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Die Wiege der Ethik
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eBook307 Seiten3 Stunden

Die Wiege der Ethik

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Über dieses E-Book

Die Zeitrechnung nach Christus bestand schon lange nicht mehr, genauso wenig, wie Ansätze von Grundethik und Moral. Lediglich der Zwang, sich auszubreiten und mehr Planeten als den eigenen unbewohnbar zu machen, trieb die Menschheit voran.
Warum sie kein kollektives Verständnis für die Zusammenhänge im Universum entwickelten? Keiner weiß es. Doch sicher fällt es dem Individuum leichter, auf die Stimmen zu hören, die ihm den einfachen Weg vorgaukeln. Den Weg über Leichen.

Als einer von Wenigen, die "das vegane Erbe" wiederentdeckten, steuert Woody Pasco gegen den moralischen Verfall an und gerät dabei zwischen die Fronten...

Science Fiction, geschrieben und illustriert von Schlunz.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum12. Dez. 2018
ISBN9783748170709
Die Wiege der Ethik
Autor

Schlunz

Schlunz schreibt nicht nur Geschichten, er ist auch für die Illustrationen und das Layout dieses Buchs verantwortlich. In Westberlin geboren und chaotisch aufgewachsen, brachte er sich selbst das Zeichnen und Malen bei. Seine grafische Laufbahn umfasst Merchandising für bekannte Bands wie >Die Ärzte< und eine langjährige Tätigkeit in PC-Spiele-Schmieden. Da er seit 2002 vegan lebt und sich für Tierrechte einsetzt, entstanden diverse vegane Kinderbücher sowie satirische Texte und Grafiken.

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    Buchvorschau

    Die Wiege der Ethik - Schlunz

    dich!"

    Kapitel 1.

    Dumme Fragen

    Familie Pasco saß am Mittagstisch und speiste. Längst ausgestorbene Alpenvögel zwitscherten und das Wand- und Bodenhologramm zeigte eine täuschend echte Gebirgslandschaft.

    „Ihr seid echt langweilig!, sagte Mr. Pasco. „Ich schalte jetzt mal auf Dritter Weltkrieg um. Das knallt wenigstens!

    Ein Atompilz nach dem anderen erschien am Horizont und schreiende Frauen und Kinder rannten durch den Tisch. Dann kam die Druckwelle und, obwohl es nur eine Simulation war, begann der Tisch zu vibrieren. Mrs. Pasco hielt ihr Glas fest und verzog angewidert das Gesicht, während ihr Mann laut jubelte.

    „Faszinierend! Diese Kraft! Genial!"

    Der kleine Woody kannte die Szenerie, sie interessierte ihn nicht. Während virtueller, radioaktiver Ascheregen nieder rieselte, schaute er nur in die Augen des Flugotters. Es lag etwas Vertrautes in ihnen. Etwas, das er auch bei seinem Wasaboon mochte. Doch es fehlte ihnen der Glanz.

    „Hör auf zu glotzen und iss dein Fleisch!" Sein Vater sah ihn kurz streng an und dann wandte er sich wieder seinem Essen zu. Mrs. Pasco schaltete das Raumhologramm zurück auf Gebirgslandschaft.

    „Dad, warum töten Menschen Tiere?"

    „Menschen töten keine Tiere! Das machen Roboter!"

    „Und warum schneidet Mom nicht den Kopf vom Flugotter ab? Die Mom von Andy schneidet ihn..."

    „Weil das ein altes Rezept deiner Großmutter ist und die hat Flugotter immer so zubereitet!"

    Woody schaute auf seinen Teller. „Dad, wenn Menschen andere Menschen wie Vieh behandeln, ist das dann okay?"

    „Natürlich nicht! Blöde Frage!"

    „Und wenn Menschen Vieh behandeln, wie man Vieh behandelt, dann ist das okay?"

    „Ja sicher! Darum ist es ja schließlich Vieh! Schatz, dein Sohn ist mal wieder besonders geistreich! Von mir hat er das nicht!"

