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Fleisch: It's Zombie FANTASY
Fleisch: It's Zombie FANTASY
Fleisch: It's Zombie FANTASY
eBook214 Seiten3 Stunden

Fleisch: It's Zombie FANTASY

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Über dieses E-Book

Endlich Feierabend! Wenn die Zivilisation das Klo runter gespült ist und dein Vermieter mit der Fahrradpumpe totgeprügelt wurde, wird es Zeit sich nach einer neuen Bleibe umzusehen. Tief im Wald treffen stinkende Männer auf verwahrloste Frauen, die alle nur das eine wollen: Fleisch. Doch wie romantisch kann es werden, wenn deinem Schwarm nicht nur das Herz, sondern auch die Eingeweide fehlt und seit drei Wochen untot ist? Drei Freunde fummeln munter drauflos, um der Sache auf den Grund zu gehen. Am Ende bleibt die Erkenntnis, dass sich Apokalypse UND Grillparty nicht zwangsläufig ausschliessen.

Stefan Kalbers fantasiert in seinem neuen Roman Fleisch sehr eindrucksvoll darüber, wie der Alltag in einem Land nach dem Zusammenbruch jeder öffentlichen Ordnung aussehen könnte.
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum10. März 2014
ISBN9783942920346
Fleisch: It's Zombie FANTASY

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    Buchvorschau

    Fleisch - Stefan Kalbers

    1. Auflage Februar 2014

    ©opyright 2014 by Autor

    Titelgestaltung: Melissa Hötger

    Lektorat: Christian Ritter

    Satz und Konvertierung: Fred Uhde (www.buch-satz-illustration.de)

    ISBN: 978-3-942920-34-6

    Alle Rechte vorbehalten. Ein Nachdruck oder eine andere Verwertung ist

    nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags gestattet.

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    info@unsichtbar-verlag.de

    Mehr Infos jederzeit im Web unter www.unsichtbar-verlag.de

    Unsichtbar Verlag | Wellenburger Str. 1 | 86420 Diedorf

    Stefan Kalbers

    Fleisch

    It’s a zombie fantasy

    Die Sonne glühte vom Himmel wie ein junges Mädchen, das vor kurzem seine Unschuld verloren hatte und es kaum abwarten konnte, ein weiteres Mal genommen zu werden: Erbarmungslos heiß, hemmungslos ausdauernd und fest entschlossen, alles klein zu kriegen, was sich unter ihr bewegte. Ein Mann hatte sich trotzdem auf den Weg gemacht, um dem kranken Bodensatz der Gesellschaft zu zeigen, was es hieß, seine Würde zu bewahren. Er stand mitten auf der Straße an diesem Samstagnachmittag im Juli und verstimmte mit bewundernswerter Hingabe seine Gitarre, im festen Glauben, der Welt damit einen Dienst zu erweisen. Die Autos parkten am Straßenrand wie immer. Die Geschäfte hatten geschlossen, aber das war für einen Samstagnachmittag nicht zwangsweise ungewöhnlich. Dass manche Fensterscheiben der Geschäfte allerdings große Löcher aufwiesen oder zur Gänze fehlten und die Autos ineinandergeschoben und ausgebrannt waren, schon eher. Außerdem war es für diese Gegend in der Innenstadt verdächtig still. Niemand war mit dem Handy am Ohr eilig unterwegs. Es fuhren keine Straßenbahnen und selbst die 24-Stunden-Tankstelle stand zwar dort, wo sie immer gestanden hatte, aber es war weit und breit keine Menschenseele zu sehen, die sich eine Cola oder ein belegtes Brötchen kaufen wollte. Benzin gab es schon lange keines mehr. Zumindest nicht an den Zapfsäulen. Die Cola war umsonst und die Brötchen im Normalfall verschimmelt und absolut ungenießbar. Müll und Asche bedeckte den Beton, soweit das Auge reichte.

