Weltenreise: Mit dem Motorrad ins Abenteuer und zurück
Von Rolf Lange
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Buchvorschau
Weltenreise - Rolf Lange
ROLF LANGE
Weltenreise
MIT DEM MOTORRAD
INS ABENTEUER UND ZURÜCK
Für Tina, Kirsten, Reinhard und Jochen.
Und für meinen Vater.
Inhalt
Mut
Das alte Leben hinter sich lassen
Eine große Idee wird geboren
Gefühlslooping
Endlich fahren!
Neugier
Iran. So überraschend anders
Der alte Mann und der Tee
Couchsurfen auf Iranisch
Ärger in der Burgerbude
Familien, Feste, Fußballfans
Zuversicht
Zentralasien. Von Liebe, Korruption und dem einfachen Leben
Gute Zeiten, schlechte Zeiten
Durch die Berge Kirgistans
Jurte statt Campingzelt
Gelassenheit
China, Nepal, Indien, Myanmar. Erhabene Landschaften und sehr viele Menschen
Im Land der tausend Regeln
Dunkle Schatten über Nepal
Nervenproben in Indien
Myanmar, unser Land des Lächelns
Vertrauen
Malaysia, Neuseeland, Chile. Unerwartete Veränderungen
Ein Zuhause auf Zeit in Kuala Lumpur
Wiedervereinigung in Neuseeland
Auf Wiedersehen, Joe!
Reflexion
Kapstadt, Namibia, Botswana. Die Tiere Afrikas
Von Kapstadt in die Einsamkeit
Die Big Five – und viele mehr
Offenheit
Ruanda. Viele Überraschungen
Ordnung und Sauberkeit
Dolph, Laure und die Comics
Zeit
Tansania. Ein ungeplanter Besuch
Ein Massai namens Godfrey
Intime Einblicke
Ich bin jetzt ein Massai
Lächeln
Epilog. Zurück nach Hause
Wiedersehen und Zuversicht
Impressum
»Abenteuer:
Finde deine Komfortzone. Und verlasse sie.«
Irish Murph
Vorwort: Meine Packliste
Alles hinter sich lassen und mit dem Motorrad die Welt erkunden – was für ein Traum! Und doch sah meine Realität zunächst anders aus, denn ich hatte gewaltigen Respekt vor dieser grundlegenden Veränderung: Meinen sicheren Job zu kündigen und mich von beinahe allem zu trennen, das ich besaß – all das beunruhigte mich tief. Konnte ich denn ahnen, was auf der Reise alles passieren, konnte ich wissen, was mich später zu Hause erwarten würde?
Doch meine Erlebnisse in den folgenden 17 Monaten offenbarten mir Welten, die mir diese Furcht nahmen, und jede dieser Welten war auf ihre Weise überwältigend.
Dies ist die sehr persönliche Geschichte meines Aufbruchs in ein völlig anderes Leben, keine Dokumentation über alle 42 Länder auf fünf Kontinenten, die ich bereist habe. Und auch wer eine formale Checkliste sucht, die ihn für das eigene Abenteuer vorbereitet, wird enttäuscht sein. Denn dieses Buch ist ein Erfahrungsbericht über die Lebenswelten, die ich entdeckt habe, über die Menschen, denen ich begegnet bin. Und über die Dinge, die ich gelernt habe: Die neun Kapitel stehen für Eigenschaften, die für die Bewältigung von großen und kleinen Herausforderungen wirklich wichtig sind. Sie sind meine »Packliste« für das Leben außerhalb der Komfortzone.
Ich freue mich, wenn Sie nach dem Lesen und Betrachten dieses Buches ein verändertes Bild von der Welt haben – eines, das weit mehr vermittelt als die täglichen Nachrichten. Vielleicht inspiriert es Sie, neue Wege zu gehen. Aber auch, wenn es nicht das eigene große Abenteuer werden soll: Ist es nicht ein wunderbares Gefühl zu wissen, dass die Welt außerhalb unseres Umfelds so unendlich viel Bereicherndes zu bieten hat? Viel mehr als wir annehmen!
Trauen Sie sich, Unbekanntes zu entdecken! Ich wünsche Ihnen eine gute Reise.
