Ich möchte dir so gerne glauben: Der Arzt vom Tegernsee 10 – Arztroman
Von Laura Martens
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Über dieses E-Book
Seine Praxis befindet sich in Deutschlands beliebtestem Reiseland, in Bayern, wo die Herzen der Menschen für die Heimat schlagen.
Der ideale Schauplatz für eine besondere, heimatliches Lokalkolorit vermittelnde Arztromanserie, die ebenso plastisch wie einfühlsam von der beliebten Schriftstellerin Laura Martens erzählt wird.
Hanna Kordes schaute auf die Kaminuhr. »Ich würde sagen, daß wir mit dem Essen beginnen«, meinte sie. »Jetzt haben wir lange genug auf Michael gewartet.« Sie bemühte sich, ihre Stimme nicht ärgerlich klingen zu lassen, doch es gelang ihr nur schlecht. Immerhin wußte ihr Sohn, daß sie an diesem Abend Gäste hatten. »Michael wird bestimmt bald kommen, Mutter«, versuchte Volker Kordes sie zu beschwichtigen. »Vermutlich ist er aufgehalten worden.« »Ich wünschte, Michael wäre vernünftiger und hätte nicht an einem so gefährlichen Sport wie dem Drachenfliegen Vergnügen«, sagte sie. »Ständig muß er sein Leben riskieren. Wenn es nicht der Drachen ist, dann sein Sportwagen.« Sie schüttelte den Kopf. »Anstatt glücklich und froh darüber zu sein, daß ihm das Leben zweimal geschenkt worden ist. Wenn ihm Volker nicht vor zehn Jahren eine Niere gespendet hätte, dann…« »Du solltest nicht immer daran denken, Mutter«, fiel ihr Volker ins Wort. Müde strich er sich über die Stirn. In letzter Zeit fiel es ihm oft schwer, den Tag durchzustehen.
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Ich möchte dir so gerne glauben - Laura Martens
Der Arzt vom Tegernsee
– 10–
Ich möchte dir so gerne glauben
Laura Martens
Hanna Kordes schaute auf die Kaminuhr. »Ich würde sagen, daß wir mit dem Essen beginnen«, meinte sie. »Jetzt haben wir lange genug auf Michael gewartet.« Sie bemühte sich, ihre Stimme nicht ärgerlich klingen zu lassen, doch es gelang ihr nur schlecht. Immerhin wußte ihr Sohn, daß sie an diesem Abend Gäste hatten.
»Michael wird bestimmt bald kommen, Mutter«, versuchte Volker Kordes sie zu beschwichtigen. »Vermutlich ist er aufgehalten worden.«
»Ich wünschte, Michael wäre vernünftiger und hätte nicht an einem so gefährlichen Sport wie dem Drachenfliegen Vergnügen«, sagte sie. »Ständig muß er sein Leben riskieren. Wenn es nicht der Drachen ist, dann sein Sportwagen.« Sie schüttelte den Kopf. »Anstatt glücklich und froh darüber zu sein, daß ihm das Leben zweimal geschenkt worden ist. Wenn ihm Volker nicht vor zehn Jahren eine Niere gespendet hätte, dann…«
»Du solltest nicht immer daran denken, Mutter«, fiel ihr Volker ins Wort. Müde strich er sich über die Stirn. In letzter Zeit fiel es ihm oft schwer, den Tag durchzustehen. Meistens fühlte er sich schon am Morgen wie gerädert.
Hannes Kordes stieß heftig den Atem aus. »Wie können Zwillinge nur so verschieden sein, Eric«, wandte sie sich an Dr. Baumann, der an diesem Abend zu Gast bei ihnen war. »Dabei ähneln sie sich im Aussehen wie ein Ei dem anderen.«
»Ja, gesteh ruhig, daß du es in achtundzwanzig Jahren noch nicht geschafft hast, deine Söhne auseinanderzuhalten«, meinte Volker lachend und legte den Arm um seine Freundin. »Christiane hatte da noch nie Schwierigkeiten. Oder?« Er sah die junge Frau herausfordernd an.
»Nun, für Christiane gibt es ein einfaches Mittel, dich nicht mit Michael zu verwechseln«, mischte sich sein Vater ein und zwinkerte ihm zu. »Du küßt bestimmt ganz anders als dein Bruder.«
Christiane von Reuther errötete bis unter den Haaransatz. »Wollten wir nicht zu Tisch gehen?« fragte sie. »Ich bin schon so gespannt auf den Zigeunerbraten, den Sie uns versprochen haben, Frau Kordes.«
»Er ist ein Meisterwerk geworden«, versicherte Heinz Kordes und öffnete die Tür zum Eßzimmer. »Bitte!« Mit einer übertriebenen Verbeugung wies er zum Tisch.
»Du hättest einen guten Portier abgegeben, Vater«, bemerkte Volker. Er rückte für seine Freundin den Stuhl.
»Nun, viele unserer Gäste sehen das auch so«, erwiderte Heinz Kordes und erzählte, wie ihm vor einigen Tagen ein älteres Ehepaar aus München bei der Abreise einen zusammengefalteten Fünfzigmarkschein in die Hand gedrückt hatte. »Ich soll mir einen schönen Tag machen, haben sie noch hinzugefügt.«
»Sie werden angenommen haben, daß du von deiner Frau etwas knapp gehalten wirst«, sagte Eric Baumann belustigt. Seine Freunde besaßen unterhalb des Wallbergs ein Gästehaus mit zwanzig Appartements, die das ganze Jahr über ausgebucht waren. Zu dem Anwesen gehörte ein wunderschöner Garten mit Swimmingpool und Tennisplatz. Ein Fahrweg führte zu dem zwei Kilometer entfernten Gestüt der Familie, für das seit einigen Jahren hauptsächlich Volker verantwortlich war.
