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Am Rande der Zeit
Am Rande der Zeit
Am Rande der Zeit
eBook447 Seiten6 Stunden

Am Rande der Zeit

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Über dieses E-Book

Das dritte Buch dieser faszinierenden Trilogie. Ein Lesevergnügen für alle im Kopf jung gebliebenen, zwischen fünfzehn und hundert Jahren und alle angehenden Zeitreise-Fans, die sich mit der Autorin auf die Reise in vergangene Zeiten und in die ferne Zukunft begeben wollen.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum24. Nov. 2017
ISBN9783746051338
Am Rande der Zeit
Autor

Charlotte Camp

In einem kleinen Ort in Sachsen Anhalt, nahe der ehemaligen Grenze zu Niedersachsen, in selbst gewählter Ruhe, widmet sie sich nun ausschließlich ihrem Hobby, dem Schreiben utopischer Romane und Thriller. Bezugnehmend der Ausgrabungen und Funde unserer Urahnen in unserer Region vor 3000 Jahren, in den Tiefen der Vergangenheit als Zeitreisende sich selber wiederzufinden.

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    Buchvorschau

    Am Rande der Zeit - Charlotte Camp

    Strohfeuer

    Kapitel 1: Irrwege

    Er war einfach gegangen, hatte mir vom Hoftor noch einmal lachend zugewinkt und mich allein gelassen. Nun saß ich am Küchentisch und weinte um unsere Zeit, die vielen Jahre. Was hatten wir alles erlebt, durchlitten und überstanden, sollte nun alles zu Ende sein?

    Warum müssen wir so weit zurückgehen, so tief eintauchen in die Vergangenheit.

    „Wir treffen uns heute auf dem Dorfplatz am frühen Abend gegen 18 Uhr mein Schätzchen, ich kann es schon jetzt nicht erwarten dich dort wieder zu sehen", hatte er mir noch zu gerufen ehe er sich auf den Weg den Hang hinaufbegeben hatte.

    Werde ich ihn wiedersehen, wird er mich erkennen?

    Es wird Zeit, dachte ich und machte mich voller Zweifel ebenfalls auf den Weg zur Höhle, dem Zeitkanal. Hundert Gedanken schwirrten mir durch den Kopf, was werde ich tun, wenn unser Plan misslingt. Ich zögerte kurz, ehe ich die Höhle betrat.

    Warum hatte ich gerade vor dieser Zeitreise solche Angst, 18 Hundert, dachte ich, welch ein Wahnsinn, worauf hatte ich mich da nur eingelassen, ich fürchtete, all meine Erinnerungen an mein bisheriges Leben einzubüßen, denn diese Zeit lag ja weit vor mir, wenn ich die Vergangenheit betrat.

    Wie um Himmelswillen sollte er mich wiedererkennen, wenn er mich noch gar nicht kannte. Ich tastete nach meinem Büchlein, in das ich vorsorglich alles notiert hatte und zog es aus meiner Tasche, warum bin ich hierhergekommen, überlegte ich, als ich aus der Höhle in die vergangene Zeit trat.

    Ich muss in dem Büchlein lesen, wusste ich. Ich befinde mich jetzt in einem früheren Jahrhundert, aber warum, was will ich hier in dieser alten Zeit. Ich schlug das Buch auf und begann zu lesen, bald wusste ich genug. Ich wusste vorher das ich nach der Zeitreise alles Erlebte, alles Gelebte vergessen hatte. Ich wusste auch das all die Jahre dazwischen jetzt nicht mehr existent waren, als hätte es sie niemals gegeben und dennoch bin ich freiwillig in diese Zeit gegangen, für einen fragwürdigen Neuanfang!

    Unser altes gewohntes Leben konnten wir nicht mehr weiterführen, wir mussten die Zeit notgedrungen verlassen.

    Nun bin ich hier, mein Partner heißt Günter, hatte ich soeben in meinem Buch gelesen, wir waren uns sehr zugetan. Kann ich mich noch an ihn erinnern? Oh ja, seine Augen, seine Blicke die mein Herz erwärmten, wie könnte ich diese Augen vergessen.

    Ich werde ihn immer wieder erkennen unter Tausend Anderen, dachte ich und begann den Hang hinab zu steigen. Mit zittrigen Knien trat ich den Weg in das Dorf an.

    Günter

    Auf dem Marktplatz sollte unser Treffpunkt sein, ich wollte dort warten, am frühen Abend gegen 18 Uhr.

    Dort aber traf sich der Pöbel zu dieser Zeit, Arbeitslose, Handlanger, Feldarbeiter aber auch Jugendliche und einsame Witwer, gemischtes Publikum also.

    Der Getränkestand war noch nicht abgebaut, das Bier floss in Strömen, jeden Freitag dasselbe Bild. Mir war längst klar, dieser Ort war nicht gut gewählt das war nicht der richtige Ort für ein Treffen mit einem Mädchen. Ich hatte mich nie zuvor unter das Bauernvolk begeben, mir war unbehaglich zu Mute.

