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Herz hinter Dornen: BsB_Ritterroman
Herz hinter Dornen: BsB_Ritterroman
Herz hinter Dornen: BsB_Ritterroman
eBook418 Seiten5 Stunden

Herz hinter Dornen: BsB_Ritterroman

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Über dieses E-Book

Keinem Edelmann des Königs ist es bisher gelungen, die schöne und tugendhafte Roselynne de Cambremer zu erobern. Erst als ein geheimnisvoller fremder Ritter aus der Normandie erscheint, gerät ihr unbeugsames Herz in Gefahr. Doch wer ist dieser Mann? Roselynne muss fürchten, dass der Fremde eine Betrüger und Schurke ist. Oder ist er vielleicht der unvergessene Ritter ihrer Träume? Das Schicksal stellt die Tochter des Rosenturms vor eine gnadenlose Wahl: Entscheidet sie sich für Ehre oder Liebe, Stolz oder Leidenschaft? Ein langer Weg voll bitterer Missverständnisse beginnt, doch schließlich siegt die Liebe über alle Ungerechtigkeiten.
Beginnend mit der Eroberung Englands erzählt die Erfolgsautorin Valerie Lord in der Rosenturmsaga in sieben abgeschlossenen Romanen von den Mitgliedern einer einzigen, großen Familie.
Dieser in sich abgeschlossene Roman bildet den dritten Teil der siebenbändigen Roman-Pentalogie, in der es immer um die Liebe geht.
„Fünf von fünf Sternen. Herzergreifend gelingt es Valerie Lord auch in diesem dritten Band, den Leser zu fesseln und ihn das Buch bis zum Schluss nicht mehr aus der Hand legen zu lassen“. Kundenrezension aus dem Internet
SpracheDeutsch
HerausgeberBest Select Book
Erscheinungsdatum4. Juli 2014
ISBN9783864662027
Herz hinter Dornen: BsB_Ritterroman

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    Buchvorschau

    Herz hinter Dornen - Valerie Lord

    Valerie Lord

    Die Rosenturmsaga

    Pentalogie in sieben Bänden

    -------------------

    Band 1: Der Rosenturm

    Band 2: Rosen der Leidenschaft

    Band 3: Herz hinter Dornen

    Band 4: Kreuzzug der Liebe

    Band 5: Das Geheimnis der Rose

    Band 6: Die Dienerin des Rosenturms

    Band 7: Duell der Sinnlichkeit

    Valerie Lord

    Herz hinter Dornen

    Roman

    BsB

    BestSelectBook_Digital Publishers

    Letzte  von der Autorin durchgesehene 

    Fassung

                    _______

    © 2013 Alle Rechte bei Bestselectbook

        ISBN 978-3-86466-202-7

    Inhalt

    Prolog * Winchester und Rouen– im Herbst des Jahres 1088

    Erstes Kapitel * Die königliche Jagd

    Zweites Kapitel * Erinnerung an einen Traum

    Drittes Kapitel * Wider bessere Einsicht

    Viertes Kapitel * Ich muss dich haben

    Fünftes Kapitel * Der Plan des Herzogs

    Sechtes Kapitel * Im Bann der Silbergöttin

    Siebtes Kapitel * Eine Nacht für ein Leben

    Achtes Kapitel * Er hat dich vergessen

    Neuntes Kapitel * Von der Lust besiegt

    Zehntes Kapitel * Schock im Morgengrauen

    Elftes Kapitel * Ein lebensgefährlicher Plan

    Zwölftes Kapitel * Die Mutter meiner Söhne

    DreizehntesvKapitel * Nicht länger allein

    Vierzehntes Kapitel * Keine andere Wahl

    Fünfzehntes Kapitel * Eine Frau und eine Lügnerin

    Sechzehntes Kapitel * Ein unstetes Herz

    Siebzehntes Kapitel * Aus den Tiefen der Erinnerung

    Achtzehntes Kapitel * Schick sie nicht fort

    Neunzehntes Kapitel * Die Schlacht vor Rouen

    Zwanzigstes Kapitel * Im Kerker des Königs

    Einundzwanzigstes Kapitel * Zeit das Richtige zu tun

    Zweiundzwanzigstes Kapitel * Die falschen Argumente

    Dreiundzwanzigstes Kapitel * Brecht den Stab über ihn

    Vierundzwanzigstes Kapitel * Hass ist wie Tod

    Fünfundzwanzigstes Kapitel * Für den schlimmsten Fall

    Sechsundzwanzigstes Kapitel * An der Schwelle des Todes

    Siebenundzwanzigstes Kapitel * Im Namen der Freundschaft

    Epilog * Winchester im September des Jahres

    Prolog

    Winchester und Rouen – im Herbst des Jahres 1088

    Die Kälte überfiel Roselynne völlig unerwartet. Ihr Herz stockte, Nebel trübte den Blick und sie verfehlte den nächsten Stich in der Borte. Die Sticknadel bohrte sich tief in ihren Daumen.

