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DSA Stunden der Sehnsucht: Das Schwarze Auge Anthologie
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eBook526 Seiten7 Stunden

DSA Stunden der Sehnsucht: Das Schwarze Auge Anthologie

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Über dieses E-Book

Aventurien – ein Kontinent voller spannender Abenteuer, doch nicht jedes führt Helden in den Kampf gegen Drachen, auf ein Schlachtfeld oder in eine unheimliche Ruine. Manche Heldentat wird im Namen der Liebe und der rahjanischen Leidenschaft vollbracht.

Dieser Kurzgeschichtenband enthält rahjagefällige Geschichten, die den Leser nach Aventurien entführen. Erfahre mehr über die erotischen Abenteuer der oronischen Magierin Khelbara ay Baburia, das tragische Liebesleben von Tubalkain dem Tausendjährigen oder über die ausschweifenden Feste der Shantalla Karinor, die sie in ihrer Villa auf dem Silberberg feiert.

Stunden der Sehnsucht ist eine rahjagefällige Kurzgeschichtenanthologie in der Welt des Schwarzen Auges.
SpracheDeutsch
HerausgeberUlisses Spiele
Erscheinungsdatum29. Juni 2023
ISBN9783987322877
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    Buchvorschau

    DSA Stunden der Sehnsucht - Malin Arden

    Alex Spohr (Hrsg.)

    Stunden der Sehnsucht

    Vierzehn rahjagefällige Das Schwarze Auge©

    Kurzgeschichten

    Originalausgabe

    Mit Dank an Nathan Fürstenberg und Angela Kolovos

    Beteiligte

    Herausgeber

    Alex Spohr

    Autorinnen, Autoren & Andere

    Malin Arden

    Nathan Fürstenberg

    Lance Hard

    Annette Juretzki

    Angela Kolovos

    Carolina Möbis

    Phalanea

    Dhara Rotkehlchen

    Alex Spohr

    Serina Steinmann

    Horasdor di Tortellini

    Feqzjian von Tuzak

    Nathander Weise

    Impressum

    Ulisses Spiele

    Band US25728EPUB

    Titelbild: Dagmara Matuszak

    Aventurien-Karte: Daniel Jödemann

    Lektorat: Johannes Kaub, Frauke Forster

    Korrektorat: Nathan Fürstenberg

    Umschlaggestaltung und Illustrationen: Nadine Schäkel,

    Patrick Soeder

    Layout und Satz: Johannes Kaub, Michael Mingers

    Copyright © 2023 by Ulisses Spiele GmbH, Waldems. DAS SCHWARZE AUGE, AVENTURIEN und DERE, MYRANOR, RIESLAND, THARUN und UTHURIA sind eingetragene Marken der Significant GbR. Alle Rechte von Ulisses Spiele GmbH vorbehalten.

    Titel und Inhalte dieses Werkes sind urheberrechtlich geschützt. Der Nachdruck, auch auszugsweise, die Bearbeitung, Verarbeitung, Verbreitung und Vervielfältigung des Werkes in jedweder Form, insbesondere die Vervielfältigung auf photomechanischem, elektronischem oder ähnlichem Weg, sind nur mit schriftlicher Genehmigung der Ulisses Spiele GmbH, Waldems, gestattet.

    Inhaltsverzeichnis

    Stunden der Sehnsucht

    Alex Spohr und Nathander Weise

    9

    Nach alten Regeln

    Annette Juretzki

    30

    Das phantastische Observoyorium

    Malin Arden

    72

    Hochzeitsnacht

    Horasdor di Tortellini

    96

    Al’anfanische Spiele

    Lance Hard

    116

    Ausdruckstanz

    Phalanea

    142

    Tausend Jahre her

    Dhara Rotkehlchen

    176

    Der al’anfanische Brief

    Serina Steinmann

    201

    Ein Lächeln hinter Schleiern

    Dhara Rotkehlchen

    222

    Levthansnacht

    Phalanea

    250

    Große Welle

    Carolina Möbis

    269

    Unterdrückte Leidenschaften

    Feqzjian von Tuzak

    297

    Rosenkönigin

    Alex Spohr

    322

    Die Grandin und die Pantherin

    Angela Kolovos, Alex Spohr und Nathan Fürstenberg

    357

    Vorwort

    Rahja zum Gruße!

    In deinen Händen hältst du die rahjagefällige Anthologie Stunden der Sehnsucht. Die Geschichten sind über ganz Aventuriens verteilt und führen unter anderem in das dekadente Al’Anfa, nach Aranien, in das wilde Land am Svellt, in das modrige Selem und in den Hort von Shafir dem Prächtigen.

    Neben vielen normalen Aventuriern werden dir auch einige Prominente begegnen, die allesamt etwas mit dem Wirken Rahjas zu tun haben. Du begleitest Shantalla Karinor auf einem ihrer unvergesslichen Feste, bekommst mehr über den berüchtigten Thorwaler Piraten Schwarzaxt zu lesen und erfährst mehr über den geheimnisvollen Magier Tubalkain. Dabei sind die Geschichten nicht nur von der Liebe, sondern auch vielen anderen Aspekten des Rahjaglaubens geprägt.

    Viel Spaß mit der Lektüre der rahjagefälligen Geschichten.

    Alex Spohr

    Stunden der Sehnsucht

    von Alex Spohr und Nathander Weise

    Mein Name ist Yasmina saba-es-Sulef und ich bin eine Geweihte der Rahja. Geboren wurde ich in der mondsilbernen Stadt Zorgan, der immer noch mein Herz und meine Seele gehören, die sich jedoch beides mit der Serenissima teilen muss. Schon länger wohne ich in Belhanka, um der Göttin in ihrem wichtigsten Tempel zu dienen. Von Zeit zu Zeit reise ich aber durch halb Aventurien, denn anders als viele meiner Glaubensbrüder und -schwestern bin in gerne unterwegs und scheue auch die Strapazen einer langen Reise nicht.

