Gay Hardcore 16: Seilschaft
Von Jo Perridge und Cliff Morten
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Buchvorschau
Gay Hardcore 16 - Jo Perridge
Bleib!
Erstbesteigung
Über den Bergen hing undurchdringlicher Nebel, massiv wie Beton.
Die Schneeflocken buhlten um ihre Aufmerksamkeit. Sanft tänzelnd zuerst, hübsch anzusehen, Dekoration für eine Weihnachtskarte. Dieser Reiz verlor sich nach einer Minute, als ihnen der Schnee hart um die Ohren wirbelte. Nico verfluchte sich selbst, weil er das Auftürmen der Wolken nicht früh genug beachtet hatte. Jason stand hinter ihm, der Blick verborgen durch die gefärbten Brillengläser, aber Nico konnte sich die verengten Augen vorstellen, den Ausdruck einer Katze, die plötzlich in einen Eimer Eiswasser getaucht wird.
Zumindest der Wind war nicht heftiger geworden. Sicher, es blies eine kalte Brise, genug, um sie daran zu erinnern, dass auch diese mächtige Naturgewalt sie nicht vergessen hatte. Vorerst blieb es aber bei dieser Warnung. Noch schnitt der Wind nicht durch ihre Kleider, aber wahrscheinlich würde er das bald versuchen.
»Wir müssen campen, bis das vorbei ist«, rief Nico. Sofort spürte er die Besorgnis, die dieses kleine Statement hervorrief.
Er seufzte und schaute umher über die winzige Fläche, die er überblicken konnte. Der Nebel verhüllte alles, was mehr als fünf Meter entfernt war, und schob sich geradezu bösartig immer wieder zwischen ihn und sein anvisiertes Ziel.
»Du willst mich verarschen, stimmt’s?« Das leise Heulen des Windes untermalte den ängstlichen und aufgewühlten Klang in Jasons Stimme »Du willst, dass wir hier oben bleiben?«
»Hier sind überall Gletscherspalten«, antwortete Nico in der Hoffnung, seine Stimme könnte ein bisschen mehr Gelassenheit vortäuschen, als er wirklich fühlte. »Ich will vermeiden, in diesem Nebel herumzukriechen. Abgesehen davon: Es ist spät.«
Viel zu spät, leider. Sie waren schon seit dem Morgen unterwegs, mit nur wenigen Stopps. Es war eine schöne Route mit herrlichem Ausblick, aber Junge, das hatte länger gedauert, als Nico gedacht hatte. Sie konnten nur langsam gehen, denn Jason musste gegen seine Höhenangst ankämpfen. Nico wusste, dass Jason klettern konnte, aber er brauchte viel Zeit und seinen gesamten Vorrat an Beleidigungen, um ihn so weit zu bringen, es auch zu tun.
Silberhorn. Sie hätten zuerst das Silberhorn machen sollen, schimpfte Nico bei sich. Nun steckten sie am Ostgrat fest, und Jason würde mit größter Sicherheit sauer auf ihn werden.
Der Gipfel selbst war überwältigend, einzigartig, und die wilde Begeisterung in Jasons Augen, als er irgendwas schrie und Nico hart auf die Schulter klopfte, war den langen Aufstieg wert gewesen. Wie auch immer, der Rückweg war ein Problem.
Sie mussten biwakieren.
Nico überlegte. Der Schnee lag hoch genug, um einen Schacht zu graben. Wenn er sich für die Variante eines Schachtbiwaks entschied, konnte er gleich an Ort und Stelle mit der Arbeit beginnen. Aber sie hatten keine Skier dabei, um sie als provisorische Dachlatten zu verwenden, über die man den Biwaksack legen konnte. Die Alternative war – genau! Nico erinnerte sich an eine Felswand, an der sie vor Kurzem vorbei gelaufen waren. Am Wandfuß waren größere Mengen Schnee angeweht worden. Dort waren die Bedingungen ideal, um eine klassische Schneehöhle zu graben. Nico konnte dort den Eingangstunnel schräg nach oben anlegen, sodass die Kaltluft nach unten abfloss und die wärmere Luft oben in der Höhle blieb. Wenn dies gelang, konnten sie die Nacht bei positiven Temperaturen überstehen und mussten in Zukunft nicht auf ein paar Zehen verzichten.