    Aaah…

    Mathilda von England wandte sich zu ihr um. Mit scharfem Auge entdeckte sie den roten Fleck auf dem kostbaren Gewebe.

    So passt doch auf!, rief sie halb entsetzt, halb tadelnd. Ihr ruiniert die Seide, Roselynne! Schnell, wascht das Blut aus! Was ist mit Euch? Ihr neigt doch sonst nicht zu solcher Ungeschicklichkeit?

    Roselynne neigte den Kopf und akzeptierte schweigend den Verweis. Prinzessin Mathilda, die jüngste Tochter des Eroberers, vereinte die zierlich winzige Figur ihrer schönen Mutter und den herrschsüchtigen Charakter ihres willensstarken Vaters. Es war nicht ratsam ihr Widerreden zu geben. Sie neigte dazu, ungehorsame Edeldamen unter langweiliger Arbeit förmlich zu begraben. Seit Roselynne diese Erfahrung gemacht hatte, verbarg sie Gefühle und Gedanken hinter einer gehorsamen Fassade.

    Auch jetzt eilte sie auf der Stelle davon, den Befehl auszuführen. Die Stickerinnen im Sonnenzimmer, allesamt Edeldamen von nobelster Geburt, langweilten sie sowieso schrecklich. Das Geplauder über Heiraten, Geburten, Modetorheiten und Schönheitstränke brachte sie zum Gähnen und Nadelarbeiten waren ihr verhasst. Für die Fluchtmöglichkeit, die das Missgeschick ihr verschaffte, nahm sie die Schmerzen in Kauf. Sie hatte es sich sehr viel aufregender und interessanter vorgestellt, bei Hofe zu leben.

    Der Kälteschock ließ nur langsam nach. Roselynne kam es vor als stehe sie neben sich, und beobachte was mit ihr geschah. Außer Sichtweite der Kammertür hielt sie inne, um Atem zu schöpfen. Rund um den Nadelstich pochte ihr Daumen im gleichen Rhythmus wie ihr Herz. Sie musste den Halt einer Mauer für ihren Rücken suchen, denn ihr war schwindlig. Überwältigt von Empfindungen, die sie nicht einordnen konnte, schloss sie die Augen.

    Sie fühlte die Gegenwart eines anderen Menschen wie eine Berührung. Sie vernahm einen Pulsschlag, der wie das Echo ihres eigenen klang. Aber da war niemand! Keine Menschenseele! Der Gang vor den Gemächern der Prinzessin, zog sich still und verlassen bis zur großen Treppe hin. Aus der Halle an ihrem Fuße drang das übliche Stimmengewirr. Der Lärm eines normalen Tages. Dort unten standen Wachen, die niemand nach oben ließen, der nicht von einem Mitglied der königlichen Familie ausdrücklich herauf gebeten wurde.

    Dennoch – Roselynne wusste, dass sie nicht länger allein war. Gefühle überfluteten sie mit der Wucht eines Sturzbaches. Zorn. Trauer. Das Verlangen nach Wärme, Licht und Trost. Der Wunsch nach Rache und Vergeltung. Aber auch grenzenlose Kälte und Einsamkeit. Sie litt unter der Qual eines fremden Unglücks und fragte sich gleichzeitig fassungslos, wer ihr so nahe kommen konnte, dass sie gezwungen war seine Verzweiflung zu spüren.

    Oder hatte das Elend etwa in ihr geschlummert, wie die teuflische Besessenheit eines Kranken, die aus nichtigem Anlass ausbricht und ihn um seine Gesundheit bringt? Weckte das rinnende Blut einer kleinen Verletzung schlafende Dämonen?

    Verliere ich meinen Verstand?

    Ist Euch nicht wohl, Dame Roselynne? Kann ich Euch zu Diensten sein?

    Roselynne fuhr zusammen. Mit bebenden Händen zerknitterte sie die blutige Seide und kämpfte um Fassung. Im ersten Moment kam es ihr vor, als habe das Phantom ihrer Ängste plötzlich menschliche Gestalt angenommen.

    Aber nein, es war lediglich ein königlicher Page, der vor ihr im Gang verharrte und sie aus großen, bewundernden Knabenaugen ansah. Roselynne versuchte sich an seinen Namen zu erinnern. Er wollte ihr nicht einfallen. Es gab einfach zu viele von ihnen am Hofe des Königs. Alle glichen sie sich in ihrem Bemühen, möglichst schnell erwachsen zu werden und Männlichkeit vorzutäuschen.

    Danke, das ist nicht nötig. Ich habe... Sie holte tief Luft. Nur ein Moment dummer Atemlosigkeit. Es geht schon wieder!

    Sie lächelte ihn leicht verzerrt an und raffte Röcke, Stickseide und Beherrschung gleichermaßen zusammen. Auf dem Weg in die Wirtschaftsräume der Burg fand sie halbwegs zu sich. Aber während ihre Finger die feine Seide mit kühlem Brunnenwasser abtupften, um die Blutspuren zu beseitigen, untersuchte sie konzentriert das eigene Befinden.

