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Das letzte Jahr der Zukunft: Wie 1999 die Welt veränderte
Das letzte Jahr der Zukunft: Wie 1999 die Welt veränderte
Das letzte Jahr der Zukunft: Wie 1999 die Welt veränderte
eBook230 Seiten2 Stunden

Das letzte Jahr der Zukunft: Wie 1999 die Welt veränderte

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Über dieses E-Book

Finanzblasen und Schuldenkrisen, Wladimir Putin und Donald Trump, der Aufstieg Chinas und der Niedergang Europas, Castingshows und "Game of Thrones", Smartphones und soziale Netzwerke, Populisten und Selbstdarsteller, Internet-Milliardäre und Ich-AGs, 9/11 und die Endloskriege im Nahen Osten – viele Entwicklungen, die unsere Zeit der Krisen und Konflikte prägen, hatten 1999 ihren Ursprung. Es war eine Zeit, in der die Zukunft zum Greifen nahe und die Hoffnung auf Weltfrieden und Wohlstand für alle nicht naiv, sondern berechtigt schien. "Das letzte Jahr der Zukunft. Wie 1999 die Welt veränderte" schildert, wie der Karneval des Optimismus zu Ende ging und die Weichen für die Rückkehr einer längst überwundenen Vergangenheit gestellt wurden.
SpracheDeutsch
HerausgeberResidenz Verlag
Erscheinungsdatum12. März 2019
ISBN9783701745999
Das letzte Jahr der Zukunft: Wie 1999 die Welt veränderte

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    Buchvorschau

    Das letzte Jahr der Zukunft - Michael Laczynski

    2000«

    Prolog: Erinnerungen an die Zukunft

    Es gibt keine Magie der Zahlen. Doch es gibt eine Magie des Zufalls. Es war dieser magische Zufall, der mich 1999 zuerst in den fernen Osten und anschließend in den ebenso fernen Westen verschlug – nach Tokio und nach New York. Um den Abschied vom 20. Jahrhundert gebührend zu feiern, hätte ich mir keine zwei besseren Orte aussuchen können, auch wenn ich damals in vollem Bewusstsein meines eigenen Tuns gewesen wäre. Was ich, rückblickend betrachtet, nicht vollumfänglich behaupten kann. Ich war jung, brauchte kein Geld und hatte mir vorgenommen, 1999 fern der Wiener Heimat zu verbringen.

    Wobei – so einfach war die Sache mit dem 20. Jahrhundert und seinem Ende dann auch wieder nicht. Wer 1999 miterlebt hat, kann sich mit Sicherheit an die vielen Gespräche erinnern, die um die alles entscheidende Frage kreisten: Gehen mit dem bevorstehenden Jahreswechsel das 20. Jahrhundert und das zweite Jahrtausend zu Ende oder nicht? Wer sich strikt am Rechenschieber orientieren wollte, musste enttäuscht werden, denn aus der rein mathematischen Perspektive betrachtet fand die große Zeitenwende nicht 1999/2000, sondern erst ein Jahr später statt. Doch angesichts der magischen Jahreszahl mit dem dicken Zweier und den drei Nullen wollte sich niemand von irgendwelchen kleinkarierten Erbsenzählern mit ihren korrekten Kalendern die große Party versauen lassen. Das 20. Jahrhundert musste am 31. Dezember 1999 zu Ende gehen und das 21. Jahrhundert am 1. Januar 2000 beginnen, da fuhr die futuristische Magnetschwebebahn drüber.

