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Adromenda - Die Königskinder von Adromenda (Band 1)
Adromenda - Die Königskinder von Adromenda (Band 1)
Adromenda - Die Königskinder von Adromenda (Band 1)
eBook443 Seiten6 Stunden

Adromenda - Die Königskinder von Adromenda (Band 1)

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Über dieses E-Book

Irgendwo in einer Welt, die von ihren Einwohnern ›Adromenda‹ genannt wird, liegt das Königreich Empres.
Eurenia, die jüngste Tochter und treueste Anhängerin des Königs, macht sich auf den Weg nach Walum, um den Herzog der westlichsten Provinz des Reiches zu ehelichen. Prinzessin Eurenia ist nicht nur eine Jungmagierin und ausgebildete Kämpferin an der magischen Lanze, sie ist auch zu einer zukünftigen Herrscherin erzogen worden, rücksichtslos gegen sich selbst und gnadenlos gegenüber anderen.
Schon am Anfang ihrer Reise verdichten sich die Anzeichen, dass ihr zukünftiger Gemahl nicht der königstreue Provinzherrscher sein könnte, den man ihr versprochen hat, und die Ehe nur deshalb arrangiert wurde, um die Provinz Walum stärker an das Königshaus zu binden. Es keimt sogar der ungeheuerliche Verdacht auf, dass der junge Herzog bereit sein könnte, mit den ›Barbaren‹, dem Erzfeind auf der anderen Seite des Meeres, Frieden zu schließen.
Mit Grauen reist Eurenia dem Schloss des Herzogs entgegen, aber Lanika, die Göttin des Schicksals, hält noch weitaus größere Prüfungen für sie bereit.

SpracheDeutsch
HerausgeberFred Kruse
Erscheinungsdatum29. Mai 2017
ISBN9781370090082
Adromenda - Die Königskinder von Adromenda (Band 1)
Autor

Fred Kruse

Fred Kruse schreibt seit einigen Jahren Romane, die er im Selbstverlag herausgibt und auf jeder größeren Plattform als eBook oder auch als Taschenbuch erhältlich sind. Insbesondere die 7 Romane und 2 Erzählungen, die im Rahmen der Serie »Lucy – ein Weltraumabenteuer nicht nur für Jugendliche« erschienen sind, erfreuen sich einer für von Verlagen unabhängige Publikationen erfreulich großen Leserschaft.Alle Informationen zu Inhalten und Vertrieb der Werke erhalten Sie Sie auf der Homepage des Autors:fred-kruse.lucy-sf.de.HINTERGRUND:Der Autor lebt in Norddeutschland, ist verheiratet und Vater von drei Töchtern und einem Sohn. Während des Physikstudiums beschäftigte er sich besonders mit Elementarteilchen- und Astrophysik. Seit Jahren arbeitet er jetzt allerdings im IT-Management. Im Laufe seiner beruflichen Laufbahn hat er eine Reihe wissenschaftlicher Texte sowie Publikationen im IT-Umfeld veröffentlicht.VERÖFFENTLICHUNGEN:Lucy – Ein Weltraumabenteuer nicht nur für Jugendliche»Lucy – Ein Weltraumabenteuer nicht nur für Jugendliche« ist eine Science-Fiction Serie (Space Opera), die als Jugendbuch konzipiert wurde, aber auch gerne von Erwachsenen gelesen wird. Mittlerweile hat sich eine wachsende Fan-Gemeinde um die Geschichte gebildet.INHALT: Zusammen mit ihren irdischen Begleitern bricht das 16-jährige Mädchen Lucy zu einem Weltraumabenteuer auf. Anfangs glauben die vier unfreiwilligen Schicksalsgenossen noch, dass sie nur ihren Planeten Terra, die Erde, retten müssen. Im weiteren Verlauf der Odyssee, die sich über die insgesamt sieben Bände erstreckt, müssen sie aber erfahren, dass es sich um weitaus größere Ziele handelt. Es geht um nicht weniger, als das Überleben des ganzen bekannten Teils der Galaxie.Lucy, das mutige Mädchen mit dem etwas herben Charme, der etwas verschrobene aber geniale Christoph, der gut aussehende und mutige Lars mit dem gut versteckten, großen Herzen und die hübsche, auf den ersten Blick etwas naiv wirkende Kim, die aber ganz unvorhergesehene Fähigkeiten entwickelt, haben gemeinsam gefährlichste Abenteuer zu bestehen. Von exotischen Umgebungen auf fremden Planeten bis hin zu wilden Weltraumschlachten müssen sie bedrohlichste Situationen meistern.Dabei lernen sie nicht nur die weiterentwickelte Technik des Biologiezeitalters kennen, die Lucy noch nicht einmal aus Science-Fiction-Filmen oder -Romanen kennt, die vier müssen auch mit dem fremdartigen Verhalten ihrer neuen außerirdischen Freunde zurechtkommen.Folgende Bände sind bisher in der Reihe erschienen:Band 1: Besuch aus fernen WeltenBand 2: Im Herzen des FeindesBand 3: Der Bund der DreiBand 4: GorgozBand 5: Der SchlüsselBand 6: Die Rückkehr der SchattenBand 7: Die EntscheidungGeisterschiff (Erzählung)Gemeingefährlich (Erzählung)Final Shutdown:Der Roman »Final Shutdown« ist ein Cyber-Thriller. Zu dem Buch Final Shutdown regte den Autor die Sorge um die zunehmende Abhängigkeit unserer Gesellschaft von der Informationstechnologie an. Für besonders besorgniserregend hält er den Verlust der Kontrolle über entscheidende Komponenten unserer Infrastruktur. Der Großteil der Menschen in unserem Land sowie in ganz Europa verlässt sich darauf, dass die Technik funktioniert, ohne dass die für sie verantwortlichen Unternehmen kontrolliert werden können. Genauso wenig kann ausgeschlossen werden, dass insbesondere amerikanische Geheimdienste tief in die Struktur der Software und damit in lebenswichtige Teile unserer Infrastruktur eingreifen können.INHALT: Der erfolgreiche Kriminalautor Marko Geiger lässt sich von seinem alten Freund und IT-Spezialisten Oliver Vogt überreden, den mysteriösen Unfalltod zweier Kollegen zu recherchieren. Marko wittert einen interessanten Romanstoff und engagiert die couragierte Privatdetektivin Jana Brand, ihn bei der Recherche zu unterstützen. Was als spleenige Idee beginnt, entwickelt sich für die drei ungleichen Gefährten schnell zu einem Kampf ums nackte Überleben.