    „Lass ihn doch fragen! Er ist in der Entwicklung! Möchte noch jemand Heuschreckenpastete?"

    Marie hatte sich mal wieder besondere Mühe gegeben, die Heuschreckenpastete glänzte in frischem hellgelb und dem Flugotter hatte sie ein Sonntagslächeln modelliert.

    „Nein danke!", sagte Woody und nahm sich nur ein paar Klotten.

    Seine Mutter schaute ihn besorgt an. „Wenn du immer nur Klotten isst, wirst du noch krank!"

    „Das ist ja kein Wunder, wenn Marie nur Klotten zum Fleisch kocht. Die Mutter von Andy kauft auch Pusamifrüchte, Goldwurz und..."

    Noch bevor Woody ausreden konnte, knallte sein Dad die Gabel auf den Tisch und stand auf. Er war knallrot und schien gleich zu platzen. „Andy, Andy, immer nur Andy! Zieh doch zu deinem tollen Freund, aber verderbe mir nicht immer das Essen! Deine Mutter hat sich solche Mühe gegeben, Marie zu programmieren!"

    Bei dem Stichwort entwich Mrs. Pasco ein Schluchzen. Auch sie hatte den Appetit verloren und bevor sie ebenfalls den Raum verließ, warf sie Woody noch vor, mal wieder nicht an Dads Magengeschwür gedacht zu haben. „Da ist doch jede Aufregung schädlich!"

    Woody verstand nicht, warum sie sich so aufregten. Schließlich hatte nicht Mom, sondern Marie, der Haushaltsroboter das Essen zubereitet. Man musste nur die Nummer des Rezeptes und die Zeit des Servierens eingeben. Marie war immer online. Sie bestellte die Zutaten, nahm sie in Empfang, bereitete sie zu und servierte sie. Alles, was Mrs. Pasco tun musste, war zu verhindern, dass Marie den Kopf des Flugotters entfernte.

    Woodys Vater saß im Sessel und schaltete durch die Fernsehsender, seine Mutter stand mit Marie in der Küche und schluchzte. Woody starrte in die toten Augen des Flugotters und kaute auf einer Klotte. Der Präsident der atlantischen Inseln redete im Fernsehen über die neue Weltordnung und die eurasische Bedrohung. Ein ganz normaler Nachmittag.

    Klotten sind Früchte. Wenn Menschen Klotten wie Klotten behandeln, ist das okay! Aber, wenn Menschen Vieh wie Vieh behandeln...

    Den Gedanken durfte er eigentlich gar nicht zu ende denken, sein Dad war stolz auf seinen Job und schließlich lebten ja auch Woody und seine Mom davon.

    Woodys Dad arbeitete in der Flugotterfabrik. Er war dafür zuständig, den Flugottern die Flügel zu stutzen. Nicht, um zu verhindern, dass sie fort fliegen, sondern damit sie in ihre Käfige passen. Ein Job, der nicht von Robotern durchgeführt werden konnte. Dass die Otter das Stutzen der Flügel spüren, sei nicht erwiesen und wenn Woody alt genug sei, und sein Dad im Vorstand der Flugotterfabrik, werde er ihn auch mal mit zur Arbeit nehmen, hatte er ihm gesagt

    „Warum soll ich warten, bis ich alt genug bin? Wofür alt genug?" Immerhin durfte er mal einen Flugotter streicheln, aber als er ihn mit nach Hause nehmen wollte, hat man ihn ausgelacht. Ein paar Tage später hat man ihm dann Pupsi, seinen treuen Wasaboon geschenkt. Der bekam oft die verstümmelten Flügel der Flugotter zum Kauen.

    „Ob es Menschen gibt, die Wasaboons essen? Und wie haben die Menschen wohl damals gelebt, als es noch Schweine und Rinder gab?"

