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Moormond: Ein Südengland Krimi
Moormond: Ein Südengland Krimi
Moormond: Ein Südengland Krimi
eBook400 Seiten5 Stunden

Moormond: Ein Südengland Krimi

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Über dieses E-Book

Cornwall, April 2007: Im Bodmin Moor werden Leichenteile gefunden. Sind es Hinweise auf die Opfer eines Serienkillers? Oder die Beutereste der sagenumwobenen Bestie von Bodmin, die nachts durch den Sumpf streift und Menschen jagt? Chief
Inspector John Andrews aus York und die Kriminalpsychologin Diane Higginson, die in Cornwall Urlaub machen, werden von der hiesigen Kriminalpolizei um Unterstützung gebeten. Namenloses Grauen erwartet sie …

„Bevor sie starb, schaute sie noch einmal zu den Sternen empor. Seltsam. Vorher waren es doch viele glitzernde Punkte gewesen? Winzig klein zwar, aber klar und deutlich. Wie kleine Diamanten auf dunklem Samt. Und jetzt sahen sie aus wie Schneeflocken, die vorbeihuschten, wie kosmische Teilchen, die für die Dauer eines Augenblicks existierten, sich im nächsten Moment aber schon wieder aufgelöst hatten und zu etwas Neuem wurden.“

SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum17. Juni 2020
ISBN9783902975546
Moormond: Ein Südengland Krimi

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    Buchvorschau

    Moormond - Josef Oberhofer

    40

    1

    Sumpfgebiet bei Gwynsmor, Cornwall

    Sommer 2005


    Nackte Angst kroch über seine verschwitzte Haut, suchte sich seinen Weg, bohrte sich langsam in ihn hinein, fraß sich durch hauchdünne Kanäle immer tiefer und ließ ihn erbeben. Schweißperlen rannen ihm in die Augen, raubten ihm die Sicht. Er nahm undeutlich ein oranges Licht am Horizont wahr. Das musste der Mond sein, ja, der aufgehende Mond. Fast blutrot erhob er sich hinter den uralten Weiden und Moorbirken, beleuchtete eine unwirkliche Landschaft aus Sumpfgräsern, Wasserlöchern und tückischem Schwingrasen, wo ein falscher Schritt tödliche Folgen haben konnte. Gehetzt blickte er sich um, aber es war niemand zu sehen. Verfolgte ihn jemand, oder existierte alles nur in seiner Einbildung? Er hatte doch niemals selbst etwas von dem Zeug probiert, das er anderen verkaufte -jetzt kam es ihm so vor, als wäre er randvoll damit. Unsinn, er konnte doch klar denken und sehen, soweit das bei diesen Lichtverhältnissen möglich war!

    Er lief weiter.

    Plötzlich ertönte schallendes Gelächter!

    Er zuckte zusammen, drehte sich um, versuchte zu erkennen, wer oder was das war, doch das dunkle Sumpfland gab keine Antwort. Die gelborange Scheibe hinter den knorrigen Birkenstämmen verhöhnte ihn: Lauf, Dummkopf! Lauf! Sonst erwischen sie dich! Lauf! Sonst bleibst du hier! Bei mir! In einem schwarzen Auge, in dem ich mich spiegle, in dem ich leuchte, auch wenn du schon längst vergangen bist. Lauf! Sonst ist es um dich geschehen! Er hörte wieder ein Geräusch, das nicht in diese stille Naturlandschaft passte.

    Rief ihn jemand? Oder machte sich nur der sanfte Wind im Riedgras über ihn lustig? Er tappte in ein flaches Wasserloch und fluchte. Nass werden war das Letzte, was er wollte.

    Wie war er nur hierher geraten? Hatte er seinen Wagen benutzt? Er konnte sich absolut nicht erinnern. Hatten ihn seine Kumpels in der Nähe aussteigen lassen und wollten ihren Spaß haben, wenn er sich vor Angst in die Hosen machte? Er wusste es nicht mehr. Was war passiert? Er hatte bis kurz nach acht ein paar gute Geschäfte gemacht. Hohlköpfe, die sich am Wochenende wegdröhnen wollten. Perfekt. Diese Idioten bezahlten oft mehr als seine Stammkunden, von denen er ganz gut lebte. Die Bullen in der Gegend ließen ihn auch in Ruhe, meistens jedenfalls. Einer hielt seine Hand über ihn, weil er ihm manchmal ein paar Gramm zusteckte. „Scheiß Job, sagte der Typ immer, „hält man nur aus, wenn man sich zudröhnt oder sein Gehirn einnebelt wie einen Panzer im Gefecht. Ihm konnte das nur recht sein. Bullen, die Dreck am Stecken hatten, waren ihm am liebsten. Sie sangen nicht, sie verhörten nicht, sie ließen einen in Ruhe. Leben und leben lassen, das schönste Motto.