»Wie wahr!« Heinz Kordes nickte.
»Dir werde ich helfen.« Hanna Kordes drohte ihrem Mann mit dem Finger, dann wies sie das Hausmädchen an aufzutragen.
Das Essen war genauso exzellent, wie es Heinz Kordes prophezeit hatte. Er meinte scherzend, daß sie die Köchin im Gästehaus entlassen und seine Frau in die Küche stellen könnten. »Wir würden eine Menge Geld sparen.«
»Sieht aus, als würde es dein Mann heute abend darauf anlegen, dich herauszufordern, Hanna«, bemerkte Eric. »Ich würde mir das nicht bieten lassen.«
»Das habe ich auch nicht vor«, erklärte sie gutgelaunt. »Ich werde ihm schon die Rechnung präsentieren, wenn wir wieder allein sind.« Sie wandte sich an Christiane: »Was gibt es Neues im Pensionat? Sind schon einige eurer Zöglinge aus den Ferien zurückgekehrt?«
Die junge Frau nickte. »Heute morgen sind Rebekka und Mirjam aus England gekommen, wo sie einige Wochen mit ihren Eltern verbracht haben. Auch Dorothee ist wieder da. Gestern ist Susanne von ihrer Großmutter gebracht worden, und morgen früh soll Katharina eintreffen. Da die Ferien noch vierzehn Tage dauern, haben wir uns einiges ausgedacht, um die Mädchen zu beschäftigen.«
Christiane nippte an ihrem Wein. »Eine neue Schülerin haben wir auch. Stefanie Hellwert. Sie ist sechzehn und kommt aus Büsum. Ihre Eltern haben sie uns vor einigen Tagen gebracht. Wie ich das sehe, wird es ihr nicht leicht fallen, in einem Mädchenpensionat zu leben.«
»Gibt es einen Grund, weshalb sie es plötzlich soll?« erkundigte sich Hanna Kordes.
»Denselben Grund wie bei den meisten anderen unserer Zöglinge«, erwiderte Volkers Freundin. »Ihre Eltern sind sehr reich und sie möchten, daß sie mit anderen jungen Mädchen aus denselben Verhältnissen aufwächst, den nötigen gesellschaftlichen Schliff für ihr späteres Leben bekommt und vor allen Dingen auch, daß sie ihre Freizeit nicht mit Discobesuchen und dergleichen vertut.«
»Ich bin überzeugt, daß die Eltern eurer Schülerinnen vor allen Dingen verhindern wollen, daß ihre Töchter an die falschen Männer geraten«, sagte Volker. »Ehrlich, Christiane, wenn ich eines dieser Mädchen wäre, ich würde mich mit Händen und Füßen dagegen wehren, in ein Pensionat gesteckt zu werden, um unter dem strengen Blick deiner Mutter heranzuwachsen.«
»Mir hat es nichts geschadet, auch wenn ich mir manchmal etwas mehr Freiheit gewünscht hätte«, entgegnete seine Freundin. Sie wandte sich an Eric Baumann: »Als ich im Alter dieser Mädchen gewesen bin, hat mich meine Mutter nie anders als ihre Zöglinge behandelt.«
»Ich halte nichts davon, Kinder und Jugendliche unter einer Glasglocke großzuziehen«, meinte Dr. Baumann. »Damit möchte ich keineswegs etwas gegen das Pensionat Ihrer Mutter sagen, nur scheinen mir derartige Institute nicht mehr in die heutige Zeit zu passen.«
Christiane lachte. »Gut, daß das meine Mutter nicht gehört hat, Dr. Baumann«, sagte sie. »Am liebsten hätte sie es, wenn die Mädchen nicht ins Gymnasium von Tegernsee gehen müßten, sondern in unserem Haus unterrichtet werden könnten. Sie selber ist in einem Schweizer Internat großgeworden, das davor auch schon meine Großmutter besucht hatte. Sie schwärmt noch heute davon.«
Das Hausmädchen räumte den Tisch ab.
»Wie wäre es jetzt mit einem Kaffee?« fragte Hanna Kordes. Sie stand auf und trat ans Fenster. Leise seufzte sie auf. »Ich möchte nur wissen, wo der Junge steckt. Er weiß doch, daß ich mir Sorgen mache, wenn er nicht pünktlich zu Hause ist.«
»Der Junge ist achtundzwanzig, Hanna«, bemerkte ihr
Mann.
»Für uns bitte keinen Kaffee, Mutter.« Volker trat zu ihr. »Ich möchte mit Christiane noch einen Spaziergang machen, bevor ich sie nach Hause bringe.«
»Aber ich würde gern eine Tasse Kaffee trinken«, sagte Dr. Baumann. »Das Essen war übrigens ausgezeichnet.«
»Freut mich, daß es dir geschmeckt hat.« Hanna Kordes lächelte ihm zu.
Christiane bedankte sich für den schönen Abend bei Volkers Eltern und verabschiedete sich von ihnen, dann reichte sie Eric die Hand. »Hätten Sie nicht Lust, unseren Mädchen einmal einen Vortrag über Kenia zu halten?« fragte sie. »Ich bin überzeugt, es würde sie interessieren, was Sie dort alles erlebt haben. Mich im übrigen auch.«
»Gern.« Eric nickte. »Rufen Sie mich bitte an, dann können