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Rock Tango 2: Im Licht ihrer Farben
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eBook335 Seiten4 Stunden

Rock Tango 2: Im Licht ihrer Farben

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Über dieses E-Book

Rock Tango – Im Licht ihrer Farben

Damien Shane zieht sich nach einem Unfall ins Privatleben zurück. Der Verlust seines Augenlichtes quält ihn. Im Vergleich dazu sind seine anderen, ebenfalls schweren, Verletzungen unwichtig. Zu seiner Krankenpflegerin wird ausgerechnet die Frau, die er einst so sehr verletzt hat. Wird sich der arrogante Musiker noch an sie erinnern können?
Sunshine ist die erste Frau, die nicht nach seiner Pfeife tanzt. Gerade ihre unterkühlte Art weckt seine Neugier.
Nach einem intimen Annäherungsversuch reicht die Krankenschwester ihre fristlose Kündigung ein.

Das Schicksal hat einen bizarren Sinn für Humor und fügt Sunshine in kurzer Zeit mehrere schwere Schläge zu. Sunshine bleibt nichts anderes übrig, als zu ihrem früheren Arbeitgeber zurückzukehren und ihn um Verzeihung zu bitten. Damiens verletzter Stolz zwingt ihn, sehr abweisend zu ihr zu sein. Aber er wehrt sie nicht ab und verspricht, sie zu unterstützen. Nur unter der Bedingung, dass sie ihm drei Wünsche erfüllt. In ihrer ausweglosen Lage nimmt Sunshine das Angebot an.


Doch wie es so schön heißt: Man sieht sich immer zweimal im Leben. Monate später erhält sie das Angebot, einen vor Kurzem erblindeten Mann zu pflegen. Aufgrund der Schulden ihrer Mutter kann sie den Job nicht ablehnen. Selbst dann nicht, als sie erkennt, wer ihr Patient ist …
SpracheDeutsch
HerausgeberEisermann Verlag
Erscheinungsdatum14. Sept. 2018
ISBN9783961731732
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    Buchvorschau

    Rock Tango 2 - Monika Wurm

    978-3-96173-173-2

    1. Kapitel

    Ich saß auf der Schaukel unter der Platane im Garten von Damiens Villa. Meine King-Charles-Cavalier-Spaniel-Hündin Joy brachte mir ihr gelbes Lieblingsspielzeug und bettelte mit ihrem Blick darum, dass ich es noch einmal werfen würde. Ihren bittenden Augen konnte ich nicht widerstehen, also warf ich den Ball erneut, so weit wie möglich, immer wieder. Erst das Geräusch einer eintreffenden SMS zwang mich, unser Spiel zu unterbrechen, um mein Handy aus meiner Hosentasche zu angeln.

    Du bist zu weit gegangen, Teuerste!

    Während ich diese merkwürdige Nachricht las, die von irgendeinem SMS-Portal im Internet abgeschickt worden war, erstarrte ich. Ich stierte auf das Display, als erwartete ich ein Zeichen, das diese seltsame Nachricht entzaubern würde. Vielleicht hatte sich bloß jemand mit der Nummer vertan? Ich suchte nach einer hinreichenden Erklärung, die mich beruhigen konnte. Schließlich hatte niemand einen Grund, mir solche Nachrichten zu schicken. Doch schon leuchtete eine weitere Mitteilung auf meinem Handy auf.

    Wie ist das wohl, wenn man auf einmal anonyme Nachrichten bekommt?

    Hast du Angst oder ignorierst du mich, Sunshine Lawson?

    Diese zweite SMS erschütterte mich. Da hatte sich niemand geirrt. Jemand versuchte absichtlich, mir Angst zu machen. Mit bebenden Händen wartete ich auf die nächste Nachricht. Ich ahnte, dass sie kommen würde – und sie kam.

    Magst du Schmerzen?

    Voller Furcht sprang ich von der Schaukel. Ich verfiel in Panik.

    »Joy, Joy, Liebling, wo bist du?« Verängstigt schaute ich mich um, ob mich jemand beobachtete. Ungeduldig wartete ich auf Joy, doch ich konnte sie nirgendwo sehen.