    Woody hatte viele Fragen. Andy durfte ins Internet und Woody nahm sich vor, dort in den nächsten Tagen nach Antworten zu suchen.

    *

    In einem dunklen, dreckigen Hinterhof, im Ghetto von New Haven, saß ein kleiner, flauschiger Wasaboon zwischen Müllcontainern und Bauschutt in der Falle. Sein Schwanz war angesengt und jetzt würden sie ihm den Rest geben. Einfach so, weil sie es konnten. Die Jungs hoben lachend ihre Spraydosen und hielten Feuerzeuge davor. Der Wasaboon zitterte und sein Jammern ließ die Jungs noch lauter lachen. Dann krachte es.

    Es krachte noch mal und zwei der Jungs lagen reglos am Boden. Der Dritte schaute ungläubig auf den groß gewachsenen Manuel, der mit einem Stahlrohr in der Hand vor ihm stand. Spraydose und Feuerzeug fielen zu Boden und dann rannte der Junge um sein Leben.

    *

    Die Schule war vorüber und Woody ging mit zu Andy. Der hatte immer die neuesten Spielsachen und echt coole Eltern. Er wollte Woody sein neues Porzosaurusmodell zeigen, das echte Feuerbälle schleudern konnte, doch Woody setzte sich erst mal an Andys Computer. Er öffnete eine Suchmaschine und gab Flugotter ein. Er erfuhr, dass Flugotter einst von den Menschen eingeführt wurden, die von New Earth zurückkehrten.

    New Earth war der Evakuierungsplanet der Menschheit, nach dem großen Knall. Man hielt über viele Jahre ein Evakuierungsschiff im Orbit der Erde, mit einer konstanten Zahl an Menschen mit verschiedensten ethnischen und beruflichen Eigenschaften.

    Die Hope enthielt unter Anderem einen Arche Noah-Trakt, der wie ein Zoo möglichst viele nichtmenschliche Spezies beherbergte. Allerdings befanden sich diese Tiere in permanenter Stasis. Es waren auch nicht mehr wirklich viele, denn nachdem der vierte Schweinegrippevirus mutierte und auf alle warmblütigen Arten überging, versuchte man alles, was nicht Reptil oder Insekt war, auszurotten. Solange man keinen Impfstoff gefunden hatte, der sich in kürzester Zeit anpassen konnte, schien das die einzige Option zu sein. Die Evolution hatte diesen Viren zu einer Art Kreativität verholfen, sofern sie nicht aus dem Labor der Verschworenen kamen.

    Parallel zum Impfstoff kam der große Knall und die Mannschaft der Hope startete im Orbit. Nach dem großen Knall gab es dann bis auf Ratten, mutierte Tiefseefische und einige Insekten keine Tiere mehr auf der Erde.

    Die Reise zu „New Earth", dem Jahre zuvor erkundeten Evakuierungsplaneten der Menschheit, hatte ihre Tücken. Die Stasiskammern für die Menschen funktionierten nicht. Die gesamte Besatzung der Hope war wach und hungrig. So wurde aus dem Arche Noah-Trakt die Vorratskammer. Zuerst aßen sie das Nutzvieh, dann Gazellen und Dickhäuter... Als das Schiff New Earth erreichte, waren sie schon seit Wochen beim Kannibalismus angelangt.

    Doch der Planet war fruchtbar und es gab viele verschiedene Spezies. Flugotter und andere Tiere wurden domestiziert, Pflanzen erkundet und das Klonprogramm wurde gestartet. Durch das Gen-Archiv im Klonprogramm hatte sich die Menschheit nach kurzen drei Generationen wieder in den Milliardenbereich gezüchtet und New Earth wurde von den ethnischen Gruppen aufgeteilt. Eingeführte Pflanzen, Monokulturen und Emissionen führten zu ersten Naturkatastrophen. Alles lief auf Hochtouren. Dann kam die DNA-Elite an die Macht. Das auf New Earth entwickelte genetische „Supermaterial" sorgte für überlegene, hyperintelligente Supermänner und Superfrauen, die die weniger elitären Klone und normal Geborenen bald unterjochten.

