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Jasmine: Hexenblüte
Jasmine: Hexenblüte
Jasmine: Hexenblüte
eBook302 Seiten3 Stunden

Jasmine: Hexenblüte

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Über dieses E-Book

Im dritten Teil der Gebirgshexen-Reihe kehren wir zurück ins finstere Dorf Glendan, wo von der Magie des Gebirges wenig zu spüren ist.

Info: Dieser Band handelt zeitgleich zum ersten Band der Gebirgshexen-Reihe (Hexenfeuer) und gibt Hinweise auf Sturmtochter.

SpracheDeutsch
HerausgeberSabrina Fackler
Erscheinungsdatum14. Juli 2021
ISBN9781005721886
Jasmine: Hexenblüte
Autor

Sabrina Fackler

Born in 1998, grown up in Germany, studied Celtic Studies in Wales and currently working on an MA in Intercultural Communication. Horse-crazy since before I could walk, big into martial arts, languages, mythology and folklore.1998er Jahrgang, in Deutschland aufgewachsen, habe Keltologie in Wales studiert und arbeite momentan an einem MA in Interkulturelle Kommunikation. Pferdeverrückt seit ich denken kann, fasziniert von Kampfkunst, Sprachen, Mythologie und Folklore.

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    Buchvorschau

    Jasmine - Sabrina Fackler

    Ich kann das nicht.

    Jasmine starrte auf die Gruppe Männer, die lachend aus dem Wirtshaus kamen, und atmete tief durch.

    Ich muss das können.

    Ihre Hände zitterten. Sie durfte eigentlich nicht hier sein – nicht um diese Uhrzeit, nicht allein. Aber ausnahmsweise war das nächtliche Ruhegebot Glendans ihre geringste Sorge. Sie presste sich die Finger an die Schläfen und biss die Zähne zusammen.

    Ich kann das nicht.

    Die Männer schlenderten die Straße entlang davon und Jasmine folgte ihnen in gebührlichem Abstand – das letzte, das sie wollte, war, ihnen in die Hände zu fallen. Die Vorstellung, was passieren würde, wenn sie bemerkt wurde, trug nicht gerade dazu bei, sie zu beruhigen.

    Konzentrier dich. Du darfst das hier nicht vermasseln.

    Sie beobachtete, wie einer nach dem anderen sich aus der Gruppe löste und in einem Haus verschwand. Schließlich waren nur noch zwei übrig – Keir und Gawain. Jasmines Unruhe stieg immer weiter. Als die beiden vor Keirs Haustür stehen blieben und sich noch ein wenig unterhielten, rauschte das Blut so laut in ihren Ohren, dass sie kein einziges Wort verstand.

    Viel zu schnell hoben die Männer die Hand zum Gruß. Keir verschwand im Dunkel des Hauses und Gawain ging weiter.

    Sie folgte Gawain.

    Im Geiste ging sie ein letztes Mal die Worte durch, die sie sich bereit gelegt hatte. Es war mehr als waghalsig, ihn zu fragen, aber … es war ihre einzige Chance. Jasmine dachte an die Alternative.

    Ich muss das können.

    Als Gawain seine Haustür öffnete, trat Jasmine aus dem Schatten und räusperte sich. „Gawain?"

    Ihre Stimme ähnelte dem Quieken eines Ferkels. Er wirbelte herum und spähte wachsam in die Nacht, bis er sie erblickte.

    Die Wachsamkeit erlosch schlagartig. Verblüfft blinzelte er auf sie herab.

    Jasmine spürte, wie ihr Mund austrocknete. Sie wich instinktiv einen Schritt zurück und kämpfte gegen den überwältigenden Drang an, die Flucht zu ergreifen.

    Ich kann das nicht!

    „Hallo. Was machst du denn hier?"

    Sie fühlte sich wie gelähmt. Die Worte, die sie stundenlang vor sich hin gemurmelt hatte, waren verschwunden. Sie spürte Gawains Blick auf sich, forschend, musternd, und konnte sich nicht rühren.