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    Buchvorschau

    Adromenda - Die Königskinder von Adromenda (Band 1) - Fred Kruse

    Teil 1: Die Prinzessin von Empres

    Aufbruch

    Juranthe und ein halbes Dutzend andere Zofen, die normalerweise nicht zu Eurenias Diensten standen, rannten herum wie aufgescheuchte Hühner. Obwohl schon seit drei Tagen die gepackten Truhen und Kisten für die Reise bereitstanden, nahmen sie noch kurz entschlossen Kleider, Schuhe und feinste Unterwäsche aus den Transportbehältnissen heraus und ersetzten sie durch andere. Juranthe kam mit dem dritten Kleid an diesem Morgen herangeeilt, hielt es Eurenia an und befand es endlich als passend. Eurenia stieg in das Gewand und sofort wurden zwei Dutzend Bänder geschnürt.

    Eurenia war genauso aufgeregt wie ihre Zofe, aber das durfte sie nicht zeigen. Die Prinzessin des größten und einzig wahren Reiches der Welt hatte nicht aufgeregt zu sein, egal wie sie sich fühlte. Es war schwierig, aber sie hatte weitaus kompliziertere Dinge zu meistern gelernt. Der nächste Winter würde Eurenias sechzehnter Geburtstag sein, Zeit sich zu vermählen.

    Ihre Eltern, der König und die Königin von Empres, dem einzig wahren Reich, hatten ihren Gatten ausgesucht. Sie hatte ihn noch nicht gesehen. Sie hoffte, dass sie ihn mögen würde, aber auch das spielte keine Rolle.

    Einer Prinzessin des Hofes von Empres, des Königssitzes des Reiches, gebührte es nicht, Gefühle zu einem einzigen Menschen zu empfinden, und schon gar nicht, ihre Entscheidungen nach ihnen auszurichten, sollten sie unpassender Weise doch einmal aufkommen. Eine Prinzessin war keine Magd. Sie hatte ihr Land zu lieben. Ihr Geist, ihr Körper, ihr ganzes Leben gehörte dem Reich. So war sie erzogen worden und so sollte es sein.

    Auch wenn, als Letztgeborene von fünf Geschwistern, die Hauptlast nicht auf Eurenias Schultern lag. Ihr ältester Bruder Karon, der Erstgeborene, würde die Nachfolge ihres Vaters antreten und das Reich regieren. Ihr fiel nur die weitaus leichtere Aufgabe zu, durch die geeignete Heirat das Herzogtum Walum stärker an die Krone zu binden.

    Es gab Gerüchte, dass der junge Herzog Daron die Bindung an den Hof von Empres allzu leichtnahm. Aber das würde sich schnell ändern. Nicht ohne Grund sagte man ihr, der Prinzessin des Hofes von Empres, Tochter der Königin und des Königs des einzig wahren Reiches, eine gute Durchsetzungsfähigkeit nach.

    Endlich beendete Juranthe die Ankleideprozedur. Sie betrachtete Eurenia mit kritischem Blick von oben bis unten.

    »Bitte sag jetzt nicht, dass du mich ein weiteres Mal umziehen willst. Ich möchte meinen Vater noch sprechen, bevor wir fahren«, stöhnte Eurenia.

    »Oh, entschuldigt bitte, Prinzessin«, erwiderte Juranthe. »Es ist nicht leicht, die richtige Kleidung zu finden. Ihr reist heute zu dem wichtigsten Ereignis Eures Lebens. Das Herz des jungen Herzogs soll höher schlagen, wenn er Eure Erscheinung sieht. Er soll übrigens ein ausgesprochen hübscher Mann sein, habe ich gehört.«

    Eurenia verzog tadelnd das Gesicht. Juranthe zählte nur einen Winter mehr als sie selbst. Vor etwa sechs Sommern war sie zu ihr gekommen. Von Anfang an hatte man ihr natürlich die Aufgabe zugedacht, die Bedienung der jüngsten Prinzessin des Hofes zu übernehmen. Trotzdem spielten die beiden Mädchen die ersten Jahre mehr miteinander, als dass Juranthe ihre Pflichten als Zofe wahrnahm. Wenn eine so hochgestellte Person wie Eurenia überhaupt jemanden eine Freundin nennen konnte, so war es Juranthe.

    Andererseits handelte es sich bei dem Mädchen nicht um eine Adelige. Der Hof hatte, als Geste der Menschlichkeit, das begabteste Waisenmädchen zur Zofe der jüngsten Königstochter gemacht. Für Juranthe bedeutete das einen Glücksfall, wie ihn kaum ein anderes Kind in ihrer Situation erleben durfte.

    Sie begleitete ihre junge Herrin zu allen Gelegenheiten. Sie bekam die gleiche Schulbildung wie eine Königstochter, auch wenn sich natürlich keiner mit dem Nachdruck um ihre Fortschritte bemühte, wie um die Lernerfolge der Prinzessin. Dennoch wurde ihr Versagen mindestens genauso hart bestraft wie das ihrer jungen Herrin. Und die Anforderungen an eine Prinzessin am Hof von Empres waren hoch, auch im Ertragen härtester Strafen, mit königlicher Würde versteht sich.