    Schließlich wurden die Superklone durch einen Putsch entmachtet und ihre Produktion wurde eingestellt, doch Streit um Rechte, Ressourcen und den wahren Glauben brachten nach weiteren vier Generationen den ersten und letzten Krieg auf New Earth. Wieder wurde die Hope zur letzten Hoffnung der Menschheit, und so brach eine kleine Gruppe von normal geborenen und geklonten Menschen zur alten Erde auf, mit Flugottern, anderen Spezies und dem Klonprogramm.

    Sie fanden einen Planeten vor, dessen Oberfläche ein einziger Ozean war. Kein Eis, kein Schnee und ein Großteil der Landmasse war schlicht pulverisiert. Die alte Geografie bestand nicht mehr. Städte, die sich einst im Inland befanden, waren nun Hafenstädte. Es gab eigentlich nur noch viele große und kleine Inseln. Dennoch vereinnahmten ethnische Gruppen die Reste dessen, was einst die Kontinente ihrer Ahnen waren. Sie fanden in den alten Städten lückenhafte Informationen über die Geschichte und die Kulturen der Menschheit und sie suchten darin ihre Identität. Nach drei Generationen traten wieder erste Spannungen auf. Dennoch arbeitete man erst mal zusammen und startete ein neues Projekt zur Reinigung und Neubesiedelung von New Earth. Irgendwann entwickelte dann eine alte Frau in ihrem Privatlabor die Dekontaminierung durch Antimaterie und die Wiederbesiedelung von New Earth konnte, früher als erwartet, beginnen. Die Hope-2 brach auf und erreichte ihr Ziel. Dann brach der Kontakt ab. Alle weiteren Schiffe, die zu New Earth aufbrachen, kamen nie wieder zurück. Man gab die Versuche auf und New Earth geriet in Vergessenheit.

    Das war alles lang her und die Texte brachten Woody keine Antworten auf seine Fragen. Er gab in die Suchmaschine das Wort „Flugotterfabrik ein. Es waren viele Seiten der Flugotterindustrie dabei. Man sah glatte Hallen von außen, verschwommene Bilder von Käfigen und Männer in weißen Kitteln, die freundlich in die Kamera grinsten. Sie hatten rosa Wangen und waren dick. Auch hier fand Woody keine Informationen. Nur Sätze wie: „Unser Flugotterfleisch wird ständig geprüft und es hält allen Qualitätskontrollen stand. Qualitätskontrollen... Leitet sich das vom Wort Qual ab? Prüft jemand, dass die Flugotter keine Qualen erleiden? Jetzt fiel Woody ein, wie er an Informationen kommen würde. Er gab in die Suchmaschine Otterflügel stutzen ein.

    Was sich ihm jetzt offenbarte, ließ ihn in Andys Bürostuhl zurück sacken... Er sah Bilder, auf denen jeweils ein Mann einen jungen Flugotter festhielt, während ein anderer mit einer großen Zange wie die, die man für Äste im Garten benutzt, die Flügel abschnitt. Die Männer wirkten routiniert und das Tier schien zu schreien. Im Hintergrund sah man enge Käfige, in denen mehrere Flugotter saßen. Flugotter brauchten doch viel Platz.

    Sie brauchen Luft zum Fliegen und Wasser zum Tauchen!

    Und womit fütterte man sie? Mit Klotten und Ottermehl.

    Das konnte nicht richtig sein. Flugotter brauchten Pusamifrüchte. Sie hatten sich auf diese eiweißhaltige Frucht spezialisiert. Woody fand eine Seite, die sich für die Rechte der Flugotter einsetzte. Rechte? Davon hatte ihm sein Dad nie etwas erzählt. Er öffnete die Seite und fand noch schlimmere Bilder als auf den anderen Seiten. Roboter betäubten die Tiere, schnitten sie auf und ließen sie ausbluten. Woody las Den Satz: „Man muss davon ausgehen, dass bei jedem dritten Tier die Betäubung nicht anschlägt."

