wirklich laut auf. Der Schrei begann wie ein leises, summendes Stöhnen, aber dann entsprang er ihren Lippen als ein hohes Kreischen, das nicht einmal Kristine als ihre eigene Stimme erkennen konnte. Sie trat aus, drängte sich zurück, rutschte auf dem Schlamm aus und schlug mit ihrem schmerzenden Kopf gegen die hintere Wand. Dabei schrie sie vor Schmerz auf, weil sie mit ihrem Oberschenkel über einen Stein schrammte, der aus dem Grund herausragte. Sie spürte, wie die Wunde sich jetzt mit Blut füllte, das ihr Bein hinabtropfte und sich mit der Erde vermischte.
„Oh Liebes, oh Süße", erklang eine Stimme plötzlich aus der Dunkelheit.
Ein weiterer Schrei verstummte auf ihren Lippen. Nicht, weil die Angst verschwunden war – tatsächlich hatte sie jetzt noch mehr Angst als zuvor. Ihr ganzer Körper zitterte. Aber das Entsetzen selbst schien ihre Kehle zugeschnürt zu haben. Fragen sprangen wie Flipperkugeln durch ihren Kopf: Wer war das? Sprach er mit ihr?
„H-hilfe?, sagte sie mit unkontrollierbarem Zittern in ihrer Stimme. „Hilf mir, b-bitte!
Aber die Stimme ignorierte sie. Durch das Metallgitter seitlich des Erdloches bemerkte sie jetzt eine Silhouette, die sich zwischen den ausgestopften Leichen bewegte. Sie konnte nichts Genaues erkennen.
Aber sie bemerkte eines …
Die Silhouette war ebenfalls nackt, aber nicht gefesselt. Der Mann schritt luftig durch den Raum; ohne jeglichen Anstand oder Sinn von Sittlichkeit stolzierte er um die ausgestopften Körper. Er wedelte sich mit einem kunstvollen Fächer in einer Hand Luft zu, während er sprach. Sein Gesicht war in Schatten gehüllt.
„Es war tatsächlich ein langer Tag, sagte er. „Und ja, Martha. Ich habe vor, rechtzeitig zurückzukehren. Hast du noch nicht gelernt, mir zu vertrauen?
Kristine schluckte, ihr Kopf hämmerte. Mit wem sprach er?
„Nein, nein, Olga, sagte der Mann in einem sanften, beruhigenden Tonfall, als wäre er ein talentierter Schauspieler. „Ich habe einfach keine Zeit dafür. Ich werde sogar nur Texas Hold’em spielen.
Es folgte eine Stille und dann klang es, als wäre er am Telefon und würde jemandem antworten, den sie nicht hören konnte: „Natürlich nicht! Natürlich! Sofort, Olga." Er tätschelte einer der ausgestopften Leichen auf die Schulter und lachte herzlich auf, bevor er nackt auf die Frau und den Hund, die mit der Socke spielten, zusprang.
Kristine beäugte die Szene entsetzt. Während der Mann mit den ausgestopften Leichen sprach, hörte sie etwas in der Ferne. Es war ein Hintergrundgeräusch, das sie zuerst für Wind gehalten hatte, aber jetzt bemerkte sie, dass es zu laut, zu hallend war.
Der Klang von rauschendem Wasser … Ihre Nase kräuselte sich, während sie ihm lauschte. Ein weiterer entsetzlicher Gedanke überkam sie. Wenn sie in der Nähe eines Flusses im Nationalpark waren, würde niemand ihre Schreie hören.
Vielleicht war sie deshalb nicht geknebelt.
„Schätzungsweise ein bisschen später heute Abend, sagte der Mann und fächerte weiterhin mit seinem Fächer unter seinem Kinn. „Ich – warte mal
, sagte er plötzlich. Die Silhouette des Mannes, die sie durch die Gitterstäbe auf- und abgehen sah, hielt plötzlich hinten im Raum inne. Sein Tonfall veränderte sich langsam. „Hörst du das?, murmelte er flüsternd in das Ohr der Leiche, die Tee trank. „Etwas ist da draußen. Ein Freund? Ein neues Spielzeug? Ich komme gleich wieder.
