Sie könnte seine Tochter sein: Der Arzt vom Tegernsee 12 – Arztroman
Von Laura Martens
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Über dieses E-Book
Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen.
Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird.
Immer häufiger mußte Nadine Sutterer stehenbleiben. Ihre Füße schmerzten, was kein Wunder war, denn es war heute ihr erster Arbeitstag. Energisch blies sie sich eine blonde Locke aus der Stirn, dann hastete sie auf den hintersten Tisch zu, von wo bereits wieder nach der Bedienung gerufen wurde. Nadine zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht, holte den Block hervor und fragte freundlich: »Darf es noch etwas sein?« Sie notierte das Bestellte und ging weiter zum Nebentisch. Seit Stunden ging dies schon so. Es gab keine Pause, kaum erhoben sich Gäste von einem Tisch, so trafen schon wieder neue ein. Nun, sie war selbst schuld. Ihre Mutter hatte sie gewarnt, doch sie wollte endlich ihr eigenes Geld verdienen, und dies nicht im Geschäft ihrer Mutter. »Wenn du willst, kannst du jetzt eine Pause machen.« Nadine sah von ihrem Block auf. Eine Kollegin, die sie am Morgen kurz kennengelernt hatte, stand vor ihr. »Der Chef hat gesagt, daß ich dich ablösen soll. Hast du überhaupt schon etwas gegessen?« Nadine schüttelte den Kopf. Daran hatte sie nicht gedacht. Zu sehr war sie in den letzten Stunden nur hin und her geeilt. Sie sah auf ihre Uhr. Um zehn Uhr hatte sie die ersten Gäste auf der Terrasse bedient, und nun war es schon vier Uhr. »Ich habe zwischendurch nur mal einen Kaffee getrunken«
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Sie könnte seine Tochter sein - Laura Martens
Der Arzt vom Tegernsee
– 12–
Sie könnte seine Tochter sein
Laura Martens
Immer häufiger mußte Nadine Sutterer stehenbleiben. Ihre Füße schmerzten, was kein Wunder war, denn es war heute ihr erster Arbeitstag. Energisch blies sie sich eine blonde Locke aus der Stirn, dann hastete sie auf den hintersten Tisch zu, von wo bereits wieder nach der Bedienung gerufen wurde.
Nadine zauberte ein Lächeln auf ihr Gesicht, holte den Block hervor und fragte freundlich: »Darf es noch etwas sein?«
Sie notierte das Bestellte und ging weiter zum Nebentisch. Seit Stunden ging dies schon so. Es gab keine Pause, kaum erhoben sich Gäste von einem Tisch, so trafen schon wieder neue ein. Nun, sie war selbst schuld. Ihre Mutter hatte sie gewarnt, doch sie wollte endlich ihr eigenes Geld verdienen, und dies nicht im Geschäft ihrer Mutter.
»Wenn du willst, kannst du jetzt eine Pause machen.«
Nadine sah von ihrem Block auf. Eine Kollegin, die sie am Morgen kurz kennengelernt hatte, stand vor ihr.
»Der Chef hat gesagt, daß ich dich ablösen soll. Hast du überhaupt schon etwas gegessen?«
Nadine schüttelte den Kopf. Daran hatte sie nicht gedacht. Zu sehr war sie in den letzten Stunden nur hin und her geeilt. Sie sah auf ihre Uhr. Um zehn Uhr hatte sie die ersten Gäste auf der Terrasse bedient, und nun war es schon vier Uhr.
»Ich habe zwischendurch nur mal einen Kaffee getrunken«, gestand sie.
»Dann gib schon her!« Die Kollegin griff nach dem Block. »Melde dich in der Küche, dort hat man sicher etwas zu essen für dich.«
»Danke.« Nadine spürte erst jetzt, daß sie Hunger hatte. Sie wollte davonstürmen, besann sich aber noch rechtzeitig. »Wann soll ich wiederkommen? Ich soll doch auch beim Abendessen helfen.«
»Um neunzehn Uhr! Inzwischen ruhst du dich aus. Bei dem schönen Wetter werden die meisten Gäste auf der Terrasse essen wollen.«
»Kein Problem! Bis dahin bin ich wieder fit.« Die Neunzehnjährige lächelte. Sie hatte nicht die Absicht, bereits am ersten Tag schlappzumachen.
»Hallo! Kann ich etwas für Sie tun?« So freundlich wurde Nadine in der Küche des Seehotels von einem jungen Mann empfangen.