    Juranthe hatte sich als eine ehrgeizige und gelehrige Schülerin herausgestellt. Eurenia nahm sie sogar zur königlichen Großmeisterin mit. So hatte die Zofe die Kunst der Magie erlernt, auch wenn sie es nicht ganz so weit gebracht hatte wie ihre junge Herrin.

    Und doch, auch wenn Juranthe eine außergewöhnlich gute Ausbildung besaß, auch wenn sie am Hof aufgewachsen war und mittlerweile die Umgangsformen beherrschte wie jeder andere an diesem Ort, so war sie doch nur die Zofe und nicht die Prinzessin. Sie träumte wie jede Magd von der großen Liebe, von hübschen Rittern und gut aussehenden, jungen Adelsmännern, mit denen sie sich vermählen könnte.

    Sie hatte nicht die unbarmherzige Erziehung einer Prinzessin genossen und konnte sich nicht vorstellen, dass es bei einer Heirat wie der, die Eurenia in wenigen Monden eingehen würde, nicht darum ging, wie stattlich der junge Herzog gebaut war. Hier ging es allein um die Krone. Es ging um dieses Land, das vor den grausamen Barbaren geschützt werden musste. Es ging darum, dass auch die westliche Provinz des Reiches sich bereithielt, den Frieden und die Sicherheit des Königreichs mit Blut zu verteidigen.

    Eurenia trat diese Reise nicht an, um sich mit einem hübschen, jungen Mann zu vermählen. Nein, sie begab sich auf diese Reise, um eine Streitmacht zu heiraten. Ein Heer, das ihr Vater dringend brauchte, um den großen Krieg gegen die Barbaren führen zu können und Thuran, das Reich dieser Untermenschen, endgültig und unumkehrbar zu vernichten.

    »Gefällt Euch das Kleid meine Prinzessin?«, fragte Juranthe.

    »Du hast mich perfekt eingekleidet, wie immer«, erwiderte Eurenia nachsichtig lächelnd. Ihr war ihr Äußeres nicht halb so wichtig wie ihrer Zofe. »Auch der Zopf ist großartig geflochten. Ich möchte mich kurz von der Großmeisterin Yanera verabschieden.«

    »Ja, natürlich!« Juranthe sprang auf.

    »Nein, ich will nicht, dass du mitkommst. Ich möchte ihr allein Lebewohl sagen«, sagte Eurenia bestimmt.

    »Ja, natürlich Prinzessin.« Juranthe senkte den Blick.

    »Ich bin mir sicher, sie wird sich freuen, wenn du dich danach ebenfalls von ihr verabschiedest«, ergänzte Eurenia jetzt sanfter.

    »Aber …«, wollte Juranthe einwenden, doch Eurenia schnitt ihr das Wort ab.

    »Ich denke, du brauchst nicht dabei sein, wenn ich von der Königin Abschied nehme. Ich werde dich entschuldigen.«

    Juranthe nickte dankbar. Die Königin besaß schon kein sonderlich herzliches Verhältnis zu ihrer jüngsten Tochter, ihre Zofe konnte sie nicht ausstehen und demütigte sie, wo sie nur konnte.

    Eurenia raffte ihr langes Kleid und schritt über den kleinen Hof. Das Schloss bestand aus zwei Dutzend Häusern, die zu verschiedenen Zeiten errichtet worden waren. Jeder Herrscher hatte seinen Sitz nach seinen Bedürfnissen erweitert. So waren zwischen den verschiedenen Häusern Höfe entstanden.

    Jede Königin hatte es sich zu einem Anliegen gemacht, diese Höfe hübsch und interessant zu gestalten. Aber erst Eurenias Mutter war es gelungen, die gesamte Schlossanlage durch ausgesuchte Bepflanzung harmonisch erstrahlen zu lassen.

    Der Name des ›kleinen Hofs‹ rührte daher, dass er die geringste Größe von allen aufwies. In seinem Zentrum stand ein Brunnen, in dessen Mitte sich ein runder Stein befand, aus dem frisches Quellwasser sprudelte.

    Man hatte extra einen Bach aus dem nahen Gebirge so umgeleitet, dass eine ausreichende Bewässerung für das Schloss gewährleistet war. Ein Teil des Wassers wurde allerdings von den unterschiedlichen, im Schloss installierten Wasserspielen verschlungen.

    Der Hof war wie ein kleiner Park bepflanzt. Durch ihn führte von jeder Tür der umgebenden Häuser ein ebener, geharkter Sandweg zu dem Brunnen, der kreisförmig von eben solch einem Weg umrundet wurde. Unter den ältesten und schönsten Bäumen waren hölzerne Bänke aufgestellt.

    Eurenia wusste, dass sie ihre Großmeisterin an einem von zwei möglichen Plätzen treffen würde. Entweder sie saß auf ihrer Lieblingsbank in diesem Hof oder sie hielt sich im Schulhaus in ihrer Lehrstube auf.

    Die Prinzessin hatte Glück und traf ihre Lehrerin auf der Bank im Hof. Sie hielt ein altes, vergilbtes Buch in der Hand, das sie gedankenverloren studierte. Eurenia betrachtete die Frau einen Moment verstohlen. Wahrscheinlich würden einige Winter vergehen, bis sie sie wiedersah.

    Es gab keinen anderen Menschen, von dem es ihr so schwer fiel, Abschied zu nehmen. Sie liebte ihre drei Brüder und ihre Schwester. Natürlich verehrte sie ihre Eltern, wie es sich für eine ehrbare Tochter gehörte. Ihren Vater liebte sie sogar ein wenig.