Er eilte plötzlich weg und nahm etwas Langes, Metallisches mit, das an der Wand lehnte.
Er verschwand in der Dunkelheit durch einen anderen Tunnel.
Nachdem er weg war, begann Kristine zu schluchzen. Tränen rollten ihre Wangen hinunter und tropften von ihrem Kinn auf den Boden, wo sie die Erde verdunkelten.
Sie musste hier weg. Dieser Psychopath würde jeden Augenblick zurückkommen. War er derjenige, der ihr Kletterseil zerschnitten hatte? War er derjenige, der sie hier unten eingesperrt hatte?
Der Klang von rauschendem Wasser wurde jetzt lauter; er kam aus dem Tunnel, in den der schreckliche Mann verschwunden war.
Kristine ging gern allein Klettern. Sie kannte diesen Nationalpark – kannte die Gegend. Ihr Vater, der Holzarbeiter, hatte sie oft als Kind zum Camping mitgenommen. Sie hatten Stunden im Wald verbracht, gefischt, manchmal gejagt und Knoten gemacht. Manchmal hatten sie sogar Überlebensfertigkeiten trainiert.
Sie war wirklich in der Natur groß geworden.
Und während all dies entsetzend war und der Schrecken immer noch tief in ihr saß …
Kristine schluckte und blickte in der Dunkelheit zu ihrem Bein. Ihr Oberschenkel pochte immer noch vor Schmerz an der Stelle, wo sie über den Stein gerutscht war.
Der Stein.
Ein kleines graues Klümpchen, das aus dem schlammigen Boden hervorstach.
Sie hyperventilierte, während sie jetzt ihr Gewicht verlagerte und vor Schmerz bei der Bewegung stöhnte, aber drückte ihre gefesselten Hände gegen den Stein. Dann begann sie ihre immer noch stark zitternden Hände daran auf- und abzureiben.
Kleine Fasern des Seils begannen jetzt herunterzufallen und ein wenig Staub wurde von der Bewegung aufgewirbelt. Ihre Hände schmerzten, aber sie rieb sie weiter gegen den Stein.
Der Psychopath war jetzt erst einmal verschwunden – aber er würde letztlich wiederkehren. Sie hatte nur diese kurze Gelegenheit.
Doch sie war verwirrt. Wo war sie? Warum hatte er sie hier hergebracht? Ihr Blick flitzte zu den Flaschen auf der Bank und sie schluckte. Vielleicht blieben einige Fragen für den Moment besser unbeantwortet.
Als das Seil immer dünner wurde, begann eine kleine Hoffnung in ihrer Brust aufzuflammen. Sie musste sich beeilen, sich beeilen, sich –
Das Seil zerriss und dabei entfloh ihrer Kehle ein kleines Schluchzen der Erleichterung.
Aber sie war noch nicht frei. Sie blickte hinauf in Richtung der wirren Äste und Stöcke, welche die Oberfläche der Grube blockierten. Sie konnte sie von ihrem Standort aus nicht erreichen; sie war etwa drei Meter hoch.
Sie brauchte etwas, auf das sie sich stellen und von dem sie sich abdrücken konnte.
Ihr Blick wurde von der Bank hinter dem Gitter angezogen.
Hatte sie Zeit?
Keine Wahl. Sie musste sich beeilen.
Sie hastete zum Gitter, drückte und zog daran. Die Metallstangen waren in der feuchten Erde verankert, aber nicht mit Beton gesichert. Sie brauchte ein paar Augenblicke, aber nachdem mit den Fingern in der Erde gekratzt hatte, konnte sie das Gitter wegdrücken, sodass es auf den Boden des Raumes nebenan fiel.
In genau diesem Moment hörte sie ein Geräusch weiter hinten.
Sie schluckte einen Schrei hinunter und drängte sich durch das kleine Erdloch, das zuvor durch das Gitter blockiert gewesen war. Die Metallstangen hingen zur Seite und dicke Klumpen Erde klebten weiterhin daran.
Sie griff nach der Bank, aber bemerkte dann ihren Fehler.
Sie war nicht einmal einen Meter breit. Selbst, wenn sie auf der Seite stünde, würde sie niemals bis zur Oberfläche des Loches reichen.