    Andy stand hinter ihm. „Was guckst du denn da? Er rannte schreiend aus dem Zimmer. „Mami! Woody hat böse Horrorseiten im Internet geöffnet!

    Andys Mom kam erschrocken herein, doch als sie einen Blick auf den Holo-Monitor geworfen hatte, beruhigte sie ihren Sohn.

    „Ach Süßer, das sind nur Bilder aus der Flugotterhaltung! Du magst doch Flugotter, oder?"

    Andy war verwirrt. Er schaute kurz auf den Monitor. Das hatte nichts mit seinen Fried Otties zu tun. Das war einfach nur eklig. Egal! Er kümmerte sich wieder um seinen Porzosaurus. Woody schaute nur fragend auf den Monitor. Die Texte auf der Seite der Tierrechtler waren für ihn nicht verständlich. Was war Ethik? Was war ein zentrales Nervensystem? Und warum behaupteten diese Menschen im Internet, dass man sich auch ohne Flugotter und andere Tiere ernähren konnte? Dad sagte immer, dass das nicht geht, dass man dann krank wird. So wie vom Onanieren. Hatte sein Dad ihn belogen? Er würde ihn das wohl kaum fragen können.

    Andys Mom schaute auf den verwirrten Woody und setzte sich zu ihm. „Du findest nicht gut, was Menschen mit Flugottern machen. Aber Menschen haben schon immer Fleisch von Tieren gegessen, schon in der Urzeit. Die Menschen in Astramien und Pekang essen sogar Wasaboons! Und das finde ich wirklich abscheulich!"

    „Warum?"

    „Ach Woody! Du hast doch selber einen Wasaboon. Der ist doch viel hübscher als diese Flugotter. Wenn man ihnen nicht die Flügel abschneiden würde, könnte ich sie gar nicht essen, so hässlich finde ich sie. Früher hat man wohl sogar Hunde gegessen. Die gehörten zu den Dinosauriern oder so. Grässliche Tiere!"

    „Also dürfen nur schöne Tiere ein schönes Leben haben? Und die hässlichen Tiere..."

    „Ganz so ist es ja nicht. Ich finde zum Beispiel Tapitos sehr schön und ich esse sie auch sehr gern. Eine Delikatesse! Leider sehr teuer. Tapitos stammen übrigens nicht von New Earth, sondern von hier, von der Erde. Früher waren sie noch sehr zahlreich vorhanden. Man nannte sie damals Ratten oder so. Und Paulhühner finde ich auch wunderschön. Da fällt mir ein, dass ich eins im Ofen habe!"

    Andys Mutter sprang auf und rannte in die Küche. Sie kochte selber und ihr Roboter war nur zum Putzen da.

    „Wenn du willst, kannst du mitessen, Woody! rief sie aus der Küche. Es gibt Paulhuhn mit Blaublatt und Goldwurz..."

    „Danke! Für mich bitte nur Goldwurz!" Woody mochte kein Blaublatt. Das war immer so holzig.

    *

    In den darauf folgenden Monaten passierte etwas mit Woody. Er hing nicht mehr so oft mit Andy rum, redete kaum noch mit seinen Eltern und er machte sich immer mehr Gedanken. Gedanken, für die ihn die anderen auslachten. Warum hatte nur er diese Gedanken? Was war los, mit den anderen? Warum aßen sie Otterburger, während sie Wasaboons kraulten? Warum mussten jeden Tag Millionen Paulhühner sterben?