    Obwohl man es nicht erwarten würde, bin ich doch schon in so manches Abenteuer gestolpert. Ich erinnere mich noch sehr genau an die Vorfälle in der Bardo-Therme in Gareth, die Jagd nach dem Schwertkönig und an weitere Abenteuer, die mich nach Zorgan führten und in denen ich in großer Gefahr schwebte. Der Göttin ist es zu verdanken, dass ich gute Freunde auf meiner Seite weiß, etwa Djidhe, Sulvario und Amaziella, aber auch einige andere, denen ich versprochen habe, ihre Namen nicht zu nennen, um sie nicht in Schwierigkeiten zu bringen.

    Von einem dieser kleinen Abenteuer will ich euch berichten, denn es war ein lehrreiches Erlebnis für mich und mag ebenso den Leser und die Leserin inspirieren. Zudem wird meine Geschichte offenbaren, dass viele Gerüchte, die über Rahjageweihte im Umlauf sind, schlicht und ergreifend falsch sind. Sehr wohl sind wir in der Lage zu lieben – und damit meine ich nicht auf körperliche Art. So mag mein Bericht dabei helfen, das Bild über meine Glaubensgeschwister und mich zu schärfen und mit einigen Vorurteilen aufzuräumen. Nicht verschweigen möchte ich, dass meine Geschichte auch dazu dient, meine Fähigkeiten als Schriftstellerin der rahjagefälligen Erzählung zu üben, die ich den letzten Monden sträflich vernachlässigen musste.

    Vor ein paar Wochen ereignete sich in Belhanka ein bemerkenswerter Zwischenfall, dem die halbe Inneneinrichtung des Hotels Imperial, sämtliche Nerven des Besitzers und mein Herz zum Opfer fielen. Doch am besten beginne ich ganz am Anfang, denn die Geschichte ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Sie verrät mehr über die Ansichten einer Rahjageweihten über die Liebe und darüber, dass der erste Eindruck täuschen kann.

    In keiner anderen Stadt kann man so viele schöne Orte entdecken, wie in der Serenissima. Ich lebe schon viele Jahre hier und keinen einzigen Tag bereue ich. Der Palast Rahjas auf Deren ist meine Heimat und wann immer ich durch die Straßen Belhankas ziehe, entdecke ich dort in vielen Kleinigkeiten und Alltäglichem das Wirken der Göttin.

    Wenn ich an den Höfen der Abendröte vorbeischlendere, halte ich stets einen Moment inne, um die wunderschönen und einzigartigen Fassaden der Gebäude zu bewundern. Führt mich mein Weg zur Blumenbörse, suche ich nach Aromen, die ich noch nicht kenne, und bei Rahja, ich entdecke immer wieder neue Gerüche. Gehe ich zufällig an Haraldsons Bäckerei vorbei, die den Namen „Zauberhafte Zuckerwaren" trägt, probiere ich voller Leidenschaft die neueste Kreation des Meisters aus Schaumkuss, Sahne und Streuseln.

    Belhanka trägt ihren Spitznamen zurecht. Keine andere Stadt strahlt die Freuden der Göttin stärker und intensiver aus als die Serenissima. Jedoch wird die Harmonie, die Belhanka durchdringt, an manchen Tagen von disharmonischen Tönen gestört.

    An einem schicksalhaften Frühlingstag führte mich der Wille der Schönen Göttin zu einer Schneiderei, die in der Nähe des Hotels Imperial liegt. Ihr müsst wissen, obwohl es einer Rahjageweihten nicht an Kleidern mangelt – die Kirche sorgt in dieser Beziehung gut für uns –, haben jede Priesterin und jeder Lehrer der Leidenschaft doch eine Vorliebe für einen bestimmten Stoff, eine Lieblingsfarbe und einen passenden Schnitt, der die wohlgefälligsten Stellen des eigenen Körpers betont. Die ehrenwerte Schneidermeisterin Ninara ist in der ganzen Stadt bekannt und ein guter Ratschlag für Auswärtige, die nach aufreizender Damenmode Ausschau halten. Man bekommt in ihrem Geschäft feinste Seidenstrümpfe, Halterungen, lederne Handschuhe und Spitzenunterwäsche in einer unnachahmlichen Qualität.

    Ich hatte Ninara gerade einen Besuch abgestattet, da ich meine Sammlung schwarzer, al’anfanischer Seidenstrümpfe erweitern wollte, als es unmittelbar vor dem Geschäft der Schneiderin zu einem kleinen Tumult kam. Vielleicht ist es übertrieben, von einem Tumult zu sprechen, aber offenbar riefen einige Herren und Damen nach der Stadtgarde. Ich sah durch die Fensterscheibe der Schneiderei und bemerkte einige Bürger, die sich angsterfüllt gegen die Wände von Häusern pressten, so als ob sie sich Schutz davon versprachen oder nicht gesehen werden wollten.

    Keine Ahnung, was mich immer wieder dazu antreibt, bei solch eindeutigen Anzeichen von Ärger herausfinden zu wollen, was dahinter steckt, und nicht in der Sicherheit Ninaras, ihrer Handschuhe und schönen Kleider zu verweilen. Doch Aves’ abenteuerliches Herz brannte in meiner Brust und ich trat hinaus, um nachzusehen, was die Bürger schreckte. Obwohl ich nicht Rondra diene, betrachte ich es dennoch als wichtig, den Menschen zu helfen, sofern es in meiner Macht steht.

    Die gutherzige und um mich besorgte Schneidermeisterin wollte mich noch aufhalten.

    »Euer Gnaden, bleibt hier! Was immer da draußen vor sich geht, die Stadtgarde kann das doch klären! Begebt Euch lieber nicht in Gefahr!«, flehte mich Ninara an und hielt mich am Oberarm fest, so als würde ich niemals wieder kommen, wenn ich jetzt ginge.

    In solchen Situationen, ich gestehe, verhalte ich mich nicht immer so weise wie Rohal der Weise. Ja, ich tue gelegentlich etwas Unvernünftiges. Menschen machen Fehler. Ich glaubte aber, dass an dieser Stelle eine kleine Weisheit meiner Lehrmeisterin der Liebe, der großartigen Amaziella Bosvani, mich beflügelte, nachzuschauen, was der Grund für den Aufstand war.