    Mit niemand anderem hatte sie aber so viel Zeit verbracht wie mit ihrer Lehrerin Yanera. Sie war eine der Gelehrten am Hof von Empres und hatte Eurenias Erziehung übernommen. Seit ihrer Kindheit hatte die Großmeisterin Eurenia betreut. Mit Ausnahme der Stunden, die man der Prinzessin zum Spielen zugestand, hatte sie ihre gesamte Kindheit in der Nähe ihrer Lehrerin zugebracht.

    Und auch in ihrer Jugend war der größere Teil des Tages mit den Stunden bei der Großmeisterin ausgefüllt. Sie hatte Eurenia nicht nur alles beigebracht, was es an Wissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen im Reich Empres gab, sie hatte die Prinzessin auch in der Magie unterwiesen. Nur den Kampf mit dem eisernen Schwert hatte der Waffenmeister übernommen.

    »Da bist du ja endlich.« Die Großmeisterin hob den Kopf und blickte Eurenia aus wachen, haselnussbraunen Augen an. »Ich dachte schon, du hättest vergessen, dich von mir zu verabschieden.«

    »Nein, natürlich nicht, Juranthe hat nur so lange mit dem Ankleiden gebraucht«, sagte Eurenia so schüchtern, wie man sie an keinem anderen Ort des ganzen Reiches kannte.

    Die Großmeisterin war abgesehen von ihren Eltern der einzige Mensch, der sie duzte und den sie selbst mit vollkommener Ehrerbietung ansprach. Yanera erhob sich. Die Lehrerin hatte mehr als fünfzig Winter hinter sich. Für dieses hohe Alter befand sie sich körperlich noch in einer sehr guten Verfassung.

    Sie hielt sich locker und gerade wie eine Kriegerin. Ihr Geist war ohnehin dem Großteil der Mitglieder des Hofes überlegen. Eurenia hegte sogar die Meinung, dass Yaneras Geist den aller anderen Großmeister im ganzen Reich in den Schatten stellte. Zumindest hatte die Prinzessin noch niemanden getroffen, der es mit ihrer Lehrerin aufnehmen konnte.

    »Du bist sicher gekommen, um das hier abzuholen.«

    Die Großmeisterin hielt Eurenia einen Gegenstand entgegen, der grob an eine etwas krumm gewachsene Wurzel erinnerte. Er war von fleckig bräunlicher Farbe, lang gestreckt und an einem Ende nach unten hin verdickt. Das Einzige, woran man erkennen konnte, dass es sich nicht einfach um den Rest einer Pflanze handelte, waren merkwürdig unregelmäßig geformte Ornamente auf der Oberfläche.

    »Nein, das ist es nicht«, sagte Eurenia leise.

    »Nun nicht so schüchtern, junge Dame! Nimm die magische Kampflanze. Du hast sie dir verdient. Sie ist deine.«

    »Oh, es ist die Lanze meines Großvaters, die beste des ganzen Reiches.« Eurenias Augen wurden kugelrund. Für einen kurzen Moment war sie nicht mehr die stolze Prinzessin, sondern nur noch ein Kind, das sich über ein überaus großzügiges Geschenk freut.

    »Aber steht diese Lanze nicht dem König zu?«, stotterte sie.

    »Diese Waffen sind magisch, wie du weißt«, sagte die Großmeisterin schmunzelnd. Ein liebevoller Ausdruck hatte sich um ihre Augen gelegt. »Sie suchen sich ihren Besitzer selbst. Die beste Lanze für den besten, magischen Krieger! Und das ist weder der König noch dein Bruder, der Thronfolger.«

    »Ich wusste nicht, dass diese Lanzen den Namen ihrer Besitzer nennen«, sagte Eurenia. Sie hatte den Gegenstand mittlerweile behutsam aus der Hand der Großmeisterin genommen und betrachtete ihn ehrfurchtsvoll.

    »Das tun sie auch nicht.« Die Großmeisterin schmunzelte noch immer. Ein schelmisches Glitzern funkelte in ihren Augen. »Die Lanzen teilen mir mit, zu wem sie wollen, durch die Übungen, die meine Schüler mit ihnen verrichten.«

    Eurenia strahlte zurück.

    »Danke«, flüsterte sie und steckte die Waffe in den Waffengürtel, mit dem ihr Kleid um die Hüfte zusammengehalten wurde. Auch wenn dieser Gürtel etwas breiter als der eines Offiziers und wesentlich reichhaltiger verziert war, so war er nicht nur als Schmuckstück gedacht. Eine Prinzessin ging auch im Kleid bewaffnet auf Reisen und eine Königstochter wie Eurenia allemal.

    »Trotzdem bin ich nicht wegen der Lanze gekommen. Ich wollte Euch danken für alles, was Ihr in den letzten Jahren für mich getan habt, für alles, was ich lernen durfte, und für alle Weisheit, die Ihr mir vermittelt habt«, sagte Eurenia ernst. »Es gibt einen Wunsch, den ich hege und für den ich Eure Erlaubnis erbitte. Ich möchte nach meiner Hochzeit zurückkehren und bei Euch die Grade der Altmeister der Magie erlernen.«

    Die Großmeisterin lächelte milde. Sie trat einen Schritt auf die junge Königstochter zu und streichelte ihr die Wange, wie sie es früher getan hatte, als Eurenia noch ein Kind gewesen war. Von niemandem hatte die kindliche Prinzessin so viel Liebe erfahren wie von Yanera. Allerdings hatte auch kein anderer sie so hart bestraft, wenn sie die Anforderungen nicht erfüllt hatte.

    »Du kannst gerne zu mir zurückkehren und die Grade der alten Meister erlernen, wenn die Götter mir ein langes Leben und ausreichend Gesundheit schenken. Du weißt, dass die Heirat nicht ausreicht, um deine Aufgabe zu erfüllen. Von dir wird wie von jeder Frau in Empres erwartet, die Zukunft unseres Volkes zu sichern. Wenn du deine Pflicht erfüllt hast, kannst du gerne zurückkommen und ich werde dir auch den Rest des Wissens vermitteln, das ich besitze.«

    »Oh, danke, Großmeisterin.« Eurenia strahlte. »Ich werde mich beeilen, dass ich nach fünf Wintern wieder hier bin.«

    »Da hast du dir ja etwas vorgenommen.« Yanera lächelte gutmütig.

