Kornfeld: Der neue Anfang
Von Susen Pomè
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Über dieses E-Book
Susen Pomè
Hinter Susen Pomè versteckt sich ein menschliches, scheues Wesen, dessen Stärke in der Beobachtung liegt. Sie beobachtet die Tiere, die Pflanzen, nicht zu vergessen, auch die Menschen. Alle leben gemeinsam auf dieser Erde, die der Mensch als 'Seine Welt' betrachtet. Alle Versuchen nun auf dieser Welt zu leben, so lange wie möglich auch zu überleben. Susen Pomè beobachtet den Spezi Mensch: Wie geht er mit seinem Leben um. Wie gestaltet er es, was lernt er daraus. Susen Pomè wurde 1931 geboren. Hat viele Länder bereist. Hat mit 86 Jahren ein Studium als Drehbuchautorin begonnen. Hat inzwischen dieses Studium mit der Note 1,6 erfolgreich abgeschlossen. Bis jetzt veröffentlichte sie 10 Bücher unter div. Pseudo.
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Buchvorschau
Kornfeld - Susen Pomè
Kornfeld
Titelseite
Band 3
Band 3
Impressum
Kornfeld
Der neue Anfang
Autorin: Susen Pomè
Überarbeitete und Ergänzte Ausgabe von:
„Wo wollt ihr hin?"
100 Jahre Familien Chronik 1918 bis 2018
Coverbild „Vom Korn zum Brot" Waltraud Meckel
Covergestaltung: Waltraud Meckel / Manfred Mossing
Band 3
Der neue Anfang
Jahre gingen ins Land und übrig geblieben ist ein alter Mensch.
Ein Mensch am Ende einer langen Kette.
Einer Kette, die aus vielen runden Gliedern besteht.
Jedes Glied seine eigene abgerundete Geschichte hat.
Jede Geschichte ihr eigenes Leben gelebt hat.
Jedes dieser Leben in den Erinnerungen fortlebt.
Diese Erinnerungen sind wahre Schätze eines Menschen...
Hier dem Letzten Glied am Ende einer langen Kette.
Dieser Mensch schreitet langsam auf einem Rain durch das Kornfeld.
Die wogenden reifen Ähren erinnern ihn an seine eigene Reife.
Damit sein Wissen nicht verloren geht, verfasst er eine Chronik, die Geschichte seines Lebens.
***
87 Jahre lebe ich auf dieser Erde. Zurückblickend sehe ich schöne, schwere, auch immer wieder mal paar turbulente Zeiten.
Als Einleitung hier die letzten Sätze von Band 2
Waltraud:
„Papa, ich will bei dir nähen lernen."
Dieser eine Satz wirkte Wunder, Vater war hellauf begeistert.
„Nun will doch noch einer aus der Familie das Handwerk erlernen."
Wenn Vater gewusst hätte, dass von Wollen keine Rede sein konnte …!
Aber was soll´s. Meine Leidenszeit beim Bauer Spahn war zu Ende, ein neuer Anfang begann.
Ende Band 2, „Der lange Weg."
Dieses Familienfoto entstand etwa 1940.
Band 3
Der neue Anfang
Damals, es war der erste November und ein richtig unfreundlich-diesiger, Tag. Wir standen schon im Jahr 1946. Der Zweite Weltkrieg lag bereits ein gutes Jahr hinter uns. Zum Glück war ich jetzt nicht mehr beim Bauer im Dienst. Denn bei solch einem Sauwetter blieb jeder lieber in der geheizten Stube, anstatt nach draußen zu gehen. Beim Bauer Spahn wäre ich jetzt mit dem Melken fertig gewesen, und würde mit den Bauersleuten am Frühstückstisch sitzen. Der alte Mann und die Jungbäuerin würden sich wie üblich angiften.
Ich freute mich diebisch, denn jetzt hatten sie keinen Zuhörer mehr, auch keinen, den sie mit reinziehen konnten. Ich war es leid, in diesem Unfrieden zu leben. Unwissend hatte mir Vater geholfen, bei ihnen wegzukommen. Ich hatte Vater vorgelogen, ich wolle bei ihm in die Schneiderlehre gehen. Bei dem Gedanken, dem Bauer Spahn ein Schnäppchen geschlagen zu haben, hüpfte ich, wohlgemut Stufe für Stufe die Treppe hinab. Die Werkstatt lag unter unserer Küche im Erdgeschoss. Ich solle ja pünktlich sein, wurde mir am Tag zuvor noch eingebläut.