Mit neuem Elan wandte Nico sich an Jason: »Wir müssen ein Stück zurück laufen.«
»Zurück?« bellte Jason ungläubig. Er blickte um sich, mit einem Gesichtsausdruck, als müsste er sich gegen den Angriff eines Rudels von Schneewölfen verteidigen. Nicos Herz sank ein Stück tiefer. Jason mochte schon geklettert haben, aber er war verdammt sicher, der Brite hatte es bei längeren Touren noch nie mit launischem Wetter aufnehmen müssen. Nach diesem Blick zu urteilen, würde sein Grollen vermutlich mehrere Wochen anhalten.
»Nur hundert Meter. Noch sieht man unsere Spuren deutlich genug.« Nico legte ein schnelles Tempo vor und Jason folgte ihm leise murrend.
Nico testete die Schneeverwehungen mit der Sonde. An einer Stelle ließ sie sich etwa einen Meter tief gegen Widerstand durch den Schnee drücken und glitt dann ganz leicht weiter hinein. Wenn er viel Glück hatte … Nico montierte die Schaufel. Der Zeitbedarf für einen Biwakbau beträgt eine halbe Stunde, so steht es in den Lehrbüchern, und Nico hoffte auf die Kompetenz der Autoren. Es war Schwerstarbeit, sich durch die Schneemauer zu kämpfen, die unter der obersten Schicht von weichem Neuschnee hart und fest war. Trotz der Kälte begann Nico zu schwitzen. Das war schlecht, weil die Kleidung nun auch von innen nass wurde und ihn später kaum wärmen würde, aber er musste sich beeilen. Er steckte mit dem Oberkörper bereits im Eingangstunnel, keuchte, wühlte und grub, ohne darauf zu achten, ob Jason die Schneebrocken beiseite räumte, wie er es ihm aufgetragen hatte. Plötzlich stieß er mit der Schaufel ins Leere. Noch zwei, drei Vorstöße, dann konnte er einen Blick durch das entstandene Loch werfen. Die Stirnlampe erleuchtete eine kleine Nische, die hinter der Wand aus Schnee lag. Sie hatten Glück: Wie er vermutet hatte, wich der Fels an dieser Stelle ein wenig zurück. Es war keine große Höhle, sondern nur eine kleine Ausbuchtung, aber es ersparte ihm weiteres Graben. Er musste nur noch den Schnee im Eingangstunnel festklopfen und ihre Unterkunft war fertig.
Nico kroch rückwärts aus dem Tunnel und drehte sich um. Die verschwommene Frosty-der-Schneemann-Erscheinung dort musste Jason sein.
»Kommst du?«, rief er. Jason zauderte kurz; er zweifelte an der Statik der Schneehöhle, aber die schien ganz zufrieden mit der Architektur und blieb, wie Nico sie geschaffen hatte. Schließlich bewegte Jason sich vorwärts und krabbelte in die kleine Höhle. Der Wind hatte seine Opfer verloren.
»So hatte ich mir unseren gemeinsamen Abend nicht vorgestellt.« Zumindest klang da etwas Belustigung mit, obwohl Nico die Anspannung hören konnte. Die Dunkelheit kroch schnell heran. Ebenso die Kälte.
Nico schaute zu, wie Jason mit um die Beine geschlungenen Armen seinen Körper zusammenpresste. »Du schlotterst«, kommentierte er.
»Tu ich nicht«, konterte Jason. »Und ich zittere auch nicht, bevor du auf diese Idee kommst.« Er veränderte seine Position, nahm endlich die Brille ab und warf sie in eine Ecke.
Er stöhnte und lehnte sich zurück. »Ich bin ganz schön angeschlagen, Kamerad. War das die Idee unseres verehrten Regisseurs, um mich in der Drehpause fit zu halten, oder was?«
Nico grinste. Er und Jason arbeiteten zum ersten Mal zusammen, sie spielten die Hauptrollen in einem Science-Fiction-Actionfilm. Beide waren bisher nicht ganz »AKlasse«, aber auch keine Unbekannten in Hollywood, und für beide war es die Chance, groß herauszukommen. Nico und Jason hatten schnell eine enge Freundschaft geschlossen, und als sie im Bergsteigen ein gemeinsames Hobby entdeckten, war der Plan zu einer Bergtour rasch geschmiedet, zumal sich rings um das Set ein grandioses Gebirge erhob.