    Bis auf den Nadelstich war sie unversehrt. Sie fror nicht mehr und der Schwindel war ebenfalls vorüber. Es kam ihr freilich vor, als seien all ihre Sinne schärfer und empfindsamer geworden. Eine Fülle verschiedenster Reize übermannte sie förmlich. Das Gleiten der Seide in ihren Händen, die Frische des Wassers und der kühle Hauch aus dem Ziehbrunnen, mischten sich mit den Düften der königlichen Küche und jenen der Mistkarre, die ein Stallbursche hinter ihr über den Wirtschaftshof schob. Kein lebendiger Mensch konnte all dies zugleich und noch mehr fühlen – oder?

    Das Bild eines schroffen Turmes schob sich zwischen Roselynne und die Wirklichkeit. Kantig und mächtig wuchs er in den Himmel, aber seine dunklen Steine verschwanden unter einem Meer aus blühenden Rosen. Jahr um Jahr entstand es von Neuem. Der Rosenturm von Hawkstone. Sie war im Schutze dieses Turmes aufgewachsen. Man nannte sie und ihre Schwestern die Töchter des Rosenturmes. Für jene, die trotz der christlichen Priester, in ihrem Herzen noch dem alten Glauben anhingen und die große Mutter respektierten, war der Rosenturm eine heilige Stätte. Sie waren auch der festen Überzeugung, dass die Lady von Hawkstone und ihre Töchter angeblich über geheimnisvolle Mächte verfügten.

    Im Gegensatz zu ihren Schwestern hatte Roselynne stets über solche Ammenmärchen gelacht. Es gab für alles eine logische Erklärung. Nur einfältige Gemüter glaubten daran, dass spiegelnde Wasserflächen einen Blick in die Zukunft ermöglichten, oder eine Berührung geheime Gedanken verriet. Sie war nicht auf ein vermeintlich magisches Erbe stolz, sondern auf den Adel ihres Namens und die Makellosigkeit ihres Blutes. Auch auf ihre Klugheit – sogar wenn sie damit die Sünde der Eitelkeit auf ihre Seele lud – denn sie ließ weder Aberglauben, noch Flatterhaftigkeit zu.

    Aber diese Klugheit ließ auch nicht zu, dass sie die Erinnerung an den Rosenturm abtat. Warf er seinen schicksalsschweren Schatten bis nach Winchester?

    Tut es nicht!

    Es waren weniger die Worte, als der ungewohnt flehende Tonfall, der den Edelmann dazu veranlasste fragend die Brauen zu heben.

    Wovon sprecht Ihr, Gräfin?

    Die stattliche Edeldame, die sich auf einen Stock mit Silberknauf stützte, schnaubte unwillig. Ihre faltigen Züge trugen die Spuren lebenslanger Herrschsucht, aber auch vergangener Schönheit.

    Ihr wollt, dass ich es ausspreche? Lasst Euch von unserem ehrgeizigen Herzog nicht ins Verderben reißen, mein Freund. Die Rolle des Spions passt nicht zu Euch. Ich sehe keinen Sinn darin, dass Ihr das Meer überquert. Ihr reißt alte Wunden auf.

    Das hätte sie besser nicht gesagt. Die Gräfin besaß trotz ihres Alters scharfe Augen. Weder das kurze, unwillige Aufleuchten in den Saphir-Augen entging ihr, noch der vage Hauch von Gefühl, der die reglosen Züge des Seigneurs berührte. Verärgert über ihre Einmischung, suchte er das Gespräch höflich zu beenden.

    Erspart es Euch und mir. Eine schroffe Handbewegung der Gräfin hieß ihn schon schweigen, ehe er den Mund geöffnet hatte. Ihr wollt es nicht hören, aber ich sage es Euch trotzdem. Wilhelm der Eroberer ist tot und sein Sohn Rufus ist der rechtmäßige König von England. Auch wenn Robert von Anjou der älteste Sohn ist und nach der Krone giert, er wird sie nie tragen. Wilhelm hat sie ihm verweigert, weil er ein Hitzkopf ist und einmal zu oft gegen den eigenen Vater rebelliert hat. Robert kann zufrieden sein, dass ihm wenigstens der Titel Herzog der Normandie geblieben ist. Wenn er jetzt einen Bruderkrieg anzetteln will, bestätigt dies im Nachhinein die Entscheidung seines Vaters. Ihr lasst Euch von ihm missbrauchen, weil Euer Groll gegen eine Person sich auf ein ganzes Land ausgeweitet hat.

    Zum Henker, Gräfin! Findet Ihr nicht, dass Ihr Euch in Dinge mischt, die Euch nichts angehen? Woher wisst Ihr überhaupt von der Sache?

    Sie gehen mich sehr wohl etwas an, beharrte die Greisin eigensinnig auf ihrem Einspruch. Hätte ich nicht um jeden Preis versucht, Euch zu meinem Enkelsohn zu machen, Ihr wäret noch der Mann, der auf den Rat einer alten Frau gehört hat.