    Der Mann zog seinen Flachmann aus der Jackentasche, ließ den Whisky in großen Sturzbächen die Kehle hinunterfließen, wischte sich den zotteligen Bart dort, wo es juckte, und zog eine widerliche Grimasse. Lampenfieber war die begehrenswerte Schönheitsprinzessin unter den Ängsten. Nervös zog er sich den Cowboyhut noch etwas tiefer in die Stirn. Würde das Publikum zu schätzen wissen, was es zu hören bekam? War es möglich, dass er die Aufmerksamkeit aller verlorenen Seelen auf sich ziehen konnte? Einmal im Leben ein begehrenswerter Star zu sein – war das zu viel verlangt? Auch dann, wenn die Zuhörerschaft aus hirn­losen Idioten bestand? Aus sabbernden Egozentrikern, die nur ihrer eigenen Bedürfnisbefriedigung Folge leisteten? Und der Künstler weder Singen, noch Gitarre spielen konnte? Chris, der Kämpfer, verbot sich diese Gedanken. In der linken Hosentasche steckte die Mundharmonika, rechts im Hosenbund die vollautomatische Schusswaffe. Das Publikum würde bekommen, was es verdiente. Er konzentrierte sich vorerst einzig und allein auf die Akkorde, die er seit einiger Zeit auswendig gelernt hatte. Er räusperte sich lautstark und begann die einzelnen Töne auf der Gitarre anzuschlagen. Mit brüchiger Stimme und einer Inbrunst, die dem Meister persönlich würdig gewesen wäre, begann er den Text zu intonieren: »Are you lonesome tonight? Do you miss me tonight? Are you sorry we drifted apart? Does your memory stray to a bright summer day when I kissed you and called you sweetheart? … Scheiße!« Chris hatte sich verspielt. Er war noch lange nicht Profi genug, um einfach darüber hinweg zu gehen. Er konnte den Anschlussakkord nicht finden, wenn nicht alles aus einem Guss war. Also fing er noch einmal ganz von vorne an. Mit dem rechten Fuß wippte er den Takt und zählte im Geiste ein: »Are you lonesome tonight? Do you miss me tonight? …« Ja, so würde es gehen. Chris hatte die Augen geschlossen. Innerlich gab es einen seltsamen Ruck, ein Raum tat sich auf, von dem er nicht wissen konnte, woher er auf einmal kam. Die Finger machten plötzlich von ganz allein, was sie machen sollten. Seine rostige Kehle schien wie ein eigenständiges Organ, das ohne sein Zutun funktionierte. Er traf die Töne nur ungefähr, aber das war egal. Sein Puls beschleunigte. Auf Chris’ Stirn stand der Schweiß, das Shirt klebte ihm am Körper.

    Chris’ musikalische Darbietung begann, erste Wirkung zu zeigen. Ganz in der Nähe ging eine Scheibe zu Bruch. Schleppende Schritte bahnten sich ihren Weg durch den Müll der Straße. Jemand versuchte sich zu artikulieren und seine Meinung kund zu tun. Das Ergebnis klang nach einer perfekten Mischung aus gerülpsten Vokalen und gefurzten Moll-Akkorden. Keine Frage, der Kampf zwischen Traditionalisten und Avantgarde war noch lange nicht ausgefochten. Auf der anderen Seite: Eine miese Reaktion war besser als gar keine Reaktion. Chris öffnete zur Sicherheit die Augen. Er wollte wissen, welches Publikum ihn erwartete. Am Ende der Straße schob sich ein flimmernder Um­riss durch das grelle Licht des Nachmittags. Gleich darauf tauchte eine zweite Gestalt auf. Aus der Hofeinfahrt eines nahegelegenen Hauses näherte sich ein drittes Wesen. Verlierer der Gesellschaft mit viel Tagesfreizeit. Wer sonst würde sich für einen unterdurchschnittlichen Singer / Songwriter mitten auf der Fahrbahn interessieren? Von tödlicher Langweile geplagt gierten sie nach jedem Impuls, der sie von der existentiellen Leere des eigenen Selbst ablenkte. Chris, dem selbsternannten Superstar, war alles recht, solange sie nicht unbemerkt von hinten kamen. Tief in seinem Herzen wusste er natürlich, dass die Leute sich überhaupt nicht für seine Musik interessierten. Auch die komplexen Konflikte seines künstlerischen Innenlebens waren dem Pöbel keinen einzigen Gedanken wert. Sie wollten alle nur das eine: Seinen Körper in Stücke reißen und sein Fleisch von den Knochen nagen. Okay, begehrt zu werden war immer irgendwie cool. Aber was nutzte einem die Popularität, wenn sie auf einem frühzeitigen und grausamen Ableben gründet? Chris ging zum nächsten Song über. »Here we are now, entertain us, I feel stupid and contagious …« Treffender waren die anrückenden Fans kaum zu charakteri­sieren. Langsam, aber zielstrebig schlurften die drei auf Chris zu. Dieser schwang seine Hüften voller Leidenschaft von links nach rechts, während er ein improvisiertes Gitarrensolo schredderte, das, den Geräuschen nach zu urteilen, dem Todesschrei eines blinden Hamsters im elektrischen Küchenmixer zur Ehre gereicht hätte. Zum Abschluss des Songs drehte sich Chris auf seinem rechten Stiefel stehend einmal um die eigene Achse. Das aufdringliche Parfum der Zuhörer war längst bei Chris angekommen. Regelmäßige Körper­hygiene war eine selten gewordene Tugend in diesen Tagen. Chris roch selbst nicht gerade frisch, aber gegen die Wand aus modriger Fäulnis, die da auf ihn zu walzte, konnte er einfach nicht anstinken. Dieser Cocktail aus verfilzten Haaren, verfaulten Zähne, offenen, eiternden Wunden und Fleisch in verschiedenen Stadien der Verwesung war derzeit groß in Mode. Chris versuchte, die Entfernung zwischen sich und den aufdringlichen Verehrern einzuschätzen. Reichte es noch für einen Song vor dem sozialpädagogisch wertvollen Anti-Aggressionstraining oder sollte er sofort zu disziplinarischen Maßnahmen greifen? Der Ausdruck in den fremden Fratzen war seltsam leer, die ausgestreckten Arme und zitternden Hände zeugten von Gier nach mehr. Chris wollte mal nicht so sein. Vor drei Leuten zu spielen war real underground. Keine Zugabe zu geben eine Frage der Coolness.