    „Bist du nicht Bruns Kleine?"

    Diese Worte rissen sie aus ihrer Starre.

    Bruns Kleine.

    Komm her, meine Kleine. Komm zu Papi!

    Kalter Schweiß brach aus ihren Poren hervor, aber irgendwie fand sie ihre Stimme wieder. „Jasmine. Ich heiße Jasmine."

    Er grinste. „Schön, also Jasmine. Kann ich dir helfen?"

    Er klang nicht verärgert oder erbost, eher … amüsiert. Jasmine atmete tief durch und zwang sich zu nicken.

    „Ja."

    Sie zwang sich, für einige Minuten nicht sie selbst zu sein, sondern jemand anderes, stärkeres. Jemand wie Imogen.

    „Ich wollte fragen, ob du schon weißt, wen du dir … aussuchen wirst. Und wenn du noch niemanden ins Auge gefasst hast … ob du dir vorstellen könntest … mich zu wählen."

    Ich habe es tatsächlich ausgesprochen.

    Oh mein Gott.

    Er starrte sie an, eindeutig verblüfft, und musterte sie dann langsam von oben bis unten.

    Sagte kein einziges Wort, schaute sie nur an.

    Jasmines Mut verpuffte schlagartig.

    Ich habe es verbockt.

    Gawain musterte das Mädchen, das ihm offenbar zu nachtschlafender Zeit gefolgt war, um ihm einen Antrag zu machen, und versuchte, sein Gehirn aufzuwecken, um über ihre Worte nachzudenken. Sein Blick machte sie offenbar nervös; ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen konnte sie nicht glauben, dass sie ihn tatsächlich angesprochen hatte. Ihr Gesicht war hübsch – herzförmig, auf eine unschuldige Art. Vom Rest ließ sich dank der für Frauen üblichen sackartigen Gewandung nicht viel erkennen. Er dachte kurz an Bruns Miene, als Gawain bei der letzten Ratssitzung vorgeschlagen hatte, doch mal richtige Kleider einzuführen, und musste grinsen. Sie war auf alle Fälle zierlich, so viel stand fest. Allgemein bevorzugte er etwas üppigere Frauen … Aber der Rat bedrängte ihn schon seit Längerem, endlich eine Wahl zu treffen. Da er keinen großen Sinn darin sah – er konnte sich ohnehin nehmen, was er wollte – hatte er das bisher aufgeschoben.

    Und jetzt kam dieser Dreikäsehoch daher und bot an, ihm die Wahl zu ersparen.

    Besagter Dreikäsehoch sah aus, als würde er seine Entscheidung mittlerweile bitterlich bereuen; die hellen Wangen waren puterrot angelaufen. Ja, die Farbe zog sich sogar bis in ihren Nacken, der dank der hochgeflochtenen Haare deutlich zu sehen war. Bevor sie die Flucht ergreifen konnte, zuckte Gawain mit den Schultern. „Wenn du unbedingt willst. Was springt für mich dabei heraus?"

    Er musste ihr ja nicht auf die Nase binden, dass ihre Initiative ihm ganz gelegen kam. Es schadete nie, etwas gut zu haben. Sie starrte ihn aus weit aufgerissenen Augen an. „Äh … Sie schluckte, offenbar ein Versuch, ihre Fassung wiederzufinden. „Ich … Ich kann gut kochen? U… und ich bin gut im Saubermachen. Sehr fleißig.

    Sie wagte einen hoffnungsvollen Blick und Gawain war ausnahmsweise sprachlos. Er kratzte sich am Kopf – vielleicht war das letzte Bier doch eins zu viel gewesen – und beschloss, diese Diskussion auf ein andermal zu verschieben. „Schon gut. Ich rede morgen mit dem Rat."

    Nicht, dass es da viel zu besprechen gab. Außer …

    „Wie heißt du nochmal?"

    „Jasmine."

    Jasmine.