    Die meisten saßen auf der Mauer mit einem Becher voll Bier oder Fusel. Man kannte mich gut, ich hatte schon oft Krankenbesuche gemacht, doch ich blieb stets distanziert, habe mich nie unter das gemeine Volk gemischt. Man empfing mich grölend.

    „Doktorchen, unser Doktor lässt sich herab zu den normalen Sterblichen, spöttelten Einige.

    Ich holte mir ebenfalls einen Becher Bier um kein Spielverderber zu sein oder als Spießer zu erscheinen. Sie rückten zusammen und machten mir Platz auf der Mauer.

    Es war durchaus nicht nur Pöbel auf dem Platz.

    Neben mir erhob sich ein Kaufmannssohn, er war wohl Mitte dreißig und schon lange Witwer.

    Er hatte nur ein kurzes Eheglück, ein hübsches junges Ding, eine von mir abgelegte Geliebte. Möglicherweise hatte sie schon eine Frucht von mir im Leibe denn keine acht Monate nach der eiligen Hochzeit wurde schon ein Sohn geboren.

    Der arme Trottel neben mir hatte keine Ahnung, ich musterte ihn aus der Nähe, ein sogenannter Schönling, zu schön fast, für einen Mann!

    Trotzdem wollte das junge Ding lieber mich haben, aber ich brauchte sie nicht, ich konnte mit ihr nichts weiter anfangen außerhalb der Bettlaken. Er hat sie mit offenen Armen empfangen, welch ein Segen für eine geschändete Frau.

    „Was macht der Sohn"? Fragte ich anzüglich.

    „Er besucht schon eine Knabenschule in der Stadt", antwortete Hermann.

    „Und, ist er gut?"

    „Oh ja, ich bin sehr stolz auf ihn".

    „Gut so", sagte ich und klopfte ihm auf die Schulter.

    Er fühlte sich offensichtlich unbehaglich neben mir und verabschiedete sich bald.

    Er war gerade aus meinem Blickfeld verschwunden, als der Blitz mich traf. Es haute mich um, plötzlich stand -Sie- da. Das ist sie dachte ich, welch ein Vollweib, ihr Anblick traf mich wie ein Pfeil ins Herz, es dauerte nur wenige Sekunden, unsere Blicke trafen sich, sie schaute nur „Mich" an obwohl viel Jüngere als ich hier saßen. Ein leichtes Lächeln umspielte ihre süßen Lippen, ich sah es deutlich, sie meinte mich. Alle grölten, einige sprangen auf, es war ein Tumult entstanden, ich sah mich um, notfalls würde ich die Schöne verteidigen müssen, als ich jedoch wieder in ihre Richtung sah war sie verschwunden.

    „Habt ihr das Weib gesehen? Mann oh Mann", hörte ich sie grölen.

    Ich lief auf die Straße, konnte sie aber nirgends mehr erblicken.

    Ich eilte die Straße entlang bis zu nächsten Biegung, sie blieb verschwunden, ratlos blieb ich stehen und schüttelte den Kopf.

    Ich wartete jeden Tag zur gleichen Zeit auf dem Platz auf sie. Nach einer Woche sah ich sie wieder, mein Herz blieb fast stehen ich war wie geblendet von ihrem Anblick.

    Sie ging sehr schnell, schwebte fast über dem Boden.

    Ihre Augen suchten mich zwischen den vielen Männern heraus und blieben an mir haften, ihr Blick traf mich mitten ins Herz. Ich sprang auf, um sie aufzuhalten, doch ich konnte nicht schnell genug durch das Gedränge.

    Ich schubste die ungehobelten Rüpel beiseite und lief auf die Straße doch es war wieder zu spät, sie war schon wieder verschwunden. Ich lief die Straße entlang, doch ich konnte sie nicht mehr sehen. Wo ist sie geblieben, wo ist sie hingegangen?

    Ich wartete noch Stunden am Ortseingang denn ich war mir ziemlich sicher, Sie ist wie ich eine Zeitreisende.

    Solche Kleider trägt hier keine Frau, ihr Bild ging mir nicht mehr aus dem Kopf, mir war als würde ich sie kennen.

    Ich wartete jeden Tag, dann nur noch jede Woche am Freitag auf sie, doch vergebens! Ich begann von ihr zu träumen, Träume die so wirklich waren als hätte ich alles wahrhaft erlebt. In meinen Träumen lebten wir zusammen, sie küsste mich wach, fütterte mich mit Leckereien, kämmte meine Haare, band meinen Zopf, neckte mich, lief auf einer Wiese lachend vor mir davon, weiter und weiter bis ich sie nicht mehr sehen konnte.

    Ein schmerzhaftes Gefühl des Verlustes drückte mir auf den Magen, begleitete mich durch die sinnlose verlorene Zeit ohne sie.

