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Diarys of Death V: Final Chapter
Diarys of Death V: Final Chapter
Diarys of Death V: Final Chapter
eBook380 Seiten5 Stunden

Diarys of Death V: Final Chapter

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Über dieses E-Book

Brüllendes Schweigen, durchbrochene Stille vom stetigen Tic…Tic…Tack der Uhr auf dem Kaminsims. Uns verlachend, weil wir so töricht waren und geglaubt hatten, wir hätten ein Jahr - nur ein Jahr - in Frieden und Ruhe.
Tic… Tic… Tack…
Die Kälte in meinem Inneren wuchs stetig mit dem Ticken der Uhr. Da war so viel Blut gewesen. Viel zu viel Blut für einen Mann.
Tic… Tic… Tack…
Er war so bleich gewesen. So reglos und bleich. War SIE zu spät? Drang noch irgendetwas zu ihm durch?
Tic… Tic… Tack…
War sie stark genug, um sie den Händen des Tänzers zu entreißen? War er überhaupt willens, ihn gehen zu lassen?
Tic… Tic… Tack…
Tanzte mein Mann nun mit jenem, dessen Hand ich stets ergriffen hatte, dem ich vertrauensvoll in die Dunkelheit gefolgt war?
Tic… Tic… Tack…
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum28. Sept. 2016
ISBN9783743182592
Diarys of Death V: Final Chapter
Autor

Susanne Hoge

Mit dem 5ten Band der Diarys of Death-Reihe schließt die gebürtige Emsländerin ihre *Feuertaufe* als Autorin ab. "Ich habe mit jedem Band meine Schreibweise und die Protagonisten weiterentwickelt und mich auch." So die Jungautorin im Interview. "Das wird aber gewiss nicht das Letzte sein, was es von mir zu lesen gibt. Neue Projekte sind bereits in Planung und auch von DoD ist eine erweiterte Edition geplant."

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    Buchvorschau

    Diarys of Death V - Susanne Hoge

    lassen…

    Teil 1

    Die Welt wird gradegerückt

    Meine Welt stand still, Dunkelheit ringsum. Und SIE stand einfach da. Reagierte nicht auf mein Flehen, mein Bitten. Ja! Ja ich wusste, sie hatte ihn gewarnt. Ja ich wusste es hätte verhindert werden können. Aber er war mein Mann.

    Und ich wollte ihn nicht gehen lassen, nicht verlieren. Nicht so… endgültig.

    „Bitte… bitte rette meinen Mann."

    Er war so blass, so furchtbar blass. All das Blut, wie konnte jemand so viel Blut verlieren? Ich konnte die Konturen des Tänzers ausmachen. Das Flirren jener Macht nahm zu, gab ihm Gestalt und nie wollte ich ihn weniger sehen, als jetzt.

    „Nimm mir nicht meinen Mann!"

    Ich wusste nicht, war es Befehl oder Bitte? Und war es an den Tänzer gerichtet oder doch an die Erste?

    Alles was ich wusste war, das er leben sollte. Das sie ihn retten mussten, denn wenn nicht sie… wer dann?

    Noir sah von mir auf SIE, bemühte sich weiter die Blutung zu unterdrücken bis die Heilung weit genug vorangeschritten wäre, dass keine unmittelbare Gefahr mehr bestand.

    Endlich beugte die Erste sich herab, entriss Noir seinen Vater, mir meinen Mann und hob ihn in ihre Arme wie er es vor langer Zeit bei mir getan hatte.

    „Macht Euch zum Aufbruch bereit. Morta Sant wird aufgegeben!" Es war ein Befehl und Noir neigte lediglich stumm sein Haupt ehe er sich erhob und aus dem Zimmer eilte. Regungslos standen Mate und ich noch da während SIE Alexander davon trug.

    Würde sie ihn retten können?

    Würde sie es wollen? Mate berührte mich am Arm, riss mich aus meiner Bewegungslosigkeit, aus meiner Starre.

    „Hol Lissa, packe ihr Kleider und Schuhe ein und vergiss ihre Lieblingspuppe nicht. Und packe auch Deine Notizen und das Wichtigste ein!" Ich sah Armand gen, fragend und furchtsam. Denn es war nicht einfach nur ein Alptraum gewesen, das war mir inzwischen klar geworden.

