Peter Pan: Hallo, Ich Heiße Peter
Von Robert Steiner
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Buchvorschau
Peter Pan - Robert Steiner
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Inhalt
1. Wendy
2. Zurück nach Nimmerland
3. Der Hugenotten-Schacht
4. Morana, Königin der Feen
5. Die Rettung
6. Die Verlorenen Jungs
7. Rache
8. Die Schlacht
9. Liebe
10. Die Heimkehr
1. Wendy
„Hallo, ich heiße Peter."
Wendy Moira Angela Darling schob ihren Rollstuhl zurück und ließ den jungen Herrn herein. Es war ein junger Kerl Ende Zwanzig, sehr groß, dünn und etwas schüchtern. Seine langsamen und ungeschickten Bewegungen waren ein klares Zeichen dafür, dass dieser Bursche neu im Job war.
„Gut, dachte sie, „vielleicht werde ich mich diesmal auf der Fahrt nicht wieder zu Tode langweilen.
Der junge Mann sammelte die Sachen der alten Dame ein und schob ihren Rollstuhl zur Tür. Das Gepäck verfing sich im Eingang und er schob es ungeschickt durch den Türrahmen, wobei er die Ecken eines alten Koffers eindrückte. Wendy beobachtete alles aus den Augenwinkeln und kicherte, als sie merkte, wie er den Eindruck zu erwecken versuchte, alles unter Kontrolle zu haben. Wie sie es erwartet hatte, fiel der Bursche samt Gepäck auf den Boden, sobald sie auf der Veranda waren.
„Ich gehe davon aus, dass Sie nicht viel Erfahrung damit haben?"
„Nein, gnädige Frau, es ist mein erster Tag... und hoffentlich auch der letzte. Normalerweise fahre ich den Krankentransporter und habe keinen direkten Kontakt zu den Patienten. Ich vertrete nur einen Freund, der einen Arbeitsunfall hatte."
„Wenn Sie nicht aufpassen, müssen Sie ihn bald anrufen, damit er Sie vertritt."
Für einen kurzen Moment sahen sie sich an, dann hob er Ihre persönlichen Dinge auf, die jetzt über die ganze Veranda verstreut lagen. Der peinliche Moment war vorbei und beiden mussten lachen.
Wendy war noch immer ein sehr positiver Mensch, auch wenn das Leben es nicht immer gut mit ihr gemeint hatte. Tief in ihrem Inneren wusste sie, dass ein Lächeln selbst die dunkelsten Wolken vertreiben kann und ein Lachen Wunden heilen lässt. Unglücklicherweise konnte alles Lächeln der ganzen Welt nicht die Krankheit heilen, die sie langsam aber sicher aus der Welt der Lebenden zerrte. Nach fünf Jahren mehrfacher Krankenhausaufenthalte war sie körperlich sehr geschwächt, aber sie lächelte noch wie eh und je.
„Früher oder später wird uns der Große Vermieter eine Räumungsklage präsentieren für die Wohnung, in der wir uns eingerichtet haben, erzählte sie immer ihren Enkelkindern Johnny und Margaret. „Er ist nicht gemein, er ist einfach nur gerecht. ‚Du hast jetzt hier lange Zeit zugebracht‘, wird er sagen, ‚und jetzt ist es an der Zeit, dass jemand anders einzieht‘.
Die Kleinen verstanden natürlich nicht die Bedeutung dieser Worte, aber sie wussten, sie war alt und weise und daher war es wichtig, was sie sagte. Mit sechs oder sieben Jahren ist das Leben nur ein Spiel, und der Vermieter war noch nicht einmal da gewesen, um die Miete für den ersten Monat zu kassieren. Wendy allerdings wusste, dass ihr Umzugsunternehmen schon in der Seitenstraße parkte, aber das machte ihr keine Angst. Sie würde sich nicht wehren, wenn der Tag käme.
Sie saß auf dem Bett, als die Infusion der Chemotherapie in ihre Venen strömte. Heute hatte es nicht weh getan, als die Nadel gelegt wurde. Allerdings war sie mittlerweile auch ziemlich immun gegen diese Schmerzen. Immer und immer wieder wurde ihre Haut von Nadeln durchstochen: während der Therapie, während der Wehen, als sie ihr einziges Kind, Jane, zur Welt brachte und davor... Nein, manche Dinge sollte man lieber vergessen. Und doch – manche Erinnerungen kamen einfach immer wieder empor! Welch unglaubliche Macht sie über sie hatten. Ihre starke Persönlichkeit, ihr unglaublicher Sinn für Humor wurde von jenen traurigen Erinnerungen in die Knie gezwungen, vom Einzigen, das mächtig genug war, das Lächeln aus ihrem Gesicht zu löschen.