    Ein schrilles Lachen hallte über den Sumpf und ließ ihn erstarren. Völlig idiotisch, sagte er sich. Die dämlichen neuen Horrorthriller im DVD-Shop hatten seine Kumpels und er sich erst vor kurzem reingezogen, doch irgendein Sumpf-Scheiß kam da nicht vor. Er würde wohl gleich aufwachen und draufkommen, dass sie ihm billigen Whisky reingegossen hatten, und jetzt düste er noch auf einem Sumpftrip dahin, bis er wieder voll da war.

    Irgendein Vieh rief - eine Eule, erinnerte er sich und tappte unsicher weiter. War verdammt lange her, dass er in dieser dreimal verfluchten Schule gewesen war und sich den ganzen Mist angehört hatte. Nicht freiwillig natürlich. Dann war er getürmt. Auf Nimmerwiedersehen. Ab in die City. Und nachdem er geschnallt hatte, wo's langging in den „streets of Leeds", wie sie immer brüllten, wenn zuviel Alk durch ihre Adern rann, respektierten sie ihn langsam. Die mittelgroßen Bosse übertrugen ihm immer mehr Aufgaben, bis aus einem winzigen Dealer ein größerer geworden war.

    Er fiel hin. Ein dorniger Zweig riss ihm die Haut über der rechten Wange auf. Er spürte Blut. Verdammt! So hatte er sich den Samstagabend nicht vorgestellt.

    Das Vieh von vorhin schrie wieder. Scheiß Eule!, dachte er wütend und versuchte auf den Weg zu achten, was in dieser Gegend von vornherein ein aussichtsloses Unterfangen war.

    Die fast volle Scheibe am Horizont hatte es nun endlich geschafft, sich über die Krüppelbäume zu erheben und wurde heller, weißer. Wie ein pockennarbiges rundes Gesicht hing der Mond nun über der Sumpflandschaft, als warte er, was nun passieren würde. Nichts regte sich. Nur die Gräser schwankten leicht im Nachtwind und erzeugten ein leises Rascheln, das normalerweise eher beruhigend wirkte, welches aber den nächtlichen Moorbesucher in dieser Situation noch zusätzlich verunsicherte.

    Da - war da nicht ein Licht zwischen den Bäumen? Der Mann blieb keuchend stehen. Sollte er schreien? Nahte Hilfe? Wohnte jemand in der Gegend und hatte bemerkt, dass er sich verlaufen hatte? Er zögerte. Es kam ihm seltsam vor, dass in dieser gottverdammten Einöde gerade jetzt einer herumlief, der ihn suchte. Nicht weit entfernt bewegte sich etwas. Ein Schatten huschte von einem Baum zum anderen. Ein Mensch? Absurd. Andererseits - wenn seine Freunde besoffen genug waren, warum sollten sie dann nicht ...?

    Er ließ sich zu Boden gleiten, beschloss abzuwarten. Der Schatten tauchte nicht wieder auf. Links knackte etwas. Ein kleines Tier? In solchen beschissenen Sümpfen gab es angeblich viel Tierzeug, das herumkreuchte und -fleuchte. Nichts für ihn. Er hasste diese Viecher. Klebten entweder blutig auf der Motorhaube oder hinterließen ihren Mist auf dem teuren Lack. Er beschloss, seine Kumpels zu warnen. „Hey, ihr Ärsche!, schrie er aus Leibeskräften. „Wenn ihr glaubt, ihr könnt mir einen Schrecken einjagen, dann habt ihr euch geschnitten! Oder auch nicht, dachte er zweifelnd, vielleicht gibt es eine ganz einfache ... Weiter kam er nicht. Irgendetwas tauchte unvermittelt neben ihm auf. Es gab ein kurzes Popp! Ein furchtbarer Schmerz raste durch seinen Hinterkopf. Er fiel mit dem Gesicht ins nasse Gras. Sekundenlang konnte er nicht klar denken. War er gegen einen Baum gerannt? Er versuchte aufzustehen. Wieder ein Schlag! Er glaubte, sein Schädel würde zerplatzen. Wie lange er halb bewusstlos am Boden lag, wusste er nicht, aber dass er in eine äußerst unangenehme Lage geraten war, ahnte er spätestens dann, als er undeutlich zwei Schatten über sich aufragen sah - einen kleineren und einen ziemlich großen. Und dieser große hielt etwas in der Hand, etwas, das sogar im bleichen Licht des Mondes glitzerte. Etwas Metallisches. Etwas furchtbar Glattes, Poliertes, Metallisches. Ein Messer zum Beispiel. Oder eine Säge. Oder eine Hacke. Oder sonst etwas Unerfreuliches. Er hätte sich nicht bewegen können, selbst wenn er es gewollt hätte. Seine Gedanken rasten. Und dann hörte er die Stimme, die er schon einmal gehört hatte. Sie! Sie war hier! Guter Gott!