    Das Leben in Empres war hart und kurz. Vor drei Generationen waren mehrere Winter hintereinander besonders lang und kalt ausgefallen, die Sommer hingegen nur kurz und zu kühl. Es regnete zu den falschen Zeiten. So fielen die Ernten in mehreren Herbsten hintereinander zu gering aus. Hunger und Not waren die Folgen.

    Fast die Hälfte des Volks von Empres starb an Hunger und Krankheiten in dieser Zeit. Noch immer hatte sich die Bevölkerung nicht ganz von dieser Katastrophe erholt. Von jeder Frau wurde erwartet, dass sie mindestens vier lebende Kinder zur Welt brachte.

    Eine Prinzessin musste natürlich Vorbild sein. Von ihr erwartete man mindestens fünf Kinder. Eurenia wusste, dass auch Meisterin Yanera fünf Kinder geboren und erst danach ihre Ausbildung zur Großmeisterin absolviert hatte. Wer diese Kinder waren und wo sie lebten, wusste Eurenia nicht. Sie erschienen nie am Hof und wurden auch nicht erwähnt. Eurenia empfand diese Frage auch nicht als sonderlich wichtig.

    Sie hatte sich das Ziel gesetzt, ihre Pflicht so schnell wie möglich hinter sich zu bringen. Sie plante, in jedem Jahr nach ihrer Hochzeit ein Kind zu gebären. Danach wäre sie frei, die Ausbildung zu vollenden, von der sie träumte.

    »Auch ich habe noch ein Anliegen an dich«, riss die Großmeisterin sie aus ihren Gedanken. »Es gibt etwas, um das ich dich bitten möchte.«

    »Ich werde den Ratschlag, den Ihr mir gestern Abend gabt, beherzigen«, erwiderte Eurenia schnell. Sie wollte über das Thema dieses Gesprächs nicht nachdenken, solange es sich hinauszögern ließ.

    »Davon gehe ich aus. Aber das ist nicht der Punkt, über den ich mit dir reden möchte.« Die Großmeisterin fesselte die Augen der jungen Königstochter mit ihrem Blick. »Ich weiß, du hast Juranthe recht gern. Als Kinder wart ihr Freundinnen. Für eine erwachsene Prinzessin gehört sich das natürlich nicht.«

    Eurenia nickte. Warum erzählte ihre Lehrerin solche Banalitäten? Sie wusste um die Umgangsformen am Hof schon seit Jahren. Sie hatte schmerzhaft lernen müssen, dass eine Königstochter keine Freundinnen hatte, damals, als sie das Kindheitsalter verließ.

    »Dennoch möchte ich dich um eines bitten«, redete die Großmeisterin weiter. »Pass gut auf Juranthe auf. Bringe sie mit hierher zurück, wenn sie dazu bereit ist. Sie ist eine gute Schülerin. Sie hat die Magie fast genauso erfolgreich erlernt wie du. Das ist ungewöhnlich für ein Mädchen ihrer Herkunft, wie du weißt.

    Ihr beide seid meine besten Schülerinnen. Ich möchte sogar behaupten, ihr seid die beiden besten Schüler, die in den letzten Jahren am Hof ausgebildet wurden. Ich werde warten, bis ihr eure Pflichten als Frauen von Empres erfüllt habt. Wenn ihr danach wollt, werde ich euch zu Großmeisterinnen ausbilden.«

    Eurenia sah die Großmeisterin Yanera mit erstaunten Augen an. Juranthe war ihre Freundin, auch wenn sie das natürlich nicht mehr zeigen durfte. Natürlich hatte sie schon davon geträumt, sie mit ihrer königlichen Würde und Macht zu einer Gräfin zu machen, indem sie die Freundin entsprechend verheiratete.

    Allerdings hatte ihr immer die Unmöglichkeit der Erfüllung eines solchen Traums deutlich vor Augen gestanden. Sie hatte sich selbst eine dumme Närrin, eine naive Magd geschimpft für solche Wünsche. Jetzt bat sie ausgerechnet ihre erfahrene, weise Großmeisterin um etwas Undenkbares. Yanera blickte Eurenia noch immer streng an.

    »Ich weiß, was du denkst. Ich bin keine Närrin. Du sollst nichts von dir aus tun, was unmöglich ist. Ich bitte dich darum, die Dinge zu unterstützen, die sich von selbst ergeben. Juranthe ist ein besonderes Mädchen. Du wirst sehen, es werden außergewöhnliche Ereignisse geschehen. Ich spüre, dass ihr Schicksal ungewöhnlich ist und deines ist mit ihrem verwoben.«

    Die Großmeisterin lächelte und tätschelte noch einmal Eurenias Wange.

    »Nun schau nicht so erschrocken. Das ist doch gar nicht deine Art. Es wird nichts geschehen, mit dem du nicht fertig wirst. Ich wünsche dir eine schöne Reise, dass sich deine Träume erfüllen und dass du Freude hast an den Pflichten, denen du nachkommen musst. Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder. Aber lass dir ruhig mehr als fünf Winter Zeit mit deiner Rückkehr. Ich habe nicht das Gefühl, dass es eilt. Noch ruft mich Markon nicht in sein Totenreich. So, nun geh und verabschiede dich von der Königin und dem König.«

    Eurenia stand etwas unschlüssig vor ihrer Großmeisterin. Kurz entschlossen schlang sie ihre Arme um sie, drückte sich einmal kurz an sie, um dann mit großen, würdevollen Schritten zum Hauptpalast zu schreiten, ohne sich noch einmal umzusehen.