    Ich hatte nur meine Träume. Sie stand in der Küche kochte mein Leibgericht, ich saß am Tisch und schaute ihr zu. Sie hing an meinem Arm, wenn wir lange Spaziergänge machten, sie war immer bei mir. Wenn ich sie nicht sah brach ich in Panik aus und wurde wach, sie war nicht mehr da, warum kam sie nicht mehr.

    Auf dem Dorfplatz wollten wir uns treffen, zögernd betrat ich das Dorf. Würde er mich wahrnehmen oder gelangweilt in eine andere Richtung sehen? Die Straße noch zu Ende gehen, dann kann ich schon den Marktplatz sehen. Meine Knie bibberten als ich die lauten Stimmen hörte, ich ging mit schnellen Schritten, lief fast um nicht unnötig aufzufallen. Jetzt konnte ich alles überblicken, den Platz, die Mauer vollbesetzt mit Männern, junge, alte, üble Gestalten, dazwischen saß er, ich sah ihn sofort, auch ich wurde gesehen. Die Männer begannen sogleich zu grölen und zu pfeifen.

    Ich hatte nur Augen für ihn auch er sah mich, unsere Blicke trafen sich und verschmolzen.

    Doch es blieb keine Zeit für lange Blicke. Die grölenden angetrunkenen Kerle stürmten auf mich zu, mutig angeheizt vom Alkohol, umringten sie mich, ich bekam Angst, sah eine Lücke und begann zu laufen, zum Ende der Straße, bog um die Ecke und versteckte mich hinter Büschen in einem Garten.

    Ich befürchtete verfolgt und belästigt zu werden.

    So verbarg ich mich noch eine Weile, hörte keine Stimmen mehr und schlich auf einem Nebenweg aus dem Dorf, am Berge entlang bis zu dem Trampelpfad, welcher zu der Höhle führte. Vor der Höhle setzte ich mich auf den Felsen und schaute ins Tal.

    Warum kommt Günter nicht hierher, er muss sich doch denken können das ich hier auf ihn warte. Vermutlich weiß er gar nichts mehr von mir, alles was er sagte waren nur lockere Sprüche.

    Ich vertiefte mich wieder in mein Büchlein.

    Günter war mittags in die alte Zeit gesprungen, ich sollte später folgen. Er wollte mir unbedingt beweisen, dass er mich zu jeder Zeit wiedererkennen und lieben würde.

    Er hegte nicht den geringsten Zweifel, für ihn war es kein Wagnis, sondern ein Zeichen seiner immerwährenden, unauslöschlichen Liebe. Ich war mir nicht sicher, hegte große Zweifel, wie sollte er mich erkennen, wenn er mich noch nicht gesehen hat, wir befanden uns ja jetzt in der Vergangenheit, in der wir uns noch nicht kannten, im Jahre 1871.

    Ich war mir sicher er hatte noch nicht mal ein Foto von mir eingesteckt. Ich hingegen hatte meine Taschen voll mit Fotos, Erinnerungsschreiben und Hinweisen, ich brauchte sie nur zu lesen und war im Bilde. Ich hatte die letzten Tage eine kurze Zusammenfassung des wichtigsten was uns betraf, aufgeschrieben und das meiste schon vor meinen Gang in das Dorf gelesen.

    Es hat nicht sollen sein dachte ich, in einer Woche werde ich noch einen Versuch starten.

    Vermutlich habe ich ihn nicht sonderlich interessiert, sonst hätte er nach mir gesucht.

    Er muss doch sehen, das ich mich dort keine Minute aufhalten kann, also sollte er sich schon beeilen, wenn er mich näher kennen lernen will.

    Er würde mich immer und überall erkennen und lieben wie vorher, hatte er geprotzt, nun ja, jetzt hat es nicht den Anschein. Alles nur Sprüche, dachte ich resigniert, was nun, wo sollte ich hin hier in dieser Zeit? Das Haus von Günter, von uns konnte ich nicht aufsuchen, er würde mich für eine Hure halten in dieser Zeit um 1870.

    Ich konnte auch zum dritten oder vierten Mal den Fehler begehen und bei Hermann an die Tür klopfen.

    Er würde mich mit Sicherheit nicht vor der Tür stehen lassen.

    War er mir nicht gerade im Dorf begegnet? Ich habe gesehen, wie er heftig nach Luft geschnappt hat als er mich sah.

    Ach Gottchen das Bengelchen, wie alt mag er sein?, höchstens Mitte 30, er hat das Gesicht eines Mädchens, wenn da nicht der alberne Zwirbelbart wäre, alle hier tragen diesen lächerlichen Bart nur mein Günter nicht.

    Ich würde den jungen Wolfgang kennen lernen mit etwa 7 Jahren, meine Güte, vor ein paar Monaten habe ich ihn fast 60-jährig gesehen.

    Ich könnte mich in die Pension auf der anderen Seite am Berge einmieten. Nein das war unmöglich ich würde das Jahr 1991 antreffen, das wollte ich auf keinen Fall.