    Der Sturm war gekommen, hatte alles erfasst und jeden. Sie waren wieder zurück und nicht Tod wie in meinem *Traum* Noir… Armand… Alexander, verletzt aber da… Wo war Sidh? „Sidh?"

    Armand schüttelte stumm den Kopf, gab mir mehr Antwort als ich hätte haben wollen. Ich biss mir auf die Unterlippe um ein aufschluchzen zu unterdrücken.

    Ich musste denken, musste handeln. Jetzt war nicht der Zeitpunkt für Panik. Jetzt war nicht der Zeitpunkt zum Trauern.

    „Weise die Wachen an das Schloss zu räumen. Jeder soll verschwinden und Acht geben"

    Ein knapper Befehl an Armand ehe ich selbst in die Bibliothek stürmte und Karten, Besitzurkunden und Gold holte, Notizbücher meines gefallenen Freundes.

    *Ich mag den Geruch hier. Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft vereinen sich in den Rollen aus Pergament*

    Unwirsch wischte ich eine Träne fort, die sich keck ihren Weg über mein Gesicht gebahnt hatte.

    Nicht jetzt! Nicht jetzt!

    *Bleib du bei Deinen Schwertern Bruder, ich bleibe bei meinen Büchern*

    Es war nicht fair! Er war einer von den Guten gewesen! Es war nicht fair! Er konnte nicht einfach fallen! Wieso hatte er sich töten lassen?

    *Manchmal ist es eben einfacher…*

    Noir und Joycelin erschienen hinter mir und ich konnte mich wieder leichter auf das Notwendige konzentrieren, nun wo ich ihre unmittelbare Präsenz spürte.

    Ich war die Oberste, ich musste Entscheidungen treffen und Befehle geben. Alexander konnte es nicht, also musste ich!

    Ich entrollte eine Karte, ließ meinen Blick darüber gleiten. Abseits der Orte, gut genug verborgen.

    Fliehen. Wir mussten in fliehen, irgendwohin wo es sicher wäre. SIE hatte befohlen, dass wir gehen. Ich musste nur den Ort wählen. Einen Ort wo Alexander heilen könnte und meine Tochter in Sicherheit wäre.

    Sidh hatte in weiser Voraussicht überall Häuser und Anwesen gekauft, Grundstücke und alles verzeichnet, vorbereitet. Nur für den Fall, das wir rasch fliehen müssten, für einen Fall wie diesen.

    Kluger Bauernsohn. Wie würde mir seine ruhige Art und sein Rat fehlen. Wie seine Präsenz? Er hatte es nicht gewusst, hatte sein Licht immer unter den Scheffel gestellt.

    Wieviel er uns allen abgenommen hatte, wie wertvoll er wirklich war, gewesen war, würden wir wohl bald zu spüren bekommen.

    Erkennen wenn die Kälte in unserem Inneren nachließ und wir wieder bei klarem Verstand wären.

    „Wohin?"

    Noir. Wieder zwang er mich zur Konzentration und ich deutete auf ein Gebirge. Im Harz hatte er ein paar kleinere Häuser entlang des Erzgebirges gekauft. Verborgen in tiefen Wäldern und fernab der Menschen.

    Es wäre perfekt für den Moment.

    Noir sah auf die Karte um sich den Ort und den Weg einprägen zu können, ehe er Joycelins Arm erfasste und sich mit ihr hinab in die Schwärze gleiten ließ.

    Mate kam mit Lissa und einer schweren Tasche im Arm in die Bibliothek und Armand folgte ihm auf dem Fuße. Lissa sah aus, als hatte sie bereits geschlafen und vielleicht stimmte das sogar.

    „Mama? Müde…"

    Sie gähnte und ich hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn.

    „Mate und Armand machen einen kleinen Ausflug mit Dir.

    Noir und Joycelin sind auch da, dann kannst du weiter schlafen, mein Engel. Sei brav, ich komme gleich nach."

    „Nono? Wo?"

    Ich zeigte Armand die Karte und das Haus das ich ausgewählt hatte. Was wenn es nicht sicher wäre? Wenn meine Entscheidung falsch wäre? Nicht daran denken!

    Bestimmt zeigte ich das Haus und Armand brachte Mate und Lissa zu seinem wartenden Waffenbruder.

    Ich klemmte mir meine Beute aus der Bibliothek unter den Arm und rannte hinauf in unser Gemach. Ich warf alles aufs Bett und suchte Kleider zusammen. Seine als auch meine.

