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Mathildes Geschenk
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Über dieses E-Book

Mathilde interessiert sich weder für den Haushalt noch für's Heiraten. Lieber würde sie mit dem Taufgeschenk ihrer Patin arbeiten - einem Schraubendreher. Aber in einer Zeit, in der die Autos gerade erst erfunden werden, ist das für eine Frau aus gutem Hause undenkbar.
Als Mann verkleidet, flieht Mathilde mit Hilfe ihrer Patin aus dem Elternhaus und sucht Arbeit in einer Autogarage, ausgerechnet bei Herrn von Schwabeck, der dafür bekannt ist, dass er die Frauen verachtet.

Ein Märchen-Kurzroman aus dem Machandel Verlag.
SpracheDeutsch
HerausgeberMachandel Verlag
Erscheinungsdatum18. Okt. 2015
ISBN9783939727934
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    Buchvorschau

    Mathildes Geschenk - Tedine Sanss

    1. Kapitel 

    Editha stemmte die Hände in den Rücken und streckte sich mühsam. Jetzt, im Hochsommer, machte ihr die Schwangerschaft zu schaffen. Ihr Bauch schien Zentner zu wiegen, sie konnte ihre eigenen Füße nicht mehr sehen, und nun begann das ungeborene Kind auch noch zu zappeln.

    „Ja doch, murmelte sie müde. „Du hast noch einen ganzen Monat Zeit. Und überhaupt – wenn du wüsstest, wie es hier draußen ist, dann hättest du es bestimmt nicht eilig. Sanft strich sie mit der Hand über den gewölbten Leib. „Aber andererseits müsste ich dich dann mein ganzes Leben mit mir herumschleppen. Das klingt auch nicht nach einer erfreulichen Aussicht."

    Das durchdringende Hupen einer Dampfdroschke schreckte sie aus ihren Gedanken. Sie rettete sich mit einem hastigen Schritt von der Straße auf den Gehweg, strauchelte dabei und stürzte auf die Pflastersteine.

    Der Fahrer der Dampfdroschke bremste hart ab. Das tonnenschwere Gefährt rollte noch mehrere Meter mit unverminderter Geschwindigkeit weiter, doch dann griffen die Bremsen, es wurde  langsamer. Die Ventile pfiffen, als der Druck auf dem Kessel vermindert wurde. Heißer Dampf stieg auf, Öl zischte auf die Fahrbahn. Die Luft füllte sich mit dem Geruch von kokelndem Holz und heißlaufendem Gummi, als die Räder blockierten.

    Editha rang nach Atem. Sie spürte, wie ihr das Blut in den Kopf stieg. Das ungeborene Kind regte sich nicht. Hoffentlich war es nur der Schreck, der dem kleinen Wesen in den Gliedern saß, und es war bei dem Sturz nicht verletzt worden.

    „Heiliges Kanonenrohr!, rief eine frische junge Stimme neben ihr, die Stimme einer Frau. Ölverschmierte Handschuhe richteten sie behutsam zum Sitzen auf, ein derber Lederstiefel stützte ihren Rücken. „Das hab ich nicht gewollt! Ist Ihnen etwas passiert?

    Editha umfasste ihren Bauch. Sie saß ganz still und versuchte in sich hinein zu lauschen.

    Die Frau zog sich mit einem Ruck den Lederhelm und die Schutzbrille vom Kopf. Helles Haar, lodernd wie ein Heiligenschein, fiel über ihre Schultern. Achtlos ließ sie den Helm fallen und beugte sich erneut besorgt über Editha.

    „Ist … ist dem Kind etwas passiert? Das würde ich mir nie verzeihen! Ich habe Sie zu spät gesehen, habe einfach nicht damit gerechnet, dass jemand in der Mittagszeit genau auf der Straße … Kann ich irgendetwas tun? Einen Arzt holen?"

    „Lieber nicht", flüsterte Editha. Ärzte taten gewiss viel Gutes, während einer Epidemie oder wenn eines der Mädchen in der Fabrik in eine Maschine geriet. Was sie aber bei einer Schwangeren zu suchen hatten, hatte sie noch nie verstanden.

    „Dann jemand anderen? Ihren Mann? Oder eine Freundin?"

    Noch einmal konzentrierte Editha sich auf ihr Inneres. War da eine Bewegung? Ein leises Zappeln, nicht stärker als das Beben eines Schmetterlingsflügels? Das Kind schien ebenso erschreckt zu sein wie sie selbst, und doch … Sie hätte Wetten abschließen mögen, dass es nun den Kopf schief legte und der Fremden lauschte.