Mut
Das alte Leben hinter sich lassen
Rolf und Joe unterwegs ins Abenteuer auf ihren BMW R 1200 GS. Jedes Motorrad war zusätzlich mit rund 100 Kilo beladen, das meiste Gewicht entstand durch die Foto- und Campingausrüstung sowie das Werkzeug.
Eine große Idee wird geboren
Das erste Mal Freiheit schnuppern
Ich war nie ein Abenteurer. Im Gegenteil: Geboren in München, einer der sichersten und komfortabelsten Städte der Welt. Aufgewachsen in Putzbrunn, einem kleinen Dorf im Speckgürtel der bayerischen Landeshauptstadt, wohlbehütet von meinen Eltern, einer französischen Hausfrau und einem deutschen Elektroingenieur. Auf dem Gymnasium war ich das, was man in Bayern einen Gschaftlhuber nennt – einer, der sich überall wichtigmacht: als Schülersprecher, bei der Schülerzeitung, der Theatergruppe. Dann kamen Bundeswehr und später BWL-Studium an der Universität München. Ein Eins-a-Lebenslauf.
Das Abenteuerlichste in den ersten dreißig Jahren meines Lebens waren der Abbruch meines Studiums und die Gründung meiner eigenen kleinen Firma. Das Internet kam auf, und alle brauchten eine Website, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen. Die Selbstständigkeit hatte den Vorteil, dass ich mich nach kaum jemandem richten musste. Später wechselte ich zu einer großen Werbeagenturgruppe und machte dort Karriere, bis hin zum Geschäftsführer. Der Job gefiel mir, und er definierte zu einem Großteil mein Leben.
Sogar in meiner Freizeit lebte ich nach dem Prinzip, möglichst wenig Risiko einzugehen: Bereits der Besuch eines neuen Restaurants in der Stadt bereitete mir leichtes Unbehagen, und die Speisekarte musste mindestens einen bayerischen Klassiker aufführen, damit es zumindest in diesem Punkt wenige Überraschungen geben konnte. Die Eroberung Europas durch die asiatische Küche nervte mich, lediglich Chicken süß-sauer fand ich akzeptabel, da weiß man, was man hat. Von meinen Urlauben erwartete ich pauschal servierte Erholung an europäischen Stränden statt Aufregung in weit entfernten Ländern. Das Spektakulärste war Schnorcheln in den Korallenriffen Ägyptens, am Strand eines Resorts. Gelegentlich mietete ich mir einen Roller, um eine Insel zu erkunden.
Meine kleine Welt, meine Komfortzone war ungefähr so groß wie das weiche Kopfkissen, auf dem ich jeden Abend einschlief. Nichts deutete darauf hin, dass ich einmal etwas Verrücktes tun würde. Ich brachte alles mit, um ein gutbürgerliches Leben gesellschaftskonform durchzuziehen. Und vor allem war ich glücklich.
Bis zum Herbst 2009. Ich besuchte meinen besten Freund Joe in San Francisco, der in die USA ausgewandert war. Wir waren als Nachbarn aufgewachsen und kannten uns, seit wir die fünf Meter zum nächsten Gartentor laufen konnten. Joe schlug einen Roadtrip mit dem Auto durch Kalifornien vor. Ich war nach einer langen Beziehung Single und spürte, dass mir Abwechslung guttun würde. Midlifecrisis mit 32. Knapp zwei Wochen waren wir immer unterwegs, fast jeden Abend woanders. Es war der erste Atemzug einer mir vollkommen neuen, extrem erfrischenden Einstellung.
Joe war das nicht genug, und er regte an, diese Tour mit dem Motorrad zu wiederholen. Er hatte seinen Führerschein bereits vor einiger Zeit in den USA gemacht, ich dagegen war mit dem Motorradfahren noch nicht in Berührung gekommen. Doch der Gedanke ließ mich nicht mehr los, und bevor ich zurück nach München flog, gaben wir uns ein Versprechen: Wir würden diese Tour bald noch einmal machen. Auf dem Motorrad. Als schließlich wenige Tage später auch noch ein beruflicher Auftrag von BMW Motorrad auf meinem Tisch landete, war es endgültig soweit: »Wer noch mehr Hinweise braucht, hat’s nicht besser verdient«, dachte ich, und im Sommer 2010 nahm ich meine neue Fahrerlaubnis in Empfang.