    Portraits die auf der Kommode gestanden hatten, Kleinigkeiten aus den Schubfächern – alles landete in einem Chaos auf dem Bett bis ich sicher war, alles Wichtige zu haben, dann stopfte ich alles wahllos in Beutel und Taschen.

    Es war ersetzbar, natürlich. Aber ich wollte so viel ich irgend konnte festhalten – albern, töricht. Ich wusste es, aber was spielte es jetzt noch für eine Rolle?

    Ich behing mich mit Taschen und Beuteln und eilte in Alexanders Arbeitszimmer, sammelte Notizen und Briefe ein.

    Nichts dürfte jemand anderen in Gefahr bringen. Nichts verraten wohin wir fliehen würden, wer unserer Art noch angehörte.

    „Wir müssen gehen, Nebel."

    Noir war wieder aufgetaucht, und hatte mein Bemühen beobachtet.

    „Alexander?"

    SIE hat ihn in das von Dir gewählte Haus gebracht und versorgt ihn."

    Ich nickte kurz. Sie versorgte ihn, dann würde er es schaffen… er musste einfach. Noir trat auf mich zu, und hielt inne als ich eine Hand hob.

    „Geh und sage zuerst Torasim was passiert ist und wohin wir gehen."

    „Torasim? Wa…"

    „Bitte stell keine Fragen und tu es einfach. Danach können wir gehen."

    Ich unterbrach ihn kurzerhand. Ich wollte keine Fragen beantworten. Nicht jetzt. Torasim würde dafür sorgen das die Anderen wüssten wohin es uns zog.

    Sie würden es Baneth wissen lassen, und wenn ihr Zorn auf mich abgekühlt wäre, würde man weiter an Mates Ausbildung arbeiten.

    Erschreckenderweise tat Noir was ich verlangte, ohne eine Miene zu verziehen, ohne missbilligenden Blick.

    Deutliches Zeugnis dafür, wie sehr ihn die letzten Wochen mitgenommen hatten. Vor allem aber die Verletzung seines Vaters und der Verlust seines Bruders.

    Kaum das Noir weg war, durchsuchte ich die Schubladen, die Bücher und Pergamentrollen, nach verräterischen Inhalten, ehe ich eine Öllampe aus dem Regal riss und auf den Haufen Papierwarf der sich unter meinem Suchen auf dem Boden angesammelt hatte.

    Ich sah zu wie alles in Flammen aufging. Meine Klauen rissen im vorbei gehen die Portraits in Fetzen als ich zur Bibliothek zurückeilte und dort das Spiel des Arbeitszimmers widerholte.

    Ich riss Regale um, warf Bücher und Pergamente auf den Boden und steckte es in Brand.

    Sidhs Jahrhunderte lange Arbeit ging unter den Zungen der Flammen in Asche auf. Nichts würde bleiben. Nichts durfte bleiben. Keine Spur, kein Name, keine Karte.

    Kurz flammte eine Erinnerung in mir auf. Die Erinnerung an die geheimen Archive in Haarenthal.

    Und die Hitze die meine Haut zerfressen hatte. Der Maskierte gegen den ich gefochten hatte.

    Nicht wichtig, nicht jetzt!

    Zornig riss ich eine Fackel von der Wand, rannte von Zimmer zu Zimmer, steckte Vorhänge und Möbel an, steckte mein bisheriges Leben in Brand.

    Ich versuchte nicht daran zu denken.

    Versuchte die Stunden die ich hier im Glück und Leid verbracht hatte nicht jetzt noch einmal zu durchleben, auch wenn alles in mir danach schrie, das nicht zu tun.

    Als würde ich uns auslöschen, als würden die Stunden auf den Zinnen nicht mehr existieren, wenn ich das Schloss niederbrannte.

    Als würde alles was bisher war, in Rauch aufgehen und Geschichte werden, Legende, Mythos und dann in der Vergessenheit verenden. Niemand würde je wissen, je erkennen welche Opfer wir gebracht hatten.

    Niemand würde wissen, dass in diesen zerfallenen Mauern Familien gelebt und geliebt hatten. verendet und vergessen.

    Meine Welt stand still, und ich kam mir vor als wäre nichts das ich tat … genug. Als wären meine Versuche es nur Tropfen auf heißem Stein.

    Ich bemerkte nicht das Noir mich beobachtete, meinen Schritten durch das Schloss folgte, hinaus in den Garten wo ich Pferde und meine fuchsähnlichen Haustiere frei ließ.