    Meine frühesten Erinnerungen an 1999 reichen tief in die tiefsten 1970er-Jahre zurück. Damals sah die Zukunft noch anders aus – sie trug Seitenscheitel, Glockenhosen aus graubraunem Spandex, lebte auf dem Mond und hieß John Koenig. Koenig war der Kommandeur der Mondbasis Alpha aus der britisch-italienischen TV-Serie »Space: 1999«, die aufgrund enden wollender Begeisterung seitens des Fernsehpublikums 1977 nach nur zwei Staffeln eingestellt wurde. Es waren vermutlich die schwachen Quoten daheim, die die Produzenten dazu veranlasst hatten, »Space: 1999« hinter dem Eisernen Vorhang zu verramschen. Irgendwann Ende der 1970er-Jahre landete die Mondbasis Alpha in der Volksrepublik Polen – und damit hinter dem Schirm des zentnerschweren, mit braunem Furnier verkleideten Fernsehgeräts vom Typ Rubin 714p, das in unserem Warschauer Wohnzimmer die halbe Möbelwand ausfüllte und dem ich mich nur mit der allergrößten Vorsicht näherte, weil ich die (rückblickend betrachtet etwas irrationale) Angst hatte, es würde eines Tages aus dem Regal kippen und mich erschlagen. Doch für Commander Koenig nahm ich dieses Risiko in Kauf. Ich war begeistert, wollte auch Glockenhosen tragen und ein Raumschiff fliegen, doch bis zum Jahr 1999 waren es noch mehr als zwei Jahrzehnte. Dann kam »Krieg der Sterne«. Grau-brauner Spandex und Seitenscheitel waren out, 1999 war vergessen. Die Zukunft war in Hollywood daheim.

    Katzenjammer in Tokio

    Mein Aufbruch nach Tokio hatte in gewisser Weise auch etwas mit der Zukunft zu tun. Als ich mich Anfang der 1990er-Jahre dazu entschlossen hatte, Japanisch zu lernen, war Japan zur zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt aufgerückt und galt als globales Vorbild in Sachen Fortschritt. An den Wirtschaftsunis wurden japanische Management-Techniken seziert, Sachbuchautoren prophezeiten, dass das 21. Jahrhundert den japanischen Industriekonglomeraten gehören würde, und rieten allen Studienanfängern dazu, tunlichst die Sprache der neuen Nummer eins zu lernen – ein Rat, den ich eifrig befolgte.

    Dummerweise fiel mein Entschluss ziemlich genau mit dem Beginn der großen japanischen Krise zusammen. Der rasante Aufschwung, der Japan an die wirtschaftliche Weltspitze befördert hatte, wurde von einer gigantischen Spekulationsblase begleitet, Aktienkurse und Immobilienpreise stiegen ins Unermessliche, was bei allen Beteiligten die Illusion ökonomischer Unfehlbarkeit und finanzieller Omnipotenz erzeugte. Am aberwitzigen Höhepunkt dieses Booms war das Areal des kaiserlichen Palasts im Zentrum von Tokio genauso viel wert wie ganz Kalifornien. Kaiser Akihito, der den Chrysanthementhron Anfang 1989 bestiegen hatte, hätte sich also eine goldene Nase verdienen können, wenn er bloß geahnt hätte, dass der Höhenflug bald zu Ende sein würde.

    Wie alle Spekulationsblasen musste auch die japanische eines Tages platzen. Wann genau dies passierte, ist nicht überliefert. Fest steht jedenfalls, dass irgendwann Anfang der 1990er-Jahre die Kurse und Preise in Japan zu fallen begannen, dass der Fall nicht mehr aufhörte – und dass die japanische Regierung offensichtlich nicht in der Lage war, irgendetwas gegen den Abschwung zu unternehmen. Die Ehrfurcht der westlichen Beobachter schlug zuerst in Verwunderung, dann in Abschätzigkeit um. »Diese Japaner schaffen es nicht einmal, sich aus der selbst verschuldeten Misere zu befreien. Sie sind zu starrköpfig. So etwas könnte uns nicht passieren«, lautete der Grundtenor jener, die noch wenige Jahre zuvor die japanische Art des Wirtschaftens in den siebenten Himmel gelobt hatten. Die japanische Politik in diesen Jahren ähnelte in der Tat einem monochromen Kaleidoskop, grau melierte ältere Herren in korrekt geknöpften schwarzen Anzügen wechselten sich im Jahrestakt an der Regierungsspitze ab. Die heißen Eisen wurden nicht angefasst, die japanischen Banken blieben auf ihren faulen Krediten sitzen, das reinigende Gewitter blieb aus. Als ich 1998 nach Japan aufbrach, war bereits von einem »verlorenen Jahrzehnt« die Rede.