    „Na, du Stück Scheiße?, sagte die Stimme, und sie klang, als wäre sie schrecklich wütend, aber auch siegessicher. „Wie fühlt man sich, wenn man hier im Dreck liegt, also da, wo du sowieso zu Hause bist? Na? Jemand gab ihm einen Tritt, dass er glaubte, seine Eingeweide würden herausfliegen. Er übergab sich. „Guck dir diesen Schwächling an!, ertönte wieder die sarkastische Stimme. „Vergiftet Teenies wie andere Leute Ratten und dann liegt er da und kotzt. Verfluchtes Dreckschwein!

    Wieder trat jemand zu. Er wälzte sich schreiend hin und her, konnte aber den Tritten nicht entkommen. Ein zynisches Lachen erklang. „Keine Angst, mein Junge, wir lassen dich bestimmt nicht lange leiden. Alfie!" Der riesige Schatten kam näher und hob das blitzende Etwas. Es fuhr hernieder und grub sich tief in den Hals des am Boden liegenden Mannes. Dessen letzter Eindruck war ein hässliches gelbweißes Gesicht, das strahlend am Himmel stand und herabsah auf eine bemitleidenswerte Kreatur, die soeben starb.

    Und dann begann der große Schatten mit der Arbeit.

    2

    Bodmin Moor, Cornwall

    20 Meilen nordwestlich von Plymouth

    Donnerstagvormittag, 12. April 2007


    „Los Jungs, nicht so lahmarschig!" Der muskulöse Mann im Tarnanzug brüllte, als hinge sein Leben davon ab. „Sonst versenke ich euch im Toad Eye!" Die Männer rings um ihn herum stöhnten auf und warfen ihm wütende Blicke zu. Sie kannten dieses Sumpfloch mittlerweile besser als ihnen lieb war. Das „Krötenauge, wie die Einheimischen es nannten, war ein großer flacher Teich, umgeben von Moorbirken und allerlei unangenehmen Wasserpflanzen. Irgendein Hobbypilot, der das Sumpfgewässer Mitte des letzten Jahrhunderts einmal im Abendlicht von seinem Flugzeug aus fotografiert hatte, behauptete im nächsten Pub, es habe aus der Luft ausgesehen wie ein riesiges Krötenauge. Seitdem hieß es so. Samuel „Sammy Higgins, der Muskelprotz, schien es zu lieben - solange er nicht selbst darin herumschwimmen musste.

    „Schneller, ihr Faulpelze! Das Toad Eye wartet auf euch! Und wer weiß, was für nette Tierchen sich da drin rumtreiben. Der Typ war zweifellos ein Sadist. Charly „Ricardo Richardson warf dem Trainer einen hasserfüllten Blick zu. Aber es gab nichts zu murren. Schließlich taten sie es alle freiwillig. Willst du erleben, wie ein harter Marine sich durch die Wildnis schlägt? Nicht nur im Fernsehen. Live! Dann melde dich bei Uncle Sam! Abenteuer pur! Mitten im südenglischen Sumpf! Das kannst du dir nicht entgehen lassen! - Sie alle waren darauf reingefallen. Higgins, der laut eigenen Angaben mehrere Jahre bei den US Marines gedient hatte, entpuppte sich schnell als Großmaul und Leuteschinder, dem es riesigen Spaß machte, Stubenhocker und Möchtegernabenteurer durch nasses Sumpfgras und flache Moorlöcher zu hetzen. Und dieses ewige Gebrüll! Das konnte einen echt wahnsinnig machen. Charly stöhnte auf, als Higgins sein x-tes „Los Jungs!" brüllte. Er packte seine Spielzeug-MP fester und bemühte sich redlich, mit den anderen Schritt zu halten - was ihm oft nicht gelang. Im normalen Leben war er ein Prokurist und da passierte es recht selten, dass er sich mit letzter Kraft durch unwegsames Gelände kämpfen musste.

    „Hey, Ricardo, du Sumpfalligator! Dein Commander sieht dich! Pass bloß auf! Charly Richardson seufzte, obwohl er kaum Luft dafür übrig hatte. Er wünschte sich nicht zum ersten Mal, die Maschinenpistole in seinen Händen wäre echt und er könnte Higgins Beine machen. Der „Commander brüllte unentwegt seinen Spitznamen. Charly hasste dieses „Ricardo" wie die Pest, aber er konnte nichts dagegen tun, wollte er nicht als Weichei gelten. Es gab tatsächlich einige Schwachköpfe in der Gruppe, denen die Wasserlochkriecherei gefiel. Und er selbst wollte auch bis zum Schluss dabei sein, denn der Mist kostete einen Haufen Geld, das er dem kostümierten Sumpfhai namens Sam Higgins nicht einfach in den Rachen werfen wollte. Zwei Tage werd' ich wohl noch durchhalten, dachte Charly müde und schaffte es gerade noch, einem trügerischen Schwingrasenstück auszuweichen. Langsam spürte er eine unangenehme feuchte Kälte, die von seinen Füßen aus hochzukriechen begann und ihn zu lähmen drohte. Die Aprilsonne am blassblauen Himmel schaffte es um diese Zeit noch nicht, die Landschaft samt seinen Bewohnern oder Besuchern zu erwärmen, obwohl Südwest-England klimatisch begünstigt war und der Frühling hier viel früher einzog als weiter im Norden.