»Ich hoffe es!« Nadine musterte nun ihrerseits den jungen Mann, der eine weiße Schürze umgebunden hatte und offensichtlich hier tätig war. »Ich habe Hunger! Es wäre nett, wenn Sie mir irgend etwas Eßbares anbieten könnten.«
»Ich denke, da haben wir eine große Auswahl. Die Töpfe stehen noch auf dem Herd.« Der junge Mann deutete in das Innere der Küche. »Wünsche werden entgegengenommen und auch sofort erfüllt.«
Nadine strich sich das Haar zurück. »Ich weiß nicht, ob ich noch fähig bin, so eine schwere Entscheidung zu treffen.« Ihre Augen blitzten übermütig, der junge Mann gefiel ihr. Sie schnupperte. »Wenn alles auch so köstlich schmeckt, wie es hier riecht…«
»Das will ich doch hoffen! Die Küche des Seehotels ist exquisit.« Er näherte sich ihr und streckte ihr die Hand hin. »Du bist die Neue, ich habe dich heute morgen schon gesehen. Ich arbeite bereits seit vierzehn Tagen hier und das nicht zum ersten Mal. Ich bin der Valentin! Hast du etwas dagegen, wenn wir uns duzen?«
»Nein! Ich heiße Nadine!« Sie nahm seine Hand. »Und hinter mir liegen die ersten Stunden meiner Ferienjob-Tätigkeit.«
»Mir ist klar, du brauchst eine Stärkung.« Er grinste lausbubenhaft und verneigte sich. »Ganz zu deinen Diensten! Es trifft sich ausgezeichnet, daß ich auch grade Pause habe, so kann ich dir Gesellschaft leisten. Wenn du dich in den kleinen Raum neben dem Speisesaal setzt, dann serviere ich dir im Handumdrehen ein köstliches Menü.«
»Einverstanden!« Nadine fand, daß es nicht schaden könnte, wenn sie sich jetzt auch ein wenig verwöhnen ließ. Vorsichtshalber meinte sie jedoch noch: »Laß mich aber bitte nicht zu lange warten. Mir knurrt nämlich wirklich schon der Magen.«
»Ich eile!« Valentin dienerte erneut, dann sah Nadine nur noch seinen Rücken.
Was für ein Clown, dachte Nadine, aber ein netter. Sie suchte den kleinen Raum, der als Aufenthaltsraum für die Angestellten diente, und ließ sich dort auf den nächstbesten Stuhl fallen. Sie hatte gerade erst ihre Schuhe abgestreift, als Valentin auch schon mit einem Tablett erschien. Im Nu stand vor Nadine ein Teller mit einer köstlichen Vorspeise.
»Ich wünsche einen guten Appetit!« Valentin machte eine übertriebene einladende Geste. »Ich hoffe, es schmeckt dir!«
»Herrlich!« Nadine hatte bereits den ersten Bissen in den Mund geschoben. »Hast du das zubereitet? Ich meine, bist du Koch?«
»Sagen wir, ich habe bei der Zubereitung geholfen. Ich bin in diesem Haus sozusagen das Mädchen für alles.«
»Wie meinst du das?« Nadine ließ die Gabel sinken und sah ihn fragend an.
»Ich arbeite hier oder helfe aus, sooft mir das möglich ist. Auf diese Weise versuche ich, mir mein Studium zu finanzieren.« Valentin zuckte die Achseln, er sprach nicht gerne darüber. Was Nadine nach seinem forschen Auftreten nicht ahnen konnte, war, daß er im Grunde eigentlich eher schüchtern war. Dieses Mädchen hatte ihm heute morgen schon sehr gut gefallen, und nun war sie wie ein Engel plötzlich in der Küche aufgetaucht.
»Genau das habe ich auch vor.« Nadine lächelte ihn an. »Ich fange zwar erst im Herbst mit meinem Studium an, aber ich möchte nicht, daß Mama ständig alles für mich bezahlen muß.«
Was sollte er dazu sagen? Sein Vater hatte nicht gewollt, daß er Medizin studierte. Er sollte denselben Beruf erlernen wie er. Seinem Vater gehörte eine Tischlerei in Rottach-Egern, und er brachte seinem Berufswunsch noch immer kein Verständnis entgegen.
Nun sah er jedoch, mit welcher Begeisterung Nadine aß, und schob den Gedanken an seinen Vater rasch zur Seite. »Ich habe dir auch eine Erdbeerbowle mitgebracht. Sie schmeckt köstlich. Sie ist mein Geheimrezept.«
»Ich kann doch jetzt keinen Alkohol trinken«, gab Nadine zu bedenken. »Um neunzehn Uhr muß ich wieder zum Dienst erscheinen.«
»Da hast du ja noch drei Stunden Zeit«, freute sich Valentin. Er wurde rot. »Ich meine, ich könnte dir dann alles Interessante hier zeigen.«
»Ich weiß nicht, ob ich viel Lust auf eine Entdeckungstour habe.« Der Teller war leer, sie schob ihn von sich. Gleichzeitig hob sie ihre Beine etwas an.
»Dir tun die Füße weh«, meinte Valentin sachkundig. »Es dauert einige Tage, dann bist du das lange Stehen gewöhnt. Ich spiele auch oft den Kellner.«
»Ob das meine Füße wohl in einigen Tagen auch wissen?« Nadine streckte sich etwas. Es waren nicht nur die Beine, die schmerzten.
»Oh, entschuldige, du bist ja schon fertig. Den Salat habe ich bereits mitgebracht.« Er nahm die Schüssel vom Tablett und stellte sie vor Nadine hin. »Und was die Bowle betrifft, du kannst davon trinken, soviel du willst, sie steigt dir sicher nicht in den Kopf. Sie enthält nämlich keinen Alkohol.«
Nadine griff nach dem Glas, wollte sich bedanken, doch da war er schon wieder hinausgeeilt. Kurz darauf kam er mit dem Hauptgericht und dem Dessert zurück.
Nadine verdrehte die Augen, als sie die Delikatessen sah, und griff sofort zu Messer und Gabel. Sie aß mit großem Appetit. Zwischen den Bissen sah sie rasch zu ihm hin. »Entschuldige, aber ich habe erst jetzt bemerkt, wie hungrig ich