    Sie erhielt jenes zynische Lächeln zur Antwort, das wie Eis in seinen Augen glitzerte und reihenweise die Herzen der jungen Edeldamen am Hofe zu Rouen brach. Nicht, weil es so warm und anteilnehmend war, sondern weil ihm die Klarheit eines Edelsteins anhaftete.

    Werft einem Mann niemals vor, dass er seinen Verstand entdeckt hat, verehrte Gräfin. Ihr erinnert Euch an einen Jüngling, der noch nichts vom Leben wusste, entgegnete der Getadelte in vollendeter Höflichkeit. Ich weiß Eure Sorge zu schätzen, aber sie ist an mich verschwendet. Ich bin ein treuer Vasall meines Fürsten. Wenn er geruht, mich um meine Dienste zu bitten, so ist dies eine Aufgabe, der ich mich gehorsam unterwerfe.

    Papperlapapp, schnaubte die Nobeldame, als habe sie es mit einem Pagen zu tun. Ihr nehmt diese Aufgabe wahr, weil Ihr hofft sie zu sehen! Ihr habt sie nie vergessen!

    In der jähen Stille schwang frostige Ablehnung, ehe der Seigneur zynisch auflachte. Traut mir ein wenig mehr Denkkraft zu, teure Freundin. Ich werde weder Eurer bezaubernden Enkelin den Hals umdrehen, noch meine Mission durch persönliche Eitelkeit in Gefahr bringen. Ich bin kein romantischer Held. Mein Herz ist nicht gebrochen. Im Gegenteil, ich schulde Eurer Enkelin Dank. Sie hat mir beizeiten bewiesen, dass mein Vater in seiner Einschätzung des weiblichen Geschlechtes genau ins Schwarze getroffen hat.

    Der Edelmann bedachte die Greisin mit einer Reverenz und entfernte sich mit weit ausgreifenden Schritten durch die imposante Halle der Burg von Rouen. Man machte ihm ehrerbietig Platz, aber hinter ihm brandeten Gerüchte auf. Es gab nicht viele Männer an diesem Hofe, die es wagten Dame Elisabetta de Cambremer die Stirn zu bieten.

    Er hatte sogar mehr getan. Er hatte die furcheinflößende Seniorin dieser mächtigen Familie auf das Ärgste gereizt. Man erkannte es daran wie sie den Stock wütend aufstieß und unwirsch ihre Begleiterin tadelte. Was immer er gesagt hatte, es versetzte sie in Empörung.

    Der Edelmann verstand die Einwände der Gräfin besser, als seine mütterliche Freundin ahnte. Er wusste auch, dass ein Gutteil der Eile, mit der er diesem Gespräch entfloh, darin begründet lag, dass er vor seinen eigenen Gedanken davon lief. Was hatte ihn eigentlich dazu getrieben, sich auf das Abenteuer einzulassen? Für einen Machtbesessenen wie Herzog Robert zählten weder Rechtschaffenheit noch Ritterlichkeit. Die Krone von England war alles was ihn interessierte. Die Männer, die ihm auf den Thron halfen, würde er reich belohnen. War das etwa kein Grund, ein Risiko einzugehen?

    Das Gespräch hatte ihn aufgewühlt, auch wenn er es nicht zugeben wollte. Er warf sich auf das Pferd, das sein Page im Hof für ihn bereit hielt und preschte durch das Tor. Auf der Flucht vor der Vergangenheit? Dass die Gräfin ihm zugetan war und sich nach Kräften bemüht hatte, die Wunden zu heilen, die das Leben ihm geschlagen hatte, hielt er ihr zu Gute. Dennoch sprach er ihr das Recht ab, Einfluss auf seine Entscheidungen zu nehmen.

    Seit er gelernt hatte, seinen Gefühlen zu entsagen, kannte sein Dasein weder Furcht noch Freude. Er genoss sehr wohl die Annehmlichkeiten weiblicher Gesellschaft, aber machte sich keine Mühe, mehr über die Frau zu erfahren, die seinen Alkoven teilte oder ihn zeitweilig amüsierte. Er suchte nicht länger eine Gemahlin, die ihm einen Erben schenkte. Wozu ein Geschlecht am Leben erhalten, das nur zu Hass und Leid geboren wurde?

    Und dennoch, der Gedanke den Kanal zu überqueren, den Fuß auf den Boden zu setzen auf dem sie lebte, brach die Dämme, die er zwischen sich und der Vergangenheit aufgerichtet hatte. Er rüttelte an den eisernen Stäben des Verließes, hinter dem seine Emotionen schlummerten. Er kostete den bitteren Geschmack von Verrat, Hass und Rache, von Blut, Verzweiflung und Einsamkeit.

    Elisabetta de Cambremer hatte Recht. Es war Narretei was er plante, aber eine Macht die stärker als jede Vernunft war, zwang ihn sein Leben und seine Ehre aufs Spiel zu setzen.