    Sie durchquerte die große Eingangshalle des Palastes, ohne den salutierenden Wachen einen Blick zu schenken. Vor der fast drei Meter hohen Tür zum Audienzsaal der Königin blieb sie einen kurzen Moment stehen und atmete einmal kräftig durch.

    Die Wache klopfte an, wie es Vorschrift war, und öffnete dann die Tür für die Prinzessin. Eurenia betrat mit betont ruhigen Schritten den Saal und durchquerte ihn würdevoll, bis sie den großen, mit Gold und Edelsteinen geschmückten Schreibtisch erreichte, der auf einem Podest stand. Hinter diesem Tisch saß die Königin auf einem ebenso reich verzierten Stuhl.

    Das Podest, auf dem Schreibtisch und Stuhl standen, war so hoch, dass Eurenia, selbst wenn sie aufrecht stand, zur Königin aufblicken musste. Aber natürlich gehörte sich so eine Haltung gegenüber der Gemahlin des Herrschers nicht. Eurenia kniete sich auf einem Bein nieder, wie es die Etikette für jeden Besucher der Königin vorschrieb. Sie senkte den Blick.

    »Ich komme, mich von Euch zu verabschieden, Königinmutter«, sagte sie, ohne aufzuschauen.

    »Ja, das sehe ich. Wo ist deine Zofe? Sie sollte immer in deiner Nähe sein«, erwiderte die Königin kalt.

    »Ich habe ihr erlaubt, die letzte Stunde am Hof ihren eigenen Geschäften nachzugehen«, antwortete Eurenia und sah dabei das erste Mal in das stolze, ja hochmütige Gesicht der Königin. Dann senkte sie erneut den Blick.

    »Du bist zu nachgiebig mit dem Gesindel«, mahnte die Königin streng. »Du bist eine Prinzessin und dieses Mädchen ist nichts weiter als eine Magd. Nur weil du als Kind mit ihr gespielt hast, darfst du sie nicht wie etwas Besseres behandeln. Ich war von Anfang an gegen diese unsägliche Kinderfreundschaft, aber an diesem Hof wissen ja alle alles besser als die Königin.«

    »Meine Zofe wird Euer Auge zukünftig nicht mehr beleidigen. Sie geht genau wie ich an den Hof von Walum.«

    »Das ist auch besser so. Wenn ich sehe, mit was für Blicken dieser König, dein Vater, diesen Trampel verfolgt.«

    »Es ist auch Euer König«, erwiderte Eurenia kalt. Sie hob die Augen und dieses Mal wich sie dem Blick der Königin nicht aus. Mutter und Tochter starrten sich in stummem Zweikampf an. Eurenia registrierte, dass der Blick der Königin beinahe an Hass grenzte. Ihr war bewusst, dass ihr Blick nicht besser wirkte.

    »Du hast schon immer deinen Vater grenzenlos verherrlicht. Schau genau hin! Sieh dir an, was er mit den barbarischen Sklavinnen treibt, dann weißt du, wie er wirklich ist. Aber warum rede ich, du bist ja zu verbohrt, die Wahrheit zu sehen. Du bist kein Deut besser als er. Wahrscheinlich wirst du es genauso treiben wie dieser König, dein Vater.«

    Die Stimme der Königin drückte tiefen Abscheu aus. Dass sich ihre Eltern nicht mehr besonders gut verstanden, wusste Eurenia. Für einen König und eine Königin kam es darauf auch nicht an. Es ging einzig und allein darum, dass das Beste für das Königreich geschah. Ehen wurden geschlossen und aufrechterhalten, um die Sicherheit des Landes und seines Volkes zu gewährleisten.

    Eurenia beschlich urplötzlich der Verdacht, dass ihr Vater sie nicht ohne Grund an den äußersten Zipfel des Königreichs verheiratet hatte. Ihr ältester Bruder stand, ganz im Gegenteil zu ihr, seiner Mutter, der Königin, sehr nahe. Nach dem Tod des Königs würde er der Herrscher sein. Niemand konnte Eurenia schützen, wenn ihr Vater nicht mehr lebte.

    »Ich muss jetzt gehen, mich von meinem König verabschieden«, sagte Eurenia und senkte erneut den Blick.

    »Ja, ja, geh nur«, erwiderte die Königin und wedelte der Prinzessin hinausscheuchend mit der Hand.

    Eurenia hatte nie viel von ihrer leiblichen Mutter gehalten. Sie war mehr von ihrer Großmeisterin als von ihr erzogen worden. Außerdem befand sie ihre Mutter als nicht geeignet für eine Königin von Empres, auch wenn sie so etwas natürlich nie und niemandem sagen durfte.

    Streng genommen dürfte sie so etwas noch nicht einmal denken. Trotzdem tat dieser mehr als kalte Abschied weh. Die Königin schien sich mehr Gedanken darüber zu machen, wie sie die ungeliebte Zofe loswerden konnte, als über die Zukunft ihrer jüngsten Tochter.

    Eurenias bedrückte Stimmung hellte erst auf, als sie vor der hohen Tür zum Audienzsaal des Königs stand. Ihr Herz klopfte, als die beiden Wachen die gewaltigen Flügeltüren öffneten. Eurenia schritt in den Saal, der wesentlich höher als alle anderen Räume im Schloss war. Der König saß auf einem riesigen, verzierten Sessel. Von diesem Platz aus überragte er alle Besucher um mindestens einen Kopf.

    Von seinem Platz aus winkte er den Wachen, die Tür wieder zu schließen. Die Prinzessin hörte, wie die beiden Flügeltüren sanft ins Schloss gezogen wurden. Der König erhob sich von seinem Platz und kam ihr entgegen.