Jetzt überkam sie Panik. Sie hörte, wie jemand am hinteren Ende des Gangs pfiff … Er kam zurück. Der einzige andere Ausweg lag jetzt in der Richtung dieses Geräuschs. Aber sie musste einen Weg finden, um zur Oberfläche dieses Loches zu gelangen!
„Scheiße", fluchte sie so leise, dass kaum sie selbst ihre Stimme vernahm. Der Klang von rauschendem Wasser umgab sie und hallte in dem seltsamen Höhlensystem wider.
Keine Wahl. Sie musste hier weg. Ihr Vater hatte ihr beigebracht, dass man manchmal einfach nicht zimperlich sein durfte, wenn es ums Überleben ging.
Sie sprang voran, fiel fast über die Bank und ergriff den kalten Arm einer der starren, männlichen Leichen. Es gab nur zwei Männer … So wie es aussah, waren die meisten Körper Frauen. Funkelnde Glasaugen starrten sie blind an. Der Körper war dick, massiv und sie stöhnte vor Anstrengung, als sie ihn zurück zum Loch in der Erdwand zog. Sie schauderte vor Abscheu bei dem Gefühl seiner starren, kalten Haut unter ihren Fingern – sie fühlte sich fast künstlich an … Konserviert? Ihr Vater war nicht nur in der Natur zu Hause; er hatte auch Zeit mit Freunden verbracht, die sich an Taxidermie versucht hatten.
„Nur einen Moment, meine Freunde!, rief eine theatrale Stimme aus dem anderen Gang, „Ich habe gerade einen weiteren kleinen Kumpel gefunden.
Tränen der Angst strömten ihre Wangen hinunter, aber sie konnte jetzt nicht aufgeben.
Sie drückte und stemmte sich gegen die Leiche, um sie durch dasselbe Loch in der Wand zu schieben, durch das sie geklettert war. Sie stieß die starre Leiche in ihre schlammige Gefängnisgrube und verzog das Gesicht, als ein Teil seines Ellenbogens abbrach.
Hyperventilierend und mit einem letzten Stöhnen der Anstrengung drückte sie den Körper in die Grube.
Der Klang der Schritte hatte jetzt den Hauptraum erreicht.
„Was in aller Welt …", hallte eine Stimme hinter ihr.
Sie blickte kurz zurück. Die dunkle Silhouette des nackten Psychopathen stand jetzt im Eingang des Tunnels, trug ein Gewehr in einer Hand und ein kleiner, toter Rotfuchs baumelte am Schwanz von ihrer anderen.
Die Silhouette, die immer noch von der Dunkelheit verhüllt war, starrte einen Moment lang ungläubig; ihre Augen leuchteten wie Glühwürmchen. Dann begann der Mann zu schreien. „Stopp!, brüllte er. „Tu es nicht, Daphne! Komm hierher zurück!
Kristine hatte keine Ahnung, wer Daphne war, aber sie wollte auch nicht bleiben, um es herauszufinden. Sie sprang wieder durch das Erdloch und riss sich dabei ihr Handgelenk am Metallgitter auf.
Sie hörte schwere Schritte und heftiges Keuchen. Panik versetzte sie in Bewegung.
Sie riss den ausgestopften Körper hoch und lehnte ihn gegen die Wand. Hinter ihr sah sie eine Hand und dann einen Kopf, der ebenfalls in das Erdloch starrte. Zwei leuchtende Augen fixierten sich auf sie. Eine tiefe, knurrende Stimme durchflutete den Raum. „Stopp Daphne – oder ich muss dich bestrafen!"
Sie schrie auf und lehnte die Leiche gegen die Wand der Grube. Die Gestalt hinter ihr hatte Schwierigkeiten, durch das Loch zu kommen – sie hörte, dass er wie ein Tier keuchte und knurrte.
Verzweifelt sprang sie die Leiche an, die jetzt gegen die Erdwand lehnte. Sie hatte Gänsehaut vor Entsetzen und ein kalter Schauder lief ihr dabei den Rücken hinunter. Sie zog sich an den Schultern hoch, kletterte über die Arme. Dann drückte sie sich am Ellenbogen ab und der Arm brach dabei ganz ab.
