Sharin will nicht mehr leben: Der Arzt vom Tegernsee 24 – Arztroman
Von Laura Martens
()
Über dieses E-Book
Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen.
Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird.
Angela Seidel erwachte vom Zwitschern der Vögel. Minutenlang lag sie noch mit geschlossenen Augen in ihren Kissen, dann klingelte der Wecker, und mit der Ruhe war es vorbei. Unwillig streckte die junge Frau die rechte Hand aus, um ihn auszustellen. Im selben Moment spürte sie einen schneidenden Schmerz, der von ihren Fingerspitzen zur Schulter raste. Erschrocken riß sie die Augen auf. Ihre Hände waren rot und geschwollen. Jede Berührung tat weh. Der Wecker klingelte noch immer. Mit der linken Hand, die nicht ganz so schmerzte wie die rechte, stellte sie ihn ab. Nach kurzem Anklopfen trat ein junges, sehr hübsches Mädchen ins Zimmer. »Guten Morgen«, sagte es vergnügt. »Ich dachte schon, du würdest das Klingeln deines Weckers nicht hören. Hätte ja sein können, nachdem…« Sonjas Blick fiel auf die Hände ihrer Schwester. »Ach, du meine Güte!« stieß sie hervor. »Zeig mal deine Füße.« An ihre Füße hatte Angela noch nicht gedacht. Sie schlug die Decke zurück und atmete erleichtert auf, als sie sah, daß weder ihre Fußknöchel noch ihre Zehen geschwollen waren.
Mehr von Laura Martens lesen
Fürstenkrone Classic
Ähnlich wie Sharin will nicht mehr leben
Titel in dieser Serie (66)
Das Leben könnte so schön sein: Der Arzt vom Tegernsee 14 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAuf Jessica wartet das Leben: Der Arzt vom Tegernsee 7 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Tag, der die Entscheidung brachte: Der Arzt vom Tegernsee 4 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLass Vergangenes vergessen sein: Der Arzt vom Tegernsee 1 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVon New York an den Tegernsee: Der Arzt vom Tegernsee 6 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAuf dem Weg zu sich selbst: Der Arzt vom Tegernsee 8 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie falsche Freundin: Der Arzt vom Tegernsee 18 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSoll wirklich alles zu Ende sein?: Der Arzt vom Tegernsee 16 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie traurige Frau am See: Der Arzt vom Tegernsee 3 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn Liebe krank macht: Der Arzt vom Tegernsee 9 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSie könnte seine Tochter sein: Der Arzt vom Tegernsee 12 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenÜberstunden für den Schutzengel: Der Arzt vom Tegernsee 5 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEr kam als Fremder: Der Arzt vom Tegernsee 17 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Tag, der die Entscheidung brachte: Der Arzt vom Tegernsee 2 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine Liebe hat nie aufgehört: Der Arzt vom Tegernsee 11 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVertrau auf Dr. Baumann!: Der Arzt vom Tegernsee 22 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Zufall brachte es ans Licht: Der Arzt vom Tegernsee 35 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIn letzter Minute: Der Arzt vom Tegernsee 15 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenNach all den verlorenen Jahren: Der Arzt vom Tegernsee 13 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWenn du mir nur zur Seite stehst: Der Arzt vom Tegernsee 21 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIch möchte dir so gerne glauben: Der Arzt vom Tegernsee 10 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGeld und Glück verspielt: Der Arzt vom Tegernsee 31 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLang getrennt und nie vergessen: Der Arzt vom Tegernsee 23 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDeine Stimme in der Dunkelheit: Der Arzt vom Tegernsee 29 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWie ein Fels in der Brandung: Der Arzt vom Tegernsee 41 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenBlutschwestern: Der Arzt vom Tegernsee 28 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEin stummer Hilfeschrei: Der Arzt vom Tegernsee 20 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenLicht am Ende des Tunnels: Der Arzt vom Tegernsee 19 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSharin will nicht mehr leben: Der Arzt vom Tegernsee 24 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenVerena – eine ungeliebte Waise: Der Arzt vom Tegernsee 26 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Ähnliche E-Books