    Ich brauchte nicht die gesamte Höhle zu durchqueren und den steilen Berg hinabsteigen, ich brauche nur in die Höhle steigen und die Zeit bestimmen.

    Das Jahr 2050 hatten wir schon vor 40 Jahren aufgesucht, da konnte ich unter der großen Kuppel ein Gästezimmer mieten.

    Von dort konnte ich jeden Tag einen Besuch in das Dorf machen, in das Dorf 180 Jahre später, soweit es noch bestand.

    Mein Gott, ich bin tatsächlich heimatlos, ein einsamer Pendler zwischen den Welten.

    Es würgte mich in der Kehle ich brach in Tränen aus, warum hatte ich mich auf dieses dumme Spiel eingelassen, einzeln in die ferne Zeit zu gehen, nur um unsere Gefühle zu testen...

    Noch immer saß ich vor der Höhle in der Sonne, ich hatte mein Büchlein wieder aufgeschlagen, las und las, Begebenheiten, Erlebnisse, Banales, Aufregendes, Trauriges und Schönes, aus 70 gelebten Jahren. Ich las bis es dunkel wurde und hatte doch nur einen kleinen Teil geschafft.

    Meine kostbarste Habe, die Alben und Mappen, hatte ich in der kleinen Nebenhöhle verborgen. In meiner geräumigen Manteltasche hatte ich etliche Fotos aus verschiedenen Epochen mit Datum und Kommentar. Fotos allein von Günter, mit mir zusammen, mit der Grafenfamilie von früher, mit uns in der Mitte und als kleinen Schock zum Schluss ein Foto von Günter, mit 73 Jahren, heute Morgen erst aufgenommen mit dem Datum 1931.

    Ich erinnerte mich plötzlich an das ausschlaggebende Gespräch mit Günter, von dem Moment an war nichts mehr wie früher.

    „Deine Mutter hat im Schloss Einzug gehalten, habe ich erfahren, mein Gott, deine Mutter als blutjunge Frau, lebt nur wenige Kilometer von uns entfernt".

    „Alles beginnt nun von neuem, der Kreislauf hat sich geschlossen, alles wird nun anders".

    Wir konnten das Schloss nicht mehr betreten, unsere Verwandten nicht mehr besuchen, uns bleibt nur noch, dieser Zeit, die unser Leben ist, zu entfliehen.

    „Unsere Zeit hier ist zu Ende", fügte ich dramatisch hinzu.

    „Ich fürchte, du hast Recht", bestätigte Günter seufzend.

    „Schade- schade, es war eine schöne Zeit, ich wäre gerne noch geblieben, zudem werde ich auch zu alt. „So werden wir denn gehen müssen, wir werden in die tiefe Vergangenheit eintauchen, 60 Jahre zurückgehen, alles Vertraute, uns lieb gewordene verlassen, 60 Jahre pralles, gelebtes Leben auslöschen, als hätte es die Jahre nie gegeben und in der fernen Vergangenheit einen Neuanfang beginnen.

    Wir unterhielten uns über die Zeit danach.

    „Leider werden wir wieder bei null beginnen müssen, alles ist dann verloren", erklärte er.

    „Es muss nicht alles verloren sein, warf ich ein, „vielleicht können wir die meisten Neuanschaffungen retten und in die andere Zeit mitnehmen.

    „Ich möchte nicht noch einmal bei null anfangen, diesmal werden wir alles besser machen Liebste", entgegnete er.

    „Aber wir werden dann nichts mehr wissen von den ganzen Jahren, gab ich zu bedenken, und wir wissen dann auch nichts mehr von unserer großen Liebe!

    „Du machst wohl Witze, ich werde dich immer lieben, auch wenn wir mehr als 60 Jahre zurückgehen, ich brauch dich nur zu sehen und das Herz wird mir aufgehen, dass weiß ich ganz genau, wir werden wieder jung sein und voller Liebe für einander entbrennen, es wird eine wunderbare Zeit, ein perfekter Neuanfang werden".

    Ich zuckte zweifelnd mit den Schultern.

    Er nahm mich zärtlich in den Arm.

    „Wie könnte ich dich jemals -nicht- lieben", raunte er mir ins Ohr.

    Im Juni begannen wir unser wertvollstes Habe, dass wir uns die letzten Jahre angeschafft hatten, auf den Berg zu schleppen und in der kleinen Nebenhöhle zu verstauen.

    Dort sind sie erst einmal sicher aufgehoben, wenn wir in der Zeit zurückgehen, später werden wir Sie dann holen. Wir rackerten uns ab wie die Schwerarbeiter. Wolfgang, der uns hätte helfen können, war schon seit Wochen verschwunden.

    Bald war die Wohnung erschreckend leer, wir merkten sehr bald wie schwer es ist, im Sommer ohne Kühlschrank auszukommen.