    »Joy?«, schrie ich wieder aus vollem Halse und wartete, bis sie endlich auftauchte. »Endlich, mein Liebling, wo hast du so lange gesteckt?«, schalt ich sie liebevoll und nahm sie sofort auf den Arm, nachdem sie, den Ball zwischen ihren Zähnen, zu mir gelaufen kam. Mit meiner Hündin auf dem Arm ging ich schnellen Schrittes ins Haus zurück. Innerhalb der schützenden Mauern der Villa fühlte ich mich sicherer. Ich hatte Angst davor, dass der Hagel merkwürdiger Nachrichten weitergehen würde, doch fürs Erste schien es genug zu sein.

    »Du wirkst irgendwie angespannt, Sunshine. Ist etwas passiert?«, fragte Damien, während er für die Tanzhaltung in einer flüssigen Bewegung seine Hände auf meine Hüften legte. Ich konnte noch immer nicht verstehen, wie er dies nur über den Tastsinn so geschickt konnte.

    »Es ist alles in Ordnung, Damien«, antwortete ich nicht besonders überzeugend.

    Er glaubte mir nicht. »Natürlich ist alles in Ordnung, meine kleine Lügnerin. Nur dass dich eben etwas quält, was du mir nicht sagen willst.«

    Damien führte die ersten Tangoschritte so souverän aus, dass man glauben könnte, er würde diesen Tanz schon seit Jahren und nicht erst seit ein paar Wochen beherrschen.

    »Es ist nichts, Damien, mach dir keine Sorgen«, flüsterte ich in seine Richtung.

    Er wirbelte mich im Rhythmus der Musik herum, mit dem raffinierten Schritt, den ich ihn just vor einer Woche gelehrt hatte. »Vielleicht weiß ich ja, wie ich dir den Kummer austreiben kann, meine Teuerste.«

    Ich kam nicht dazu, auf seine Worte zu reagieren, da er mich fester an sich zog und ungestüm küsste. Ich wollte aufschreien, doch ich konnte nicht protestieren. Vor einer Woche hatte ich zugestimmt, sein Spiel mitzuspielen und seine Freundin zu mimen – Küsse waren dabei erlaubt. Dies war sein erster Kuss, seit wir uns auf die neuen Regeln geeinigt hatten.

    »Seit du mich den Medien offiziell als deine Freundin vorgestellt hast, geschehen seltsame Dinge. Mein Facebook-Account ist voller Anfragen und Nachrichten von wildfremden Leuten. Außerdem bekomme ich bedrohliche SMS. Das macht mir Angst, Damien«, gab ich nach den letzten Schritten des ersten Liedes zu.

    »Ich muss dich wohl immer küssen, wenn ich dir irgendein Geheimnis entlocken will«, sagte mein Tanzpartner lachend, der im goldenen Schein der Kerzen äußerst gut aussah. Die brennenden Kerzen dienten mir als ausreichende Beleuchtung des Raumes und verursachten Damien mit ihrem schwachen Licht keine Schmerzen.

    »Mach dir nichts draus, meine Liebste. Lass solche Dinge nie an dich heran – weder das, was die Zeitungen über dich schreiben oder was irgendjemand in den Nachrichten erzählt, noch das, was Bekannte von dir denken. Es ist selbstverständlich, dass sich jetzt jeder für dich interessiert. Das kommt davon, dass du ein Teil meines Lebens bist – und ich bin nun mal eine öffentliche Person. Leider wünschen uns eben nicht alle Menschen Glück. Es haben schon einige Stalker versucht, mir Angst einzujagen, aber ich habe sie immer ignoriert. Du darfst nie auf eine der Drohnachrichten reagieren. Sonst gibst du so einer Person grünes Licht dafür, ihre perverse Taktik fortzusetzen, um dich in die Enge zu treiben. Als ich berühmt wurde, habe auch ich nicht mit den Kehrseiten dieses Ruhms gerechnet. Eine davon ist eben der Neid und dieser zeigt sich in den verschiedensten Formen. Doch man gewöhnt sich daran. Lass dir keine Angst einjagen, meine Liebste. Ich werde dich beschützen.« Damien umarmte mich. Er musste spüren, wie ich unter seinen Händen bebte. Doch seine Umarmung tat mir gut. Nach einigen Augenblicken und ein paar unnötig vergossenen Tränen war wieder alles in Ordnung und wir kamen endlich zu meinem Lieblingsteil der Tanzstunde.