    Es war sinnlos und ich wusste es.

    Es würde die Jagd nach uns nicht beenden, würde Alexander nicht heilen, oder IHREN Zorn mildern. Aber irgendetwas musste ich doch tun.

    Irgendetwas!

    Noir verstand, darum hinderte er mich nicht. Vielleicht sah er auch einfach, das ich unter Schock stand und mir mein wahnsinniges Handeln das Gefühl gab etwas Kontrolle auszuüben in einer Situation welche mich aller Macht beraubt hatte.

    Doch kaum das ich das Stroh und Heu in den Ställen in Brand gesetzt hatte ergriff er meinen Unterarm und zog mich, ohne Vorwarnung oder die Möglichkeit auf weiteren Aufschub, hinab in die Kälte seiner Gefährten.

    Ich mochte es nicht. Die Schatten waren Noirs bevorzugte Art zu reisen. Beinahe ohne jeden Zeitverlust. Die plötzliche Dunkelheit, die Kälte behagte mir nicht.

    Ich kam mir vor, wie in einem Grab. Ich fürchtete, dass ich nie wieder Licht sehen würde. Fürchtete beinahe, dass mich die gnadenlose Dunkelheit nie wieder aus den klammen, kalten Fingern freigeben würde.

    Es dauerte nicht lang, nur Sekunden die mir ewig schienen und die Dunkelheit perlte von mir ab wie Regen vom Federkleid eines Wasservogels.

    Die Kälte wich der Hitze eines prasselnden Kaminfeuers. Ich fand mich in einer schlichten Hütte wider, einem Kaminzimmer offenkundig.

    Joycelin saß auf dem Sofa, hielt Lissa im Arm, die wieder eingeschlafen war ohne zu wissen, in welcher Gefahr ihr Vater schwebte. In welcher Gefahr wir alle schwebten.

    Noir ließ sich an der Seite seiner Frau nieder, legte einen Arm um sie und küsste sie sanft auf die Schläfe. Mate hockte am Feuer, legte Scheite nach und beobachtete mich und die anderen aufmerksam.

    Armand saß im Sessel seine Augen sprachen von derselben Erschöpfung welche Noir dazu getrieben hatten, mich das Schloss in Brand setzen zu lassen.

    Mein Blick glitt hinauf, ins Stockwerk über uns. Alexanders Präsenz, schwach, schwindend aber vorhanden.

    Das Flirren jener Macht die ich im Augenblick mehr fürchtete als die Inquisition. IHRE Präsenz, drohend, stark und ihr Zorn der gar das Flirren des Gevatters überlagerte.

    SIE musste es schaffen! Sie durfte Alexander nicht dem Tänzer überlassen. Ich ließ mich auf einem freien Sessel nieder und befahl Mate stumm an meine Seite.

    Niemand sprach. Alle warteten und hofften und bangten. Das Schweigen lastete drückend auf uns. Einem Leichentuch gleich das wir nicht zu durchdringen wagten, nicht zu durchdringen in der Lage wären.

    Abwesend glitten meine Finger durch Mates Haar, während die Minuten verrannen und die mechanische Uhr schien mit ihrem Ticken die Dichte des Leichentuches noch zu verstärken.

    Ich schloss die Augen, wollte nicht sehen, nicht wahrnehmen was um mich herumgeschah.

    Brüllendes Schweigen, durchbrochene Stille vom stetigen Tic…Tic…Tack der Uhr auf dem Kaminsims. Uns verlachend, weil wir so töricht waren und geglaubt hatten wir hätten ein Jahr - nur ein Jahr - in Frieden und Ruhe.

    Tic… Tic… Tack…

    Die Kälte in meinem Inneren wuchs stetig mit dem Ticken der Uhr. Da war so viel Blut gewesen. Viel zu viel Blut für einen Mann.

    Tic… Tic… Tack…

    Er war so bleich gewesen. So reglos und bleich. War SIE zu spät? Drang noch irgendetwas zu ihm durch?

    Tic… Tic… Tack…

    War sie stark genug um sie den Händen des Tänzers zu entreißen? War er überhaupt Willens ihn gehen zu lassen?

    Tic… Tic… Tack…

    Tanzte mein Mann nun mit jenem dessen Hand ich stets ergriffen hatte, dem ich vertrauensvoll in die Dunkelheit gefolgt war?