    „Ich glaube …, sagte sie behutsam, während sie schwankend auf die Füße kam, „… ich denke, es ist alles in Ordnung.

    „Sie … Sie bluten da unten am Bein, sagte die Fremde. „Ist das schlimm?

    Editha bückte sich schwerfällig und inspizierte den Schaden.

    „Es ist nur mein Knöchel. Er ist aufgeschrammt. Und der Saum des Kleides ist zerrissen. Nicht schlimm, wirklich nicht. Es war ja mein Fehler, ich hätte nicht auf der Fahrbahn spazieren gehen sollen. Ich weiß auch gar nicht, wieso …"

    Die Fremde atmete erleichtert auf, als Editha ein besticktes Taschentuch aus ihrem Täschchen nahm und es um ihren Knöchel band.

    „Ich würde Ihnen ja anbieten, das Kleid zu flicken, sagte sie mit einem scheuen Grinsen, „aber mit Nadel und Faden bin ich die reinste Katastrophe. Motoren – ja. Die kann ich auseinander- und wieder zusammenbauen, auch um Mitternacht, mit geschlossenen Augen und einer Hand auf dem Rücken. Aber nähen … Ich fürchte, ich bekomme nicht einmal einen Faden durch so ein winziges Öhr.

    Editha betrachtete sie fasziniert. Eine Frau, die über Motoren redete? Die freimütig zugab, keine weiblichen Handarbeiten zu beherrschen? Und dann trug sie auch noch Hosen! Zwar so weite, dass sie die Form der Beine gänzlich verhüllten, aber es waren eindeutig Hosen. Darüber trug sie ein Lederwams, ebenfalls kein für Frauen vorgesehenes Kleidungsstück. Und das Haar war weder gekämmt noch aufgesteckt. Was würde Hartmut wohl zu so jemandem sagen?

    Die Fremde bemerkte Edithas Blicke und schob mit den Händen das Haar hinter die Ohren. Allerdings waren ihre Handschuhe rußverschmiert und hinterließen kleine dunkle Straßen in den hellen Locken.

    „Nicht! Sie machen sich ja ganz schmutzig!", rief Editha impulsiv und zog aus ihrem Täschchen einen kleinen Elfenbeinkamm. Sie beugte sich vor, bis ihr Bauch nicht mehr im Weg stand, und begann die Fremde zu kämmen. Die hielt ganz still, verzog nur manchmal den kleinen roten Mund, wenn es ziepte.

    Als Editha fertig war, teilte sie das Haar in zwei Hälften, drittelte jede Hälfte und flocht der fremden Frau Zöpfe. Sie reichten bis an die Schultern und hatten nun, geordnet und gezähmt, die Farbe von poliertem Messing.

    „Festhalten!, kommandierte Editha. „Ich habe noch irgendwo eine Spange.

    Sie wühlte in ihrem Täschchen, zog eine Silberspange heraus und fasste die beiden Zöpfe im Nacken zusammen.

    So, sagte sie zufrieden. „Jetzt können Sie unter Leute gehen."

    Die Fremde lachte ausgelassen. „Ich glaube, erwiderte sie, „so etwas hat noch nie jemand zu mir gesagt. Im nächsten Moment war sie wieder ernst, und ihr Mund formte ein bestürztes „Oh! Editha sah sie fragend an. „Herrjeh, sagte sie. „Ich glaube, meine Haare sind noch das kleinere Problem. Leider haben Sie auch etwas von meinen Handschuhen abgekriegt. Sie haben Öl an den Ärmeln. Hätten Sie Zeit? Dann könnten wir zu mir in die Werkstatt fahren und uns ein wenig frisch machen. Ich habe da zufällig etwas stehen, mit dem man Ölflecke gut entfernen kann."

    „Ja, platzte Editha heraus. „Schrecklich gern! Wie interessant! Sie wohnen in einer Werkstatt?

    „Über einer Werkstatt, präzisierte die Fremde. Sie streckte die Hand aus. „Isabeau Harden. Ich freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, wenn es auch unter recht erschreckenden Umständen geschah.

    „Editha Schwarz", sagte Editha und ergriff Isabeaus Hand. „Es ist ja alles gut gegangen. Sie haben gar keine Schuld – wirklich, ich bin heute schon den ganzen Tag so

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