    Woody fasste einen Entschluss: Er würde nie wieder Flugotter, Paulhühner, Palmechsen und deren Eier essen. Er wollte versuchen, ohne das Leid von Tieren zu leben. Wenn diese Menschen im Internet behaupteten, dass das möglich sei, war es einen Versuch wert. Er hatte keine Angst, krank zu werden. Inzwischen traute er eher den Tierrechtlern als seinem Vater. Der würde ausrasten, wenn er erfährt, dass Woody keine Flugotter mehr essen will. Und seine Mutter wüsste dann gar nicht mehr, was Marie kochen sollte. Flugotter konnte sie am Besten. Und hellgelbe Heuschreckenpastete. Die würde Woody auch nicht mehr essen. Er wusste, dass es Zuhause ein Donnerwetter geben würde, aber er blieb bei seinem Plan.

    *

    Seit drei Stunden saß Manuel am Fenster und starrte in die Dunkelheit der Nacht. Die weißen Schaumkronen am Strand unter ihm wurden größer. Es kam ein Sturm auf. Er hasste es, auf seine Eltern zu warten. Warum durfte er sie nicht begleiten? Er war doch inzwischen alt genug.

    Sie waren längst überfällig und er schlug wütend gegen die Scheibe. Dann sah er endlich das Licht eines Racers am Horizont. Er rannte in den Hof der Insel und als sich die Türen des Racers öffneten, war dieser schon von Mitarbeitern der „Sache" umringt.

    Manuels Eltern würdigten ihren Sohn keines Blickes. Hektisch demontierten sie die Stasis-Transportboxen vom Racer, um sie mit den Mitarbeitern ins Haus zu bringen. Als Manuel ihnen nach einigen Minuten in die Praxis folgte, schoben sie ihn hinaus und baten ihn, vor der Tür zu warten. Er versuchte, an ihnen vorbei einen Blick in den Raum zu erhaschen und was er sah, ließ seine Knie weich werden. Seine Mutter redete beruhigend auf ihn ein, doch er ignorierte sie und lief in sein Zimmer. Er drehte laute Musik auf und dann weinte er, wie noch nie. Der Wasaboon mit dem angesengten Schwanz kuschelte sich an ihn, doch er konnte ihn nicht trösten.

    Kapitel 2.

    Konsequenzen

    Nachdem Woody seinen Plan offenbart hatte, war das Donnerwetter, wie erwartet, riesengroß.

    Dads Magengeschwür brach wieder durch und er kam erst mal für drei Tage ins Krankenhaus. Mom gab Woody die Schuld daran und sie weinte nur noch. Wenigstens ersparte sie Woody das Otterfleisch und die anderen Tiere, die Marie zubereitete. Es gab halt immer nur das, was man für das Fleisch als Beilage servierte. Zerkochte Pusamifrüchte und Klotten. Nach einigen Wochen fühlte Woody, dass ihm etwas fehlte, dass ihm schneller die Energie ausging. Sein Vater registrierte es.

    „Das kommt davon! Als nächstes wirst du schwul!"

    Was war schwul? Eine Krankheit, die man durch zerkochte Pusmifrüchte bekam? Woody brauchte Antworten und so ging er wieder zu Andy, um sich im Internet zu informieren.

    Als Andys Mom die Tür öffnete, bekam sie einen Schreck. „Woody, wie siehst du denn aus?"

    Woody sah wirklich krank aus. Er erzählte Andys Mom von den letzten Wochen und sie ging sofort an den Computer.

    „Du brauchst alternative Ernährung. Ich werde mal schauen. Hier gibt es viele Rezepte mit Ottermilch..."

    „Ich will keine Ottermilch mehr! Den Otterweibchen nimmt man ihre Babys weg, damit sie die Milch geben!"

    „Hmm.... Und Paulhuhneier?" Woody schüttelte angewidert den Kopf. Die Bilder der Paulhühner, die er bei den Tierrechtlern im Internet gesehen hatte, reichten für diesen Entschluss. Die Käfige waren sehr eng und Millionen männlicher Küken wurden jeden Tag in der Eierproduktion lebendig vermust. Man warf sie mit Schaufeln in einen breiten Schredder, dehydrierte das Kükenmus und fütterte die Legehennen

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