Die Welt mit seinen Augen sehen: Vom Hundeliebhaber zum Hundeversteher
Von Tina Wessig
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Über dieses E-Book
Dieses Buch ist entstanden, um Hundeliebhabern mehr Einblick in Verhaltensweisen des Hundes zu ermöglichen und sie zu echten Hundeverstehern werden zu lassen. Denn es genügt nicht, einen Hund zu lieben, er braucht - und das hat nichts mit Drill und Kasernenhof zu tun - klare Regeln, strukturierte Abläufe und Anforderungen, die er zu leisten in der Lage ist.
Tina Wessig
Tina Wessig (51) ist Autorin und Hundetrainerin: "Geschrieben habe ich eigentlich schon immer. Mit 14 Jahren war ich Österreichs jüngste Journalistin und hatte meine eigene Glosse in einer angesagten Jugendzeitschrift. Nach so aufregenden wie aufreibenden Jahrzehnten in der Tages-, Wochen- und Monatspresse konzentriere ich mich heute ganz auf das Schreiben meiner Bücher über Hundeausbildung aus Trainersicht." Tina Wessig ist Kursleiter für Welpen, Junghunde & Unterordnung des Österreichischen Gebrauchshundesport-Verbandes und Trainer für Unterordnung des Österreichischen Kynologenverbandes, Prüfungsleiter sowie Obedience-Prüfungsleiter.
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Buchvorschau
Die Welt mit seinen Augen sehen - Tina Wessig
Lesen!
-1-
Mein Weg zum Hund
Meinen ersten Hund bekam ich mit neun Jahren. Eigentlich hätte ich ihn schon mit sechs Jahren nach dem ersten Volksschuljahr bekommen sollen, denn mein Vater meinte als Ansporn und Antwort auf mein ewiges Drängen: Wenn Du lauter Einser hast, bekommst Du einen Hund!
Nun - ich hatte die ganze Volksschulzeit lauter Einser, aber noch immer keinen Hund. Man wollte mich mit Hamstern, Kaninchen und anderem Getier von meinem Herzenswunsch abbringen, aber - Fehlanzeige. Schließlich kam ein wenige Wochen altes Kleinpudelmädchen namens Gipsy ins Haus. Sie musste all das ertragen, was ein Kinderhund
so durchstehen muss, wurde im Puppenwagen herum geschoben und bekam eine Mütze aufgesetzt. Aber sie nahm es mit Gleichmut und schenkte mir wunderschöne Momente, ehe sie mit 13 Jahren über die Regenbogenbrücke ging.
Nach hundelosen Jahren in einer innerstädtischen Wohnung und einer Übersiedlung an den Stadtrand entschied ich mich in den Mittzwanzigern wieder für einen Hund: Eine Soft Coated Wheaten Terrier-Hündin sollte es sein. Lisa kam von einer Züchterin, die verschiedenen Terrierrassen ihr Herz geschenkt hatte, dort sah ich auch erstmals majestätische Airedales und quirlige Irish Terrier, die mich heute begleiten. Lisa war eine wunderbare Hündin, kein Querkopf, sondern anschmiegsam und so gesehen ein idealer Hund. Mit ihr zogen mein Mann und ich aufs Land – doch das geräumige Haus und der riesige Garten waren für nur einen Hund fast ein wenig zu groß.
Das Schicksal wollte es, dass sich meinen Schwiegereltern ein großer, betagter Deutscher Schäferhund anschloss, der - nach einer Nacht auf der Polizei und einer Anzeige in der Zeitung, die ergebnislos blieb - bei uns einzog. Ein liebenswerter Hund und unser erster, der lachen
konnte. Als wir das erste Mal beim Heimkommen die gebleckten Zähne und die in Falten gelegte Nase sahen, waren wir zwar erschrocken, lernten aber nach wenigen Tagen, dass der Hund immer dieses Gesicht aufsetzte, wenn er sich freute.
Max
riefen wir den prachtvollen Rüden, ein großrahmiger, edler Hund, aber leider von schweren Schäden in den Hüftgelenken geplagt. Aber einige schöne Jahre konnten wir dem Findelkind
doch noch gewähren, und bis heute bin ich erstaunt, mit welch stoischer Ruhe der Hund am ersten Tag durch unser Haus schlenderte, mit uns durch alle Räume ging und dann einfach angekommen
war. Nachdem wir Max gehen lassen mussten, suchten und fanden wir einen würdigen Nachfolger in Nandor, der aus einer ungarischen Tötungsstation gerettet wurde: ebenfalls ein Schäfer, aber kompakter, zierlicher, ein herzensguter Hund.
Unsere Wheaten Terrier-Hündin Lisa beobachtete das Kommen und Gehen ohne viel Aufhebens, blieb sie doch über all die Jahre mein Herzenshund. Daher gab es keine Eifersüchteleien, weil das Ranking für sie augenscheinlich klar war. Und das habe ich bis heute beibehalten – mein ältester Hund bekommt seinen Futternapf immer als erster und hat auch sonst einige Privilegien.
Dann war es Zeit, den lang gehegten Wunsch nach einem Irish Terrier wahr werden zu lassen und Scully wurde auserkoren, Nandors kleine Gefährtin zu werden. Er hatte sichtlich Freude an der lebhaften, roten Hündin und begleitete sie durch die Jugend. Doch dann wurde Nandor leider plötzlich sehr krank, hatte Anfang der Woche zu fressen aufgehört, von Mittwoch bis Freitag kämpften wir um sein Leben - und am Wochenende hatte der Leberkrebs bereits zu einem Multiorganversagen geführt. Nachdem wir den Schmerz verarbeitet hatten, fehlte ein Rüde in unserem Dreiergespann. An die Variante mit zwei Hündinnen und einem Rüden hatten wir uns schon gewöhnt und so ging die Debatte los: Welcher Hund und woher?
Mein Mann wollte erneut einen Schäfer und so machten wir uns wieder auf den Weg in das Tierheim, das uns seinerzeit Nandor überlassen hatte. Doch der Schäfer, der uns zu einem Spaziergang übergeben wurde, muss Schreckliches mitgemacht haben, nahm keinen Kontakt zu Menschen auf, hockte man sich zu ihm, schnappte und drohte er, einzig unsere Wheaten-Hündin schien ihn ein wenig zu interessieren.
Der Hund schenkte uns nicht einen Blick, überhörte geflissentlich unsere Stimmen – und biss zu guter Letzt meinen Mann in die Hand, in dem Moment, als er die Leine der Heimleiterin zurückgeben wollte.
Nach diesem Rückschlag wurde uns klar, dass wir bislang mit unseren Hunden wohl doch Glück gehabt hatten. Doch dieser Rückschlag hatte auch sein Gutes: Immerhin setzte ich mich damals durch und erfüllte mir statt des Schäfers meinen lang gehegten Wunsch nach einem Airedale Terrier.
Dusty lernte ich bei seinem Züchter kennen: Er war damals ein ungestümer Jungspund mit etwas über sieben Monaten. Die Zwillinge der Züchterfamilie schienen da schon mächtig Eindruck auf ihn gemacht zu haben, denn Dusty liebt