    »Yassi, merke dir, wenn etwas erledigt werden soll, dann erledige es selbst. Wenn du auf die Akoluthen vertraust, bist du verloren«, sagte Amaziella oft. In diesem Fall deutete ich diese kleine Wahrheit ein wenig um: Wenn ich nicht selbst nachschauen würde, was vor sich ging, würde ich es vielleicht nie erfahren – oder nur die halbe Wahrheit. So befreite ich mich sanft von Ninaras Griff und lächelte sie an, bevor ich die Tür der Schneiderei öffnete und die vielen Stoffe, die der Haut jeder Geweihten schmeicheln würde, mit der Herrin all dieser aufregenden Dinge zurückließ.

    Zwar bemerkte ich nichts Ungewöhnliches, doch ich ging schnellen Schrittes auf die andere Straßenseite, so wie jemand, der zwischen den Fronten einer Schlacht auf die andere Seite gelangen wollte, ohne von den Balestrakugeln zerfetzt zu werden. Ich erblickte einen korpulenten Mann mit Grangorerhut und Schnauzbart, der einer kleineren, aber ebenfalls rundlichen Frau um die fünfzig durch seinen Körper Schutz bot. Ich duckte mich ein wenig, hatte ich doch fast vermutet, die Kugeln würden wirklich gleich anfangen, mir um die Ohren zu fliegen.

    »Bei den Zwölfen, was ist geschehen?«, fragte ich den Hutträger voller sorgenvoller Neugier.

    Der Mann, dessen Gesichtsfarbe einem Arangen-Orange mit weißen, kreidebleichen Stellen glich, sah mich nur mit offenem Mund an (ich vermute, er war irritiert, dass in diesem Moment eine nur leicht bekleidete Rahjageweihte neben ihm auftauchte), während die ältere Frau hinter ihm ihn leicht verärgert anstieß (meine zweite Vermutung war hier, dass die beiden ein Ehepaar waren und die Dame etwas eifersüchtig reagierte – völlig grundlos, selbstverständlich).

    »Im Imperial, da sind Thorwaler. Piraten. Sie verwüsten die Inneneinrichtung. Sie zertrümmern alles, was sie in ihre Hände bekommen«, spie die Dame voller Ärger aus.

    Mit vielem hatte ich gerechnet, doch nicht mit einem Haufen von Thorwalern, die das wunderschöne Hotel auseinandernahmen. Im Grunde war es nicht meine Aufgabe einzuschreiten, doch das Imperial war das schönste Hotel der Stadt, der Inhaber hatte gute Kontakte zur Rahjakirche und das Gebäude diente regelmäßig frivolen Festen als Kulisse. Amaziella, Sulvario und ich waren dort oft als Gäste eingeladen, waren stets willkommen, wurden gut bewirtschaftet und bekamen vom Besitzer des Hotels immer wieder kleine Aufmerksamkeiten: edlen Bosparanjer, Kusliker Konfekt oder sogar echtes Peranjabarer Marzipan aus meiner Heimat Aranien (angeblich hatte das Hotel einen vorzüglichen Kontakt zum berühmten Roten Kamel, einer Zorganer Karawanserei, deren Besitzer Taref as’Sarjabaran das Imperial als sein großes Vorbild nannte – und von dem das Marzipan als Zeichen der Ehrerbietung stammte).

    »Die Stadtwache ist schon gerufen worden, aber wir haben noch keine Gardisten gesehen«, raunte der Rundliche.

    Obwohl Belhanka eine Hafenstadt ist, die von Schiffen aller Herren und Herrinnen Länder – sogar gelegentlich al’anfanischen – angelaufen werden konnte, hatte ich selten Thorwaler hier gesehen. Die Nordleute galten als raue Gesellen und Frauen mit schlechten Manieren. Sie waren berüchtigt dafür, dass sich unter ihnen immer wieder Piraten befanden. Vor Jahren hatte das Horasreich sogar mit ihnen im Krieg gelegen, doch die Zeit der Feindseligkeit war vorbei. Der Auslöser des Konflikts war damals der Überfall auf ein Schiff meiner Kirche und der Diebstahl des Kelchs der Göttin, ein ungeheures Sakrileg, das gesühnt werden musste. Und eben jene Nordleute waren nun im Hotel und zertrümmerten die Einrichtung. Ich konnte nicht anders, ich musste mir ein Bild davon machen, vor allem aber wollte ich nicht, dass es zu einem schlimmeren Zwischenfall kam. Ich musste versuchen, ein Blutvergießen zu verhindern.

    Wieder trieb mich Aves’ Abenteuerlust voran. Ich war töricht, mich in diese Gefahr zu begeben, doch es kam kein Zweifel in mir auf. So schnell ich konnte lief ich in Richtung des Imperials. Als ich nur noch wenige Häuser entfernt war, hörte ich, wie eine Frau laut schrie. Es war kein Schmerzensschrei, sondern eine Art Kampfruf, den eine Kriegerin aus ihrem Innersten formte, um ihre Kraft zu fokussieren. Und dann war da ein Geräusch, das sich anhörte, als ob Holz zerbrach. Ich lief schneller, andere Menschen rannten mir entgegen, sie wollten fort von jenem Ort, auf den ich zulief.

    Jegliche Vernunft hätte mich dazu veranlassen sollen, es ihnen gleichzutun, aber ich merkte ja schon an, dass mich nicht immer Hesindes Weisheit leitet, sondern die Leidenschaft der Göttin.

    Als ich das Imperial betreten wollte, musste ich einer edlen Dame um die sechzig ausweichen, die mir mit schreckgeweiteten Augen, einem Fächer in der Hand und ihrem Bunten Hund in den Armen entgegenwankte. Sie flüchtete und rief mehrfach nach der Garde. Mein einziger Gedanke war in diesem Moment, dass mir ihr weißes Kleid gut gefiel. Es hatte den Stil einer weitgereisten und würdigen Patrizierin, einer echten Primesta der Republik. Ich musste meine Angst überwunden haben, um auf solche Gedanken zu kommen. Oder vielleicht hatten mich Leichtsinn und Tollkühnheit erfasst, womöglich beides, doch in diesem Augenblick war es der einzige Gedanke, den ich auf die Fliehende verwendete.

    Endlich im Inneren des Hotels angekommen, konnte ich sehen, dass hier ein Wüterich am Werk gewesen war. Porträts und Landschaftsillustrationen waren von den Wänden heruntergerissen worden, zerbrochene Holzstücke von Stühlen und Tischen lagen auf dem kunstvollen Teppich, der den Vorraum zierte und aus einem Nebenraum, dem Speisesaal des Hotels, hörte ich Gelächter und wieder den Schrei der Frauenstimme.