    Ich hoffe, ich kann mir das bis morgen merken.

    Gawain gähnte. „Gut. Willst du noch was?"

    Sie schüttelte mit weit aufgerissenen Augen den Kopf und wich langsam zurück, stolperte über einen lockeren Pflasterstein und fiel beinahe hin, ehe sie sich zusammenriss und in den Schatten verschwand. Gawain grinste und drehte sich zu seiner Haustür um.

    So ein verrücktes Huhn. Aber irgendwie süß.

    Kapitel 2

    Wie erwartet gab es im Rat keinen nennenswerten Widerstand. Brun machte ein paar Zicken – vermutlich, weil er seine Tochter möglichst teuer verschachern wollte. Gawain bemühte sich, nicht das Gesicht zu verziehen. Das letzte Bier war wirklich zu viel gewesen. Brun verschwendete seine Zeit; die Kleine war achtzehn und damit alt genug, um vergeben zu werden. Schließlich gab der Fleischer zähneknirschend nach und knurrte: „Ich gehe sie holen."

    Keir spähte aus dem Fenster. „Nicht nötig. Sie steht da draußen, bei den anderen."

    Gawain sah ebenfalls hinaus. Tatsächlich – eine Gruppe Frauen mühte sich gerade damit ab, den Platz vom Fest der vergangenen Nacht zu säubern. Irrte er sich oder schien Brun tatsächlich verärgert?

    Gawain räusperte sich. „Ich gehe."

    Keir murmelte eine leise, spöttische Bemerkung, die er einfach ignorierte – sein Freund war nur neidisch, dass ihm die Entscheidung abgenommen wurde. Und hatte zweifellos die gleiche Befürchtung wie er zuvor: Was, wenn ihm Imogen zugeteilt wurde?

    Gawain erblickte den nahezu geschorenen Schädel direkt neben Jasmines blonden Haaren und wurde unwillkürlich langsamer.

    Stell dich nicht so an. Sie ist nur eine Frau!

    Leider konnte er sich nicht gegen besseres Wissen überzeugen. Imogen war eine verdammt schlagkräftige, bissige, gemeingefährliche Verrückte, die mit den restlichen Frauen so gut wie nichts gemein hatte.

    „Jasmine?"

    Die Köpfe der Frauen ruckten herum – und senkten sich demütig, als er näher kam.

    Nun, zumindest die meisten. Imogen starrte ihn durchdringend aus schwarzen Augen an, eine wortlose Drohung im Gesicht. Gawain versuchte sich zu überzeugen, dass sie es nicht wagen würde, ihm hier etwas zu tun. Hinter ihm beobachtete der gesamte Rat das Geschehen. Sie brauchte ihn nur schief anzusehen und würde dafür am Pranger landen …

    Leider hatte Imogen oft genug bewiesen, dass die Konsequenzen ihrer Handlungen ihr vollkommen gleichgültig waren.

    Gawain tat, was vernünftig war. Er blieb stehen und machte eine auffordernde Geste. „Jasmine, komm."

    Sie setzte sich gehorsam in Bewegung, aber Imogens Hand schnellte vor und packte ihren Unterarm. „Wieso sollte sie?"

    Ihre Stimme jagte ihm einen Schauer über den Rücken, aber er verbarg es und zwang sich, ihr gleichgültig in die Augen zu sehen. „Das geht dich nichts an. Jasmine?"

    Die Kleine zupfte zaghaft an Imogens Kleid und flüsterte, so leise, dass er es kaum hörte: „Bitte?"

    Für mehrere Sekunden geschah nichts. Gawain überlegte, ob er damit drohen sollte, sie auspeitschen zu lassen, wenn sie Jasmine nicht gehen ließ, konnte sich jedoch nicht dazu durchringen. Ganz abgesehen davon, dass sein Kopf schmerzte und er keine Lust verspürte, die ganze Sache mit Jasmine noch länger hinauszuzögern, hatte er das ungute Gefühl, dass von ihm erwartet werden würde, Imogen zu fesseln.