    „Gleich gibt's Futter, Jungs!", rief Higgins und begann vorsichtshalber schon mal ein Sandwich auszupacken. Man konnte im Gefecht nie wissen, wann man das nächste Essen bekam, betonte er immer wieder. Er vergaß dabei eines: dass das hier eine ungefährliche Abenteuerspielwoche in Südwest-England war und nicht ein gefährlicher Kriegseinsatz irgendwo in einem afrikanischen Krisengebiet.

    „Hey, Ricardo!, bellte Higgins und warf eine zusammengeknüllte Alufolie nach Charly. „Wenn du dich noch zwei Minuten zusammenreißt, geb' ich dir vielleicht ein Wurstscheibchen ab. Das Lachen des Ausbilders hallte über die sumpfige Landschaft. Charly stellte sich vor, wie er glänzende Patronen, eine nach der anderen, ins MP-Magazin schob und genüsslich sein Ziel anvisierte.

    Platsch! Da lag er auch schon in einem versteckten Wasserloch, das er total übersehen hatte. Er kostete unfreiwillig von dem braunen Wasser und wollte gar nicht darüber nachdenken, wie viele Mikroorganismen es sich gerade in seinem Magen bequem machten. Nach Luft ringend kam er hoch und merkte, dass er nicht unterging. Keine Gefahr! Wenigstens etwas. Solche Löcher konnten ganz schön tief sein, aber in diesem konnte er stehen, das Wasser ging ihm nur bis zu den Oberschenkeln. Charly sah sich um, nachdem er das grüne pflanzliche Gewirr aus seinem Gesicht entfernt hatte. Die anderen standen im Umkreis von zwanzig Metern und lachten, schadenfroh. Am lautesten natürlich „Commander Higgins. Charly spuckte irgendein Zeug aus und wollte schon etwas Unfreundliches sagen, da spürte er, dass er auf etwas Weichem zu stehen schien. Wohl ein alter Gummireifen, den ein netter zweibeiniger Sumpfbewohner hier entsorgt hatte. Er veränderte seine Position, merkte aber, dass da etwas war, das ihm ein sicheres Stehen erschwerte. Abgesehen davon, dass er ohnehin nicht vorhatte, den ganzen Tag hier zu verbringen, wollte er rasch das ungemütliche Plätzchen verlassen, rutschte aber wieder aus. Die „wertvolle Maschinenpistole, mit der er imaginäre Feinde bekämpfen sollte, verschwand in der grünen Brühe. Das würde Higgins nicht gefallen. Absolut nicht. Er selbst konnte gerade noch verhindern, dass er wieder mit dem Kopf untertauchte, was im Grunde auch egal gewesen wäre. Mit einer Hand stützte er sich unter Wasser ab und erwischte dabei das weiche Zeug. Angewidert wollte er die Hand reflexartig zurückziehen, dann wurde ihm bewusst, dass das, was er spürte, kein Gummireifen sein konnte. Es fühlte sich eher an wie ...

    „Hey, Ricardo, altes Sumpfkrokodil, willst du da drin Eier legen oder kommst du jetzt zu uns raus, damit wir endlich eine Esspause einlegen können?", brüllte Mike, ein nicht gerade untergewichtiger Rothaariger, der in seinem Tarnanzug wie eine überdimensionale Avocado aussah. Charly rührte sich nicht, sagte nichts. Sein Verstand arbeitete auf Hochtouren. Kein Gummireifen, kein alter Sack, kein Plastikbeutel, kein Stofffetzen, kein ... Was zum Henker spürte er dann? War es ... Fleisch? Hatte da irgendein Metzger aus der Gegend seine Fleischabfälle entsorgt? Und er, der gute Charly aus Mullion von der Lizard Peninsula, der Eidechsen-Halbinsel, von wo es keine zwanzig Meilen mehr war bis Land's End, dem westlichsten Punkt Englands, er hatte es geschafft, genau hier reinzufallen. Großartig! So hatte er sich die Abenteuerwoche vorgestellt. In einem stinkenden Sumpfloch zwischen faulenden Fleischereiabfällen.

    „Komm endlich da raus!, schrie Higgins, den das Ganze langsam zu nerven begann. Charly zögerte. „Da ... da ist was, Sam ... äh ... Commander!, wagte er zu bemerken. Higgins brummte unwillig. „Lass die Faxen, du Versager! Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, dir beim Baden zuzuschauen. Wir ..."