    »Du hast recht, der Tango ist ein erstaunlicher Tanz. Ganz besonders, wenn man eine so leidenschaftliche Tanzpartnerin hat wie dich.« Damien versuchte, mich durch den Themenwechsel auf andere Gedanken zu bringen. »Aber irgendetwas fehlt mir.«

    Ich lauschte ihm mit halb geöffnetem Mund und war wirklich neugierig, was er im Sinn hatte.

    »In der Komposition selbst fehlt mir etwas … etwas Waghalsigeres, Mutigeres … Es muss etwas Schockierendes und Impulsives zugleich sein, etwas Rockiges …«

    Vermutlich schoss uns beiden derselbe Gedanke durch den Kopf, denn plötzlich schrien wir gleichzeitig auf: »Rock Tango!«

    Ja, das war die ultimative Kombination.

    2. Kapitel

    Damiens neue Frisur machte ihn wirklich unwiderstehlich. Die kurzen, modern geschnittenen Haare standen ihm außergewöhnlich gut. Eine dunkle, überdimensional große Sonnenbrille schützte seine verletzten Augen auf attraktive Weise und der Dreitagebart erhöhte seinen Sexappeal nur noch mehr. Manchmal lächelte er arrogant, wobei sein erneuertes Gebiss glänzte, als hätte ihm nie die Hälfte der Zähne gefehlt. Das weiße Designerhemd, das bis zur Hälfte der Brust aufgeknöpft war, enthüllte einen Teil seiner Tätowierungen. Ergänzt wurde sein Outfit von einigen Talismanen, die sanft an seinem Hals schaukelten. Manche berührten aufreizend seine teilweise entblößte Brust. Mit halb geöffneten Lippen posierte er einige Sekunden für die Journalisten vor dem MTV-Gebäude, die dort seit dem frühen Morgen auf Damiens offizielles Comeback warteten.

    Ich hielt seinen Arm fest umklammert und gab mir Mühe, es ihm gleichzutun. Auch ich hatte mich hinter einer Sonnenbrille versteckt. Diesen Medienrummel war ich noch nicht gewohnt und konnte ihm auch ehrlich gesagt nicht viel abgewinnen, doch Damien hatte darauf bestanden, dass ich ihn selbstbewusst überallhin begleitete. Dies wollte er auch, damit ich ihn führen konnte. Noch immer weigerte er sich, sich mit dem weißen Stock oder gar im Rollstuhl fortzubewegen. Er wollte sich einfach nicht eingestehen, dass sich sein Zustand nicht unbedingt bessern würde. Es konnte sein, dass Damien für immer blind bleiben würde.

    Da ich nicht wusste, wie ich mich den Journalisten gegenüber verhalten sollte, lächelte ich sie stets an. Ich war überrascht, dass sie meinen Namen kannten. Es war ein merkwürdiges Gefühl, als sie mich persönlich anzusprechen begannen, damit ich ihnen meine Aufmerksamkeit widmete.

    Heute war Damiens großer Tag. Gemeinsam mit seiner Band sollte er ein Live-Interview beim bekanntesten Musiksender der Welt geben. Dabei wollten sie über Damiens Unfall, seine Pläne für die Zukunft und das neue Album sprechen, aber auch über sein Comeback als Sänger.

    Um uns herum wimmelte es nur so von Fans und den Blitzlichtern der Fotografen. Auch das Gekreische der verrückten Mädchen im Hintergrund war nicht zu überhören. Ich konnte mich gut in sie hineinversetzen. Auch ich hätte es früher nicht überlebt, wenn Damien wirklich die Band verlassen hätte, so wie er es ursprünglich geplant hatte.