    Dort stand, flehend und seinen Gehstock fest umgriffen, der Besitzer des Hotels, Cascador Arragenos. Ich sah Herrn Arragenos an, dass er am Verzweifeln war. Ihr müsst wissen, dass das Imperial seinen guten Ruf nicht allein aufgrund des guten Essens und der vorzüglichen Betten aufweist. Es ist der Verdienst von Herrn Arragenos. Ihm gelingt es immer wieder aufs Neue, die Wünsche seiner Gäste von ihren Augen abzulesen, noch bevor sie wissen, was ihr Wunsch ist. Was nur die wenigsten Menschen wussten: Cascador Arragenos war früher beim horasischen Militär gewesen, ein Offizier im Range eines Leutnants, bevor er durch eine schlecht verheilte Kriegsverletzung aus dem Dienst ausschied. Doch zur Not konnte er mit dem in seinem Stock verborgenen Degen noch vortrefflich kämpfen.

    Ich sah Herrn Arragenos an, dass er noch zögerte, es auf einen Kampf in seinem Hotel ankommen zu lassen, doch sein Zögern schwand mit jedem Geräusch, das von einer neuen Zerstörung seiner Inneneinrichtung kündete. Ich hatte mich zu ihm bewegt und konnte die Personen im Speisesaal sehen, die lachten und schrien.

    An einem Tisch saßen vier Thorwaler, drei Männer und eine Frau. Sie hatten geflochtene Bärte (bis auf die Frau), lange Haare in den Farben Blond und Rot. Als Kleidung trugen sie merkwürdige, speckige Lederwämser mit Nieten und hatten furchteinflößende Äxte und Breitschwerter dabei, die auf dem Tisch lagen.

    Ein paar Schritte entfernt stand eine weitere Nordfrau mit mehreren kleinen blonden Zöpfchen, einem roten Stirnband und dunklen Tätowierungen über beide Oberarme verteilt. Sie hielt einen Stuhl in die Höhe, den sie mit voller Gewalt auf ein Boden schlug und zerbrach. Ihr Gesicht war von einer Wut verzerrt, wie ich sie noch nie zuvor bei einem Menschen gesehen hatte.

    Als sie mich erblickte, hielt sie in ihrer Zerstörungswut für einen Moment inne und sah mich an. Dies gab mir die Gelegenheit, mich zu sammeln und zu überlegen, was ich unternehmen konnte. Die Thorwalerin hatte bestimmt zu viel getrunken und etwas hatte ihren Zorn erregt, sodass sie nicht mehr Herrin ihrer Sinne war.

    »Verzeiht mir, aber hättet Ihr die Güte, von dem armen Tisch abzulassen? Er hat Euch nichts getan«, sagte ich.

    Ich weiß, im Nachhinein klingen meine Worte kindisch, doch es war ein Tag, an dem ich viele Entscheidungen traf, die ich in aller Ruhe anders getroffen hätte.

    Zu meiner Überraschung hörte die Frau auf und schwankte mit einem verwunderten Gesichtsausdruck auf mich zu. Ich wusste nicht genau, ob sie zu mir ging, um mich niederzuschlagen oder um sich zu entschuldigen, aber ich war auf das Schlimmste vorbereitet. Ich wagte jedoch nicht, mich zurückzuziehen. Manchmal muss man einfach den Mut haben, zu dem zu stehen, was man gesagt hat.

    Die junge Frau, die einen guten Kopf größer war als ich, hatte mich fast erreicht, als ich ihr ansah, was ich schon bei vielen Menschen während der ausschweifende Feste meiner Göttin gesehen habe. Nicht jeder verträgt Wein, Bier und Schnaps so gut, wie dies meine Glaubensgeschwister tun. Amaziella trinkt nicht übermäßig, aber bei Weinfesten kann sie deutlich mehr vertragen als mancher Anhänger Kaiser Valpos! Die Thorwalerin hingegen war mit diesem Durchhaltevermögen offenbar nicht gesegnet. Sie krümmte sich, kurz bevor sich mich erreicht hatte, und übergab sich auf den schönen gebohnerten Boden des Imperials. Einen halben Schritt wich ich nun doch zurück, immerhin waren meine Sandaletten in Gefahr. Weder sie noch ich hatten Herrn Arragenos bemerkt, der hinter sie getreten war. Er hatte eine Vase dabei, die vor einigen Augenblicken noch vor den Kumpanen der Thorwalerin auf dem Tisch stand, doch nun hauchte sie ihr zerbrechliches Keramikleben auf dem Kopf der Frau aus. Die Nordfrau ging bewusstlos zu Boden und ihre korgefällige Wut wich borongefälligem Schweigen.

    Die übrigen Thorwaler hatten aufgehört zu lachen und sahen Arragenos finster an. Der Hotelier war keinesfalls ein Mann, der zu einer solchen Tat neigte, aber ich glaube, er sah mich in Gefahr und wusste keinen anderen Ausweg. Noch bevor die Situation für uns beide bedrohlich wurde, kam endlich eine Truppe der Stadtgarde in den Speisesaal gestürmt. Ich konnte erkennen, dass der junge Anführer der Garde überlegte, wie er die Situation möglichst ohne Blessuren klären konnte.

    »Im Namen der Primesta, was geht hier vor?«, wollte er wissen, während sein Blick nicht von den Nordleuten wich.