    1 . Kapitel

    Die königliche Jagd

    Erste Sonnenstrahlen drückten den herbstlichen Nebel zu Boden, unter die Hufe der Pferde. Zaumzeuge, Dolchgriffe und Mantelschließen, Broschen und Juwelen leuchteten mit dem ersten Morgenlicht um die Wette. Die Jagdgesellschaft des Königs von England, deren Teilnehmer allesamt nicht viel älter als der junge Herrscher waren, trieb ihre Pferde ungestüm vorwärts.

    Falkner, Hundeführer, Treiber, Pagen und Pferdeknechte hatten alle Hände voll zu tun, im Getriebe der Hofjagd, das Wohl der eigenen Herrin oder des eigenen Herrn nicht aus den Augen zu verlieren. Beizvögel tänzelten nervös auf den Fäusten ihrer Besitzer, weil sie trotz der glockengeschmückten Hauben die sie vorerst blind machten, den Wirbel ebenso spürten, wie die lockende Freiheit des Herbsttages, der wie geschaffen für eine Jagd war.

    Roselynne de Cambremer zügelte den cremefarbenen Zelter mühelos. Unter der Krempe ihrer Samtkappe blickte sie gelassen über das Getümmel hinweg zu den Zinnen, wo die Standarte des Königs die seiner Ritter und Gäste überragte. Keines der bedeutenden Wappen fehlte. Niemand wagte eine königliche Einladung zur Jagd auszuschlagen, wenngleich die Tatsache, dass sie ausgerechnet zu Ehren der schottischen Gesandtschaft gegeben wurde, doch für verstohlenen Unmut sorgte.

    Die ständigen Scharmützel an der Nordgrenze zehrten an der Geduld des Königs und seiner Ratgeber, ebenso wie an der Verteidigungskraft des Reiches. Erst musste diese Grenze gesichert sein, ehe man daran gehen konnte, alle Kräfte auf Robert, den älteren Bruder des Königs zu konzentrieren. Robert beherrschte die Ländereien des Eroberers auf dem Festland. Die Krone seines neuen Königreiches auf der englischen Insel hatte Wilhelm dem zweitältesten Sohn übertragen. Die Rivalität der Brüder würde vermutlich erst mit dem Tode des einen oder des anderen ein Ende finden. Sie hatten sich nie sonderlich gut verstanden, aber die Entscheidung des Vaters hatte sie zu Todfeinden gemacht.

    Die Anwesenheit der Schotten bei dieser Jagd, markierte freilich keinen ersten Schritt zu einem dauerhaften Frieden im Norden. Engländer und Schotten hatten sich lediglich auf ein Stillhalte-Abkommen geeinigt. Es ermöglichte beiden Atem zu schöpfen, Burgen zu befestigen, Waffen zu kaufen und neue Kämpfer auszubilden.

    Im Gegensatz zum schottischen König musste der Sohn des Eroberers, den alle nach seinem roten Haupthaar Rufus nannten – auch weil er den Taufnamen seines Vaters trug – an zwei Fronten kämpfen. Ebenso draufgängerisch veranlagt wie sein Bruder, war er jedoch klug genug, auch die Mittel der Diplomatie einzusetzen, um sein Ziel zu erreichen. Deswegen diese Jagd und die schmeichelhafte Aufmerksamkeit für eine Gesandtschaft, die in den Augen des Hofes größtenteils aus Wilden bestand. Prinzessin Mathilda wachte besorgt darüber, dass ihre Damen Abstand von ihnen hielten.

    Gott steh' uns bei, dieser schottische Barbar hat Augen wie glühende Kohlestücke. Margaret de Lacey machte Roselynne auf den einzigen Schotten aufmerksam, der diesen Abstand einfach ignorierte. Er zieht Euch mit seinen Blicken das Gewand aus, Roselynne! Das gehört sich einfach nicht.

    Achtet nicht auf ihn, Margaret, riet Roselynne dem Edelfräulein, das wie sie zum Gefolge der Prinzessin gehörte, obwohl es kaum das fünfzehnte Lebensjahr vollendet hatte. Diese Krieger aus dem Norden sind Rohlinge. Höflichkeit und Galanterie sind ihnen fremd.

    Die Kleine rümpfte, zwischen Faszination und Abscheu hin und her gerissen, die ein wenig zu groß geratene Nase. Ihr gefallt ihm, Roselynne. Es ist mir schon beim Festmahl gestern Abend aufgefallen. Was wollt Ihr tun, wenn er Euch umwirbt?

    Welch ein Unsinn! Roselynne milderte ihren heftigen Tadel mit einem Lächeln. Glücklicherweise ging die Torheit des Mädchens im allgemeinen Lärm der Menschen, Tiere und Jagdhörner unter. Der schottische Gesandte hat Besseres zu tun, als sich um das Lächeln einer Hofdame zu bewerben. Außerdem bin ich nicht an einem Ehemann interessiert. Egal ob Schotte oder Normanne.