    Tic… Tic… Tack…

    Ich sprang auf die Beine, riss einige Haare aus dem Schopf den ich zur Ablenkung gekost hatte und erntete ein schmerzhaftes Zischen.

    Tic… Tic…Tack…

    Ich sprang auf, ergriff die Uhr und warf sie in die Flammen. Ich ließ mich wieder nieder, fuhr fort Mate `s Haar zu kosen und erntete skeptische Blicke.

    Und das Ticken verstummte, verbrannte und ging in Rauch auf, wie das Schloss das wohl noch immer lichterloh brannte. Kein Ticken mehr das meinen Geist peinigte.

    Dafür war die Stille zurück. Dröhnend und laut. Unnatürlich und gespenstisch.

    Für ein paar sinnlose Atemzüge zumindest, bis Noir das Wort hob, der bis dahin alles schweigend im Auge behalten hatte.

    „Sind wir ein wenig melodramatisch, Nebel?"

    Mate sah zornig zu meinem Stiefsohn, bis ich leise lachte. Ich legte eine Hand an meine Lippen, versuchte das Lachen zu unterdrücken, bevor es hysterisch werden könnte, kämpfte die Tränen herab die in meinen Augen brannten.

    Ich drückte Mates Kopf auf meine Knie und strich ihm sanft übers Haar. Meine Stimme war nur ein Flüstern, als ich mich wieder unter Kontrolle hatte.

    „Es macht mich wahnsinnig…"

    Die Uhr, das Ticken, das Warten. Nichts tun zu können, nichts zu wissen. Wie würde es jetzt weiter gehen? Würden wir bleiben?

    Alle Sicherheit und jeder Halt schienen mir verloren. Die Welt drehte sich wieder, aber sie war aus den Fugen geraten und nichts war mehr, wie es sein sollte oder einmal war. Alles stand einfach … Kopf?!

    Ihre Stimme drang von oben herab. Kalt und Sanft zugleich. Sie ließ mich erschaudern, erzittern und innerlich flehen, das ich nicht versehentlich ihren Zorn heraufbevor.

    „Ohh wir haben doch nicht etwa Schmerzen, mein Sohn? Wir werden doch nicht etwa in die Bewusstlosigkeit fliehen wollen? Das erlaube ich nicht…wach auf!"

    Unser aller Blicke glitten hinauf, niemand rührte sich. Beinahe wünschte ich mir das Ticken zurück, irgendwas das diese Stille durchbrach.

    Stummes Flehen in den Augen die hinauf an die Decke starrten, Anspannung in der Haltung eines jeden Einzelnen. Einzig Lissa schlief umgeben von der Sicherheit ihrer Familie.

    „Nebel?... Clarissa?... Ary?... Noir?"

    „Sie sind wohlauf. Ich könnte sagen, dass ich es Dir Prophezeit habe, aber das hebe ich mir auf, bis du wieder bei Kräften bist."

    Ich atmete aus, alle Anspannung fiel von mir ab. Er würde leben! Es würde ein *Morgen* geben, wenn das *Heute* überstanden war.

    „Wie viele sind allein in dieser Schlacht gefallen? War es das wert, Alexander? All die Krieger die gefallen sind? Dein angenommener Sohn, nur weil du nicht gehen wolltest? War es das wert, nur um mein Wort zu missachten?"

    All die Leben. Die Erste hatte Recht, es waren so viele gefallen.

    Mehr als ich zu diesem Zeitpunkt wissen konnte.

    Lange Zeit war nichts zu hören, und in einem Haus voll Vampiren konnte man davon ausgehen, das es nichts gab, das nicht gehört würde.

    Ein Gedanke den man keinesfalls festhalten durfte, und wenn man es doch tat sollte man ein hohes Maß an Selbstbewusstsein haben.

    Jetzt lauschten alle darauf was zwischen den beiden Ältesten unserer Art vor sich ging, warteten auf den schwachen Bariton meines Mannes und die kalten Erwiderung seiner Mutter.

    „Nein…"

    Ich schmunzelte. Es hatte zu lang gedauert. Warum hatte er nachdenken müssen? Mehr als ich erkannte er. Und wäre nicht er verletzt worden, wäre nicht Sidh gefallen, ich hätte vielleicht mit Ja an seiner statt geantwortet.

    Jedes Leben wäre es wert gewesen, damit meine Tochter sicher und in Frieden aufwachsen konnte.