„Klar, weiß ich doch," gab ich fast beleidigt zurück. Doch in meinem Übermut war das Thema Pünktlichkeit glatt vergessen. Und noch ein Hüpfer, und noch ein Hüpfer. Schon stand ich vor der Werkstatttür. Kaum hatte ich den Griff in der Hand, da schlug die Kirchenuhr achtmal.
„So ein Mist", murmelte ich und wollte mich still und leise in die Werkstatt schleichen. Doch kaum dass ich drin stand, knallte irgendjemand hinter mir die Tür ins Schloss. Alle drei Gesellen waren schon da, warteten scheinbar auf mich, starrten mich wie ein Weltwunder an.
Vater liebte keine Unpünktlichkeit und Vater mochte kein Türenknallen. Der erste Tag fing gut an. Ich selbst war so erschrocken, dass ich mich nicht weiter in die Werkstatt wagte. Wartete auf Vaters strengen Blick, seine tadelnde Worte. Sie blieben aus.
Stattdessen starrten mich drei erschrockene Augenpaare an. Was wollten die alle von mir? Sie wussten doch, dass ich heute anfange? Oder hatte der Türenschlag sie so erschreckt?
‚Ach was, jetzt sind halt alle wach!‘ Die Stille nervte, obwohl das bei Vater nichts Besonderes war, bei ihm wurde nie viel geredet.
Doch dann wusste ich, warum keiner etwas sagte.
‚Ich bin zu spät dran‘, fiel es mir heiß ein. ‚Sie warten darauf, das Vater mich rügt.‘
Stattdessen hockte Vater wieder tief über seine Arbeit gebeugt in seinem Schneidersitz auf dem Tisch und jagte die Nadel durch den Stoff. Der neue Geselle, ellenlang und hager stand neben ihm. Martin Schulze hieß er und musste um die 45 Jahre alt sein. Ich stand noch immer festgenagelt auf dem gleichen Platz. Konnte mich kein bisschen rühren. Es wurde mir immer peinlicher, weil ich unentwegt auf die übergroße Hakennase von diesem Martin Schulze sehen musste. Die gewaltige Nase war für mich wie ein Magnet.
Waltraud mit 14 Jahren
Endlich kam mir Emil, mein Cousin zu Hilfe. Er war der Einzige von den Dreien, der mir beim Eintreten freundlich zunickte und ein aufmunterndes Lächeln schenkte. Emil war von Natur aus ein fröhlicher Mensch.
„Komm rein Waltraud, hier beißt keiner!", warf er in den Raum. Bei diesen Worten stellte er die Schüssel mit frischem Bügelwasser auf einen Stuhl, der neben dem Bügelbrett stand. Obligatorisch kam sein lautes, meckerndes Lachen hinterher, was nicht immer angebracht war. Typisch Emil, er plapperte unbekümmert weiter:
„Waltraud, das ist ab morgen Deine erste Arbeit!", lachte stolz in die Runde blickend, „endlich ist ein ‚Stift’im Stall!"
In jeden anständigen Handwerksbetrieb gehörte nun einmal ein Stift, erst dann war der Betrieb komplett. Dass musste so sein, schon wegen der Rangordnung: Meister, Geselle, Stift (Lehrling).
So begann mein erster Arbeitstag.
Dass es keine leichte Sache werden würde, auch das war mir von Anfang an klar. Denn ich kannte meinen Lehrherrn mehr als gut, er war mein Vater.
Zögerlich, ja fast ängstlich, wagte ich mich zwei Schritte weiter.
‚Drei Jahre?‘, dachte ich. Es stank nach dem heißen Bügeltuch. Wollte ich wirklich drei Jahre meines Lebens in dieser ungesunden Luft absitzen? Schon stand Emil neben mir, unterbrach meine Zweifel, indem er meine Hand nahm und mich zum Tisch hinüberzog.
„Hier ist dein Platz", sagte er lachend, dabei klopfte mit der flachen Hand einladend auf den Tisch. Es war für mich nichts Neues, das die Herrenschneider auf dem