    „Da ist was, verdammt!, unterbrach ihn Charly ärgerlich. „Und ich habe den bösen Verdacht, es ist Fleisch. Higgins grunzte. „Fleisch? Dann bring uns mal 'nen Happen mit, mein Junge." Alle wieherten. Charly wurde wütend, packte unter Wasser zu und schleuderte das Etwas, das er zwischen die Finger bekam, zufällig Richtung Mike. Das braungelbe Ding traf den übergewichtigen Rothaarigen im Brustbereich. Bevor es hinunterfallen konnte, griff dieser zu und hielt es in seiner Rechten wie eine Trophäe, ohne genauer hinzuschauen. Beifall heischend blickte er in die Runde, doch die anderen schienen erstarrt zu sein. Ihre Blicke kannten nur ein Ziel: Das Ding in Mikes Hand. Niemand sagte etwas. Auch Charly nicht. Lähmendes Entsetzen breitete sich aus. Mikes Grinsen gefror, als er sah, was er da in seiner Rechten hielt. Es war ein Stück Fleisch, ja. Aber nicht Abfall irgendeiner Fleischerei aus der Umgebung. Es war ein Stück von einem Menschen. Ein Stück eines Beines. Ein Kniegelenk - an dem noch etwas vom Oberschenkel und der halbe Unterschenkel dranhingen. Mike schrie auf, ließ den grausigen Fund fallen, beugte sich vor und übergab sich. Die anderen rührten sich nicht. Selbst Higgins gab keinen Ton von sich. Aus der Luft hätte es wohl so ausgesehen, als stünden einige grünbraun angemalte Zinnsoldaten in einem Minisumpf, die ein militärbegeisterter Zehnjähriger dort platziert hatte. Mike kotzte, was das Zeug hielt, und Charly musste sich sehr zusammenreißen, um nicht auch seinen Mageninhalt im Sumpf zu verteilen. Mike hatte nichts mehr im Magen, trotzdem schien es, als könne er nie mehr mit dem Kotzen aufhören.

    Einer der Männer, ein drahtiger mit langen dunklen Haaren, die selbst bei einem Pseudosoldaten seltsam wirkten, fand als Erster die Sprache wieder.

    „Wer ... wer hat ein Handy eingesteckt?, fragte er erst leise, dann wiederholte er es lauter. Higgins fuhr herum, als bemerke er erst jetzt, wo er sich befand. „Ein ... ein Handy? Er war kalkweiß im Gesicht. „Wozu ...? „Mann!, brüllte der andere. „Wir müssen sofort die Polizei rufen! Hast du Vollidiot noch nicht geschnallt, dass hier Leichenteile rumliegen? Was, glaubst du, war das gerade - ein Happen aus der Imbissstube?" Higgins wollte etwas erwidern, sah aber rechtzeitig ein, dass der Mann Recht hatte.

    Jemand räusperte sich. „Ich ... ich hab ein ... ein Handy dabei. Ähm ... ausgeschaltet natürlich", fügte der Blonde zögernd hinzu, da er wusste, dass Higgins es nicht mochte, wenn sie eingeschaltete Mobiltelefone in den Sumpf mitschleppten. Higgins nickte und streckte ihm eine Hand entgegen. Der Blonde aktivierte das Handy, ging zu dem Ausbilder und reichte es ihm. Higgins starrte es ein paar Sekunden lang an, als hätte er keinen blassen Schimmer, was er damit tun sollte, dann wählte er den Polizeinotruf. Der Beamte am anderen Ende der Leitung bekam einen Lachanfall, als Higgins ihm erzählte, was sie gerade im Toad Eye gefunden hatten.

    „Guter Witz, Mann, sagte er. „Das ist neu, Mister Higgins. Wirklich, das ist neu. Ich bin ja einiges gewöhnt hier in der Gegend, aber ... „Hören Sie, Sir, ich verstehe ja, dass das unglaublich klingt, aber könnten Sie nicht wen herschicken? Er schilderte genau, wo sie sich befanden. „Wir ... äh ... jemand hat das Ding wieder fallen lassen und wir können unmöglich selbst danach suchen. Das sollten Ihre Leute übernehmen oder wer auch immer dafür zuständig ist.

    „Mister Higgins, begann der Polizist, und Higgins hörte trotz der nicht besonders guten Verbindung, dass der Beamte tief durchatmete, „was Sie da gefunden zu haben glauben, ist wahrscheinlich nicht das, was Sie mir gerade geschildert haben. Ich weiß, was Sie da draußen treiben, und solange Sie Genehmigungen dafür kriegen, soll's mir recht sein, aber ..., der Ton des Polizisten, wahrscheinlich ein junger Constable, der genug dumme Scherze während seines Bereitschaftsdienstes erlebte, änderte sich, wurde leicht drohend, „... wenn Sie jetzt anfangen, uns zu nerven, Sir, weil Sie und Ihre seltsame Truppe da draußen um diese Zeit möglicherweise schon zu tief ins Glas geschaut haben, bekommen Sie Probleme mit der Polizei - gröbere Probleme, verstanden? Als Higgins nichts sagte, fügte er warnend hinzu: „Habe ich mich klar genug ausgedrückt, Sir?