    Dass ich als seine offizielle Freundin präsentiert wurde, hielt den weiblichen Teil des Publikums nicht davon ab, Damien mit Liebeserklärungen und Geschenken in Form von Teddybären und Dessous zu bombardieren. Das versetzte mir erstaunlicherweise einen Stich – ich war wirklich eifersüchtig!

    Endlich verschwanden wir hinter den Türen des Gebäudes, in dem der Sender seinen Sitz hatte. Gleich am Eingang stürzten sich die Fernsehkameras auf uns. Sie verfolgten uns auf Schritt und Tritt. Unauffällig informierte ich Damien beim Gehen über alles, was ich für wichtig befand. Vor jeder Treppenstufe und jedem kleinen Hindernis warnte ich ihn flüsternd.

    In der Maske wurden allen Mitgliedern der Band die Gesichter gepudert. Ich fand es etwas komisch, dass sich keiner der Männer sträubte. Der Tonmeister stattete uns noch auf dem Flur mit Mikrofonen aus. Dass Damien und seine Bandkollegen mit Kabeln behängt wurden, konnte ich ja noch verstehen, aber warum auch ich?

    Auf einmal erklang eine mir bekannte Stimme hinter meinem Rücken: »Herr im Himmel, du willst sie doch wohl nicht mit ins Studio schleppen, Damien!« Der, der da so empört schimpfte, war der Produzent und Manager der Band, den ich schon aus dem Aufnahmestudio kannte. Im Stillen war ich ihm für seine Ansprache dankbar, weil ich überhaupt nicht wild darauf war, mich halb England zu präsentieren.

    »Ich will sie aber bei mir haben. Ohne sie rühre ich mich nicht vom Fleck!«, gab Damien mit derart drohender Stimme zurück, dass der arme Tonmeister, der gerade sein Mikrofon richtete, richtiggehend erschrak.

    »Damien, sei doch vernünftig! Du kannst keine Frau mit vor die Kamera nehmen – und schon gar keine so schöne. Deine weiblichen Fans würde der Schlag treffen! Eure Beziehung ist sowieso schon öffentlich, da werden wir sie hier nicht noch zusätzlich an die große Glocke hängen. Wenn du dich so gibst wie früher, werden dich die Frauen wieder umschwärmen. Sie wollen den alten sexy Damien, der sich nicht binden will. Dein Ruf als Schürzenjäger zieht sie an. Wir wollen doch, dass sie dich genauso lieben wie vor dem Unfall. Du weißt, worum es hier geht. Keines deiner Fan-Girls wird in Freudentänze ausbrechen, wenn es ihr Idol zusammen mit einer anderen Frau sieht! Versteh doch, du Dickschädel!«, brüllte der Produzent, wobei er Damien an den Schultern packte und schüttelte. »Wir sind jetzt schon mit dem neuen Album auf Platz vier der Top Ten. Nach dem heutigen Auftritt sind wir die Nummer Eins. Davon bin ich überzeugt! Also gehst du jetzt vor die Kameras, aber ohne Frau, hast du verstanden? Auch die anderen haben ihre Mädels zu Hause gelassen. Die geben auch nicht irgendwo mit ihnen an, damit die Aufmerksamkeit nicht zu sehr auf ihre Frauen gelenkt wird. Eure weiblichen Fans müssen das Gefühl haben, dass sie dich erobern können. Wie oft muss ich dir das noch sagen, Junge?«

    Damien ließ seinen Produzenten in Ruhe ausreden. Ich wunderte mich, dass er keine Anstalten machte, ihm ins Wort zu fallen.

    »Er hat recht, Damien. Mach, was er sagt«, flüsterte ich ihm entschieden ins Ohr. »Ich will dir doch nicht die Karriere verderben. Im Studio vor der Kamera wäre ich ohnehin nur das fünfte Rad am Wagen. Ich tue stets, was du mir sagst, aber diesmal hat dein Manager recht und ich muss dir widersprechen. Du musst deine Beziehung zu den Fans wieder stärken und du hast nun einmal ein hauptsächlich weibliches Publikum. Weißt du, wie ich mich gequält habe, als ich erfahren habe, dass du mit Mercedes zusammen bist? Obwohl sie in den Medien nur als temporäres Spielzeug dargestellt wurde, hat es mich geschmerzt, dass du eine Freundin hast.«

    Damien überlegte. Ich hatte ihm noch nie auf diese Weise meine früheren Gefühle offenbart, doch ich musste es tun, wenn ich einem Auftritt in der Fernsehübertragung entgehen wollte.