    *…weil es keinen Frieden gib, solange sie leben!*

    Seine Worte kamen mir in den Sinn. In der Nacht als Noir das Spiel mit Mikal gespielt hatte. Es konnte keinen Frieden geben, solange SIE uns jagten.

    Namenlose Krieger, die wussten was für einen aussichtslosen Kampf sie führten, wem sie folgten. Einer der Krieger, der Gefallenen hatte einen Namen erhalten.

    Und ich ahnte, das in den nächsten Wochen und Monaten, einige Gefallene Namen erhalten würden, und den Preis den ich jetzt noch als angemessen empfand, als sehr hoch erscheinen ließe.

    „Glaube nicht, ich würde Deine Gedanken nicht kennen, mein Sohn. Ich weiß, dass du das nicht so siehst, aber vorerst werde ich es hinnehmen.

    Ich spüre das Fallen eines Jeden und Dich auf diese Weise zu spüren, liegt nicht in meinem Interesse. Sie sind zu zahlreich Alexander!

    Wenn du dem nicht Einhalt gebietest, all dem kämpfen ein Ende bereitest wird es bald niemanden mehr geben, den du in die Schlacht rufen könntest. Trink!"

    Sie spürte es wenn unsere Art fiel? Wenn wir unser Leben verwirkten, in dem letzten Moment? Neugier brannte unter meinen Fingern, aber ich wusste, dass ich diese Neugier niemals in Worte formen würde.

    „Irgendwann werde ich nicht mehr erscheinen um Dich, Deine Kinder oder Dein Küken aus den Armen des Todes zu reißen. Rückzug ist im Augenblick die beste Entscheidung."

    Manche Fragen blieben lieber ungestellt. Manche Antworten halfen nicht, sollte man nicht hören.

    Fragen danach ob es schnell ging, oder er gelitten hat und jetzt frei wäre.

    Mein Blick glitt hinüber zu Armand.

    Seine Züge waren verschlossen, doch erkannte ich neben der Erschöpfung und des Grauens dass er erlebt hatte, tiefe Sorge in seinen Augen. Worum außer vielleicht der Zukunft, sorgte er sich?

    Noir beobachtete seinen Waffenbruder, Joycelin hatte sich in Noirs Arme geschmiegt und die Augen geschlossen, aber ich wusste, dass sie nicht schlief, ebenso wartete wie wir anderen.

    „Es wird keine weiteren Kämpfe geben, bis ich etwas anderes sage! Du wirst unsichtbar unter den Menschen sein. Unterclans, Gewandelte sind ohne Bedeutung.

    Deine unmittelbare Familie wird im Mittelpunkt Deiner Aufmerksamkeit stehen."

    Ihre kalt gesprochenen Worte, durchbrachen die Stille ein weiteres Mal und kamen einem Peitschenhieb gleich. Ich sollte erleichtert sein.

    Darüber, dass er nicht so bald wieder aufbrechen würde um zu bekämpfen was uns alle bedrohte.

    „Doch immer wenn einer der Unseren hingerichtet wird, wirst du dem beiwohnen ohne einzugreifen und Dich derer erinnern die bislang gefallen sind, weil du nicht gehen wolltest."

    Sie gab ihm die Schuld und strafte ihn auf die ihr eigenen Art und Weise.

    Er würde sich dem Befehl beugen, jeder der bei Verstand war, täte das, auch wenn ich mir beinahe sicher war, das er nicht begeistert war, und sich alles in ihm sträubte zuzusehen wenn er handeln könnte.

    „Vermutlich … bin ich …zu alt, dass ... du mir hilfst… meine blutigen …Kleider zu wechseln?"

    „Nein, aber zu alt, als das ich unnötige Vorsicht walten ließe."

    Ein wenig der Kälte wich aus ihren Worten, wir lauschten den behutsamen Schritten auf den Dielen, lauschten dem Schrank der sich unter knarren öffnete.

    „Ich … bin sicher… du findest … noch einen… Knochen, der nicht …gebrochen ist…"

    Er versuchte witzig zu sein. Irgendjemand sollte ihm sagen dass er grade nicht sehr komisch war. Niemand von uns sagte etwas.

    Wagten nicht das Gespräch zwischen Mutter und Sohn zu stören.

    „Daran habe ich keinen Zweifel…. Mhhhh… Du stinkst widerlich."