Im Herbst 2011, zwei Jahre nach unserer Abmachung, fuhren wir auf zwei knatternden und teils verchromten Cruisern die Klassiker Kaliforniens und Nevadas ab: Pacific Coast Highway, The Snake, Joshua Tree National Park, Mojave-Wüste, Route 66, den Strip in Las Vegas, Hoover Dam. Mit Halbhelm, Lederjacke und Satteltaschen. Jeden Morgen hörten wir »Free Fallin’« von Tom Petty and the Heartbrakers zur Einstimmung. »Roadtrip!«, brüllten wir über unsere Funkverbindung, wenn wir die Motoren zündeten. Freedom American Style. Was für ein unfassbar großartiger Urlaub!
Es gab nur einen Haken: Er war viel zu schnell vorbei. Bereits nach der Hälfte der Reise zählte ich in meinem Kopf die verbleibenden Tage … noch vier, noch drei, noch zwei. Ich hätte in dieser Zeit der glücklichste Mensch der Welt sein können, doch ich sah mich schon wieder im Büro Berge von E-Mails beantworten, anstatt den langen Straßen durch die Wüste ins Nichts zu folgen. Mein Blick auf die goldenen Felder Kaliforniens wurde von der Vorstellung getrübt, dass dieser Roadtrip zu schnell vorbei sein würde. Ich hatte Blut geleckt, aber was war eine solche Freiheit wert, über deren Ende ich nicht selbstbestimmt entscheiden konnte?
Zurück in München, konnte ich meine Gedanken nicht bremsen. Es ließ sich nicht leugnen, dass etwas in mir passiert war. Ich war unruhig und konnte kaum darauf warten, die nächsten Reisepläne zu machen. Meine Komfortzone war mir zu eng geworden, mein Kopfkissen zu unbequem. Mein bisheriges Leben genügte mir nicht mehr. Nach wie vor hatte ich Freude an meinem Beruf, aber mir drängte sich die Ahnung auf, dass es so bis zum 67. Lebensjahr nicht weitergehen konnte. In der Welt da draußen gab es offenbar mehr. Und so skypten Joe, der in San Francisco geblieben war, und ich nahezu jeden Abend. Aufgrund der Zeitumstellung saß er meistens noch gestresst im Büro, während ich abends entspannt vor meinem Rechner von der Ferne träumte. Eine explosive Mischung.
In den ersten Tagen unserer bemerkenswert euphorischen Dialoge kam Joe auf die Idee, einen dreimonatigen Roadtrip durch Südamerika zu machen. Die Einreisebestimmungen in nahezu jedem Land seien fantastisch einfach, und auch der Import von Motorrädern sei unkompliziert. Ich war noch nie in Südamerika gewesen, sprach kein Spanisch oder Portugiesisch. Das klang also nach einem richtigen Abenteuer. Doch rasch folgten die ersten Zweifel. Waren drei Monate ausreichend? Würden wir nicht auch diesmal schon während der Reise die verbleibenden Tage zählen und an Meetings und Outlook-Ordner denken, obwohl wir gerade Lateinamerika entdeckten? Würde nicht jedes Rückkehr-Datum, jeder fixe Sabbatical-Deal mit unseren Arbeitgebern uns dessen berauben, wonach wir uns tief im Inneren so sehnten: Freiheit! In diesen Momenten wurde uns klar, dass es keine Kompromisse geben konnte. Zwei Kumpel, die sich immer wieder grundlegende Fragen stellen, sind durchaus in der Lage, ein gewaltiges Vorhaben zu entwickeln. An einem Oktoberabend im Jahr 2011 wurde es konkret. »Welche ist die beste Reise, die wir machen können?«, tippte ich in das Chatfenster, um kurz darauf die Antwort selbst zu geben:
Gefühlslooping
Riesige Veränderungen und eine Portion Angst
Die Idee einer Weltreise ohne Zeitlimit war geboren. Aber dieses Eisen war heiß, ich hatte große Angst, mich zu verbrennen. Was um Himmels Willen hatte ich da geschrieben? Ich hatte mich kurz ohne Zukunftssorgen treiben lassen, und in dem Moment waren meine Gedanken auch zum ersten Mal frei. Aber diese Idee war so groß und abenteuerlich, dass sie mich abschreckte. Tausend Bedenken schossen mir durch den Kopf. Halte ich das durch? Bekomme ich danach