    Habt Ihr deswegen bisher die guten Partien ausgeschlagen, die der König immer wieder für Euch arrangieren wollte?

    Margaret ließ nicht locker. Sie erinnerte Roselynne an ihre kleineren Schwestern. Neugierig, ein wenig linkisch und hölzern, aber doch mit so viel Bewunderung im Blick, dass es ihr schmeichelte. Zudem war sie herzensgut und es widerstrebte ihr, solche Güte zu kränken.

    Ich will meine Freiheit nicht für einen Mann aufgeben, gestand sie deswegen. Warum sollte ich das tun?

    Weil Ihr ihn liebt! Margaret blühte bei diesem Thema förmlich auf. Erzählt man sich nicht, dass Eure Eltern eine Zuneigung verbindet, wie sie in Liebesliedern besungen wird? Und trägt nicht auch der Baron von Aylesbury Eure Schwester auf Händen? Er hat nur Augen für sie, wenn beide dem König ihre Aufwartung machen.

    Sophia-Rose besitzt eben die Fähigkeit, einem Manne Liebe einzuflößen, entgegnete Roselynne so melancholisch, dass Margaret nur eine einzige Erklärung dafür fand.

    Kann es sein, dass Ihr an Eurer eigenen Anziehungskraft zweifelt? rief sie entrüstet.

    Heilige Mutter Gottes!

    Roselynne hätte viel lieber einen der herzhafteren Flüche ihres Vaters ausgestoßen, aber für eine Hofdame der königlichen Prinzessin verbot sich solches Benehmen. Stattdessen bedachte sie Margaret mit einem Kopfschütteln.

    Denkt Ihr wirklich, ich würde bei einer königlichen Jagd über derlei Unsinn debattieren?

    Der ganze Hof liegt Euch zu Füßen, aber wenn Ihr noch länger zögert, Euch einen Gatten zu suchen, werdet Ihr als alte Jungfer enden, behauptete das Mädchen naseweis. Ihr seid schon jenseits der Zwanzig, Roselynne. Die meisten Edelmänner wünschen sich eine jüngere Gattin, damit sie ihnen kräftige Söhne schenken kann. Noch seid Ihr schön, aber Schönheit hält nicht ewig!

    Roselynne wusste nicht ob sie verärgert oder amüsiert sein sollte. Dieses Küken, noch kein halbes Jahr bei Hofe, wagte es, sie mit der Nase auf Dinge zu stoßen, die nicht einmal ihre Mutter in dieser Deutlichkeit vorbrachte. Mit einundzwanzig Sommern war sie tatsächlich schon ein gutes Stück über das Alter hinaus, in dem die Töchter des Adels verheiratet wurden. Immer wieder hatte sie es in den letzten Jahren geschafft die Heiratspläne des Königs, jene ihres Vaters und auch jene ihrer Mutter geschickt zu durchkreuzen.

    Aber die Schlinge zog sich zu, sie spürte es. Sie war eine zu gute Partie, um in den Plänen des Königs keine Rolle zu spielen. Früher oder später würde er einen seiner besten Ritter mit ihrer Hand belohnen und dann saß sie in der Falle. Man verweigerte seinem Fürsten nicht den Gehorsam. Außerdem war es das Los der Frauen Gattin und Mutter zu werden. Es sei denn, sie gingen ins Kloster und dazu verspürte sie ebenfalls keinen Drang mehr.

    Ihr meint also, ich bin schon so alt und ausgetrocknet, dass ich froh sein muss, wenn sich wenigstens ein schottischer Barbar für mich interessiert, neckte sie Margaret, ohne sich ihre besorgten Gedanken anmerken zu lassen.

    Ihr macht Euch lustig über mich! Margaret errötete verlegen. Ihr seid wunderschön! Die fahrenden Sänger vergleichen Euch mit Morgana, der wieder auferstandenen Fee des Nebelsees. Sie preisen Eure Augen, die mit dem Violett der Frühlingsveilchen wetteifern und die nachtschwarze Seide Eures glänzenden Haars. Sie loben die Biegsamkeit Eurer Gestalt und die Eleganz Eurer Tanzschritte. Ach, muss ich etwa all die Huldigungen wiederholen, die Unsereins so schmerzlich treffen, weil wir nicht mit Euch wetteifern können?

    Bitte nicht! Roselynne hob abwehrend die behandschuhte Rechte, die im Gegensatz zu vielen anderen Edeldamen keinen Jagdvogel hielt. Hört auf, meiner Eitelkeit zu schmeicheln, ich muss sonst bei meiner Beichte eine Sünde mehr aufzählen.

    Eure Eitelkeit, pah!, widersprach Margaret erneut. Ich kenne keine Edeldame, die weniger auf ihr Aussehen und ihre Gewänder achtet als Ihr. Bedeutet es Euch so wenig, schön zu sein?