    »Klug gesagt, Mädchen!« Der Manager stellte sich an meine Seite und kniff mir in den Hintern. Wären wir nicht in einer so angespannten Situation gewesen, hätte ich ihm sicher eine schallende Ohrfeige verpasst. Doch ich ignorierte ihn, genauso wie ich die sexistischen Bemerkungen des Gitarristen Dylan ignorierte, dem ich augenscheinlich gefiel. Ich verdrehte die Augen und ballte die Hände zu Fäusten. Diesen Tag wollte ich so schnell wie möglich hinter mich bringen.

    Während der Werbepause nahmen die Inflamed Angels im Studio Platz und die Moderatorin setzte sich Damien gegenüber. Sie war sehr schön und das ärgerte mich, obwohl Damien sie gar nicht sehen konnte. Die mit einigen Reklameblöcken und zahlreichen Schmeicheleien der Moderatorin gespickte Sendung dauerte knapp eine Stunde. Ich konnte alles aus sicherer Entfernung zu den Kameras, die mir Angst einjagten, beobachten. Es war das erste Mal, dass ich so eine Aufnahme live sah und begriff, wie viel Arbeit und Vorbereitung eine solche Sendung erforderte.

    Damien war in dieser Hinsicht ein absoluter Profi. Ihm war anzusehen, dass er die Rolle des Superstars tatsächlich lebte. Er wusste auf jede Frage, sogar die unangenehmsten, gekonnt zu reagieren. Seine spontanen Antworten gefielen mir und ich ertappte mich dabei, dass ich – vor Freude darüber, dass ich das alles gemeinsam mit ihm erleben durfte – unaufhörlich lächelte.

    Dann endlich war alles vorbei. Das wirkliche Ende dagegen war noch nicht abzusehen. Noch am selben Tag absolvierte Damien mit seiner Band ein Interview für den Rolling Stone, ergänzt durch ein Fotoshooting für die Titelseite des Magazins. Zum Abschluss des Tages gab es dann noch eine Talkshow bei irgendeinem Fernsehsender.

    »Berühmt zu sein ist wirklich anstrengend«, flüsterte ich, als Damien vor Müdigkeit den Kopf auf die bequeme Rückenlehne des Autos sinken ließ. Er seufzte, schwieg aber vorerst. Ich wusste, dass das alles ganz schön viel für ihn war. Während der langen Monate der Isolation nach dem Vorfall mit den Hooligans hatte er sich von den Medien, Kameras und Menschen, die ständig irgendetwas von ihm wollten, entwöhnt.

    Ich rückte näher zu ihm heran und lehnte mich an ihn. Bevor ich den Kopf senkte, küsste ich ihn ganz sanft auf den Hals. Dann versank ich in Gedanken darüber, wie es wohl wäre, wenn mich Damien wirklich gernhätte. Ist das überhaupt möglich? Man sagt, dass Männer sich nicht ändern. Doch in mir regte sich eine leise Stimme des Widerspruchs. Zum ersten Mal gestattete ich mir den Gedanken, dass Damien mich mit ebensolcher Hingabe lieben könnte, wie ich sie für ihn empfand.

    Seine Hand streichelte meinen Rücken und ich fühlte mich neben ihm sehr zufrieden und sicher. »Ich liebe dich, Lawson«, murmelte er so leise, dass ich es kaum hörte.

    Die nächsten zehn Tage verliefen nach demselben Schema. Damien gab Interviews, probte im Studio die neuen Stücke oder hatte Arzttermine. Wir waren von früh bis spät auf den Beinen. Ich musste immer wieder beobachten, wie sich die Fernsehmoderatorinnen oder Journalistinnen an Damien heranschmissen. Als wäre es so geplant, um mich möglichst oft eifersüchtig zu machen, waren es meistens Frauen, die ein Interview mit Damien ergattern konnten. Manchmal war mir deshalb zum Heulen zumute und ich verließ diskret den Raum, um meinen Gefühlen Luft zu machen.