    Das Resultat meiner mehrjährigen – und bis dahin weitgehend erfolglosen – Bemühungen, die vermutlich komplexeste Sprache der Welt zu erlernen, war ein Stipendium an der angesehenen Universität Keio, der Kaderschmiede der Japan-AG. Als ich im September 1998 in Tokio ankam, war Japan am vorläufigen Tiefpunkt angelangt. Die Wirtschaft schrumpfte, die Preise fielen. Und die Entscheidungsträger, die mit ihrer Fehlentscheidung, die Mehrwertsteuer anzuheben, um das Budget zu sanieren, die Rezession ausgelöst hatten, wussten weder ein noch aus. Doch anders als ich mir das vorgestellt hatte, war in der Agglomeration, zu der Tokio, Yokohama, Chiba und Kawasaki verschmolzen waren, von der Krise weit und breit keine Spur zu sehen. Bekannte versicherten mir zwar, dass die Zahl der Obdachlosen, die nachts vor dem Bahnhof Shibuya, einem der vielen Zentren der Megacity, ihre Zelte aufschlugen, zuletzt spürbar gestiegen war. Doch ich konnte mir davon selbst kein Bild machen, denn die Tokioter Clochards waren so zuvorkommend, dass sie ihre provisorischen Schlafstätten aus Karton und Plastikplanen frühmorgens abbauten, um die Pendler auf ihrem Weg in die Arbeit nicht zu behindern.

    Der Himmel über Shibuya leuchtete neonfarben. Durch das Gassenwerk, das das Viertel mit den benachbarten Distrikten Harajuku und Daikanyama verband, schoben sich Konsumenten auf der Suche nach dem letzten Mode-Schrei. Die auf modeaffine Teenager ausgerichtete Kaufhauskette Parco, die allein in Shibuya und Umgebung mehrere Dependancen hatte, platzte aus allen Nähten. Überall gab es alles zu kaufen, und jeder schien über genügend Geld zu verfügen, um sich dieses Alles auch tatsächlich leisten zu können. Fühlt sich so eine Rezession an?, fragte ich mich, während ich mit der Metro-Ringlinie Yamanote zum Campus in Tamachi fuhr, um tagein, tagaus an kanji, den japanischen Schriftzeichen, zu verzweifeln.

    Nein, mit einer Wirtschaftskrise im herkömmlichen Sinn hatte die Lage in Japan nichts zu tun. Dafür waren das Land und seine Einwohner zu wohlhabend, die Lebensqualität zu hoch. Was fehlte, war die Vorstellung, dass die Zukunft anders sein könnte als die Gegenwart. Die Japaner hatten es sich in der Stagnation gemütlich gemacht. Doch das merkte ich erst, als mein Studienaufenthalt in Tokio im Sommer 1999 zu Ende ging und ich mich entschloss, nicht gleich nach Wien zurückzukehren, sondern einen Abstecher nach New York zu unternehmen.

    New York, New York

    Die Gelegenheit dazu bot sich dank eines entfernten Verwandten von Winston Churchill, den ich einige Jahre zuvor im Rahmen eines Ferialpraktikums kennengelernt hatte. Der besagte Herr war ein geschäftstüchtiger Exzentriker aus bestem britischen Hause namens Mark, der statt Manschettenknöpfen gerne Büroklammern verwendete, in Downtown Manhattan ums Eck vom noblen Gramercy Park in einem winzigen Häuschen wohnte, das als Kombination aus Schlafstätte, Gästehaus, Büro und Firmenstammsitz fungierte, und der in der Zwischenzeit von Investmentberater in Osteuropa auf Wirtschaftspionier im Internet umgesattelt hatte. Falls ich gerade Zeit und Lust hätte, könne ich ihm bei einem aufregenden Projekt behilflich sein, sagte er mir am Telefon. Das World Wide Web sei ja das nächste große Ding, und ein befreundeter Hausmeister im Haus nebenan habe gerade ein Zimmer frei, das er mir vermieten könne. Ich packte meine Siebensachen und stieg ins Flugzeug.