    Higgins wollte „Ja sagen, erkannte aber, dass das ihr eigenes Problem nicht löste. Sie konnten das Ding unmöglich selbst suchen, einpacken und beim nächsten Polizeiposten vorbeibringen, vielleicht noch mit den Worten: „Da - hier sehen Sie's nun selbst! Na, haben wir nicht Recht gehabt? Vermutlich würden sie dann wirklich ziemliche Probleme bekommen, wenn sie Teile eines Mordopfers von einem möglichen Tatort entfernten.

    „Nicht nur ich hab's gesehen, Constable. Higgins schaute seine Leute der Reihe nach an. Unbeweglich standen diese im Sumpf, manche in Wasserlöchern, andere auf relativ trockenem Boden. „Meine Männer sind noch immer entsetzt. Wir müssen das Training abbrechen. Aber wenn wir hier weggehen, finden wir die Stelle vielleicht nicht wieder. Wollen Sie das riskieren? Der Beamte räusperte sich und schien nachzudenken. „Mister Higgins, wir haben hier nicht genug Leute in Gwynsmor, eigentlich bin im Moment nur ich da. Wir finden hier nicht pausenlos Leichenteile. Ein Polizist in dieser Gegend reicht normalerweise aus, um alles unter Kontrolle zu halten. Ich schlage vor, wir beenden jetzt unser Gespräch, ich vergesse das Ganze und ..."

    „Nein! - Eine andere Stimme brüllte nun ins Handy. Mike hatte mitbekommen, dass Higgins Schwierigkeiten hatte, dem Polizisten begreiflich zu machen, was da im Sumpf lag, und stand jetzt neben Higgins. Er hielt dessen Handgelenk fest, seine Lippen berührten fast das Mobiltelefon. „Bewegen Sie Ihren Arsch hierher, wer immer Sie auch sein mögen!, schrie er unbeherrscht. „Jemand hat gerade ein verfaultes Kniegelenk nach mir geworfen. Verstehen Sie? Ein Kniegelenk! Das eines Menschen. Nicht von einem Rind oder von einem Schwein. Von einem Menschen!"

    Schweigen.

    Der Polizist wog vermutlich ab, welche Schwierigkeiten er bekommen würde, wenn er einer betrunkenen Bande von Möchtegernsoldaten glaubte und allerlei Hebel in Bewegung setzte. Schließlich traf er eine Entscheidung. „In Ordnung. Ich komme da raus. Bleiben Sie, wo Sie sind! Ich bin in schätzungsweise zwanzig Minuten da. Bis gleich!"

    Mike starrte Higgins an. Der hatte die Augen weit aufgerissen, als verstünde er nicht, was da gerade ablief. Charly und die anderen standen noch immer da wie Zinnsoldaten, die darauf angewiesen waren, dass jemand sie bewegte, woanders hinstellte. Erst als Charly langsam klar wurde, dass er dieses Ding berührt hatte, stieg Ekel in ihm hoch, kaum auszuhaltender Ekel. Er betrachtete sekundenlang seine Hände, begann übergangslos zu würgen, beugte sich vor und übergab sich. Die anderen beobachteten ihn, aber keiner sagte etwas.

    Erst als einige Zeit später Motorengeräusch zu hören war, begannen die Männer aufgeregt durcheinander zu reden. Ein junger Police Constable erschien nach ein paar Minuten schwitzend und fluchend zu Fuß: „Eine blödere Gegend hätten Sie sich nicht aussuchen können?, fragte er die Männer im Sumpf vorwurfsvoll und versuchte seine Schuhe nicht allzu nass zu machen. „Police Constable Alexander Pierson, stellte er sich mit einem kurzen Kopfnicken vor. „Wenn ich gewusst hätte, dass ich mich vom Besucherparkplatz aus durch die grüne Hölle kämpfen muss, hätte ich etwas aus dem Army-Shop angezogen. Er holte ein Paar Latexhandschuhe aus der linken Hosentasche. „So, nun wollen wir mal sehen, was Sie alle so erschreckt hat. Er lächelte, streifte die Handschuhe über und schaute sich um. Mike hob zögernd eine Hand, um anzudeuten, dass das Ding irgendwo vor ihm im seichten Wasser liegen müsse. Der Constable runzelte die Stirn, als ihm klar wurde, dass er nasse Füße bekommen würde, aber barfuß wollte er durch diese Brühe auch nicht gehen. Er tappte durch den Sumpf wie ein schwerfälliger Riesenbiber, blieb vor Mike stehen und musterte ihn verärgert.