    Mit jedem Tag wurde es ungemütlicher im Haus, eine leichte Panik überkam mich, als auch noch die Generatoren aus dem Haus waren.

    „Ach das ist alles nicht so wichtig, meinte Günter, Hauptsache, wir haben uns".

    „Ja du hast recht", bestätigte ich halbherzig.

    Ich sah der ganzen Angelegenheit mit gemischten Gefühlen entgegen, es bereitete mir Unbehagen, so weit in die Vergangenheit zu gehen. Außerdem hatte ich große Bedenken, denn es war fragwürdig, ob ich auch in diese frühe Zeit gelangen könnte, im Gegensatz zu Günter, denn er hatte in dieser Zeit ja schon hier gelebt und gewirkt.

    Nun habe ich den Schritt in die Vergangenheit getan, doch meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bestätigt, alles war noch schlimmer gekommen, als ich es mir in meinen schlimmsten Albträumen, habe vorstellen können.

    Nun hockte ich hier allein auf dem Felsen, auf dem wir so oft zusammensaßen.

    Als erstes wollte ich Günter mein Lieblingsfoto zeigen, wenn wir uns endlich treffen würden. Das Foto von Hermann geknipst, es zeigt mich mit Günter beim Rocken, umgeben von kreischenden, klatschenden Gästen.

    Doch leider ist es nicht zu einer Begegnung mit uns gekommen, leider, vermutlich kommt er gar nicht mehr auf den Dorfplatz, wenn ich mich erneut dorthin wage, möglicherweise sehe ich ihn gar nicht mehr. Bevor wir uns von unserem Haus getrennt haben hatten wir in den Tagen zuvor alle Elektrogeräte in Sicherheit gebracht das war eine mühselige Plackerei.

    Sie sollten uns das Leben in der stromlosen Zeit erleichtern, wir brauchten auf keinen Luxus verzichten.

    Ich sprang in die Höhle und wünschte mich in die neue Zeit.

    Jetzt würde ich eine Woche unter der Kuppel verbringen.

    Ich trat aus der Höhle, unter mir am Fuße des Berges erstrahlte das überdimensionale Kuppeldach so groß wie ein Dorf, das Einkaufscenter. Es war Tag und Nacht geöffnet.

    Ich leuchtete mir meinen Weg hinab mit meiner Taschenlampe ohne die ein Trip durch die Höhle undenkbar wäre. Ungewohnt grelles Licht blendete mich, ich betrat eine fremde Welt, suchte als Erstes unser Lieblings Restaurant auf und bestellte mir ein drei Gänge - Menü, man gönnt sich ja sonst nichts. Später mietete ich mir die Zimmer die ich mit Günter immer bewohnte und schlenderte danach durch die Hallen. Der Abend war noch jung ich hatte viel Zeit, eine ganze Woche. Eine Woche in einem tristen Hotelzimmer ist zu ertragen dachte ich aber was dann?

    Ich las noch ein wenig machte mich frisch und ging wieder in das kleine Restaurant um ein Gläschen Wein zu trinken.

    Hier habe ich einst Justin kennen gelernt hier an diesem Tisch haben wir gesessen. Im Jahr 2050 oder 2040 allerdings war das nicht im Sommer, sondern im Dezember. Justin war damals ungefähr so alt wie ich es jetzt bin. Mein Gott dachte ich, wie jung ich nun wieder bin aber was nützt mir das wenn ich jetzt ohne meinen Günter leben muss.

    Ich brütete trübsinnig vor mich hin. Es war spät als ich endlich in mein Bett kroch.

    Am nächsten Tag lief ich stundenlang durch die Passagen, der Tag wollte nicht vergehen. Anschließend ging ich durch das Dorf, alles hatte sich verändert.

    Der Marktplatz aber mit der Mauer war noch vorhanden.

    Die Tage erschienen mir endlos! Noch einen Tag dann ist es soweit. Ich machte mich fein, kleidete mich in ein zeitloses luftiges Kleidchen in dunkelgrün, packte die Fotos in meine Tasche und nahm das Hütchen in die Hand.

    Den Hut würde ich erst in der alten Zeit aufsetzen.

    Mein Herz klopfte wie wild, als ich den Hang hinabstieg und das Dorf betrat.

    Mein Herz schlug bis zum Halse, als ich ihn auf der Mauer sitzen sah.

    Ich sah noch wie er aufstand und auf mich zu kam, doch der Pöbel vor der Mauer begann sogleich mich einzukreisen und zu bedrängen. Laut grölend, angeheizt von Schnaps und Bier, hatten sie allen Mut, nach mir zu greifen, ich musste laufen, ich konnte nicht stehen bleiben, der Pöbel würde mich erdrücken, ich hörte das scheußliche Geräusch meines zerreißenden Kleides, ich schlug um mich, kratzte und boxte, sie waren stark angetrunken und lüstern.

