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Wunder der Sonne
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eBook95 Seiten1 Stunde

Wunder der Sonne

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Über dieses E-Book

Dieses e-Book beinhaltet eine Auswahl von Sience-Fiction-Storys, die im Zeitraum von 2004 bis 2008 in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien veröffentlicht wurden. Nähere Angaben dazu befinden sich jeweils am Ende einer Kurzgeschichte. Autor der Storys ist Jan Gardemann. INHALT Ein Abschiedsgeschenkt von der Erde Case Modding Wunder der Sonne Geschichtsstunde für Marsianer Ein ganz normaler Tag auf dem Nuklearschiff Otto Hahn
SpracheDeutsch
HerausgeberFederheld
Erscheinungsdatum10. Feb. 2017
ISBN9783961642595
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    Buchvorschau

    Wunder der Sonne - Jan Gardemann

    HAHN

    EIN ABSCHIEDSGESCHENK VON DER ERDE

    Ich möchte Leuchtturm sein

    In Nacht und Wind – für Dorsch und Stint,

    Für jedes Boot – und bin doch selbst

    Ein Schiff in Not

    (Wolfgang Borchert)

    Mit einer Mischung aus Sorge und Verärgerung starrte Per Beekam auf seine Frau hinab. Mildred lag auf dem Boden im oberen Stockwerk des zweigeschossigen Zeltes, das sie zusammen bewohnten. Sie hatte die Beine angezogen, die Arme dazwischen geklemmt und zitterte.

    »Was ist los, verdammt?« Per berührte Mildreds Schulter. »Soll ich Dr. Rynhard verständigen – sag doch endlich etwas?«

    Mildred schüttelte seine Hand ab und igelte sich noch enger zusammen.

    Das würfelförmige Gebilde aus Holzstangen, Tuch und Vlies schwankte seicht - eine Bewegung, an die Per sich bislang noch nicht hatte gewöhnen können. Die Zeltwände um ihn herum glühten im letzten Glanz der Abenddämmerung; sie flappten und knatterten im Wind.

    Mildreds Overall war unter den Armen und über der Brust schweißdurchtränkt. Auch ihr Haar war klatschnass. Es schimmerte rostrot, klebte aber in fingerdicken Strähnen an ihrem Kopf und bedeckte halb ihr Gesicht.

    Dabei war zwischen ihnen nichts vorgefallen ...

    Per grinste säuerlich bei diesem Gedanken. Als die Rechner von Kolwide, der Kolonieentwicklungsbehörde, bestimmt hatten, er und Mildred sollten auf der neu entdeckten Welt ein Fortpflanzungspaar bilden, hatten sie offenbar nur die Kompatibilität der Gene berücksichtigt, nicht aber, ob die Chemie zwischen ihnen stimmte. Seit sie vor vier Monaten zusammen mit 220 weiteren Kolonisten nackt und mittellos auf dem Planeten abgesetzt worden waren, hatten sie nur eine verzweifelte Vereinigung zuwege gebracht, an die Per höchst ungern zurückdachte und die nicht einmal zu einer Empfängnis geführt hatte. Seitdem herrschte Funkstille. Zumindest, was die körperliche Ebene anbetraf. Dafür stritten sie häufig.

    »Mildred, nun sei doch nicht albern. Sag doch was«, drängte Per und legte seine Hand diesmal auf Mildreds Hüfte. Ihr Körper fühlte sich sehr warm an. »Du hast Fieber. Ich werde jetzt losgehen und Dr. Rynhard holen.« Er richtete sich in dem schwankenden Zelt auf, blieb breitbeinig stehen und sah auf seine Frau hinab. Er bedauerte, dass er auf dem Flug von der Erde zu ihrem zukünftigen Heimatplaneten keine Gelegenheit gehabt hatte, Mildred näher kennen zu lernen. Die Kolis, wie die Kolonisten in der schnellen Umgangssprache Quilge hießen, hatten den zwei Jahrzehnte währenden Flug an Bord der Native Soil zusammen mit der Crew im Kälteschlaf verbringen müssen.

    Auch während der Vorbereitungszeit im algerischen Zentrum von Kolwide war Per seiner künftigen Frau nur ein paar Mal über den Weg gelaufen. Die Seminare, Vorlesungen und praktischen Exkursionen, an denen die Aspiranten hatten teilnehmen müssen, waren brechend voll gewesen. Sie alle waren von Kolwide in den Hochschulmetropolen rekrutiert worden. Jeder hatte den anderen übervorteilen, übertrumpfen, austricksen und die Jury überzeugen wollen, dass er oder sie allein es verdiente, zu dem neuen Planeten geschickt zu werden. Keiner war älter als fünfundzwanzig, keiner hatte Kinder, jeder war körperlich und geistig gesund. Nun galt es, in einem Crashsemester zu beweisen, dass man für die Besiedlung eines Planeten geeignet war. Für persönliche Kontakte war kaum Zeit geblieben. Nur für Blicke vielleicht - und ein paar belanglose Worte.