    »Ihr habt es zwar nicht verdient«, rief Chris seinen Zeitgenossen entgegen. »Aber es wird das Letzte sein, was ihr zu hören bekommt. Wetten, dass?« Chris zog die Mundharmonika aus seiner linken Hosentasche und begann die allseits bekannte Melodie aus »Spiel mir das Lied vom Tod« anzustimmen. Gekonnt gemixt brachte er als A-cappella-Version lauthals geschrien folgende Textzeilen unter: »Es ist fast Mitternacht / Und etwas Böses lauert im Dunkeln / Unter dem Mondlicht / Erblickst du etwas, das fast dein Herz zum Stillstand bringt / Du versuchst, zu schreien / Aber Schrecken nimmt ihm den Klang, bevor du es getan hast / Du beginnst zu erstarren / Wenn dir der Horror direkt in die Augen schaut / Du bist gelähmt, denn das ist ein Thriller / Thriller Nacht / Und niemand wird dich vor der Bestie retten, die gleich auf dich einschlagen wird / Du weißt, das ist ein Thriller. Die Thriller Nacht …« Ziemlich albern eigentlich, denn schließlich war Samstagnachmittag bei grellem Sonnenschein, aber das Publikum durfte getrost als dämlich bezeichnet werden. Merchandising war nicht am Start und die Kids hatten eh keine Kohle. Die Monster waren bis auf fünf Meter herangeschlurft. Chris sah in ihre toten Augen und fürchtete für eine Sekunde den Tag, an dem es ihn selbst erwischen würde. Denn es war nur eine Frage der Zeit. Trotzdem versuchte er sich am Moonwalk. Eher schlecht als recht. Noch vier Meter Distanz zu Menschen, die man ohnehin nie kennenlernen wollte. Weder tot, noch lebendig. Chris steckte die Mundharmonika zurück in die Hosentasche und griff nach der Waffe. Mit ruhiger Hand zielte er auf den Kopf des ersten Zombies und drückte ab. Knochensplitter und Gehirnklumpen landeten auf dem trockenen Asphalt. Der Schädel wurde nach hinten gerissen. Ohne jede Spannkraft fiel der Getroffene in sich zusammen und blieb einfach liegen.

    »Noch jemand ein Autogramm?«, rief Chris in die Runde, aber eine Antwort blieb aus. Dem zweiten Zombie schoss er zunächst in die Kniescheiben und kickte ihm dann gekonnt mit einer schnellen Bewegung seinen Stiefel mitten ins Gesicht. Beim dritten Schuss, direkt in die Stirn, klappten die Augenlider nach unten wie bei einem Stromausfall. Game over. Chris machte einen Sprung zur Seite und steckte die Waffe zurück in seinen Hosenbund. Blieb noch ein Fan.