    Gawain schluckte und entschied, dass es wirklich klüger war zu warten.

    Jasmine zupfte erneut an Imogens Ärmel, und die Frau löste langsam ihren Griff. Ihr Blick bohrte sich in ihn und erinnerte ihn an den Spruch vom Kaninchen und der Schlange.

    Er hätte es nie zugegeben, aber ihm fiel ein Stein vom Herzen, als die Tür des Ratshauses sich hinter Jasmine und ihm schloss. Ratsoberhaupt Alister winkte sie zu sich. „Komm her, Kleine."

    Gawain sah, dass ihre Hände zitterten, als der Anführer des Rates sie streng musterte und die üblichen Fragen stellte – ob sie schwor, ihm zu gehorchen und für sein Wohl zu sorgen, seinen Herd und sein Bett warm zu halten und seine Kinder zu gebären.

    Bei den letzten Fragen würgte sie ihr „Ich schwöre" mit letzter Kraft hervor; sie war so blass, dass er sich leicht beunruhigt fragte, ob sie wohl gleich umkippen würde.

    Sie hielt sich auf den Füßen, bis er neben sie trat und ihre Hand ergriff.

    Du liebe Güte. Sie ist eiskalt.

    Er rieb mit dem Daumen über ihren Handrücken, um wenigstens ein bisschen Wärme hineinzubringen, während Alister sich umdrehte und zwei Ringe aus einem Kästchen holte. „Dann erkläre ich euch hiermit zu Mann und Weib."

    Gawain zog vorsichtig den Ring von Jasmines Finger, der ihre Zugehörigkeit zu Bruns Haushalt symbolisierte, und reichte ihn Brun. Der Fleischer nahm das Schmuckstück mit etwas schmerzhaftem Lächeln entgegen. Nicht, dass seine Gefühle Gawain groß beeindruckt hätten – er nahm den schmaleren der beiden Ringe aus dem Kästchen und steckte ihn Jasmine an.

    Jasmines Hände zitterten so heftig, dass sie mehrere Anläufe brauchte, um ihm den anderen Ring an den Finger zu stecken. Sie zuckte erschrocken zusammen, als Alister in die Hände klatschte und fröhlich verkündete: „Lasst uns darauf anstoßen!"

    Jasmine sah aus, als würde sie am liebsten die Flucht ergreifen. Zur Sicherheit hielt Gawain ihre Hand die ganze Zeit fest – auf dem Weg zum Wirtshaus und während der Feier. Brun versuchte, sie sich für eine kurze Zeit auszuborgen, aber er wurde von Keir und Connell abgewimmelt, die Gawain damit aufzogen, dass er Jasmine nicht loslassen wollte. Gawain schlug verbal zurück und es entspann sich ein hitziges Wortgefecht, das damit endete, dass er sich unter röhrendem Gelächter aus dem Staub machte – Jasmine an der Hand und auf dem direkten Weg nach Hause, zu seinem großen und äußerst bequemen Bett.

    Dieser Gedanke hatte ihn auch erfolgreich davon abgehalten, mehr als ein Bier zu trinken. Gawain grinste, schloss die Tür hinter Jasmine und fragte: „Willst du dich noch frisch machen?"

    Sie nickte stumm und flüchtete ins Bad.

    Kapitel 3

    Was habe ich mir da nur eingebrockt?

    Jasmine räumte ein letztes Mal ihre Sachen um und suchte nach etwas, irgendetwas, das ihr in dieser Nacht Schutz gewähren konnte. Sie starrte in den Spiegel und versuchte verzweifelt, ihre Entschlossenheit wiederzufinden.

    Lass ihn nicht merken, dass du Angst hast. Das macht es nur noch schlimmer – sie geilen sich an ihrer Macht auf. Deiner Hilflosigkeit.

    Jasmines Finger krampften sich um den Rand des Waschbeckens. Vornübergebeugt rang sie nach Luft und kämpfte gegen die Panikattacke an.