    Es war glücklicherweise Herr Arragenos, der das Wort ergriff. »Verzeiht, dass wir Eure kostbare Zeit in Anspruch nehmen müssen, Kapitan, aber meine illustren Gäste kennen die Regeln der liebfeldischen Etikette nicht. In ihrer Heimat, so scheint mir, ist die Konversation während eines Festes eine andere als bei uns.«

    Der Hauptmann blickte auf die beschädigten Möbel, danach zu den Thorwalern und schlussendlich auf die in ihrem Erbrochenen liegende Frau am Boden. »Wollt ihr eine Anzeige erstatten, Herr Arragenos?«

    »Mitnichten, Kapitan. Ich denke, wenn meine Gäste den Schaden begleichen, der bedauerlicherweise entstanden ist, ist ein solches Vorgehen vermeidbar.«

    Einer der Thorwaler, ein Hüne mit roten Haaren, einem langen Bart und mit einem grimmigen Gesichtsausdruck, erhob sich und bewegte sich zu Arragenos und mir. Als er dicht vor uns stand, zog er ein langes Messer. Durch die Gardisten ging ein Ruck und sie griffen nervös mit beiden Händen fester ihre Hellebarden. Selbst der Kapitan hatte seine Hand plötzlich auf dem Knauf seines Degens. Der Thorwaler hingegen hielt nur kurz inne, ließ sich nicht beeindrucken und kniete nieder, um mit dem Messer den Geldbeutel der Ohnmächtigen vom Gürtel zu schneiden. Er nahm diesen an sich, drückte ihn Arragenos in die Hand und wandte sich zum Gehen.

    Ich dachte, ich wäre die Tollkühnste an diesem Tag, doch Arragenos’ Mut war unzweifelhaft größer.

    »Meinem Gespür nach sind dies etwa dreißig Goldmünzen. Der Schaden, der entstanden ist, beläuft sich allerdings auf etwa fünfzig – zusätzlich zu den Getränken«, sagte Arragenos.

    Der Hüne wandte sich noch einmal wütend um und ich hatte kaum Zweifel, dass er Arragenos gleich den Kopf abreißen würde.

    »Ihr solltet euch nicht mit Herrn Arragenos anlegen. Er mag heute Hotelier sein, aber früher war er eine Legende beim Militär«, sagte der Kapitan.

    »Ich, Thurwulf Oskirsson, habe zwei Dutzend Piraten, al’anfanische Sklaventreiber und einfältige Horasier mit eigenen Händen und meiner Axt getötet. Ihr solltet vor mir Angst haben!«

    »Oskirsson, sagt ihr? Ich kannte einen Piraten, der Oskir hieß und für einen Sommer die Zyklopeninseln heimsuchte. Damals war ich noch Korporal und sollte ihn von den Inseln vertreiben. Ich hätte mich gerne mit ihm duelliert, leider nahm er Reißaus, als er hörte, dass meine Einheit auf der Insel gelandet war. Seid ihr etwa mit ihm verwandt?«

    Thurwulf verstand die Provokation, schnaubte den Hotelier nur verächtlich an und bedachte mich mit einem obszönen Zeichen mit Fingern und Zunge, ehe er seinen Leuten den Befehl gab, zu gehen.

    »Den Rest müsst ihr von ihr einfordern. Soll sie die Schuld abarbeiten. Sie hat schließlich den Schaden angerichtet.«

    Ganz Unrecht hatte Thurwulf nicht, immerhin war den restlichen Thorwalern nichts vorzuwerfen, sondern nur der Frau. Die Kumpane des großen Nordmanns bezahlten erfreulicherweise sogar die Zeche und legten einige Silbertaler auf den Tisch.

    Ich hatte Mitleid mit der Betrunkenen. Irgendetwas war in ihr vorgegangen, ihr Verhalten war ungewöhnlich und es musste einen Grund dafür geben. Der Alkohol allein war es bestimmt nicht gewesen.

    »Herr Arragenos, ich würde mich gern um die Frau kümmern und Euch versprechen, dass sie für die Schulden aufkommt.«

    Arragenos nickte merklich erleichtert und der Kapitan schien ebenfalls zufrieden zu sein.

    »Sei vorsichtig. Sie ist nicht einfach nur eine Kriegerin. In Swangard brennt die Swafskari. Ein unachtsames Wort, ein falscher Blick, genügen, und dann macht sie das, was du hier erlebt hast«, brummte Thurwulf.

    Swafskari! Die Walwut! Ich hatte schon davon gehört. Meine gute Freundin Tjalva litt ebenfalls darunter, doch hatte ich bei ihr nie erlebt, dass dieser Rausch sich gegen Gegenstände oder Freunde richtete. Sie warf sich mit ihrer Wut nur ihren Feinden entgegen.

    Was hatte ich mir nur wieder eingebrockt … Eine walwütige Thorwaler Piratin und ich war für sie verantwortlich.

    Nachdem sich die Lage beruhigt hatte, die Thorwaler und die Gardisten das Hotel verlassen hatten, bat ich Arragenos mir ein paar Diener zur Verfügung zu stellen, um Swangard in ein Bett zu tragen. Der gute Mann willigte sofort ein und rief die verängstigte Dienerschaft zurück in den Speisesaal. Zusammen gelang es einem Kellner und einer Magd, die Thorwalerin nach oben in ein Zimmer zu tragen, wo ich darum bat, mit ihr allein gelassen zu werden. Sie machte auf mich einen ruhigen und friedlichen Eindruck, anders als noch vor einer Viertelstunde, als sie das Mobiliar auseinandernahm.

    Ich machte Swangard ein wenig sauber, tupfte ihre Lippen mit einem nassen Tuch ab und versuchte den leicht unangenehmen Geruch von Erbrochenem durch das Raumparfüm, welches Herr Arragenos in jedem Zimmer aufgestellt hatte, zu beseitigen. Die kleine Beule am Kopf, die durch die Vase entstanden war, ließ ich mit einem kleinen Heilsegen verschwinden. Dabei betrachtete ich die Nordfrau genauer.

    Ihre Hautbilder auf den Oberarmen übten eine Faszination auf mich aus, der ich mich kaum entziehen konnte. Ich ertappte mich dabei, wie ich die Linien, ohne Swangard zu berühren, mit meinem Zeigefinger nachfuhr. Es waren Spiralen und seltsame Muster, die an Wale und Delphine erinnerten. Eine kleine Narbe zierte ihre rechte Augenbraue, vermutlich entstanden durch einen Kampf. Ihr Gesicht war jedoch von einer zarten Beschaffenheit. Jetzt, wo sie mir nicht wutverzerrt gegenüberstand, konnte ich erkennen, wie sanft ihre Wangen waren und dass sie sogar ein leichtes Lippenrot aufgetragen hatte. Sogar ihre Augenlider waren geschminkt, ein Brauch, den ich nicht von den Thorwalern kannte. Sie wirkte friedfertig, ich musste bei ihrem Anblick an Geschichten über Thorwalerprinzessinnen aus Travialromanen denken.