    Ich lief so schnell ich konnte alles war noch schlimmer als vor einer Woche, ich hielt mich wieder hinter einer Hecke verborgen bis der Tumult sich gelegt hatte und hoffte Günter zu sehen auf der Suche nach mir.

    Wie lange muss ich hier noch hocken bleiben? Ich sah ihn, er stand auf der Straße und schaute wo ich geblieben war, ich lugte durch die Hecke, komm mein Liebster warum kommst du nicht? Dachte ich, warum stehst du da wie angewurzelt und suchst mich nicht?

    Er kam ein paar Schritte näher, schüttelte den Kopf und ging in die andere Richtung davon. Die Männer lungerten noch immer auf der Straße.

    Ich wagte nicht mein Versteck zu verlassen. Günter wandte sich noch einmal um und schüttelte erneut den Kopf.

    Das war’s dachte ich, es gibt also keinen Neubeginn mit uns.

    Schade schade, wieder lief ich heulend den Hang hinauf, heulte mich abends in den Schlaf und verließ am nächsten Tag das Center.

    Ich fuhr in das Schlösschen dort konnte ich ein paar Wochen oder Monate verbringen, ein sinnloses Leben führen, meine frisch erworbene Jugend vertrödeln und vertun.

    Wolfgang hatten wir vergessen, wir hatten ihn Tagelang nicht mehr gesehen. Der arme Kerl ist jetzt genauso wie die gesamten 60 Jahre ausgelöscht, jetzt gibt es ihn nur noch als 8-jährigen Knaben im Jahr 1871. Auch von Wolfgang hatte ich reichlich Fotos dabei, er war ein echter Hingucker, ein interessanter toller Kerl genau wie sein Vater.

    Schade, dachte ich wieder einmal, schade um die vielen gelebten Jahre die nun unwiederbringlich ausgelöscht sind. Ich packte meine große Reisetasche aus und ordnete alles in den geräumigen Schrank, ich arbeitete langsam denn ich hatte unendlich viel Zeit!

    Jetzt beginnt die ödeste Phase meines Lebens, eines Lebens allein.

    Ich hatte seit 8 Tagen mit keinem Menschen mehr gesprochen.

    Vielleicht kann ich als Erzieherin die Kinder betreuen, ich brauche eine Aufgabe, brauche Abwechslung, sonst werde ich noch verrückt.

    Ich werde jetzt in den Ort gehen in das kleine Restaurant um ein Abendessen einzunehmen, dort bin ich nicht allein.

    Doch als ich dasaß, zwischen all den Menschen, dem Stimmengewirr und Lachen fühlte ich mich erst richtig allein.

    Niedergeschlagen ging ich den Weg ins Schlösschen zurück, verkroch mich in unsere kleine Wohnung und stellte den Fernseher an, ich holte mir eine Flasche Wein aus dem Schrank, verdünnte ihn mit Wasser und setzte mich auf die Couch.

    Die Tür öffnete sich und Günter stand im Raum, ich schnappte nach Luft und stierte ihn ungläubig an.

    Es war nicht Günter, es war Wolfgang! Auch er schnappte nach Luft und starrte mich an.

    Endlose Minuten vergingen oder waren es nur Sekunden.

    „Carla?; fragte er, „bist du das, bist du es wirklich?

    „Ja Wolfgang, ich bin es", sagte ich fast tonlos.

    Er kam langsam näher und ließ mich nicht aus den Augen.

    „Ich glaube es nicht, sagte er fassungslos, du bist so schön so jung die schönste Frau die ich je gesehen habe".

    „Ach übertreib doch nicht so Wolfgang, ja gut ich bin jünger und frischer, aber - ach, ich bin so unglücklich".

    „Ist Günter, aeh, mein Vater nicht mitgekommen?"

    „Nein ich bin jetzt allein, er liebt mich nicht mehr, hat mich vermutlich nie richtig geliebt".

    „Was sagst du da, der alte Trottel will dich nicht mehr, dich? wie kann man eine Frau wie dich verlassen".

    Er schüttelte ungläubig den Kopf.

    „Habt ihr gestritten?"

    „Nein, wir sind nicht im Zank auseinandergegangen, sagte ich, „ach Wolfgang ich bin so traurig.

    Er nahm mich in den Arm und schaukelte mich, „du bist nicht allein Carla, liebste Carla, sagte er, „ich bin immer für dich da, du hast doch mich.

    „Ja ich habe dich, sagte ich ohne zu überlegen".

    Er begann mich zu küssen, Zaghaft erst, dann Besitzergreifend.

    Ich befreite mich aus seiner Umarmung.

    „Das geht mir zu schnell", sagte ich.

    „Ja, entschuldige, du hast recht".

    „Du tust mir gut, murmelte ich „und ich freue mich das du hier bist, das ist gut, das ist sehr gut, so kannst du mir alles erzählen, alles was in den vielen Jahren geschehen ist, ich habe viel Zeit, ein Glück das du hier bist, sonst hätten wir dich mit ausgelöscht!

    „Ich verstehe nicht?