    »Komm, gib’s zu«, meinte Chris. »Du hast die Platte auch illegal runtergeladen.« Mit diesen Worten nahm er die Gitarre und schwang sie einer Axt gleich über seinem Schädel. Der Korpus explodierte unter lautstarken Dis­harmonien auf dem Kopf des Zombies. Der auf diese Weise Angesprochene ließ ein böses Fauchen ertönten. Doch Chris rammte ihm den Gitarrenhals einfach durch den aufgerissenen Mund tief in die Kehle hinunter, bis er steckenblieb. Krampfartiges Zucken aller vier Extremi­täten war die Folge.

    »Du willst schon gehen? Was ist mit dem Preisausschreiben? Ich habe mich auf dich verlassen!« Der Zombie war zwar handlungsunfähig, aber noch nicht vollständig im Jenseits angekommen. Chris war sich dieses Mankos bewusst, sprang aber trotzdem mit angezogenen Knien und mit beidseitig in die Höhe gereckten Daumen in die Luft.

    »Ich bin der Meinung: Das war SPITZE!«

    Völlig außer Puste kam er wieder auf beiden Beinen zum Stehen. Der Schweiß rann ihm in die Augen und die Kleidung klebte am Körper. Er nahm den Cowboyhut ab und fuhr sich mit einer Hand durch die Haare. Er hätte gern einen Schluck getrunken, aber sauberes Wasser durfte man während des Wettbewerbs nicht mit auf die Spielfläche nehmen, aus Angst, es könnte verseucht oder verschwendet werden. Chris schaute auf die Flachdächer der umliegenden vier Häuser, auf die sich die anderen Jungs verteilt hatten. Es ertönte allgemeines Gejohle, Pfiffe und vereinzelt auch ein Klatschen.

    »Das Gitarrensolo war gut!«, rief ihm Frank vom Hausdach herunter. »Aber dein Gesang bleibt einfach beschissen.«

    »Der Zombie lebt noch!«, rief Eddie.

    »Ja, ja«, murmelte Chris. »Weiss ich selber!« Chris nahm die Waffe und schoss dem Zombie ins Gesicht. Das Zucken der Glieder hörte schlagartig auf. Er hätte den Gitarren­hals mit einem ordentlichen Ruck durch den Mund in Richtung Hinterkopf drücken sollen. Das Gehirn war bekannter­maßen Angriffsziel Nummer eins. Diese Richtung war aber mitten in der Bewegung einfach nicht drin gewesen. Chris war noch lange kein richtiger Entertainer. Drei Zombies gegen einen Menschen – das war der Anfängerlevel.

    Er schlurfte in den nächsten Hauseingang und nahm die Treppen bis ganz nach oben. Auf dem Dach klopfte ihm Frank auf die Schulter: »Also mir hat’s gefallen!«

    »Danke.«

    Chris griff nach seiner Wasserflasche und trank sie beinahe zur Hälfte leer. Auf diesem Dach standen zehn Leute, auf dem Dach gegenüber ebenfalls. Hemden mit abgerissenen Ärmeln sah man genauso oft wie verdreckte Polo- oder T-Shirts. Vom Lederslipper über den Turnschuh, von der Jogginghose bis zur Jeans war alles dabei. Einzige Gemeinsamkeit der Kleidung aller waren reflektierende Leuchtstreifen, die man sich auf die linke Schulter geklebt und um den rechten Oberschenkel gewickelt hatte.

    »Schade um die Gitarre«, meinte Eddie.

    »Ach was, wir haben doch bestimmt noch zwanzig im Lager«, sagte Frank.

    »Eben, bloß noch zwanzig für den Rest unserer Tage.«

    »Wir finden bestimmt noch welche«, sagte Chris und fuhr sich durch den langen Bart. »Wer tritt als nächstes an?«