    Ich wachte etwa zwei Stunden lang über Swangard, bis sie wieder zu Bewusstsein kam. Sie war überraschend klar im Kopf und schien, trotz des Alkohols, keinen Wolf zu haben.

    »Bei Swafnir, wo bin ich?! Und wer bist du?«, wollte sie wissen, nachdem ihre Augen kurz die Umgebung gestreift hatten.

    »Ihr seid immer noch im Hotel Imperial. Nachdem Ihr bewusstlos wurdet, habe ich Euch auf eines der Zimmer gebracht, damit Ihr Euren Rausch ausschlafen könnt«, versuchte ich sie freundlich zu begrüßen. »Mein Name ist Yasmina, ich habe für Euch gebürgt. Es ging eine Menge zu Bruch, aber Eure Freunde haben zumindest einen Großteil davon bezahlt. Nun ja, mit Eurer Börse.«

    Die Thorwalerin schwieg und musterte mich. Schließlich erhob sie sich vom Bett, sodass sie auf der Höhe des Kopfkissens im Schneidersitz vor mir saß.

    »Swangard. Mein Name ist Swangard Frenjasdottir. Weißt du, wo die anderen sind? Ich meine: meine Ottajasko?«

    Swangard war also ihr Name. Er erinnerte mich vom Klang her an einen Schwan. »Sie wurden von einem Trupp Gardisten des Hotels verwiesen, aber ich nehme an, sie sind noch in der Stadt«, klärte ich sie darüber auf.

    »Swafnirverdammte Ratten sind das! Sie haben mir mit Wasser verdünnten Wein in meinen Becher gegeben. Sie wussten genau, was passieren würde. Es war nicht das erste Mal!«

    Ich blickte Swangard etwas mitleidig an, denn ich sah in ihrem Gesicht, dass sie ihr Verhalten bedauerte.

    »Laut dem Besitzer des Hotels schuldet Ihr ihm noch zwanzig Dukaten für die zerstörten Möbel. Ich schätze, Ihr könnt diese nicht begleichen?«

    »Du kannst mich duzen. Und ja, alles, was ich hatte, war in meinem Geldbeutel.«

    »Mach dir keine Sorge, Swangard, ich habe bereits darüber nachgedacht, wie du die Schulden begleichen kannst. Ich werde mit meinen Tempelgeschwistern reden und ihnen die Situation erklären. Wenn du eine Weile Tempeldienste für die Rahjakirche erledigst, kann die Kirche deine Schulden beim Hotel begleichen.«

    »Warum tust du das für mich?«

    Ich musste einen kurzen Moment darüber nachdenken. Es war eine gute Frage, denn es gehörte sicherlich nicht zu meinen Pflichten, jede verschuldete Person unter meine Fittiche zu nehmen und der Kirche zuzuführen.

    »Meine Aufgabe als Geweihte ist es, den Menschen zu dienen. Ich sehe dir an, dass du verzweifelt bist. Deine Gefährten haben dich getäuscht und im Stich gelassen, du hast kein Geld mehr und bist in einer fremden Stadt. Die Täuschung erfolgte mit Wein, der milden Gabe meiner Göttin. Das sind mehrere gute Gründe, dir zu helfen.«

    Ich legte behutsam meine Hand auf ihr Knie, eine Methode, die bei den meisten Menschen hilft, Vertrauen zu schaffen. Swangard sah mich kurz irritiert an und schien nachzudenken.

    »Das hört sich nach einem guten Angebot an. Ich nehme an, ansonsten müsste ich in den Kerker? In meinem Land hat man zwar von Rahja gehört, aber du solltest wissen, dass die Göttin dort kaum verehrt wird. Ist es wirklich dein Wunsch, mir zu helfen?«

    Ich sah sie freundlich lächelnd an und versuchte sie zu ermuntern. »Ich bestehe darauf, einer Thorwalerin die Freuden, die uns Rahja gewährt, näherzubringen. Insbesondere dann, wenn man in Thorwal offenbar selten in deren Genuss kommt.«

    Ich nahm bereits am Abend Swangard mit in den Tempel und klärte ab, wie sie sich nützlich machen konnte. Zunächst wirkte sie wie ein verlorenes, schüchternes Kind und rieb sich oft die Handgelenke. Swangard durfte keinen Tharf trinken, sonst, so erklärte sie, würde sie wieder in ihren Berserkerrausch verfallen. Aber wir fanden schnell eine Aufgabe für sie. Swangard stammte aus einer Familie, die einen thorwalschen Hof führte und Pferde züchtete. Wir baten sie, sich um die Pferde des Tempels zu kümmern und sie nahm die Aufgabe dankbar an. Wir vereinbarten, dass sie uns einen Mond lang helfen würde, dann wären ihre Schulden abgetragen. Einige Geweihte äußerten wegen ihr Bedenken, doch als sie sahen, wie liebevoll sie mit den Tieren umging und dass die Pferde sich schnell an sie gewöhnten, gab es niemanden mehr, der Einwände erhob.

    Neben dem Erledigen meiner Tempelpflichten verbrachte ich meine Zeit bei Swangard, zum einen, um ihr mit den Pferden zu helfen (wobei sie meiner Hilfe nicht bedurfte), zum anderen, um ihr die Stadt zu zeigen. Anders als bei unserem Kennenlernen im Imperial war Swangard jeden Tag gut gelaunt, lachte und erzählte mir von ihrer Heimat. Ich ging mit ihr zusammen über die Märkte der Stadt, sah, wie sie sich für kleine Ketten, Ohrringe und Zuckergebäck interessierte, spendierte ihr hin und wieder das eine oder andere, das sie mit Begeisterung und leichter Verlegenheit annahm, und unterhielt mich mit ihr über persönliche Dinge und auch meine eigenen Wünsche und Träume. Ich erfuhr, dass Swangard als junges Mädchen zum ersten Mal die Last der Walwut durchlitt und wie froh sie gewesen war, als sie vor ein paar Jahren ein Teil der Schiffsbesatzung werden konnte. Sie musste immer ihr rotes Stirnband als Zeichen der Swafskari tragen. Ich nannte sie deshalb neckisch „die mit dem roten Stirnband". Sie erzählte mir zudem, dass sie an Bord des Schiffes zwar geachtet als Kämpferin sei, sie zugleich aber eine Außenseiterin war und niemand viel mit ihr redete. Ab und an ärgerten die anderen sie, so wie im Imperial. Mich machten diese Worte traurig und zugleich ein wenig wütend.