Mit einem Schrei fiel sie fast wieder zu Boden, aber ihre Hand schoss hervor und umklammerte die dicke Wurzel, die aus der Wand direkt unter der Oberfläche des Lochs wuchs.
Sie hörte einen lauten Knall und an der Erdwand rechts von ihr explodierten Staub und Schutt.
„Runter da!", schrie die Stimme hinter ihr.
Aber sie wusste, dass sie genauso enden würde wie der arme Typ, den sie jetzt als Leiter verwendete, wenn sie bliebe. Seit sie klein war, war sie geklettert und hatte gelernt, Unbesteigbares zu ersteigen. Ihre Finger krallten sich in die Erde, eine Hand hielt sich immer noch an der Wurzel fest. Ihre Füße stemmten sich an den Schultern des Mannes ab und jetzt sprang sie zitternd und keuchend hoch.
Sie krallte sich an den Zweigen an der Oberfläche der Grube fest. Ein ersticktes Schluchzen reiner Freude kam ihr über die Lippen.
Sie hörte ein weiteres lautes Knallen und spürte plötzlich Schmerz an der linken Seite ihrer Rippen. Ihre Lider zuckten, während sie von den Ästen herabhing. Mit einem übermenschlichen Aufwand zog sie sich hoch und mühte sich mit keuchendem Atem über den Rand der Grube.
Die Äste bogen sich um ihre Schultern und Blätter flatterten hinunter in das Loch. Es war kein Sonnenlicht – sie hatte sich geirrt. Der Mond starrte sie jetzt vom Himmel an.
Nacht.
Sie hörte weiteres Fluchen hinter sich, riss die Augen auf und rollte sich schnell zur Seite, wobei ihre Rippen vor Schmerz brannten.
Ein weiterer Knall. Er hatte sie verpasst.
Keuchend und mit hämmerndem Kopf kam sie auf die Beine und stöhnte dabei. Scharfe Steine stachen in ihre Füße und Blut lief an ihrem Bein und an ihren Rippen herab.
„Komm zurück, Daphne!", schrie die Stimme verzweifelt. „Bitte, es tut mir leid!"
Sie antwortete nicht, hinkte jetzt schnell voran und hastete auf die Bäume zu. Vor sich erspähte sie einen Bach, der zwischen den Bäumen durchlief und sich um einen dicken Felsbrocken teilte. Gleichzeitig hörte sie stampfende Schritte hinter sich. Eine lange Pause und dann der entfernte, hallende Klang von Händen gegen Metall.
Eine Leiter?
Ihr Herz setzte aus. Er verfolgte sie immer noch.
Sie schrie auf, versuchte zu rennen, aber brach wegen der Schmerzen zusammen. Ihre Füße waren zerkratzt, ihre linke Körperseite brannte und ihr Kopf hämmerte so sehr, dass sie dachte, sie müsste sich übergeben.
Sie musste sich verstecken. Sich verstecken! Aber wo?
Die Bäume? Nein …
Es war zu dunkel, um zu sehen. Der Schmerz war zu stark, um nachzudenken. Sie tat das Einzige, was ihr einfiel und trat zwei taumelnde Schritte vor, bevor sie sich in das Flüsschen fallen ließ.
Es war, als wäre sie plötzlich in Eis gefallen.
Die eisige Kälte umgab sie und wusch über sie. Ihre Wunden pochten quälend; ihre Augen verschlossen sich fest in der Kälte. Das fließende, eisige Nass umarmte sie, verfing sich in ihrem Haar, kitzelte an ihrer Nase und ihrem Mund und suchte nach einem listigen Weg, sich in ihre Lungen zu schleichen.
Die überwältigende Kälte drückte sie hinunter und dunkle Flecken tanzten vor ihren Augen. Das schaukelnde Wasser begann, sie wie Treibholz zu tragen, während ihr Bewusstsein drohte, sie zu verlassen.
KAPITEL ZWEI
Ilse ging neben der Tür in die Hocke und der raue Türrahmen rieb gegen ihre Wange. Der Geruch von Rauch und Schießpulver hing in der Luft. Sie konnte spüren, wie das Adrenalin durch ihre Adern pulsierte