»Nein, aber ich könnte das in Zukunft vorschlagen, wenn du möchtest«, antwortete Nico und legte seinen Kopfschutz ab.
»Du Arsch«, knurrte Jason. Aber von echtem Groll schien er weit entfernt. Nico glaubte fast, sie könnten ohne ernste Meinungsverschiedenheit durch diese Nacht kommen. Gut. Unter allen Plätzen, an denen er nicht gerne Streit hatte, nahm ein Biwak am Berg den ersten Rang ein.
Es gab eine lange Pause. Der Wind heulte halbherzig im Hintergrund. Jason gähnte ausgiebig, wie eine große Katze nach einer guten Gazellenmahlzeit, dann kroch er noch tiefer in die Schneehöhle. Nico wartete einige Minuten, bevor er wiederholte: »Du schlotterst immer noch.« Jason hob seine Brille wieder auf und begann, damit herumzuspielen.
Nico öffnete den Reißverschluss seiner Jacke. Jason starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
»Nico, was zum Teufel tust du?« Nico fuhr fort, unbeeindruckt. »Dir ist kalt.«
»Ich bin auf einem beschissenen Berg! Das bringt das Territorium so mit sich!«, schnauzte Jason. »Pass auf, das ist hier nicht der Platz für einen Striptease, okay?«
Eine Hand legte sich auf Nicos Hand und stoppte ihre Bewegung. Grüne Augen blitzten ihn gefährlich an und forderten Streit heraus.
»Jason, dir ist kalt, mir nicht. Lass mich dir einfach nur helfen, okay? Ich bin besser an das hier gewöhnt als du, das weißt du …« Es war die Art von Stimme, mit der Eltern ihre Kinder ermahnen. Doch dieser Ton funktionierte nicht bei Jason. Bei Kindern meistens auch nicht, wenn er es recht bedachte.
»Du kriegst Frostbeulen«, beharrte Jason.
»Krieg’ ich nicht.« Nico befreite sich von Jasons Hand und zog die Jacke aus. »Schau, mir geht’s gut. Aber wenn du dir hier den Arsch abfrierst, müsste ich mir die Schuld daran geben. Bitte, Jason. Tu’s einfach. Für mich.«
Er lächelte ihn freundlich an. Jason musterte ihn zweifelnd, aber sein Zittern erreichte ein deutlich sichtbares Stadium. Nico gab ihm die Jacke. »Hier. Nimm sie.«
Jason starrte ihn weiter an, als ob er ein bösartiges Komplott vermutete. Nico kam sich vor wie in einem James-Bond-Film, obwohl James Bond sicher eine schicke Berghütte gefunden hätte, mit Champagnervorräten im Gletscher, eisgekühlt.
Endlich, widerwillig, nahm Jason die Jacke. Nico lächelte erleichtert und kramte eine zweite Hose aus seinem Rucksack, reichte sie ihm hinüber.
»Ich nehm nicht all deine Kleider, Nic!«, protestierte Jason beleidigt. Nico seufzte und zwang sie ihm auf, auch wenn Jason leise grummelte. Nico atmete erleichtert aus. Offenbar begriff Jason, dass er ein leichteres Leben haben würde, wenn er einfach akzeptierte, was Nico vorschlug. Während sie sich stritten, hatte sowieso niemand die verdammten Klamotten an, und damit war keinem geholfen. Nico hätte ihm den Kopf getätschelt, wenn die Chance bestanden hätte, die Hand danach noch gebrauchen zu können.
Jason war ein stolzer Mann, erst recht, wenn er Angst hatte.
Nico breitete sich auf seinem Rucksack aus und versuchte den Frost zu vergessen. Es war eben so. Er würde eher selbst erfrieren als zulassen, dass sein Partner fror.
Doch nach einer Weile erkannte Jason, dass die Nacht eine grausame Folter für Nico werden würde, wenn es so weiterging. Nico, der in ein ungemütliches Dösen gefallen war, sprang fast aus seinem Schlafsack, als Jason ihn im Nacken berührte. Im Licht der Taschenlampe sahen ihn besorgte grüne Augen an.
»Nico, du frierst.«
Und ja, das war vermutlich eine gute Interpretation. Nico war nicht überzeugt, dass seine Füße noch da waren, aber sehr sicher, dass er sie nicht fühlen wollte, wenn sie erst einmal wieder warm wurden. Jason