    „Beten Sie, dass ich was finde, zischte er. „Denn wenn das hier ein dummer Streich ist und ich meine Schuhe umsonst ruiniert habe, lasse ich mir was einfallen. Und das wird Sie nicht freuen, nein, das schwör ich Ihnen. Er begann im trüben Wasser vor Mike herumzutasten. Ein Beobachter aus der Ferne hätte vermutlich ziemliche Schwierigkeiten gehabt sich vorzustellen, was da im Sumpf vor sich ging: Eine Gruppe Soldaten, verteilt auf ein kleines Gebiet, Waffen in den Händen, als gingen sie auf die Suche nach einem unheimlichen Sumpfmonster, ein Uniformierter, der mit überlangen Gummihandschuhen etwas im Wasser zu suchen schien, darüber der blaue Himmel eines südenglischen Frühlingstages - unter anderen Umständen die ideale Kulisse für einen Liebesfilm.

    Heute allerdings sollte PC Pierson eine Lektion lernen: Nicht jeder Anrufer ist ein Spinner! Und als er nach kurzer Zeit etwas Weiches ertastete und hochhob, spendete er dem Sumpf sein Frühstück. Wie Mike und Charly kurz zuvor.

    Was er in der Hand hielt, war definitiv kein Teil eines Tieres. Die Pseudosoldaten hatten Recht gehabt mit ihrer Einschätzung: Er hielt ein menschliches Kniegelenk in der Hand. Mit ein bisschen Oberschenkel und dem halben Unterschenkel dran.

    3

    Dartmoor National Park, Devon

    20 Meilen nordöstlich von Plymouth

    Donnerstagnachmittag, 12. April 2007


    „Ein Königreich für eine Zeitmaschine! Die Frau mit den langen dunkelbraunen Haaren seufzte und griff nach der Getränkeflasche mit Himbeerlimo in ihrem hellblauen Rucksack. „Du hast nicht zufällig eine dabei, John?, fragte sie ihren Begleiter, der neben ihr im Gras saß und gerade ein Schinkensandwich auswickelte. Der hagere Mann lächelte. „Hab ich im Hotel vergessen, Süße. Tut mir leid. Zeitmaschinen schleppe ich nur mit mir herum, wenn es absolut notwendig ist." Sie verzog die Lippen und tat so, als wolle sie ihn mit Limonade bekleckern. Beinahe hätte sie es auch geschafft.

    „Lass das, Diane!", sagte er gutmütig. „Sonst muss ich dich leider in den East Dart werfen." Sie tat, als bekäme sie schreckliche Angst. Ihre Augen wanderten zu der uralten Steinbrücke, keine zehn Meter entfernt, die das Flüsschen darunter seit gut siebenhundert Jahren überspannte.

    „Bitte nicht, großer Chief Inspector! Bitte tu das nicht! Ich geb' dir auch was von meiner Limo ab." Sie lachten.

    Detective Chief Inspector John Andrews aus York und Kriminalpsychologin Dr. Diane Higginson aus London, seit den Ereignissen in den North York Moors letzten August ein Paar, widmeten sich wieder ihrer Jause, die sie sich redlich verdient hatten. Seit dem frühen Morgen wanderten sie nun schon durch die faszinierende Landschaft des Dartmoor Nationalparks. Der schöne Apriltag war wie geschaffen für eine längere Naturerkundung in einem der interessantesten Naturgebiete Englands. Mit dem Namen Dartmoor verbanden die Briten nicht nur eine sechshundertfünfzig Quadratkilometer große Hügellandschaft auf einem Granitmassiv in der englischen Grafschaft Devon, sondern auch Moor- und Heideland mit vielen so genannten „tors", das waren meist flache Wiesenhügel mit emporragenden Granitfelsen, die manchmal auch bis sechshundert Meter ansteigen konnten. Außerdem findet man im Dartmoor unglaublich viele Fundamente prähistorischer Wohnstätten, Straßen und Steinkreise. Über 2000 Steinkreise wurden allein für den Bau von Hütten angelegt, fanden Wissenschaftler heraus, andere hatten religiöse Bedeutung. Steinreihen und Menhire weisen auch auf Grabstätten hin, doch bedauerlicherweise gab es kaum menschliche Überreste aus der Bronzezeit vor etwa 3000-4000 Jahren, denn der saure Moorboden kann unter bestimmten Voraussetzungen nicht nur konservieren, er zerstört auch. Metallgegenstände fand man aus dem selben Grund ebenfalls kaum. Devon war seit dem 8. Jahrhundert eine Grafschaft und damals stand deren Existenz mehr als einmal auf dem Spiel, wenn räuberische Wikingerhorden zwischen 851 und 1003 immer wieder die Gegend überfielen. Bollwerke gegen die Feinde aus dem Norden wurden errichtet, und die nach der Eroberung von den Normannen erbauten Festungen, zum Beispiel Okehampton, Plympton, Lydford, Totnes und Exeter, waren die Keimzellen für die späteren Städte.