    Der Hausmeister entpuppte sich als ein frisch eingewanderter Rumäne namens Viorel, der im Rekordtempo zum glühenden US-Patrioten mutiert war, aber nichtsdestotrotz an seinen südosteuropäischen Wurzeln hing. Zu Thanksgiving gab es neben Truthahn auch Krautwickel, und Viorels Ehefrau Raluca machte den besten Melanzanisalat, den ich je gegessen hatte. Beide strotzten nur so vor Optimismus und waren stolz auf ihre neue Heimat. Ich verstand mich sehr gut mit ihnen und nahm rasch einige Kilo zu.

    Mark, mein britischer Bekannter, war ebenfalls stolz, der Chef eines sogenannten »Inkubators« zu sein. In seiner Funktion als Geburtshelfer nahm er neu gegründete Internet-Unternehmen unter seine Fittiche und griff ihnen bei den ersten Schritten im World Wide Web unter die Arme. So weit jedenfalls die unternehmerische Theorie, denn als ich in Manhattan ankam, hatte er gerade seinen ersten Auftrag an Land gezogen. Die Kundschaft war ein kleiner Trupp britischer Finanzjournalisten, die bei der »Financial Times« die Börsentipps geschrieben hatten und sich mit ihrer Expertise unabhängig machen wollten. Konkret ging es darum, das Gleiche zu tun wie vorher, allerdings auf eigene Faust, im Internet und für zahlende Abonnenten. Ihr Unternehmen hieß »Breaking Views« und hatte seinen Sitz in London. Mark, seine Mitarbeiter und ich waren in New York damit beschäftigt, den ersten Online-Auftritt unserer ersten Kunden zu planen. Und die Programmierer, die unsere Pläne in Bits und Bytes umsetzen sollten, saßen in Sankt Petersburg.

    Dieses – formulieren wir es diplomatisch – unorthodoxe Arrangement führte geradewegs in eine Sackgasse. Die Zeitverschiebung zwischen London, New York und Sankt Petersburg machte eine kohärente Kommunikation de facto unmöglich. Als ich Ende 1999 meine Koffer packte, um nach Europa zurückzukehren, war das Projekt noch immer nicht vom Fleck gekommen. Was aber zu meinem Erstaunen niemandem etwas auszumachen schien. In der seltsamen Welt der New Economy, in die ich für eine kurze Zeit eingetaucht war, schien Geld keine Rolle zu spielen. Was zählte, waren Clicks und Page Impressions. Wer bei der ersten Finanzierungsrunde nur einen einstelligen Millionenbetrag ergattern konnte, galt als arm und wurde ebenso belächelt wie die Techno-Prediger vom MIT Media Lab, die man am fanatischen Glitzern in den Augen erkennen konnte und die bei Branchentreffen mit wilden Ideen von Datenbrillen und computerisierten Kleidungsstücken hausieren gingen. Alle anderen dachten lieber daran, wie sie Dotcom-Firmen an die Börse bringen und ihre Anteile für teures Geld an Investoren verscherbeln konnten.

    Wenige Wochen nach meiner Abreise war die große Dotcom-Party zu Ende. Wie sich nachträglich herausstellte, waren nicht nur japanische Häuser, sondern war auch die New Economy auf Sand gebaut. Die Blase platzte im März 2000, als die Geldgeber an den Verheißungen des Internets zu zweifeln begannen. Zum ersten Mal seit Jahren zeigte die Fieberkurve der Wall Street nach unten. Unternehmen, die noch wenige Monate zuvor als der heißeste Scheiß seit der Erfindung von Nutella gehandelt wurden, gingen der Reihe nach pleite.