    Die Blicke, mit denen Mildred Per bedacht hatte, hatten ihn an eine Wissenschaftlerin erinnert, die dem neuen Forschungsobjekt schon mal einen skeptischen Blick zuwirft, während sie an der Lösung eines Problems arbeitet. Und wie ein Forschungsobjekt war er sich in den letzten Monaten auf Heath tatsächlich vorgekommen. Mildred behandelte ihn wie ein Versuchstier, das man nicht zu nahe an sich heranlassen durfte.

    Per überlegte, ob sie wirklich krank oder vielleicht nur unglücklich war. Auch er fühlte sich in seiner Haut nicht sonderlich wohl, denn die Noi, wie der einzige Raumkreuzer der Menschheit auf Quilge genannt wurde, hatte nach einer vier Monate langen Erkundung des Planeten am Nachmittag den Rückflug zur Erde angetreten. Die Kolonisten waren nun auf sich allein gestellt. Wenn in Zukunft Krankheiten oder psychische Störungen auftraten, waren sie auf das Können Dr. Rynhards angewiesen.

    Per mochte den Mann nicht besonders. Trotzdem wollte er aufbrechen und Rynhard von Mildreds Zustand berichten, denn er war mit seinem Latein am Ende.

    Per wandte sich ab und stakste auf die Bodenöffnung zu, wo eine Strickleiter ins Erdgeschoss hinab führte. Der Untergrund gab weich unter seinen Füßen nach und die Wände bogen sich im Rhythmus seiner Schritte leicht nach innen. Nachdem er die Strickleiter hinabgeklettert war, blieb er stehen und blickte unschlüssig nach oben. Dort, wo Mildred lag, wies die Decke eine Ausbuchtung auf. Der gekrümmte Leib seiner jungen Frau zeichnete sich schemenhaft dahinter ab. Dunkle Flecken verrieten, dass ihr Schweiß das filzige Geflecht des Bodenvlieses durchdrungen hatte.

    Die Stoffmatten und Bahnen der Kolonisten-Zeltwürfel bestanden aus dem Samenhaar des Heidekrauts, das fast die Gesamtfläche der Kontinente der gemäßigten Klimazonen des Planeten bedeckte und ihm den Namen Heath eingetragen hatte. Die Samenhaare hatten die Festigkeit von Seide und verfilzten, wenn man sie aneinander rieb, zu festen Matten oder Stoffen. Der Filz war wasserabweisend und konnte bis zu einem bestimmten Grad auch Wärme speichern.

    Per traute dem Material trotzdem nicht ganz. Er wusste, dass Mark Henderson, ihr Biologe, eigentlich nach Zutaten für die Herstellung von Alkohol gesucht hatte, als er auf die Heidesamen aufmerksam wurde. Nur zufällig war er auf einen Rohstoff gestoßen, mit dem sich sowohl Kleidung als auch Unterkünfte herstellen ließen. Zu Ehren ihres Entdeckers nannten die Kolis das Produkt Hendersonwolle. Per fand allerdings, dass ihre Eigenschaften noch nicht gründlich genug erforscht waren. Doch anstatt das Samenhaar näher zu untersuchen, waren die Kolis froh, nicht mehr nackt herumlaufen zu müssen und ein Dach über dem Kopf zu haben.

    Auf Quilge würde die Hendersonwolle wahrscheinlich bloß Henwo heißen, dachte er und drehte sich zu dem Zelteingang um, einer losen von einem Gestell herabhängenden Plane. Die Kolonieentwicklungsbehörde hatte ihnen verboten, die Schnellsprache der Erde zu gebrauchen. Quilge war in den Großflächenslums entstanden und hatte die Sprachen der Nationen inzwischen nahezu verdrängt. Fehlerfrei wurden sie nur noch in Diplomatenkreisen und bei offiziellen Anlässen gesprochen. Per, kein Freund großer Worte und langer Reden, hegte allerdings eine gewisse Sympathie für das Sprachkonglomerat.

    »Quick Language ist ein Kommunikationsvirus – er darf auf der neuen Welt keinen Einzug halten«, war ihnen während der Lehrgänge eingebläut worden.

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