Gefühle können grausam sein – und so schön: Der kleine Fürst 248 – Adelsroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchatten über dem Aargau: Kriminalroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEure Herzen brauchen Liebe: Toni der Hüttenwirt 173 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenAnklage gegen Dr. Wiesinger: Der Bergpfarrer 427 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Laurin 101 – Arztroman: Wie ein Lied in meinem Herzen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenEinmal so umsorgt zu werden: Der Arzt vom Tegernsee 39 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Verführung kam auf langen Beinen: Familie Dr. Norden 774 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenGefährliches Schweigen: Sophienlust Bestseller 30 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Verführung kam auf langen Beinen: Familie Dr. Norden 775 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDas Geheimnis der schönen Antonia: Der neue Dr. Laurin 1 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRettet meine Frau: Dr. Laurin – Neue Edition 7 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie unschuldige schuldige Patientin: Dr. Laurin – Neue Edition 21 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRätsel um Anneka: Chefarzt Dr. Norden 1123 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Verführung kam auf langen Beinen: Dr. Norden Gold 77 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie falsche Witwe Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenIn Liebe und an Kindes statt: Dr. Laurin 140 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSie musste ihr Kind verschweigen: Dr. Norden Bestseller – Neue Edition 33 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWer ist Ronny Thalbach?: Praxis Dr. Norden 17 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSein kleiner Lieblingspatient: Mami 2038 – Familienroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHoffen*** Lieben*** Glauben Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenHaus im Grünen II: Wer mordet denn da? Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDr. Norden Bestseller 133 – Arztroman: Sie musste ihr Kind verschweigen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Seelendoktor Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Hexen von Kamen Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenMeine Annette: Roman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPlatzangst Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchon in der neuen Heimat angekommen?: Toni der Hüttenwirt 314 – Heimatroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenRätsel um Anneka: Dr. Norden Extra 211 – Arztroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie unstillbare Schuld: Karin Bucha Classic 65 – Liebesroman Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSchmutziges Spiel Bewertung: 0 von 5 Sternen0 Bewertungen
Klassiker für Sie
Johann Wolfgang von Goethe: Sämtliche Werke (Golden Deer Classics) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Erotik Bewertung: 2 von 5 Sternen2/5Die Traumdeutung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Faust: Der Tragödie Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenWoyzeck: Drama Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Zauberberg Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPeperl Mutzenbacher - Tochter der Josefine Mutzenbacher (Klassiker der Erotik) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenPhilosophie des Geldes Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDemian Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die fröhliche Wissenschaft: la gaya scienza Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKarl May: Winnetou 1-4 (Golden Deer Classics) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenJosefine Mutzenbacher: Meine 365 Liebhaber (Erotik, Sex & Porno Klassiker) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenFaust. Der Tragödie erster Teil Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Philosophie der Freiheit Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Die Verwandlung Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Die Welt von Gestern. Erinnerungen eines Europäers Bewertung: 4 von 5 Sternen4/51984: Neuübersetzung Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenKrieg und Frieden Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Edgar Allan Poe - Gesammelte Werke Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Franz Kafka - Gesammelte Werke Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Fjodor Michailowitsch Dostojewski - Gesammelte Werke Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Saemtliche Werke von Brüder Grimm (Illustrierte) Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5Sternstunden der Menschheit: 14 historische Miniaturen Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Sternstunden der Menschheit: Historische Miniaturen. Klassiker der Weltliteratur Bewertung: 4 von 5 Sternen4/5Der Idiot Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDer Antichrist Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenDie Brüder Karamasow Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenSaemtliche Werke von Franz Kafka (Illustrierte) Bewertung: 0 von 5 Sternen0 BewertungenOrlando Bewertung: 5 von 5 Sternen5/5
Rezensionen für Sharin will nicht mehr leben
0 Bewertungen0 Rezensionen
Buchvorschau
Sharin will nicht mehr leben - Laura Martens
Der Arzt vom Tegernsee
– 24–
Sharin will nicht mehr leben
Laura Martens
Angela Seidel erwachte vom Zwitschern der Vögel. Minutenlang lag sie noch mit geschlossenen Augen in ihren Kissen, dann klingelte der Wecker, und mit der Ruhe war es vorbei.
Unwillig streckte die junge Frau die rechte Hand aus, um ihn auszustellen. Im selben Moment spürte sie einen schneidenden Schmerz, der von ihren Fingerspitzen zur Schulter raste. Erschrocken riß sie die Augen auf. Ihre Hände waren rot und geschwollen. Jede Berührung tat weh.