    Wir kehrten tagelang erst spätabends nach Hause zurück. Damien war stets erschöpft, doch er schlief jeden Abend glücklich wie ein Baby ein. Ich dagegen quälte mich Nacht für Nacht damit herum, dass er mir nicht mehr so viel Aufmerksamkeit widmete, wie ich es mir wünschte und wie er mir vor einigen Tagen versprochen hatte. Gott sei Dank stand ich mit beiden Füßen fest auf dem Boden und redete mir keine Dummheiten ein. Mir war von Anfang an klar gewesen, dass das schöne Leben an Damiens Seite – ob nun als seine Freundin oder als seine Krankenschwester – keine lange Zukunft hatte. Unsere Beziehung, wenn man es überhaupt so nennen konnte, hatte ein fest eingeprägtes Verfallsdatum.

    Plötzlich klopfte es an meiner Tür. Ich fuhr zusammen, weil ich gerade beinahe eingeschlafen war.

    »Kann ich reinkommen?«, fragte Damien.

    Joy knurrte leise. Nächtlichen Besuch hatten wir für gewöhnlich selten.

    »Verzeih, wenn ich dich geweckt habe, aber ich kann nicht einschlafen. Ich fühle mich so einsam. Ich weiß nicht, was mit mir los ist.«

    Mit einem leisen Brummen gab ich ihm zu verstehen, dass ich ihm zuhörte.

    »Wahrscheinlich ist der ganze Stress daran schuld. Jeden Tag derselbe Zirkus und ich habe noch nicht einmal Zeit, auf die Toilette zu gehen oder mich in Ruhe dir zu widmen. Ich möchte das wiedergutmachen.« Damien öffnete vorsichtig die Tür – das verriet mir das Geräusch, welches entstand, wenn sie an dem zweiten Türflügel entlangglitt.

    »Brauchst du etwas?«, fragte ich mit einem Gähnen. Damien war unterdessen an mein Bett herangetreten. Joy erkannte ihn endlich am Geruch, legte sich wieder neben mich und ließ sich nicht weiter stören.

    »Heute ist es kälter als an anderen Tagen«, sagte er leise, als suchte er nach einem Vorwand, unser nächtliches Gespräch fortzusetzen. Wortlos schlug ich die Decke, mit der ich mich zugedeckt hatte, zur Seite. Er musste meine einladende Geste nur dank seines hochentwickelten Gehörs verstanden haben und legte sich neben mich. Dann deckte ich uns beide zu. Damien schmiegte sich an meinen Körper, ohne mich jedoch mit den Händen zu berühren. Mir wollte schier das Herz aus der Brust springen. Wer hätte mir je geglaubt, dass eines Tages Damien Shane in meinem Bett liegen würde?

    Es war spät. Wir sollten beide schon längst schlafen, doch Damien wollte sich unbedingt unterhalten. »Warum hast du mir erlaubt, mich zu dir zu legen? Weil du meine Freundin spielst, wie wir es vereinbart haben, oder weil du es wirklich wolltest?«

    Er hatte recht, heute war es kälter als sonst und ich hatte vergessen, das Fenster zu schließen. Draußen regnete es und ich genoss es, dem Geplätscher der Regentropfen zu lauschen. Irgendetwas zwang mich, mich noch näher an meinen nächtlichen Besucher zu drücken. Ich lag auf der Seite und gestattete ihm, mich zu umarmen. Es war ein wundervolles Gefühl. Auch für mich waren diese unschuldigen, aber dafür umso romantischeren Erlebnisse etwas ganz Neues.

    »Du hast mir nicht geantwortet, ma chérie.« Seine Stimme hatte eine beruhigende Wirkung auf mich.

    »Dann musst du halt raten! Aber jetzt schlaf, Damien. Morgen erwartet uns ein anstrengender Tag.«

    Ich genoss die angenehme Wärme, die sein Körper ausstrahlte. Sein Atem streichelte meinen Hals, der warme Luftstrom verursachte mir eine Gänsehaut. Es dauerte noch lange, bis es mir gelang, neben ihm einzuschlafen. Ich war es nicht gewöhnt, jemand anderen als Joy neben mir zu haben.