    Ein trockenes Lachen, das erstickt erklang und unterbrochen wurde, weil es zu große Schmerzen verursachte. Das Reißen von Stoff, poltern von Stiefeln die achtlos beiseite geworfen wurden, unnötiges einziehen und grobes ausstoßen von Atem.

    „Ich werde morgen wiederkommen. Ruh Dich aus!"

    Schritte näherten sich der Treppe, ihre Schritte.

    „Mutter?... Danke."

    Schweigen, Stille dann…

    „Ruh Dich aus Alexander. Ich schicke Dein Küken rauf."

    Keine Kälte mehr, nicht einmal der Hauch, die Ahnung davon.

    Das erste Mal wirkte sie nicht wie eine drohende Naturkatastrophe sondern tatsächlich besorgt um ihren Erstgeborenen.

    Wir folgten ihren Schritten mit unseren Sinnen, unser aller Blicke legten sich auf sie als sie in das Kaminzimmer trat und einen kurzen skeptischen Blick auf uns warf.

    „Halte es kurz und überanstrenge ihn nicht."

    Als würde ich es wagen ihre Arbeit zunichte zu machen. Mates Haar freigebend, seinen Kopf von meinem Schoß schiebend erhob ich mich. Doch sollte ich nicht etwa direkt hinaufgehen, sondern setzte stattdessen Wasser auf und erhitzte es.

    Sie mochte ihn von den blutigen Kleidern befreit haben, aber ich bezweifelte stark, dass sie die Spuren von seinem Leib entfernt hatte. Ohne weiteres Wort, ohne Gruß verließ sie das Haus und überließ uns – nun uns selbst.

    „Noir bringst du Lissa in ihr Bett? Mate leg Dich hin, ruh aus, wir jagen in der Frühe."

    „Geh schon rüber Joycelin, ich komme gleich nach. Armand?"

    Noir nahm meine Tochter in den Arm und mir kam es vor, als hätte das Wasser nie so lang gebraucht um heiß zu werden. Ich wollte etwas tun, musste etwas tun.

    Stünde ich noch länger still, würde ich wahnsinnig werden.

    Armand erhob sich, legte seinen Blick bittend, verzweifelt auf den Waffenbruder.

    „Ich muss sie fortbringen, Noir… Der Gedanke das… ich kann nicht… „Ich weiß. Sei vorsichtig.

    Beide ließen sich in die Schwärze gleiten, jeder mit einem anderen Ziel. Noir hinauf in das neue Zimmer meiner Tochter, und Armand zurück nach Morta Sant.

    Er musste die Gräber von Frau und Sohn fort bringen. Irgendwo hin, wo niemand sie finden würde, wo sie in Frieden ruhen könnten.

    „Brauchst du noch etwas?"

    Joycelin war neben mich getreten und sah mich mit sorgenvollem Ausdruck an. Ich schüttelte den Kopf, legte kurz eine Hand an ihren Oberarm.

    „Ruh Dich aus. Das Nebenhaus ist für Dich und Noir. Wenn es euch an irgendetwas fehlt, sagt einfach Bescheid. Wir werden hier sicher sein." Heute konnten wir nichts mehr tun, heute sollten wir uns ausruhen. Den Schrecken aus den Knochen verdrängen und ankommen und daran glauben, dass ich Recht hatte. Das wir hier sicher waren.

    Ich trug das Wasser und die Tücher hinauf, warf einen kurzen Blick auf Mate der im Vorraum zu Lissas Zimmer schlief.

    Wieder eine neue Umgebung, wieder neue Möglichkeiten und Regeln. Irgendwann würde auch er zur Ruhe kommen.

    Langweilig würde meiner Schöpfung wohl nicht werden. Eine neue Gegend bedeutete vor allem neue Pflanzen und Kräuter und vielleicht sogar Tiere.

    Er würde sie erkunden, erforschen ihre Gifte für sich entdecken und katalogisieren. Bis Baneth und die Elben uns aufsuchen würden, wäre er zweifellos beschäftigt.

    Ich trat hinter den Raumtrenner, betrachtete mein friedlich schlafendes Kind und lächelte sanft. Auch für sie würde die nächste Zeit aufregend werden.

    Auch wenn sie längst nicht begreifen könnte, was geschehen war und wie knapp es dieses eine Mal gewesen war.