Der Wecker klingelte noch immer. Mit der linken Hand, die nicht ganz so schmerzte wie die rechte, stellte sie ihn ab.
Nach kurzem Anklopfen trat ein junges, sehr hübsches Mädchen ins Zimmer.
»Guten Morgen«, sagte es vergnügt. »Ich dachte schon, du würdest das Klingeln deines Weckers nicht hören. Hätte ja sein können, nachdem…« Sonjas Blick fiel auf die Hände ihrer Schwester. »Ach, du meine Güte!« stieß sie hervor. »Zeig mal deine Füße.«
An ihre Füße hatte Angela noch nicht gedacht. Sie schlug die Decke zurück und atmete erleichtert auf, als sie sah, daß weder ihre Fußknöchel noch ihre Zehen geschwollen waren.
»An deiner Stelle würde ich gleich heute morgen zum Arzt gehen«, meinte Sonja. »Davon abgesehen, hättest du es längst tun sollen. Immerhin hattest du in den letzten Monaten schon mehrmals Beschwerden mit deinen Händen und Füßen.«
»Aber es ist nie so schlimm gewesen.« Angela versuchte, vorsichtig die Finger zu bewegen. Es wollte ihr kaum gelingen.
»Steck deine Hände in warmes Wasser«, riet Sonja. »Ich mache inzwischen das Frühstück.« Sie wandte sich der Tür zu. »Soll ich Dr. Baumann anrufen und ihm sagen, daß du kommst?«
»Ich kann heute nicht im Büro fehlen.« Angela stand auf. Sie fühlte sich am ganzen Körper wie zerschlagen. »Ich rufe vom Büro aus in seiner Praxis an und lasse mir für den späten Nachmittag einen Termin geben.«
»Wenn überhaupt«, bemerkte Sonja skeptisch.
»Du kannst dich darauf verlassen, daß ich zu Dr. Baumann gehe«, versicherte ihre Schwester. »Und du hast auch recht, ich hätte nicht so lange damit warten dürfen.«
»Ich kenne nicht viele Leute, die mit fünfundzwanzig schon das Zipperlein plagt«, scherzte Sonja und machte, daß sie aus dem Zimmer kam, weil es aussah, als würde ihre Schwester mit dem erstbesten Gegenstand nach ihr werfen wollen.
Wieder starrte Angela auf ihre Hände. Hoffentlich war es nicht ein Fehler gewesen, die gelegentlichen Gelenkschmerzen auf die leichte Schulter zu nehmen. Um nichts auf der Welt wollte sie noch einmal die Schmerzen ertragen müssen, die sie mit zehn Jahren gehabt hatte.
Aus der Küche drang der Duft von frischem Toast und Spiegeleiern. Bedrückt sagte sich die junge Frau, daß ihr Dr. Baumann sicher eine Diät verordnen würde. Vieles von dem, was ihr schmeckte, würde sie in der nächsten Zeit wahrscheinlich nicht essen dürfen.
Sonja stand mit dem Rücken zu ihr am Herd, als ihre Schwester die Küche betrat. »Kaffee kommt gleich«, versprach sie. »Was machen deine Finger?«
»Es geht.« Angela setzt sich an den liebevoll gedeckten Tisch. »Danke, daß du dich heute allein um das Frühstück kümmerst.«
»Einer muß es ja.« Sonja stellte die Kaffeekanne auf den Tisch. »Wenn ich krank bin, sorgst du für mich.« Sie zwinkerte ihrer Schwester zu. »Eine Hand wäscht die andere.«
Angela schenkte für sich und Sonja Kaffee ein. »Nachdem du mich so umsorgst, sollte ich ja eigentlich nicht so gemein sein und nach der Bioarbeit fragen, die ihr letzte Woche geschrieben habt«, meinte sie.
»Wie man sieht, bist du es aber doch«, erklärte Sonja. »Sie ist besser ausgefallen, als ich dachte. Drei minus. Im Grunde genommen müßtest du mir vor Begeisterung auf die Schulter schlagen.«
»Fühl dich geschlagen«, scherzte Angela. Unbeholfen bestrich sie eine Scheibe Toast mit Butter. »Und Sharin? – Wie ist ihre Arbeit ausgefallen?« Sie wußte, daß Sonjas Freundin Schwierigkeiten mit diesem Fach hatte.