    Roselynne schwieg. Eine ehrliche Antwort hätte die Kleine nur verwirrt. Was nutzte ihr schon alle Schönheit, wenn es nicht die Farben der Cambremers waren? Schon in jungen Jahren hatte sie begriffen, dass es die Ähnlichkeit ihrer großen Schwester mit Dame Elisabetta war, die ihr jenen Sonderstatus der Bewunderung und der Liebe eintrug, um den sie die Ältere so heftig beneidete. Feuerfarbenes Haar, meergrüne Augen und ein stürmisches Temperament. Was hätte sie nicht darum gegeben, Sophia zu gleichen!

    Seit sie denken konnte, hatte Sophia alles was sie sich wünschte. Die Farben des Vaters, die Zuneigung der Großmutter, die Nachsicht der Mutter. Am meisten neidete sie ihr jedoch die Liebe, die ihre Schwester achtlos fort geworfen hatte um einem Gemahl zu folgen, den Roselynne nie und nimmer gegen den Einen eingetauscht hätte.

    Roselynne waren die Brosamen geblieben. Die Farben der Mutter, die Duldung der Großmutter, die Ermahnungen des Vaters. Und das Bild einer Liebe, die das unberührte Herz eines 16jährigen Kindes geweckt und für immer geprägt hatte. Nicht einmal ihre kluge Mutter hatte damals begriffen, was ihrer zweitältesten Tochter widerfuhr. Sie hielt für Schwärmerei und kindische Verehrung, was endgültig und für immer Roselynnes Fühlen brandmarkte.

    O ja, sie hatte versucht dem Schmerz dieser Wunde zu entfliehen. Sie hatte in jugendlichem Ungestüm Trost in der Religion gesucht, aber ihre Familie wollte nichts davon hören, dass sie in ein Kloster eintrat. Danach hatte sie gelernt die Qual zu verbergen und sich vor jeder neuen Wunde zu schützen. Tief in ihr lauerte die Furcht, dass ein solcher Hieb das nächste Mal tödlich sein könnte.

    Ungerührt, ähnlich einer Perle an der das Wasser abgleitet, schritt sie seitdem durch die Tage ihres Lebens. Jung noch und doch schon zu erfahren, um das Gift der Schmeicheleien zu trinken oder sich am eitlen Tanz um Anerkennung und Bewunderung zu beteiligen. Gewappnet von einem unsichtbaren Panzer, der keine Nähe zuließ und somit auch keine Verletzung.

    Ihr nehmt nicht Teil an der Jagd mit dem Falken, Dame Roselynne?

    Sie schrak zusammen. In ihrer gedankenverlorenen Zerstreutheit hatte sie den schottischen Botschafter übersehen, der nun seinen kräftigen Braunen neben ihrem Zelter bändigte. Sein glühender Kohleblick, vor dem sich Margaret eben geängstigt hatte, versucht sie einzuschüchtern. Robert Duncan besaß die Unverfrorenheit, sie direkt anzustarren. Er ließ seine Augen über ihre Gestalt wandern, als wäre der Samt ihres Jagdgewandes tatsächlich durchsichtig.

    Es war indes weniger die Frechheit des Blickes, als die animalische Ausstrahlung gewalttätiger Männlichkeit, die Roselynne erröten ließ. Verärgert nahm sie wahr, dass er sie als persönliches Eigentum betrachtete. Als Sache, die ihm bereits gehörte, auch wenn er sich nach außen den Anschein von Höflichkeit gab.

    Sein Begehren, die Breite seiner Schultern und das arrogante Lächeln unter dem Gestrüpp seines dunklen, dichten Bartes, alles stieß sie ab. Er war sich seiner vermeintlichen Beute so sicher, dass Roselynne weniger aus Angst, denn aus immer größerer Empörung, einen tiefen Atemzug tat. Was bildete sich dieser Rüpel ein?

    Ich besitze keinen Greifvogel, Graf Duncan, gelang es ihr dennoch vollendet gleichmütig zu antworten. Ich pflege meine Jagderfolge nicht Dritten zu überlassen.

    Erst jetzt entdeckte der Schotte den zierlichen Bogen und den Köcher mit Pfeilen, der an Roselynnes Sattel befestigt war. In seinen Augen, die an schottische Langbogen und mächtige Beidhänder gewöhnt waren sie nutzloses Spielzeug.

    Gereizt von seinem Unglauben und seiner Gegenwart vergaß sie einen Moment lang die gewohnte Vorsicht. Unterschätzt nicht meine Fähigkeiten mit diesem Spielzeug umzugehen, warnte sie ihn kalt.

    Rob Duncan runzelte irritiert die Stirn. Er war ein Mann des direkten Wortes und direkten Kampfes, aber das mit dem Spielzeug hatte er doch gedacht und nicht gesagt. Woher wusste sie ...?

    Roselynne stellte sich dieselbe Frage. Es beunruhigte sie an seinen Gedanken Teil zu haben. Sie wollte es nicht. Sie entdeckte in diesen Tagen eine Sensibilität in sich, die es ihr leicht machte die Gefühle anderer Menschen zu durchschauen. Es hatte mit jenem beunruhigenden Nachmittag im Sonnenzimmer begonnen und es nahm ständig zu. Es machte sie nervös und rastlos.