    „Wir haben die gesamte Zeit unseres gemeinsamen Lebens ausgelöscht".

    „Wow, staunte er, „da gibt es viel zu erzählen.

    „Ich bin also der einzige, der diese Löschung überstanden hat, weil ich mich in einer völlig anderen Zeit aufgehalten habe, wäre ich im Dorf gewesen gäbe es mich jetzt nicht mehr?"

    „Es gibt dich!, sagte ich, „als 7-jährigen Knaben, ich habe deinen Ziehvater Herbert gesehen ganz jung, er hatte noch ein hübsches Mädchengesicht.

    „Hast du den Jungen auch gesehen?" fragte er.

    „Nein noch nicht, du wirst uns leider nie besuchen können, denn dich gibt es ja schon, ich fürchte das könnte dein Ende sein".

    „Du gehörst nicht in die Zeit, in welcher der kleine Wolfgang aufwächst, ich vermute du würdest bei Eintritt in diese Zeit einfach vergehen, nur eine Vermutung von mir, aber ich würde es nicht darauf ankommen lassen".

    „Nun erzähle Wolfgang!"

    „Wo soll ich beginnen"?

    „Erzähl erst einmal alles was du für wichtig hältst", bat ich.

    Draußen prasselte ein Regenschauer, es war kühl geworden es folgte ein Hagel-Geprassel und ein Gewitter. Ich schloss das Fenster, holte Decken und ein Glas für Wolfgang.

    Wolfgang zündete eine Kerze an, ich zog die Decken über uns beide.

    „So ist es gemütlich", sagte ich, wir saßen dicht beieinander.

    Wolfgang redete, nur unterbrochen von meinen Fragen, es wurde Mitternacht.

    Wolfgang hatte den Arm um mich gelegt und ich meinen Kopf an seine Schulter, als die Kerze abgebrannt, waren wir längst eingeschlafen.

    Ich wurde wach als die aufgehende Sonne das Zimmer rot färbte, Wolfgang schnarchte leise, ich kuschelte mich noch ein halbes Stündchen in seinen Arm.

    Als ich erneut erwachte waren Stunden vergangen, ich blickte zur Seite in seine Augen.

    „Bist du schon lange wach?", fragte ich.

    „Schon eine ganze Zeit, aber ich habe mich nicht bewegt ich wollte den schönen Augenblick nicht zerstören, du hast so süß geschlafen, „ich möchte jeden Morgen mit dir aufwachen, ich könnte dich Stundenlang nur anschauen!

    Ich sagte nichts, was sollte ich darauf sagen?

    Im Laufe des Tages erfuhr ich eine ganze Menge aus unserem Leben. Wolfgang konnte wunderbar erzählen, wir hockten den ganzen Tag zusammen fuhren in den Ort, machten einen langen Spaziergang nach dem Abendessen und saßen später wieder auf der Couch dicht beieinander.

    Er hatte den Arm um mich gelegt ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und lauschte seinen Worten.

    „Erzähle mehr von der Praxis", sagte ich.

    Er redete manchmal Stunden.

    „Die Patienten standen oft bis an die Straße, in drei Wochen müssen wir wiedereröffnen, dann werde ich dich natürlich mitnehmen".

    „Aber Wolfgang sagte ich, „die Praxis gibt es ja gar nicht mehr und ich kann auch nicht in die Zeit zurück, ich kann nur nach 1871 gehen.

    „Dann komm ich mit nach 1871", sagte er.

    „Oh nein mein Lieber das geht gar nicht, du weißt dort gibt es dich als 8-Jährigen, du kannst nicht zweimal sein".

    „Dann können wir nur hier zusammen sein"?

    „Ich fürchte ja! ich habe noch ein paar Dinge in der Höhlenluke deponiert, sagte ich, „lass sie uns in den nächsten Tagen holen.

    „Jederzeit, entgegnete er, wann immer du willst".

    Die erste Woche verging wie im Fluge, am Wochenende fuhren wir zu den Höhlen.

    Wir gingen zu der kleinen Höhlenöffnung am Fuße des Berges, neben uns wölbte sich die riesige Kuppel des Centers. Ich schaute ob noch alles vorhanden war, die Strippen und Schläuche die Justin vor vielen Jahren dort installiert hatte steckten immer noch in der Luke.

    „Sie haben unser Haus mit der Welt verbunden".

    „Das ist ja gar nicht möglich" sagte Wolfgang.

    „Doch, bestätigte ich, „sie verbinden das Haus noch immer mit der Welt auch 1931.

    „Wann wird das Haus abgerissen? ich muss doch bald weichen, wenn das Center gebaut wird".

    „Ach, erst in etwa 80 Jahren wird es das Haus nicht mehr geben, sagte ich, aber vieles andere wird sich ändern in der nächsten Zeit".