    Ich stellte die Waschschüssel auf dem Beistelltisch ab, deckte meine Tochter zu und hauchte ihr einen Kuss auf. Während ich meine Sachen wieder aufnahm betrachtete ich den kleinen Engel, ehe ich in das Gemach von Alexander und mir trat und kurz stockte.

    Er war noch immer sehr bleich, seine Haut wirkte beinahe durchscheinend. Aber er sah bei weitem besser aus, als noch vor ein paar Stunden. Oder waren es nur Minuten gewesen?

    Ich konnte es nicht einmal mit Bestimmtheit sagen.

    Sein Haar hing feucht vom Sturm und Blut strähnig in seine beschmutzten Züge. Dunkle Ringe hatten sich unter die matten glanzlosen Augen gelegt.

    Blutspuren waren unwirsch von Gesicht, Hals und Brust gewischt worden, wahrscheinlich als die Erste versucht hatte sich ein Bild zu machen.

    Sein Blick spiegelte meine Sorge, während ich Schritt um Schritt näher trat und die Wasserschüssel auf dem Nachttisch abstellte.

    Es floss kein frisches Blut mehr, die Verletzungen seines Brustkorb schlossen sich Hautschicht um Hautschicht. Das Blut der Ersten würde dafür sorgen das gesplitterte und gebrochene Knochen, Rippen sich wieder zusammenfügten, das die inneren Organe ihre ursprüngliche Form und Lage wieder einnahmen.

    Kleinere Verletzungen, leichte Schnitte hatten sich bereits wieder vollständig geschlossen, während die größeren noch dabei waren.

    Es sah schlimmer aus, als es vielleicht sein mochte. Wenn die Blutungen erst einmal gestoppt waren, käme alles in Ordnung.

    Und die Blutungen hatte SIE gestoppt.

    Ich war mir sicher, sie hätte mehr tun können, hätte ihn vollständig mit ihrem Blut heilen können, aber vermutlich war dies ihre perfide Art und Weise zu strafen. Und wenn dem so war… dann käme gewiss noch mehr.

    Ich beugte mich vor, hauchte ihm wortlos einen Kuss auf. Ich legte all meine Erleichterung in diesen einen Kuss und ein Lächeln umspielte meine Lippen, als dieser Erwiderung fand.

    „Nur weil ich es mir zur Angewohnheit gemacht habe, mich blutend und verletzt zu Dir ins Schloss tragen zu lassen, heißt das nicht, dass du es mir nachmachen darfst!"

    Schalt ich ihn neckend, und erntete zum Lohn ein kurzes abgehaktes Lachen, das mir das Herz in der Brust schwer werden ließ, und gleichsam schien es nie leichter gewesen zu sein.

    „Mach das nie wieder!"

    Meine Stimme zitterte noch, aber ich hatte mich besser unter Kontrolle als zu dem Zeitpunkt als ich hier ankam.

    „Es kommt nicht wieder vor."

    Er ergriff meine Hand, verflocht unser beider Finger miteinander, und rang sich zu einem Schmunzeln durch.

    „Gefangen?"

    In seinen Augen spiegelte sich seine Liebe zu mir, und ein lang gemisster Schelm und ich könnte in Tränen ausbrechen ohne zu wissen, ob vor Erleichterung oder Hysterie.

    „Oh ja!! Brauchst du Ketten um das zu verinnerlichen oder bist du freiwilliger Gefangener? „Nein freiwillig… freiwillig.

    Wieder lachte er kurz auf und wäre ich nicht so froh, dass er wieder hier und an meiner Seite war, würde es mir mehr Leid tun, ihm solchen Schmerz zuzufügen.

    „Du hast Schmerzen, soll ich Dich ausruhen lassen? Brauchst du etwas? Und sage nicht dem wäre nicht so. Nicht jeden Heilungsprozess habe ich in den Armen des dunklen Gevatters verbracht. Einmal stand plötzlich ein Ältester vor mir… das war was sag ich Dir."

    Kosend strich mein Daumen über seinen Handrücken, während er darum bemüht war, mich seinen Schmerz nicht sehen zu lassen. Das er es nicht schaffte, das ich es trotzdem erkannte, zeugte von seiner Erschöpfung.

    Ich wollte nicht wissen, welches Grauen er gesehen hatte, und wusste gleichsam dass ich danach fragen würde. Früher oder später.

    „Nein, geh nicht. Zu lang musste ich Dich missen. Mutter sagt

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