    Zu diesem Zeitpunkt war ich wieder in Wien und versuchte mehr schlecht als recht, mein Studium und die Arbeit als angehender Journalist unter einen Hut zu bringen. Die weiteren Entwicklungen in New York beobachtete ich aus weiter Ferne. Trotz widriger Umstände ging »Breaking Views« doch noch an den Start und konnte durch eine Kooperation mit der Nachrichtenagentur Reuters seine Existenz sichern. Und Mark? Er sattelte wieder um. Als ich das nächste Mal von ihm hörte, war er nach London zurückgekehrt und dort intensiv damit beschäftigt, sich ein kleines Scheibchen vom Aufschwung Chinas abzuschneiden. Life goes on.

    Der Weltuntergang findet nicht statt

    Vom britischen Schriftsteller L. P. Hartley stammt die Feststellung, die Vergangenheit sei ein fremdes Land, in dem andere Regeln gälten. Rein optisch betrachtet ist das Jahr 1999 nicht vergangen, sondern nach wie vor präsent. Die damaligen Autos, die Architektur, die Flugzeuge am Himmel, die Werbesujets, die Musik, die Mode – sie ähneln jenen der Gegenwart oder sind sogar ident. Einzig die ubiquitären Smartphones, auf die die heutigen Passanten wie gebannt starren, sowie die weißen Stöpsel in ihren Ohren trennen das Heute vom Gestern.

    Doch Aussehen ist nicht alles. Der große Unterschied zwischen der Vergangenheit und der Gegenwart ist das Lebensgefühl. Anders als heute konnte man vor der Jahrtausendwende zuversichtlich sein, ohne deswegen gleich ein schlechtes Gewissen haben zu müssen. Der damalige Optimismus wirkt zwanzig Jahre später geradezu exotisch. Wer heute an die Zukunft denkt, dem fallen Zombies, Klimaflüchtlinge, denkende Maschinen ein – aber keine hoffnungsfrohen Bürger.

    Der magische Zufall hatte 1999 alle Hände voll zu tun. Finanzblasen und Schuldenkrisen, Wladimir Putin und Donald Trump, der Aufstieg Chinas und der Niedergang Europas, Castingshows und packende Fernsehserien, Smartphones und soziale Netzwerke, Internet-Milliardäre und Ich-AGs, 9/11 und die Endloskriege im Nahen Osten – viele Entwicklungen, die unser Zeitalter der Krisen und Konflikte prägen, nahmen in diesem Jahr ihren Ursprung.

    Doch bevor wir uns auf die Spur dieser Entwicklungen begeben können, müssen wir zunächst einmal die Frage beantworten, warum die Welt am 1. Januar 2000 entgegen anderslautenden Befürchtungen doch nicht untergegangen ist.

    Jede Kultur hat ihre spezifische Vorstellung vom Ende der Tage. Im antiken Mesopotamien gedachte man der großen Flut, die die Vorfahren der Menschheit von der Erdoberfläche gespült hatte. Die Wikinger glaubten daran, dass ein gigantisches, aus den Nägeln der Toten gezimmertes Schiff namens Naglfar aus dem Jenseits kommen würde, um Ragnarök, den Endkampf der Götter gegen die Riesen, einzuläuten. Vor der ersten Jahrtausendwende nach Christi Geburt machten sich gottesfürchtige Europäer für die bevorstehende Ankunft des Antichristen in Jerusalem bereit, der tausend Jahre nach der Menschwerdung des Erlösers Vater, Sohn und Heiligen Geist herausfordern und die Heerscharen von Gog und Magog in die finale Schlacht gegen die Legionen des Himmels führen sollte. Doch das Millennium ging bekanntlich relativ ereignislos zu Ende, die Welt drehte sich weiter, und die enttäuschten Gläubigen, die auf die Erlösung vom materiellen Elend gehofft hatten, mussten nolens volens weiter ihren irdischen Geschäften nachgehen.

    Tausend Jahre später fürchtete sich niemand mehr vor Satan, Gog und Magog. Stattdessen gab es den Millennium Bug. Y2K,

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