    „Wir hätten nicht mehr lange bleiben können, bald hält Günters Mutter hier Einzug, also deine Großmutter, die alte Gräfin wird dann als junge Frau im Schlösschen einziehen, dann ist unser Bleiben in dieser Zeit unmöglich, sie heiratet dann den jungen Grafen Karl".

    Wolfgang war sprachlos!

    „Was sagst du da?, fragte er, „sag das noch einmal.

    „Ja Wolfgang, so ist es".

    Aber...aber, wenn sie mich sieht?

    „Sie wird dich natürlich nicht erkennen, sie hat dich doch erst viel später kennen gelernt, mit über 90 Jahren, du musst weiterhin das Schloss aufsuchen, du bist doch der Leibarzt der Sippe und unsere einzige Verbindung, wenn du sie siehst, ihr wahrhaftig gegenüberstehst, dann erst hat sich der Kreis geschlossen".

    Ich kramte meine Mappen aus der Luke und ging mit Wolfgang in das Center, um noch einige Kleinigkeiten zu besorgen.

    Im Schlösschen angekommen, sagte ich: „Du musst deinen Lauf alleine machen ich habe noch so viel zu lesen".

    „Wenn es denn sein muss" erwiderte er unwillig.

    Ich begann zu lesen – je mehr ich las desto mehr fühlte ich mich in die Zeit versetzt und erlebte sie erneut. Ich hatte viel Muße zum Lesen alles wurde lebendig, mit der Zeit glaubte ich alles.

    Nach den Fotos den Filmen und dem was Wolfgang erzählte, meinte ich alles selbst erlebt zu haben, ich hatte ja auch alles erlebt.

    Wolfgang war in seine Zeit gereist, er wollte eine Baufirma beauftragen neue Praxisräume zu bauen, größer und stabiler als die vorigen, mit viel Glas und Stahl, alles sollte eine gewisse Eleganz ausstrahlen.

    „Ich komme so oft es mir möglich ist zu dir zurück ins Schlösschen".

    Wolfgang hatte das Schlösschen von seiner Großmutter, der alten Gräfin geerbt nach dem sein Vater, mein Günter das Erbe ausgeschlagen hatte. Er war der uneheliche Sohn von Günter und hatte fast dreißig Jahre nichts von seinem leiblichen Vater und seinen Adligen Vorfahren gewusst.

    Ich wohnte mittlerweile 3 Wochen im Schlösschen, war schon über 4 Wochen von meinem Günter getrennt.

    Die Sehnsucht nach ihm wurde mit jedem verstreichenden Tag größer.

    Seit Wolfgang fort war, hatte ich reichlich Zeit zum Lesen in meinen Büchern, in denen ich die langen Jahre unserer Leben niedergeschrieben hatte, mit den vielen Fotos die ich sorgfältig mit Kommentar in die Alben geklebt hatte, ergab alles ein lebendiges Bild.

    Es berührte mich sehr was ich jetzt las.

    Ich lebte längst in dieser Geschichte und fühlte mich als Mittelpunkt der Story.

    Günter dachte ich, mein liebster treuer Gefährte seit so langer Zeit, Goldene Hochzeit haben wir schon gefeiert und liebten uns noch immer. Längst hatte dieses starke Gefühl wieder Besitz von mir ergriffen. Ich werde dich nicht länger allein lassen mein Liebster, wenn du mich noch willst und noch ein bisschen Liebe für mich übriggeblieben ist.

    Ich belegte mir hastig eine Scheibe Brot mit Käse, kochte mir eine Kanne Tee und vertiefte mich wieder in meine Lektüre, noch 200 Seiten, dann weiß ich alles was geschehen ist, zwei Stunden später klappte ich das letzte Büchlein zu.

    Tränen liefen mir über die Wangen. Das war ein ganzes Leben, mein Leben mit Günter, meine Güte, was wir alles gemeinsam durchstanden haben. Warum sind wir nicht zusammen in die alte Zeit gereist? Wie dumm von uns, haben wir gedacht, wir fallen uns so gleich in die Arme und glühen voller Liebe für einander?

    Vermutlich hat er mich gar nicht wiedererkannt, aber wie kann er mich lieben, wenn er gar nichts mehr von mir weiß. Mein armer Liebling, dachte ich, wenn du nichts mehr von mir weißt kannst du mich auch nicht vermissen, wie ich dich vermisse.

    Ich stellte ihn mir vor im Schlösschen bei Ur - Ur inmitten der großen Familie lustig mit den Verwandten plaudernd. Bei seinen Krankenbesuchen, den jungen Frauen zuzwinkernd. Warum sollte er nicht, er war ja ein Junggeselle, ein Single. Wenn er mich aber nicht vermisst, weil er nichts von mir weiß was soll ich dann dort?

    Ich heulte mich wieder einmal in den Schlaf. Wolfgang ist reell, er mag mich, begehrt mich, ich bin nicht allein, dachte ich, während ich morgens meinen Kaffee trank, irgendwann werde ich ihm nachgeben dann sind wir ein Paar.

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