    Ich erwachte durch eine sanfte Berührung. Zuerst dachte ich, dass ich noch träumte, doch nach einigen Sekunden kam ich vollends zu mir. Ich erinnerte mich daran, was in der Nacht geschehen war, und öffnete die Augen. Damien war schon wach. Er streichelte mein Gesicht und wartete darauf, dass auch ich aufwachte.

    »Ich würde sonst was dafür geben, eines Tages dein wunderschönes Gesicht sehen zu können, meine Liebste.« Langsam und zärtlich strich er mit seinem Finger von meinem Ohr bis zum Kinn. »Obwohl ich dich nie gesehen habe, weiß ich doch, dass du das allerschönste Wesen unter der Sonne bist. Deshalb trägst du auch so einen passenden Namen – du bist ein echter Sonnenschein.«

    Ich lächelte und zog mir die Decke fester unters Kinn. Seine Worte machten mich ziemlich verlegen. »Wer weiß, Damien. Vielleicht bin ich gar nicht so schön, wie du es dir ausmalst. Das ist nur deine Phantasie, die da auf Hochtouren läuft.« Damien presste die Lippen zusammen und schüttelte protestierend den Kopf. Ich fuhr fort: »Und was, wenn wir uns schon einmal getroffen haben und du mich nicht einmal bemerkt hast?«, versuchte ich zu scherzen. Ich wusste, dass ich lieber meine Zunge im Zaum halten und die Vergangenheit nicht unnötig heraufbeschwören sollte, aber manche Dinge konnte ich mir einfach nicht verkneifen.

    »Ich glaube nicht, dass wir zwei uns schon irgendwann einmal getroffen haben. Eine so schöne Frau wie dich hätte ich bestimmt nicht vergessen.«

    Seine oberflächliche Antwort beleidigte mich. Hastig stand ich aus dem Bett auf und ließ Joy in den Garten hinaus.

    »Habe ich etwas Falsches gesagt?«

    Ich gab keine Antwort. Schließlich konnte ich ihm ja schlecht verraten, dass wir gleich mehrmals das Vergnügen gehabt hatten, aufeinanderzutreffen, und dass er sich nur nicht daran erinnerte, weil es für ihn nicht wichtig gewesen war. Außerdem hatte er mich damals hässlich gefunden.

    »Es ist Zeit aufzustehen, Damien«, brummte ich.

    »Meine strenge Krankenschwester hat schlechte Laune. Hast du schlecht geträumt oder habe ich mich in der Nacht etwa unabsichtlich danebenbenommen?«

    Ich schaute ihn an. Es war einfach süß, wie er sich auf meinem Bett reckte und streckte. Ich liebte und hasste ihn zugleich.

    »Ich habe mir eine neue Überraschung für dich ausgedacht, Sunshine. Sie ist mir eingefallen, als du geschlafen hast und ich dein Gesicht gestreichelt habe.«

    Ich spitzte die Ohren.

    »Ich höre«, antwortete ich unterwürfig, da er nicht weitersprach.

    »Tja, zuerst musst du zurück ins Bett kommen. Erst dann werde ich es dir verraten. Denk an unsere Abmachung, wir sind schließlich ein verliebtes Paar.« Seine Stimme klang autoritär.

    Ich ließ die Tür, die in den Garten führte, angelehnt und schlüpfte gehorsam unter die weiße Bettdecke. Dann legte ich mich auf die Seite, das Gesicht ihm zugewandt. Damien tastete nach mir und begann dann sein merkwürdiges Unterfangen. Stück für Stück veränderte er die Position meines Körpers und ich gehorchte schweigend den Befehlen, die seine Hände aussandten. Schließlich lag ich auf dem Rücken, die Hände locker neben dem Körper, während Damien sich meiner zerzausten Locken annahm. Geduldig breitete er sie rund um meinen Kopf auf dem Kissen aus.

    »Welche Farbe haben sie?«

    Ich verstand nicht, was er meinte.