    »Miller.«

    »Oh je, der alte Poser.«

    »Da wir gerade beim Thema sind: Also das mit dem Moonwalk …«

    »Ja, ja …«

    Vom Dach aus hatte man einen guten Überblick über die Gegend. Verlassene Häuser und leere Straßen soweit das Auge reichte. Man hatte die Hoffnung, die Stadt zumindest zu einem winzigen Teil wieder bewirtschaften zu können. Von hier oben konnte man auch einen Großteil der Mauer sehen, die von den Menschen, die hier noch lebten, als Schutzwall hochgezogen worden war. Dazu hatte man hauptsächlich den Leerraum zwischen zwei Häusern aufgefüllt. Freistehend war sie nur an wenigen Übergangsstellen. Geschätzte fünf Kilometer in der Länge und drei Kilometer in der Breite war der Lebensraum für alle, die sich der Gruppe angeschlossen hatten, zu der seit einiger Zeit auch Chris, Frank und Eddie gehörten. Alles innerhalb der Mauern galt als sicher. Jenseits der Mauer herrschte vor allem Ungewissheit. Die Gruppe hatte Wachposten eingerichtet. Man wollte wissen, wenn Zombies, Menschen oder andere Gefahren auftauchten. Die Spielzone, in der man sich das Theater mit den Zombies leistete, war noch einmal extra abgeriegelt, wenn auch etwas provisorisch. Ineinandergeschobene Autos, Stacheldraht und Hürden aus kaputten Möbeln, Brettern und Sperrmüll mussten reichen. In einem Hinterhof erlaubte man sich den Luxus, ein paar Zombies wie eine kleine Schafherde zu halten. Wurde das Gatter geöffnet, waren genügend Männer mit Macheten, Schusswaffen und Knüppeln vor Ort, um tödliche Überraschungen auszuschließen. Aber ein Restrisiko blieb natürlich. Miller war ein Veteran der Anti-Zombie-Bewegung. Er war bekannt dafür, den Zombies durch den Einsatz schlichter Nahkampftechniken das Genick brechen zu können. Als einer der wenigen, die auch schon früher ein echter Soldaten gewesen waren, glich er einer lebenden Waffe, und die meisten waren froh, dass man ihn an Bord hatte. Entsprechend groß war sein Freiraum für Showelemente, die er weidlich zu nutzen wusste. Soweit Chris sehen konnte, trat Miller abgesehen von den Springerstiefeln nur in der Unterhose an. Der Rest seiner Haut war eingeölt und reflektierte im Sonnenlicht. Miller drehte den Kopf in Richtung des Flachdachs, auf dem Chris und die anderen standen und machte das Victoryzeichen. Was für ein Angeber. Das war die Kehrseite von Miller. Viele fanden ihn cool, aber Chris, Eddie und Frank ging er ziemlich auf die Nerven. Ob Miller tatsächlich ein Zombiecatchen wagen würde, ließ sich schlecht sagen, aber vermutlich würde er wieder seine Ninja-Wurfsterne zum Einsatz bringen.

    »Ich hab schon genug gesehen«, sagte Chris. »Lasst und abhauen.«

    »Einverstanden«, sagten Frank und Eddie wie aus einem Mund. Sie packten ihre Sachen zusammen und gingen zurück zum Lager.

    Eddie stürmte in das Büro von Chris. Der kramte gerade in einer der Schubladen seines Schreibtisches. »Hey Kollege, schon mal was von anklopfen gehört, ich könnte …«

    »Alter, lass uns abhauen.«

    »Hast du rausgefunden wer in die Kaffeemaschine gepinkelt hat?«

    »Chris!«

    »Gibt’s neue Sonderangebote bei Aldi oder sind wieder Westerntage bei McDonald’s?«

    »Chris! Hör auf! HÖR AUF!«

    Chris schaute auf. Was war los? Ganz offenbar hatte Eddie heute keine Lust, die üblichen Sprüche zu klopfen. Eddie stand mit roten Kopf in der Türe. »Sogar der Alte oben hat gesagt, wir sollen für heute machen, dass wir wegkommen. Schau mal zum Fenster raus.«

    Draußen auf dem Büroflur rannten den Geräuschen nach mehrere Personen in Richtung Treppenhaus. Türen schlugen lautstark. Chris war irritiert. Wollte Eddie einen besonders geschickt eingefädelten Scherz machen? Er ging zum Fenster. Selbst in dieser Nebenstraße hatte sich ein Stau gebildet. Jemand hupte ungeduldig. Gleich darauf fuhr der erste einfach über den Gehweg. Der nachfolgende Wagen folgte unverzüglich. Aus einem der Häuser stürmte ein Mann, der genauso gut Eddie oder Chris hätte sein können. Vermutlich Mitte Dreißig, machte er mit seiner Jeans, dem Sweatshirt und der modischen Frisur einen äußerst durchschnittlichen Eindruck. Allerdings war er völlig überstürzt aus der Tür gestolpert und wurde von dem Wagen auf dem Gehsteig frontal gerammt, die Beine knickten weg, der Oberkörper und der Kopf knallten gegen die Motorhaube. Der Fahrer bremste abrupt ab und der Angefahrene rutschte wie eine leblose Puppe auf den

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