    Diane Higginson und John Andrews genossen den gemeinsamen Urlaub, den sie aus dienstlichen Gründen nur mit großer Mühe organisieren und koordinieren konnten, in vollen Zügen. John atmete tief ein und schloss die Augen. Die Luft roch nach Frühling, die Sonne wärmte angenehm, aber noch nicht zu aufdringlich. Insekten schwirrten auf der Suche nach Pollen über die Wiesen und Felder, stiegen hoch, suchten in den ersten blühenden Sträuchern nach Nahrung. Dianes Blicke streiften die Brücke.

    „Nun haben wir's doch noch bis zur berühmten Clapper Bridge geschafft, was?, sagte sie zufrieden und begann in Johns grellrotem Rucksack nach einem Käsesandwich zu suchen. „Ja, Süße. Und ich bin stolz darauf, vor allem, dass ich eine Stadtpflanze wie dich dazu bewegen konnte, mit mir heute zeitig in der Früh aufzustehen.

    Sie küsste ihn schnell in den Nacken. „Sei vorsichtig, DCI!", scherzte sie. „Der East Dart hat auch noch Platz für einen Kripomann aus York. Wo hast du die Käsesandwiches? Ich verhungere." Er gab ihr eines. Kauend betrachteten sie die wundervolle Landschaft.

    Die uralte Brücke aus Granitplatten sah so aus, als existierte sie schon ewig - was aus der Sicht eines Menschenlebens durchaus so gesehen werden konnte, war diese Steinbrücke doch immerhin bereits zehnmal älter als ein durchschnittlicher Erdenbewohner. Der kleine Fluss East Dart plätscherte träge dahin, wie er es schon seit Jahrtausenden getan hatte. Seine baumbestandenen Ufer boten vielen Lebewesen Unterschlupf und Nahrung. Das war nicht mehr überall so. Wo Menschen leben, ist Umweltzerstörung bald kein Fremdwort mehr, bewusst oder unbewusst. Bereits im sechzehnten Jahrhundert hatte man erkannt, dass die dicke Torfschicht des Dartmoors viel Wasser speichern und langsam wieder abgeben kann. Dies bewirkte, dass man darüber nachdachte, wie man die Städte der Umgebung mit Wasser versorgen konnte. Plymouth war die erste Stadt, die dies verwirklichte. Dass Sir Francis Drake, der weltberühmte Seefahrer, den Bau dieser Wasserversorgungsanlagen für Plymouth leitete und 1591 fertigstellen konnte, wussten nur die wenigsten Menschen, auch in Großbritannien. Erst zweihundert Jahre später erinnerte man sich an diese Großtat, und Devonport war die zweite Stadt, die Wasser aus dem Dartmoorgebiet gewann. Im einundzwanzigsten Jahrhundert taten dies viele Städte und Ortschaften - praktisch die gesamte Region bezog ihr Wasser aus dem Dartmoor. Erst als man 1951 das Gebiet zum Nationalpark erklärte, kehrte langsam wieder Ruhe ein. Der Natur- und Landschaftsschutz beziehungsweise die Erhaltung der Flora und Fauna und die touristische Nutzung der archäologischen Funde traten in den Vordergrund. Und auch wenn ein Teil des Nationalparks dem Herzog von Cornwall, also Prince Charles, gehörte, unterstand das Dartmoorgebiet nicht dem Rights of Way Act, so wie andere Nationalparks. Das bedeutete, die Wanderer durften jederzeit überall hingehen, brauchten sich nicht an Wege und Straßen zu halten. Ein ungewöhnliches Arrangement.

    „Nun, Süße, vielleicht erklärst du mir mal, was du vorhin mit ,Zeitmaschine' gemeint hast!", sagte John Andrews und trank einen Schluck Mineralwasser. Diane lag im hohen Gras und betrachtete eine einsame weiße Wolke, die unbeweglich über ihnen schwebte.

    „Immer, wenn ich so alte Bauwerke sehe, John, wie die Clapper Bridge zum Beispiel, oder bei dir daheim in York diese uralten Gebäude, Mauern und Türme aus der Ritterzeit, dann stelle ich mir vor, ich würde eine Zeitmaschine erfinden, so wie in dem utopischen Film, und nach Funkensprühen und Rattern sitze ich plötzlich hier im 13. Jahrhundert und sehe Menschen über diese Granitbrücke fahren, die seit sieben- oder achthundert Jahren tot sind. Sie lachen, scherzen, weinen, toben, sie transportieren irgendetwas, das für ihr Weiterleben wichtig ist, oder sie lassen sich einfach kutschieren, weil sie sich um Geld keine Sorgen machen müssen. Vielleicht spielen Kinder unter dieser Brücke, die wir heute genauso sehen wie sie damals, und in tausend Jahren werden diese Granitplatten und

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