Ihre Schwester verzog das Gesicht. »Sie hat eine glatte Fünf geschrieben«, antwortete sie. »Ein Glück, daß ihre Eltern zur Zeit in der Türkei sind und nichts von der Arbeit ahnen.« Sie seufzte auf. »Ihr Vater akzeptiert keine schlechten Noten. Er möchte, daß Sharin in allen Fächern zu den Ersten gehört.«
»Weil er sich um ihre Zukunft sorgt. Du weißt selbst, wie wichtig eine gute Ausbildung in der heutigen Zeit ist. Mit einem schlechten Abitur wird es sehr schwer, später eine Arbeit zu finden. Wenn…« Angela schaute stirnrunzelnd auf. »Sag nur, daß Sharin und ihr Bruder völlig allein zu Hause sind?«
Sonja nickte. »Um das Geschäft kümmert sich ein Freund der Familie.« Sie nippte an ihrem Kaffee. »Sharin versteht auch nicht, weshalb ihre Eltern noch vor den großen Ferien in die Türkei gefahren sind. Sie sagt, sie hätten einen Anruf ihres Urgroßvaters bekommen, und schon zwei Tage später hätten ihre Eltern die Koffer gepackt. Sie wollten ihr nicht sagen, um was es geht, haben ihr nur aufgetragen, gut für Aytan zu sorgen und abends nicht mehr das Haus zu verlassen.«
»Sharin kann froh sein, Eltern zu haben, die ihr so viel Vertrauen schenken«, meinte Angela. Ceylans kamen aus einem kleinen Dorf in Ostanatolien, lebten aber bereits seit zwanzig Jahren in Tegernsee. Ihre beiden Kinder, die siebzehnjährige Sharin und der zwölfjährige Aytan, waren hier zur Welt gekommen und kannten die Türkei nur von den Erzählungen ihrer Eltern und den kurzen Ferienwochen, die sie hin und wieder dort verbrachten. Im Gegensatz zu den beiden anderen türkischen Mädchen, die in Sonjas Klasse gingen, war Sharin niemals von ihren Eltern gezwungen worden, ein Kopftuch zu tragen. Sie war kaum anders aufgewachsen als ihre deutschen Klassenkameradinnen, hatte an allen Ausflügen, Festen und Ferienfahrten teilgenommen.
»Ich mag ihre Eltern auch«, sagte Sonja. »Habe ich dir schon gesagt, daß Sharin gerne Innenarchitektur studieren würde? – Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, daß ihre Eltern damit einverstanden sind. So eine Ausbildung kostet schließlich viel Geld, und
da Aytan Arzt werden soll, sparen sie schon jetzt jeden Pfennig für ihn.«
Angela kam plötzlich ein furchtbarer Verdacht. »Vielleicht sind sie in die Türkei gefahren, um sich nach einem Mann für ihre Tochter umzusehen.«
Sonja starrte sie bestürzt an. »Nein, nicht Sharins Eltern«, sagte sie dann überzeugt. »Die Ceylans würden ihre Tochter niemals zwingen, einen Mann zu heiraten, den sie bisher weder kennt noch liebt.«
Hoffen wir es, dachte Angela. Sie wies zur Uhr. »Wir müssen gehen.«
»Kannst du deine Finger inzwischen besser bewegen?«
Angela schloß und öffnete die Hände. »Ja, sogar ohne, daß es allzu sehr weh tut.« Sie stand auf. »Wie gesagt, ich melde mich nachher gleich bei Dr. Baumann an.«
»Ich werde dich in der großen Pause anrufen und daran erinnern«, drohte ihre Schwester, während sie nach ihrer Schultasche griff. »Was bekomme ich übrigens zu meinem siebzehnten Geburtstag?« erkundigte sie sich wie nebenbei und hoffte, Angela würde sich verraten.
»Darauf falle ich nicht herein«, meinte die junge Frau lachend. »Laß dich ganz einfach überraschen.«
Angela arbeitete bei der Stadtverwaltung. Da Sonja und sie denselben Weg hatten, brachte sie ihre Schwester fast jeden Morgen zum Gymnasium, das sich im Tegernseer Schloß, einem ursprünglichen Kloster, befand.
Die Eltern