    Er war noch immer ein stattlicher Mann und für seine Feinde auch im Zweikampf sicher noch ein gefährlicher Gegner, auch wenn er weitaus mehr als vierzig Winter hinter sich gelassen hatte. Eurenia kniete auch vor ihm nieder.

    »Ich komme, mich von Euch zu verabschieden, mein König«, sagte sie demütig.

    »Steh auf Tochter, ich will dich von Angesicht zu Angesicht sehen«, erwiderte der König in leicht brummendem Bariton. Er legte seine Hände auf ihre Schultern, nachdem sie sich aufgerichtet hatte.

    »So ist der Tag also schon gekommen. Ich lasse dich schweren Herzens ziehen. Es ist jammerschade, dass du nicht mein erstgeborener Sohn geworden bist. Dein ältester Bruder ist ein guter Kämpfer. Er ist schlau und tapfer. Sicher wird er ein guter König werden, hart und gerecht, so wie es sich gehört. Aber keines meiner Kinder führt das Schwert so wie du und niemand versteht so, mit der magischen Lanze umzugehen.«

    Eurenia schoss das Blut in die Wangen. Sie hatte immer ein gutes und inniges Verhältnis zu ihrem Vater, dem König, gehabt, aber es war das erste Mal, dass sie derart gelobt wurde.

    »Wie ich sehe, hast du dir die Lanze deines Großvaters verdient. Darf ich sie einmal ansehen?«

    »Ja natürlich, mein König!« Strahlend reichte Eurenia die Lanze ihrem Vater. Er betrachtete sie von allen Seiten.

    »Es ist die beste Lanze des Königreichs. Du kannst stolz sein, sie zu tragen. Aber sie ist schwer zu führen. Du musst wirklich eine talentierte Jungmagierin sein. Ich konnte mit ihr nie umgehen.« Er reichte Eurenia die Waffe zurück. Dabei sah er sie schmunzelnd an.

    »Ich werde sie zum Wohl des Königreichs einsetzen«, antwortete Eurenia stolz.

    »Ja, ich weiß. Deshalb entsende ich dich nach Walum. Du wirst eine gute Herzogin sein. Walum ist die wichtigste Provinz des Reiches. Es ist groß und hat mehr Einwohner als jedes andere Herzogtum. Allerdings ist es auch schwer, von hier aus zu kontrollieren. Deshalb brauche ich dort eine treue Regentin.«

    »Aber ich werde doch nur die Herzogin von Walum. Mein Mann, der Herzog, wird die Regierungsgeschäfte führen«, wandte Eurenia ein.

    Wieder beschlich sie ein mulmiges Gefühl, das sie nun schon seit dem Gespräch mit der Großmeisterin am Vorabend mit sich herumschleppte. Der König winkte energisch ab.

    »Wenn ihr euch einig seid, dein Bruder und du, so werdet ihr dieses Reich gemeinsam regieren. Ihr werdet es zu neuem Ruhm und Größe führen. Gemeinsam könnt ihr diesen Barbaren den Garaus machen. Ihr könnt sie ein für alle Mal vom Antlitz Adromendas, unserer Welt, tilgen. Ihr könnt einen Irrtum der Götter korrigieren.«

    »Aber ich habe andere Aufgaben. Ich werde die Herzoginmutter sein«, stammelte Eurenia.

    Sie war durcheinander. Was erwartete man von ihr? Außerdem trieb man kein Schindluder mit den Göttern. Götter irrten sich nicht. Der König lächelte sanft. Liebevoll sah er sie an.

    »Mein kleines Mädchen, meine geliebte Tochter. Du bist schlau und du hast viel gelernt, aber dir fehlt noch die Weisheit des Alters. Du wirst sehr schnell lernen, dass nicht alles so ist, wie es beim ersten Anblick erscheint. Dein Bruder und du, ihr werdet dieses Königreich regieren und ihr werdet es ausdehnen über die Grenzen des Barbarenreichs hinaus. Dafür habe ich diese Hochzeit arrangiert.«

    Eurenia war verstört. Sie verstand nicht, was vor sich ging.

    »Nun sieh mich nicht so traurig an. Es wird alles gut werden. Das Reich wird eine Zukunft haben, viel glänzender als heute. Den Menschen wird es gut gehen. Sie werden diese schrecklichen Hungerjahre vergessen oder nur noch in alten Geschichten über sie erzählen. Es wird keine Barbarenüberfälle mehr geben. Ich bin jetzt schon stolz auf euch.«

    Ihr Vater streichelte sanft ihre Wange. Völlig unerwartet presste er sie an sich und hielt sie einen Moment in seinen Armen. Eurenia legte ihren Kopf an seine Schulter. Für wenige Herzschläge war sie wieder das unschuldige, etwas zu wild geratene Kind. Sie ließ sich fallen. Nur für eine Minute vielleicht hielt sie wieder ihr Vater in den Armen und nicht der König von Empres.

    Dies war nicht nur der Abschied von ihrem Vater und von ihrem Heim, nein dies war der endgültige Abschied von ihrer Kindheit. Sie wusste mit absoluter Sicherheit, dass sie zum letzten Mal hier stand und diese Gefühle spürte.

    »Ich bin mir sicher, dass mich dringende Geschäfte an den Hof von Walum führen werden, schon in wenigen Monden«, flüsterte ihr Vater ihr ins Ohr.

    Er drückte sie noch einmal an sich, dann ließ er sie los. Einen Moment wirkte der Zauber noch nach und er sah ihr traurig in die Augen. Dann wurde sein Gesicht wieder ernst und unnachgiebig.

    »Du solltest jetzt gehen. Man wird bereits auf dich warten. Die Abschiedszeremonie wird gleich beginnen. Deine Garde wird unruhig werden. Die Sonne steht schon hoch am Firmament«, sagte er fest.