Die trüben Erinnerungen an jenes Krankenhaus sickerten langsam wieder durch und füllten ihr Herz mit Dunkelheit. All das Leid, die Tränen, die Jahre, die Medikamente konnten nie auslöschen, was sie nicht vergessen wollte, was sie unbedingt in sich am Leben erhalten wollte - den Namen „Peter".
Wenn Menschen sich einem Problem nicht stellen wollen, dann räumen sie es oft genug einfach aus dem Weg. Wenn es eine schlechte Erinnerung ist, dann verstecken sie sie in einer verlassenen Ecke ihres Kopfes. Wenn es eine Person ist, dann sperren sie ihn oder sie weg. Aus den Augen, aus dem Sinn. Das hatte man mit ihr gemacht, als sie zum letzten Mal aus Nimmerland zurückgekehrt war.
„Während ihrer Entführung hat sie ein schweres Trauma erlitten, und ihre kindliche Psyche hat aus ihrem Entführer einen fliegenden Jungen gemacht, haben die Kinderpsychologen ihren Eltern erklärt. „Und jetzt glaubt sie, dass er jeden Frühling wiederkommt und sie abholt. Das erklärt, warum sie wegläuft. Es handelt sich um eine schwere Form der Schizophrenie, die medikamentös behandelt werden muss, damit sie wieder vollständig in die Gemeinschaft eingegliedert werden kann.
Auf diese Weise konnten sie leugnen, dass sie in Wirklichkeit dort war, genauso wie sie selbst, als sie in ihrem Alter gewesen waren. Stattdessen wollten sie lieber glauben, dass sie entführt worden war und darüber verrückt wurde! Also sperrten sie sie fort und stopften sie für fünf lange Jahre mit Tabletten voll.
Was sie allerdings nicht wussten, war, dass während der Zeit im Krankenhausbett und während all der Therapien der Name nur noch tiefer in ihre Seele eingraviert wurde. Peter, dieser wunderbare Name, dieser wunderbare Junge, der sie zu Orten gebracht hatte, an denen sie nie zuvor gewesen war. Warum kam er nie zurück, um sie zu retten, wenn sie seinen Namen schrie?
„Oma! Oma!", rief Margaret, als sie die Türe aufriss und hineinrannte, dicht gefolgt von ihrer Mutter Jane.
Jane hatte immer Schwierigkeiten damit gehabt, ihre Kinder unter Kontrolle zu bekommen. Sie konnte ihr wildes Temperament einfach nicht bändigen. Wendy erkannte darin viel von sich selbst, besonders bei Margaret, zu der sie eine enge Beziehung hatte.
„Marg, lass deine Großmutter in Ruhe. Siehst du denn nicht, dass sie eine Nadel in ihrem Arm hat?". Das Kind schaffte es auf das Bett zu klettern. Wendy legte ihren freien Arm um Margaret, um sie vor Jane zu beschützen, die in der Zwischenzeit aufgeholt hatte und sie jetzt fortnehmen wollte.
„Nein, Jane, sie stört mich nicht. Man braucht schon etwas mehr als ein kleines Kind, um diese Nadeln zu entfernen. Meine Haut hat sich im Laufe der Jahre so verhärtet, dass man eher einen Presslufthammer bräuchte, um sie herauszubekommen. Lass sie nur." Jane zog sich auf einen Stuhl zurück und tupfte sich den Schweiß ab, als William hereinkam. Er trug John auf dem einen Arm und eine Tüte mit Leckereien im anderen.
„Hallo zusammen. Schau, wer hier ist, Mama. Hier ist Johnny!" Als er seine Großmutter sah, streckte Johnny seine Ärmchen aus, um sie zu umarmen, aber Jane unterbrach ihren Sohn.
„Nein, Johnny. Kannst du nicht sehen, dass deine Oma schon alle Arme voll hat? Du kannst sie später umarmen."
„Lass sie doch, meine Liebe, sie sehen ihre Großmutter nur einmal im Monat." William war der Friedensstifter der Gruppe, immer bereit, seine übermäßig besorgte Frau und seine übermäßig tolerante Schwiegermutter zu beruhigen und zwischen diesen beiden sehr starken Persönlichkeiten, die sich selten gegenüberstanden, die Wogen zu glätten.
„Komm zu Oma, Johnny."
„Oma!" Johnny sprang auf das Bett und kuschelte