    Glücklicherweise winkte sie genau in diesem Moment Prinzessin Mathilda an ihre Seite. Gehorsam wie selten reagierte Roselynne auf diesen Ruf. Entschuldigt mich, meine Herrin wünscht mir zu sprechen.

    Rob Duncan zerbiss einen Fluch hinter seinem Bart, indes sie geschickt den Zelter an die Seite der königlichen Schwester lenkte. Mit einem Plaid voller Löcher Wasser zu schöpfen, schien ihm erfolgversprechender als der Versuch, diese schöne Fee zu fassen und zu halten. Im Getümmel des allgemeinen Aufbruches ging sie ihm so geschickt aus dem Weg, dass er aufgeben musste.

    Roselynne spürte seinen Blick zwischen den Schulterblättern. Sie verabscheute den Gesandten. Warum richtete er seine Aufmerksamkeit ausgerechnet auf sie? Wann verschwand er endlich in seine Heimat, damit sie ihn los wurde?

    Da ist etwas an Euch, das sogar einen schottischen Bären, wie diesen Grafen des Nordens, zum Komplimente drechseln verleitet, sagte Prinzessin Mathilda. Wie üblich hatte sie alles gesehen. Ihr könntet ihn zähmen, wenn Euch daran gelegen wäre. Reizt es Euch nicht Gräfin von Duncan zu werden, Roselynne?

    Absolut nicht, Hoheit!, entgegnete Roselynne und tätschelte den Hals ihres Pferdes. Ich finde keinen Gefallen an der finsteren Direktheit dieses kaledonischen Wilden. Er jagt mir Angst ein.

    Er kann Euch nichts tun, meine Liebe! Die Ritter des Königs umgeben und schützen Euch. Sicherer könnt Ihr diesen Tag auch im Schoße des Paradieses nicht verbringen.

    Roselynne dachte an dieses Versprechen der Prinzessin, während die Sonne höher stieg und die Falkner, gemeinsam mit den Treibern, durch das herbstlich, braune Gras strichen. Wie üblich ließ der König seinen Greifvogel als erster steigen, danach gab er das Privileg an seine Gäste und Freunde weiter.

    Sie beobachtete in einer Mischung aus Resignation und Bedauern den eleganten Flug der Vögel, der stets mit dem jähen Sturz aus dem Himmelsblau und dem Tod eines anderen Lebewesens endete. In ihrer geschärften Empfindsamkeit kam es ihr vor, als könne sie auch das Entsetzen der Kreatur fühlen die in den Fängen eines Beizvogels starb. Das Schauspiel widerte sie zunehmend an.

    Sie konnte weder die Begeisterung Margarets, noch den sportlichen Ehrgeiz der Prinzessin teilen. Erleichtert begrüßte sie die Rast, welche die Jagdgesellschaft gegen Mittag in einem Eichenhain einlegte. Unter weit ausladenden Ästen zog das Rinnsal eines Baches ein flirrend silbernes Band durch die Lichtung. Das Gesinde hatte dort alles für die Jagd-Gesellschaft vorbereitet.

    Der Haushofmeister des Königs dirigierte die Lakaien. In Silberbechern wurden frisch gekühlte Weine und Ale serviert. Letzteres auf Wunsch seiner Majestät, denn der zog das Bier dem Wein vor. Auf weißem Leinen standen Körbe und Platten mit ausgewählten Leckerbissen in solcher Fülle bereit, dass es schwer fiel sich zu entscheiden.

    Um König Rufus drängten sich Ratgeber, Gefährten, Knappen und Diener. Ein Hofstaat, in der seine Schwester die Rolle der Gastgeberin und Herrin übernommen hatte, denn der Herrscher war noch nicht verheiratet. Weder die Edeldamen, die ihm seine Schwester präsentierte, noch die Fürstentöchter des Festlands hatten ihn bisher zu fesseln vermocht. Roselynne war unter den wenigen die Rufus' Geheimnis kannten. Sie wahrte es eisern, auch wenn sie Margaret gerne gesagt hätte, dass sie sich umsonst vor den Augen des Königs spreizte.

    Da die Prinzessin ihre Dienste im Augenblick nicht benötigte, schlenderte Roselynne den Bach entlang um ein verschwiegenes Plätzchen zu suchen. Immerhin waren sie seit Sonnenaufgang unterwegs und sie war nicht die einzige Dame, welche die Rast dazu nützte Dinge zu erledigen, die absolute Abgeschiedenheit erforderten. Sie musste ziemlich weit gehen, ehe sie hinter ein paar Weidenbüschen die nötige Deckung dafür fand, sich zu erleichtern.

    Das leise Murmeln des Wassers, das sich seinen Weg über die Steine suchte, tat gut. Mit dem Herbstkonzert der Vögel und dem

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