    »Deine Haare. Beschreib mir, welche Farbe deine Haare haben!« Was für eine absurde Bitte. Wie sollte ich einem früher farbenblinden und jetzt vollkommen blinden Mann das Rot meiner Locken beschreiben?

    »Stell dir die Hitze eines offenen Feuers vor. Meine Haarfarbe erinnert an das Glühen von Flammen und Sonnenstrahlen. Oder denk an den brennenden Geschmack von Chilischoten. So sind meine Haare. Ihre Farbe ist ungewöhnlich kess, provokant und selten. Im Licht des Sonnenuntergangs leuchten meine Haare rot wie Rubine und duften nach Erdbeeren. Nach reifen roten Erdbeeren.«

    Damien schnupperte an meinen Haaren.

    »Eines Tages werde ich deine herrlichen Locken mit eigenen Augen sehen«, sagte er und wickelte sich eine Strähne meiner rostroten Mähne um den Zeigefinger. Er war so liebevoll und aufmerksam.

    »Du hast eine besondere Gabe. Du kannst mir Farben so beschreiben, dass ich sie – obwohl ich sie nie gesehen habe – in meinem Inneren spüre. Beschreib mir noch etwas. Ich höre dir so gern zu. Beschreib mir die Farbe deiner Augen, Sunshine.«

    Ich blieb reglos liegen und schloss meine Lider, um die richtigen Worte zu finden. Wie konnte ich das Blau meiner Augen beschreiben? »Sie sind blau und kalt. Sie sind das Gegenteil meiner Haare. Sie sind kühl wie das Polareis, aber sie können auch freundlich leuchten wie ein klarer Sommerhimmel. Stell dir den Geruch des Meeres vor. Sie sind genauso blau wie die Tiefsee. Es gibt eine Blume, den Enzian. Wenn ich weine, verdunkeln sich meine Augen und nehmen die Farbe dieser Blume an. Außerdem ist meine Iris mit goldfarbenen Punkten übersät, genau wie deine Augen.«

    Damien lächelte. »Ja, ich erinnere mich. Du hast sie mir früher schon einmal beschrieben. Seit diesem Tag sehne ich mich danach, das Funkeln der winzigen Sterne in deinen blauen Augen zu sehen. Und glaube mir, eines Tages werde ich sie sehen. Ich werde nicht aufgeben, auch wenn ich jahrelang auf die Operation warten muss, meinetwegen auch bis an mein Lebensende. Aber ich glaube an ein Wunder. Wer aufhört zu träumen, ist schon zu Lebzeiten tot.«

    Damien berührte meine Augenbrauen. Er suchte meine Lider, die ich noch immer geschlossen hielt, und streifte sie mit einem zärtlichen Kuss. Dann stützte er sich mit einem Mal über mich und ich öffnete endlich die Augen. Das Erste, was ich sah, waren seine halb geöffneten Lippen.

    »Ich hätte fast vergessen, dass ich dir noch die Überraschung verraten muss. Natürlich nur, wenn du willst.« Damien zog mich ein wenig auf. Er wusste nur zu gut, dass ich neugierig war und die Spannung nicht lange aushalten konnte.

    »Ja, sag schon endlich, spann mich nicht auf die Folter!«, drängte ich ihn ungeduldig.

    »In der nächsten Woche beginnen wir mit dem Dreh des Videoclips für den Titelsong unseres neuen Albums. Du wirst darin die weibliche Hauptrolle spielen! Was sagst du dazu?« Ich blinzelte ungläubig. Sein Plan verschlug mir buchstäblich die Sprache. »Für diesen Clip fahren wir für zwei Wochen nach Birmingham. Wir werden dort abwechselnd im Botanischen Garten und im Studio drehen.« Ich lag wie versteinert da und Damien streichelte mein Gesicht, um sich davon zu überzeugen, dass ich noch atmete

    »Kann ich diese Rolle ablehnen?« Kaum hatte ich diese kurze Frage herausgepresst, schockierte mich Damien noch mehr, denn meine Zurückweisung ignorierte er einfach.

    »Wir beide werden in dem Video ein verliebtes

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