    Die Zeit verging viel zu schnell. Es waren wunderschöne Tage, an die mich immer gerne zurückerinnere. Je näher das Ende des Monds rückte, umso mehr hoffte ich, dass Swangard bleiben könnte. Sie hatte sich mit ihrer Ottajasko getroffen, die zwischenzeitlich weitergesegelt war, während sie ihre Schulden abarbeitete, doch die anderen Thorwaler wollten sie abholen und wieder nach Norden segeln. Schließlich traf das Drachenboot ein und es wurde verabredet, wann die Reise losgehen würde.

    Auch mich würde es bald in die Ferne verschlagen, denn ich hatte einen Brief vom Hochgeweihten Talafeyar Rahjakind aus Perricum erhalten, eine Einladung von höchster Auszeichnung. Mein Weg würde mich nach Zorgan führen, wo ich mit anderen Geweihten an einer Versammlung teilnehmen sollte – einer Versammlung von großer Wichtigkeit, um der Göttin einen Dienst zu erweisen. Talafeyar wollte das Liebesspiel einiger Geweihter in einem bebilderten Buch verewigen, und es war eine Ehre, von ihm auserwählt worden zu sein. So oder so würden Swangards und meine Wege sich trennen.

    Am letzten Tag gingen wir beide zu Arragenos und ich brachte dem Hotelier seine Dukaten mit. Swangard entschuldigte sich nochmals bei ihm, er nahm die Entschuldigung an und spendierte Swangard eine letzte Nacht in einem Gästezimmer. Wir gingen beide nach oben und schauten uns in der Stube um.

    »Es ist besser, wenn ich jetzt gleich gehe. Abschiede liegen mir nicht«, sagte Swangard, während sie zum Fenster hinausschaute.

    Andere Menschen mögen denken, dass wir Rahjageweihten niemals jemanden lieben, sondern nur unsere Körper zur Freude der Göttin hingeben. Lasst mich dieses Vorurteil klarstellen. Auch wir sind nur Menschen und wie bei jedem kommt es auch bei uns vor, dass wir uns verlieben. Ich kann nicht sagen, wie und warum es geschieht – dies bleibt ein ewiges Geheimnis Rahjas. Als Swangard ihren Abschied verkündete, da merkte ich, dass sich in meinem Inneren eine Trauer ausbreitete, die mein Herz verdunkelte, und dass ich schwerer atmete. Ich wollte nicht, dass sie ging.

    Swangard war größer als ich, gewiss dreimal so stark und sie war eine Walwütige. Sie hatte selbst gesagt, dass Gefühle in ihr möglicherweise die Wut auslösen konnten, aber in diesem Moment war es mir egal. Ich wollte nicht glauben, dass Rahja sie derart strafte, dass sie sowohl menschliche Nähe als auch Alkohol meiden musste. Die Göttin wäre niemals so grausam, einem Menschen beides zu verwehren!

    Wortlos trat ich hinter Swangard und umschloss mit meinen Armen ihren Bauch. Ich lehnte mein Gesicht an ihre Schultern und ich spürte ihre Wärme an der Stelle, wo ihre Krötenhaut und ihre Hose ihren Körper nicht bedeckten. Zugleich merkte ich, wie sie sich versteifte, in ihrer Bewegung innehielt. In diesem Moment war ich mir unsicher, ob ich ihre Blicke richtig gedeutet hatte, oder ob ich die falschen Schlüsse aus unseren Gesprächen gezogen hatte. Es wäre mir unendlich peinlich gewesen – ich, eine Rahjageweihte, die sich darin vertan hätte, wen ein Mensch liebt.

    Swangard drehte sich einige Augenblicke später jedoch vorsichtig zu mir um und ich ließ sie los. Ich schaute sie an, flehte im alveranischen Blau ihrer Augen keinen Funken der Wut zu sehen. Ihr Blick war zärtlich und ohne jeden Zorn. Meine Trauer im Inneren war verschwunden und ein anderes Gefühl regte sich in mir: Freude, gepaart mit Neugier und Spannung.

    Meiner Einschätzung nach war die Liebe für Swangard ein ebenso unbekanntes Terrain wie für mich die Seefahrt. Ich blickte auf ihre lederne Weste und war glücklich darüber, dass ich schnell erkannte, dass sie leichter zu öffnen war, als ich befürchtet hatte. Meine Finger wanderten zu den Schnüren und öffneten sie.

    Ich schmiegte mich an ihren Körper und spürte ihre Hitze, den Schweiß, der ihre Haut überzog und den Duft des Parfüms, das ich ihr geschenkt hatte. Der betörende Lavendelduft passte zu Swangard. In ihr war kein Zorn, kein Hass und keine Gewalt, höchstens Lust und die Unsicherheit einer jungen Frau, die nicht genau wusste, was sie tun sollte.

    Behutsam führte ich mit meinen Händen die ihre in Richtung des samtenen Bandes, das meine Kleidung festhielt. Sie öffnete die Knoten und ich ließ meine Seidenkleidung zu Boden gleiten. Swangard kniete sich vor mich und zog mir vorsichtig die Sandaletten aus. Sie sah von ihrer knienden Position zu mir hinauf und lächelte schüchtern. Schon zu Beginn unseres Spiels hatte ich vermutet, dass ich diejenige sein würde, die die Initiative ergreifen würde, und ich tat es mit Freude. Sanft ergriff ich Swangards Hände und zog sie wieder hoch.

    Ich sah zu ihr auf und küsste sie auf ihre Lippen. Zuerst reagierte sie nur zögerlich, doch ihre Küsse verlangten schon bald mehr und ich drang mit meiner Zunge in ihren Mund ein. Immer wieder unterbrachen wir die Küsse und mussten über uns lachen. Wir küssten uns so lange, wie ich nie zuvor eine Geliebte geküsst hatte.

    Langsam und ohne Eile drückte ich Swangard auf das Bett und sie zog mich mit ihren kräftigen Armen mit. Erneut küssten wir uns, doch ich spürte in mir, dass ich mehr wollte – und ich wusste, dass Swangard das gleiche fühlte.