    Bitte nicht. Bitte nicht.

    Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wann dieses Mantra sich festgesetzt hatte – die Worte waren ihr einziger Verbindungspunkt zur Wirklichkeit, ihr Anker in einem Meer aus Angst, Verzweiflung und Hilflosigkeit.

    Konzentrier dich. Eins nach dem anderen.

    Ihr Blick fiel auf die Schale mit Wasser, die sie zuvor heraufgebracht hatte. Sie musste sich frisch machen, um …

    Stopp! Eins. Nach. Dem. Anderen!

    Sie griff nach der Schüssel, aber ihre Hände zitterten so sehr, dass sie sie wieder abstellen musste.

    Mit einer heftigen Bewegung drehte sie sich zum Fenster und vergrub das Gesicht in ihren Händen.

    Ich kann das nicht!

    Die Verzweiflung überrollte sie und obwohl sie heftig blinzelte, konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. Wütend auf sich selbst biss sie sich auf die Lippe, bis der Schmerz die Tränen noch schneller fließen ließ; sie spürte ein Schluchzen in ihrer Kehle aufsteigen und erstickte es erschrocken mit der geballten Faust.

    Verdammt, reiß dich zusammen!

    Aber sie fand die Kraft dazu einfach nicht.

    Ich bin nicht wie Imogen. Ich weiß nicht einmal, ob ich so stark wie Noemi bin …

    Der Gedanke an ihre Freundin war nicht geeignet, ihre Nerven zu beruhigen. Die Bilder, die sie so sorgfältig unter Verschluss gehalten hatte, drängten sich unaufhaltsam vor ihr inneres Auge und raubten ihr den letzten Rest Fassung. Langsam sank Jasmine zu Boden, zog die Knie an den Körper und umklammerte sie mit aller Kraft. Die Panik kroch erneut in ihr hoch, unaufhaltsam diesmal; ihr war schlecht und sie zitterte so stark, dass ihre Zähne klapperten.

    „Jasmine?"

    Der Klang seiner Stimme war … nah.

    Zu nah.

    Woran all ihre Bemühungen gescheitert waren, schaffte Gawain mit einem Wort. Wie eine Handpuppe an Fäden gezogen sprang sie auf und griff hastig nach der Schüssel, spritzte sich Wasser ins Gesicht und antwortete: „Ja?"

    Sie hatte gehofft, er würde sie im Bad in Ruhe lassen. Als die Tür sich öffnete, verbrannte auch diese letzte Hoffnung zu Asche. Sie sah auf, bevor sie sich davon abhalten konnte …

    Und schluckte.

    Hart.

    Gawain hielt offensichtlich nichts von Nachthemden. Er trug eine locker sitzende Hose aus … Baumwolle?

    Und sonst nichts.

    Jasmines Magen vollführte eine unangenehme Drehung. Ihr wurde schlagartig wieder bewusst, wo sie war und was er offensichtlich vorhatte, und die Übelkeit kehrte zurück wie ein Schlag in die Magengrube.

    Sie unterdrückte ein Würgen und wandte sich wieder dem Wasser zu. Einen seltsamen, irrationalen Moment lang war sie froh, dass sie nicht schwitzte, sondern fror – das stank zumindest nicht.

    Dann legte eine schwere Hand sich auf ihre Schulter und sie erstarrte zur Salzsäule.

    „Brauchst du noch lange?"

    Ihr Mund war zu ausgetrocknet um auch nur einen einzigen Laut hervorzubringen – selbst, wenn sie in der Lage gewesen wäre, ein Wort zu formen.

    Jasmine schüttelte stumm den Kopf.

    Und bemühte sich verzweifelt, die Panik zu beschwichtigen, die sie erneut zu verschlucken drohte.

    Diesmal endgültig.