    Eurenia nickte ebenso ernst, deutete den Kniefall auf ein Bein an, drehte sich um und ging durch den Saal zurück. Erst an der Tür drehte sie sich um und sah ihrem Vater, dem König, noch einmal in die Augen.

    Er stand an der gleichen Stelle, an der sie ihn verlassen hatte, und schaute ihr nach. Schnell drehte Eurenia sich zur Tür und schritt hinaus. Sie war eine Prinzessin des Hofes von Empres und in wenigen Monden würde sie die Herzogin von Walum sein.

    Eurenia traf ihre Zofe in ihren Gemächern. Die Mägde und Diener hatten bereits die gepackten Kisten und Koffer auf die Wagen geladen, die die Reisegesellschaft begleiten sollte. Juranthe beeilte sich, der Königstochter ihren Reisemantel umzulegen.

    »Wir müssen gehen Prinzessin. Man wartet schon auf uns«, sagte sie, während sie den Knopf unter Eurenias Kinn schloss. Juranthes Wangen hatten einen zart rötlichen Teint angenommen. Sie konnte ihre Erregung über die bevorstehende Reise kaum verbergen.

    Die Prinzessin nickte. Sie gingen durch scheinbar endlose Gänge, bis sie das Hauptportal des Schlosses erreichten, das den Haupteingang zu den königlichen Empfangsräumen bildete. Gefolgt von ihrer Zofe schritt sie durch die überdimensionalen Flügeltüren auf den großen Schlosshof.

    Dort wartete bereits der kleine Wagentreck, der die Reise zur Westprovinz des Reiches unternehmen sollte. Er bestand aus der Kutsche der Prinzessin, zwei Wagen mit den persönlichen Gütern, die sie mit auf das Schloss von Walum nehmen wollte, sowie einem Proviantwagen, der Nahrung und Getränke für die gesamte Reisegesellschaft transportierte.

    Um den Treck herum hatten sich zwanzig Reiter gruppiert, die den Schutz der Königstochter übernehmen würden. Neben den Reisenden, in der Mitte des Platzes, stand die komplette Schlosswache. Sie salutierte, als die Prinzessin heran schritt.

    Ebenfalls hatte sich das gesamte Gefolge des Königshofs versammelt, alle Hofdamen und Edelleute, alle Mägde und Diener. Die meisten winkten mit Tüchern. Diejenigen, mit denen Eurenia direkt zu tun gehabt hatte, verabschiedeten sich innig.

    Auch der Stallbursche, der ihre Pferde gepflegt hatte, fiel unbeholfen vor ihr auf die Knie und küsste ihre Hand. Selbst der Rittmeister, zu dem sie nicht gerade das beste Verhältnis hatte und der ihr aus dem Weg ging, wenn es sich irgend machen ließ, reichte ihr die Hand zum Abschied.

    Eurenia sah zurück. Auf dem Balkon über dem großen Tor standen die Königin und der König. Wenigstens verstanden sie sich noch so gut, dass sie in der Öffentlichkeit einträchtig nebeneinander zeigen konnten. Alles andere wäre auch unwürdig.

    Es ging um das Königreich, nicht um einzelne Menschen, dafür bekleideten sie das Amt des Königs und der Königin. Eurenia würde würdig in ihre Fußstapfen treten. Die Prinzessin machte einen Knicks in Richtung Balkon und winkte einen letzten Abschiedsgruß. Würdevoll grüßte das Königspaar zurück.

    Als sich die Königstochter wieder umdrehte, sah sie gerade noch, wie ein Soldat der Schlosswache Juranthe einen Handkuss gab. Ihre Zofe warf dem jungen Mann einen sehnsüchtigen Blick zu und eilte dann zur Kutsche, um ihrer Prinzessin beim Einsteigen behilflich zu sein. Als Eurenia neben ihr stand, sah sie die Feuchtigkeit, die in den Augen ihrer Zofe schimmerte.

    Der Kutscher hielt den beiden jungen Frauen die Tür auf. Eurenia hasste es, in dieser Weise bedient zu werden. In ihren Augen war es nicht nur eine Hilfestellung bei einer alltäglichen Verrichtung. Alle erwarteten selbstverständlich, dass sie genauso handeln würde, wie es die Etikette und die Bediensteten von ihr verlangten.

    Endlich saß sie in der Kutsche. Auch wenn sie sich vor dem fürchtete, was kommen würde, so war sie doch froh, dass sie den Abschied hinter sich hatte und es losging. Sie hörte die Kommandos. Es ruckelte, als die Lastentiere das Gefährt anzogen. Die Prinzessin winkte ein letztes Mal, dann fuhr die Kutsche schwankend aus dem Tor.

    Magische Lanzen

    Die jungen Frauen in der Kutsche sahen stumm aus dem Fenster. Sie hingen ihren Gedanken nach. Beide mussten mit der Trennung von geliebten Menschen fertig werden.

    »Diese Gegend ist wunderschön. Schade, dass wir in diese Richtung nie ausreiten durften«, durchbrach Juranthe schließlich das Schweigen.

    »Ohne Eskorte ist es nicht erlaubt, in dieses Gebiet zu reiten. Dieser Landstrich ist zu nah an der Küste. Obwohl wir noch nicht im Westen sind, könnte es sein, dass die Barbaren vom Meer her einfallen«, kommentierte die Prinzessin.

    Sie sah ebenfalls sehnsuchtsvoll auf die saftigen, mit bunten Wildblumen übersäten Wiesen, auf die kleinen Wäldchen mit jungen Bäumen und auf das Wasser, das am Horizont immer wieder durch den Waldstreifen am Ufer schimmerte.

    »Es ist wirklich schade, dass wir nicht in Frieden leben können. Es würde alles so viel einfacher machen, wenn wir hingehen könnten, wohin wir wollen«, sagte Juranthe verträumt. Sie war eben doch nur eine Zofe.

    »Unfug! Gerade wir beide können

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