    Meine Zunge glitt an ihrem Hals entlang und fand ihre linke Brust, deren Rahjaknospe sich mir entgegenstreckte. Ich mag es, wenn man sachte anfängt und sich steigert und ich hoffte, ihr ging es genauso. Zunächst leckte ich mit langsamen, kreisenden Bewegungen über die Knospe, dann saugte ich etwas fester daran und wechselte zur anderen Brust, um diese nicht zu vernachlässigen. Ihr leises Stöhnen verriet mir, dass es ihr offenbar gefiel.

    Nach ihren Brüsten widmete ich mich ihrem Bauch. Um ihren Nabel hatte Swangard eine Tätowierung, die ihren halben Bauch bedeckte, Muster und Symbole ihrer Heimat, die mich faszinierten und erregten. Ich konnte nicht anders, als mit Fingern und Zunge die Kreise langsam zu erkunden. Ihr Bauchnabel war empfindlich. Als ich über ihn leckte, hatte ich sie offenbar gekitzelt. Sie beugte ihren Rücken und ihr Stöhnen wurde durch einen lustvollen Seufzer unterbrochen.

    Die meisten Frauen schätzen es nicht, wenn man sich der Lustgrotte zu schnell nähert. Die Vorfreude ist bekanntlich, neben der Ekstase, die schönste Freude. Obwohl es selbst mir schwerfiel, ihren Tempel der Lust nicht sofort zu erkunden, streichelte ich zunächst die Innenseite ihrer Schenkel, küsste sie sanft und fuhr mit meiner Zunge über ihre salzige Haut. Swangard bebte mit jeder Berührung von mir. Das Stöhnen war einer dieser entzückenden, echten und nicht gekünstelten Lustlaute, die man nur vernahm, wenn jemand Liebkosungen ehrlich genoss. Ich spürte, dass sie es kaum noch aushielt.

    Ich wanderte wieder an ihrem Körper hoch, folgte dem gleichen Weg zurück, bis ich wieder ihren Mund fand. Ich zog ihr das rote Stirnband aus und ließ den Stoff langsam über ihre Brüste gleiten. Nach einigen sanften Küssen steckte ich mir meinen Zeige- und Mittelfinger in den Mund, um sie beide leicht mit Speichel zu befeuchten. Mit einem verführerischen Lächeln wich ich Swangards Blick aus und suchte mit meinem Mund ihre rechte Brustwarze und mit meinen Fingern ihre Scheide.

    Als Geweihte der Göttin der Ekstase muss ich an dieser Stelle kurz innehalten und einen wichtigen Hinweis geben. Meine Freundin und Lehrmeisterin der Liebeskunst, Amaziella Bosvani, gab mir folgenden Ratschlag: »Niemals nur einen Finger einführen. Das macht einer Dame üblicherweise nur wenig Freude. Nimm mindestens zwei und fang nicht zu schnell an.«

    Und an diesen Ratschlag hielt ich mich. Ich strich zunächst über ihre äußeren Schamlippen, erkundete sie mit kreisenden Bewegungen. Sie waren warm und warteten auf mehr. Swangards Erregung wurde größer und größer (und meine auch), sie schloss die Augen und stöhnte lauter, während sie meine Haare streichelte. Ich wechselte die Brust und küsste dieses Mal nicht nur ihre Rahjaknospe, sondern saugte und knapperte zaghaft an ihr. Mir war in dem Moment nicht mehr bewusst, dass Schmerz ihre Walwut auslösen konnte, doch mein Gefühl sagte mir, dass sie meine Behandlung genoss. Ihre Brüste bereiteten mir große Freude. Ich gebe zu, ich bin mit den meinen sehr zufrieden und liebe sie, aber Swangards Brüste hatten eine wunderschöne Form, leicht abgehobene Brustwarzen und eine helle Farbe, die mir gefiel. Sie waren sogar noch größer als meine, wobei die Größe einer Brust für mich unerheblich ist. Es gibt kleine und große Brüste, die mir gefallen.

    Wieder wechselte ich die Brustseite, nicht ohne vorher Halt an ihrem wunderschönen Bauchnabel mit dem Hautbild zu machen, das mich so in seinen Bann zog.

    Es wurde Zeit, einen Schritt weiter zu gehen. Noch einmal befeuchtete ich meine Finger, dann drang ich langsam in sie ein. Swangard bäumte sich kurz auf. Ich spürte ihre innere Wärme und wie feucht sie war, ein rahjagefälliges Zeichen der Erregung.

    Wie schon anfangs, als wir uns küssten, hatte ich das Gefühl, dass ich unendlich lange so weiter machte, zumindest länger als ich üblicherweise meine Fingerfertigkeit einsetze. Als ich endlich zu meinem größten Talent übergehen wollte, zog ich meine Finger aus ihr heraus.

    Swangard war so erregt, dass es kein weiteres sanftes Vorspiel benötigte. Es hätte uns beide nur gelangweilt. Ich glitt an ihr herunter, umklammerte ihre Schenkel und begann mit meiner Zunge über ihre Lustperle und den Spalt zu gleiten.

    Man sagt mir nach, dass die aranische und horasische Liebespraktik zu meinen Spezialitäten gehört. Ich lege großen Wert darauf, dass ich alle Praktiken des Rahjasutras beherrsche (sofern sie mir gefallen), um möglichst vielen Gläubigen Freude schenken zu können. Dennoch will ich nicht leugnen, dass die Verwöhnung mit Zunge und Mund zu meinen Lieblingsbeschäftigungen zählt.

    Nach einer Weile nahm ich meine Finger erneut zu Hilfe und drang wieder mit ihnen in Swangard ein, verwöhnte sie aber gleichzeitig weiterhin mit meiner Zunge. Meine Bettgefährtin zuckte zusammen, da sie damit wohl nicht gerechnet hatte, aber ihre Seufzer wurden durch meine rhythmischen Stöße zu einem lustvollen Keuchen, das immer lauter wurde. Ich schenkte ihr weiterhin Freude mit meiner Zunge und formte schon bald meine Hand zur Drachenklaue – eine Technik, die bei den meisten Frauen die größte Erregung hervorrief. Und so brauchte Swangard auch

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