    Gawain betrachtete das Gesicht seiner Angetrauten im Spiegel und versuchte zu verstehen, was da gerade vor sich ging. Hatte sie ihm ihren Antrag wirklich gemacht, weil sie in ihn vernarrt war? Irgendetwas störte ihn daran.

    Jasmine starrte auf ihre Hände und schien sich, wenn möglich, noch mehr zu verkrampfen. Falls sie damit sein Interesse abschwächen wollte, lag sie allerdings vollkommen falsch – ihre Haltung irritierte ihn, und diese Irritation weckte seinen Jagdtrieb.

    Er trat einen Schritt näher und murmelte ihr mit tiefer Stimme ins Ohr: „Vielleicht kann ich dir ja helfen?" Seine Hände umfassten ihre Taille und zogen sie in seine Umarmung. Anstatt jedoch nachzugeben und gegen ihn zu sinken, erstarrte sie komplett und hörte auf zu atmen. Irritiert hob er den Blick – unter diesen grässlichen Kleidern gab es ohnehin so gut wie nichts zu sehen – und sah in den Spiegel.

    Und hielt inne.

    Hatte er zuvor nur ihren Scheitel und einen schmalen Streifen Stirn gesehen, so starrte ihm aus dem milchigen Glas nun das Gesicht eines Gespenstes entgegen. Ihre Haut war käsebleich mit einem ungesunden Stich ins Grüne, und ihre Augen …

    Ihre Augen waren so voll nackter Angst, dass sie sich wie kalter Stahl in sein Herz bohrten.

    Einen endlosen Moment starrten sie sich einfach nur an. Dann kämpfte er den Drang, sie zu schütteln, bis sie ihm alles verriet, gewaltsam nieder und trat einen Schritt zurück. Seine Stimme klang ungewohnt sanft, als er sagte: „Es ist schon spät. Komm bald ins Bett, ja?"

    Sie nickte, kaum merklich, und er zwang sich zu gehen.

    In sein Zimmer, wo er schon Vorbereitungen getroffen hatte. Tief in Gedanken versunken löschte er einen Großteil der kostbaren Kerzen wieder aus und ließ sich rücklings auf die Matratze fallen, wo er blicklos an die Decke starrte.

    Welche Dämonen hatten Jasmine da gerade geritten? Wovor hatte sie solche Angst? Vor ihm?

    Unmöglich. Dann hätte sie ihn ja kaum gebeten, die Seine werden zu dürfen. Ihr Vater gab ziemlich gut auf sie Acht; besser, als die meisten anderen in diesem Dorf.

    Er grübelte und grübelte, konnte aber keinen Sinn hinter ihrer Handlung entdecken. Er hatte gedacht, sie sei … neugierig. Ungeduldig, da ihr Vater sie so gut unter Verschluss hielt – die meisten anderen Mädchen in ihrem Alter …

    Die Zimmertür klickte.

    Gawain setzte sich auf und starrte.

    Sie hatte das wohl hässlichste Nachthemd auf Erden gefunden. Dieser Sack ließ sogar die zierliche Jasmine wie ein unförmiges Nilpferd aussehen!

    Als sie das von Kerzen schwach beleuchtete Bett sah, blieb sie wie angewurzelt stehen.

    Er verschluckte den Kommentar, der ihm auf der Zunge lag, angesichts ihrer Miene – sie sah aus, als könne sie sich nur mit Mühe davon abhalten, die Flucht zu ergreifen.

    Es fiel ihm schwer, einfach zu warten, aber er bezwang seine Ungeduld, bis sie das Bett erreicht hatte. Dann streckte er fordernd eine Hand aus und meinte: „Komm her, Jas. Es ist kalt."

    Sie schluckte und rutschte unter die Bettdecke. So langsam, dass es ihn erneut erhebliche Geduld kostete. Irgendwann stellte er fest, dass sie scheinbar nicht vorhatte, noch näher zu kommen – sie lag am äußersten Rand der Matratze, fast einen halben Meter von ihm entfernt.

    Gawain seufzte tief. „Meine Güte, so schwer ist das doch

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