Sie haben so einen seltenen Tumor, sie sollten Lotto spielen!
Von Uta Winter
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Über dieses E-Book
Uta Winter
Uta Winter ist Anfang 40, als sie an einem sehr seltenen Tumor erkrankt und ihr Leben sich von einem Tag auf den anderen verändert.
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Buchvorschau
Sie haben so einen seltenen Tumor, sie sollten Lotto spielen! - Uta Winter
Inhaltsverzeichnis
Sylvester
Etwa einen Monat später
Die Raumforderung
Die Diagnose
Zwischen den Zeiten
Im Krankenhaus
Wieder zu Hause
In den nächsten Monaten
Die Arbeit beginnt
Die Angst sitzt in den Narben
Der Kampf gegen die Institutionen
Wie es weiterging
Fragen, die mir häufig gestellt wurden
Glossar
Sylvester
Um mich herum ist es dunkel, manchmal erhellt eine einzelne verfrühte Rakete den Nachthimmel. Ich liege in meinem Bett und bin allein, das Atmen fällt mir schwer. Mein fünfjähriger Sohn und mein Mann sind schon den ganzen Abend bei guten Freunden von uns, um den Beginn des neuen und hoffentlich gesunden neuen Jahres zu feiern. Ich habe meine Familie gebeten, trotzt meiner akuten Lungenentzündung unsere Freunde zu besuchen und Spaß zu haben. Sie sollten das Jahr schön ausklingen lassen und nicht darunter leiden, dass ich schon wieder krank bin.
Das ist nicht die erste Pneumonie in meinem Leben. Schon als Kind war ich sehr oft krank und anfällig für alle möglichen Infekte. Mein Vater sagt bis heute, dass ich von unserer drei Geschwistern immer sein Sorgenkind gewesen wäre und obwohl mir das immer ein wenig peinlich ist, muss ich doch sagen, dass er nicht ganz Unrecht hat. Mit sieben Jahren, gerade zu meinem Schulanfang, musste ich fast direkt nach der Einschulungsfeier für mehrere Wochen ins Krankenhaus und wäre dort fast verstorben. Ich weiß, wie es ist, plötzlich schwer krank zu sein, kaum aufstehen zu können und sich klein und schwach zu fühlen.
Die Diagnose am Vormittag dieses letzten Tages im Jahr, nach stundenlangem Warten in der völlig überfüllten Notaufnahme des Universitäts-Krankenhauses meines Wohnortes, hatte mich nicht wirklich überrascht. Das typische Röcheln in meinem Hals und die starken Atembeschwerden kannte ich zu gut. Überrascht hat mich etwas ganz Anderes. Der junge Assistenzarzt, der die Diagnose stellte, gab mir zusammen mit meinem Rezept für ein Antibiotikum einen persönlichen Ratschlag auf den Weg: „Sie sollten einmal darüber nachdenken, warum eine junge Frau wie Sie aus heiterem Himmel eine Lungenentzündung bekommt"?
Ich habe das damals nicht weiter beachtet. Mit Anfang 40, erfolgreich im Berufsleben stehend, war ich fast die Alleinverdienerin meiner kleinen Familie, weil mein Mann verkürzt arbeitete und sich vorrangig um unseren gemeinsamen Sohn, der damals noch in den Kindergarten ging, kümmerte. Es war faktisch kein Raum für Ruhe und Besinnung oder gar so etwas wie Reflexion in meinem Leben. Meine Zeit war gut durchorganisiert und ich funktionierte wie eine gut geschmierte Maschine, bei der es nur ab und an zu kleinen Unterbrechungen im ansonsten reibungslosen Getriebe kam.
Nur wenige Monate später sollte ich über die Worte des Arztes ganz anders denken. Doch erst einmal wusste ich noch nicht, was auf mich und meine Familie zukommen würde und das war vermutlich auch besser so.
Der schwarze Nachthimmel erhellte sich und das Knallen der Sylvesterfeuerwerkes wurde lauter. Herzlich willkommen neues Jahr! Was Du mir wohl bringen magst?
Etwa einen Monat später
Zunächst ging das neue Jahr weiter, wie das alte geendet hatte. Ich quälte mich immer noch mit meiner misslichen Lungenentzündung, von der ich das arge Gefühl hatte, dass meinem schwachen Körper die Kraft fehlte, um sich von ihr zu erholen. Wenn ich an die enorme Größe meines Tumors denke, der ein paar Monate später bei mir diagnostiziert werden sollte, dann meine ich heute, dass ich damals schon an zwei Fronten gekämpft habe und es einfach noch nicht wusste.
Langsam und jeden Tag ein wenig, ging es mir wieder etwas besser und ich konnte sogar schon wieder kleine leichte Spaziergänge an der frischen Luft unternehmen. Aber es blieb dabei, irgendetwas lief mich nicht recht zu Kräften kommen und ich fühlte sehr deutlich, dass mir die Energie für einen normalen Alltag noch fehlte.
Fünfjährige Kinder sind sehr mobil und wissbegierig und fordern noch die volle Aufmerksamkeit ihrer Eltern. So habe ich noch gut in Erinnerung, dass mir das tägliche Spielen und die intensive Beschäftigung mit meinem kleinen Sohn nach dem Kindergarten und an den Wochenenden während der Zeit meiner Genesung einfach oft zu viel waren. Das tat mir unendlich leid und ich hatte ein schlechtes Gewissen deswegen. Gleichzeitig hatte sich in mir selbst jedoch eine gewisse Apathie breitgemacht und ich war sehr froh, dass sich mein Mann fürsorglich um ihn kümmerte.
Endlich war ich etwa Ende Januar so weit genesen, dass ich mir zutraute, wieder auf Arbeit zu gehen. Naja, um ehrlich zu sein, natürlich hätte ich mich noch gern etwas länger erholt, aber wer den ständigen Druck kennt, wie gut geölt und ohne Sand im Getriebe, funktionieren zu müssen, weil die durch den Hauskauf entstanden Schulden nicht gerade gering sind, der weiß auch, dass ich dabei nicht unbedingt eine faire Wahl hatte.
Die wenigen Tage, die ich nach meinem Wiedereinstieg auf Arbeit durchhielt, waren gelinde gesagt sehr schlimm. Mühsam versuchte ich meine Aufgaben zu erledigen und den riesigen Berg abzuarbeiten, der sich während meiner fünfwöchigen Abwesenheit angehäuft hatte. Es war nicht zu übersehen, dass ich noch lange nicht fit genug war, und mich mühsam durch meinen