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Das zähe Ringen um Gila: Konvergenzpunkt Kampf-Bier-Stube
Das zähe Ringen um Gila: Konvergenzpunkt Kampf-Bier-Stube
Das zähe Ringen um Gila: Konvergenzpunkt Kampf-Bier-Stube
eBook757 Seiten11 Stunden

Das zähe Ringen um Gila: Konvergenzpunkt Kampf-Bier-Stube

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Über dieses E-Book

Selbst heute noch, ein halbes Jahrhundert danach, beschäftigt das Wembley-Tor die Interessierten des Fußballs und alle Deutschen wissen es totsicher, es war natürlich kein Tor. Dieser Entscheidung entsprechend, die durch das Befragen des russischen Linienrichters zustande kam, war England in der Verlängerung mit 3:2 in Front gegangen, und wir wurden nur Vizeweltmeister. Dabei hatten wir doch so große Hoffnungen, denn nach Einführung der Bundesliga anno 63 machten unsere Kicker qualitativ einen mächtigen Sprung nach vorne. Wir schrieben den 30. Juni 66 und noch am selben Abend begann eine unnachahmliche Freundschaft. Wir hatten uns getroffen, ohne irgendwas im Voraus besprochen zu haben, beide etwas geknickt ob der denkwürdigen Niederlage und irrten durch die Straßen unserer Stadt, Petko Huspler, der „Dicke“ wie er stets gerufen wurde und ich. Das Gute-Freunde-Sein ging so weit, dass wir oft in den gleichen Hemden auftraten und viele Bürger der Stadt hielten uns für Brüder. Wir gingen durch dick und dünn, räumten auch mal im Dienste der Gerechtigkeit mit den Fäusten auf, essentiell in unserer Stammkneipe. Des Weiteren war ich nicht nur dem Sport des Boxens treu, nein ich lebte zudem im siebten Fußballhimmel, war aus der Jugend zu den Aktiven gestoßen, mit sehr viel Erfolg. Und als der neue Star des Vereins wurde ich eingeladen, lernte die Stuttgarter Altstadt kennen und man kredenzte mir eine Liebesdienerin. Die große Liebe aber, um die ein zähes Ringen stattfand, die fand ich erst zum Schluss hin, als die Dramatik ins Unermessliche stieg. Keinesfalls war ich der alleinige Bewerber, welcher um die Gunst des wunderschönen Mädchens warb, es gab Typen und Hürden genug und auch der Vater der Braut war durchaus ernst zu nehmen, er war ein immensurabler Tyrann.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum7. Apr. 2016
ISBN9783741215575
Das zähe Ringen um Gila: Konvergenzpunkt Kampf-Bier-Stube
Autor

George Wald

Der Autor des spannenden Buches: Das zähe Ringen um Gila; wurde in den Nachkriegsjahren am Rande der Schwäbischen Alb geboren. Er ist ein Bergmannskind und so wie alle Kinder der Knappen hatte auch er seine liebe Mühe und Not mit den Einheimischen. Die Bergleute waren a priori abgestempelt, sie wurden nicht als Gleichwertige angesehen, ja man nannte sie despektierlich nur die „Ausländer“. Schon im Kindergarten und später auch in der Schule wurden diese Kinder der Bergleute immer als Geringwertige angeschaut. Wenn in der Schule was gestohlen wurde, dann zeigte man vorschnell mit den nackten Fingern auf die Bergmannskinder, doch zumeist kam die Wahrheit auf andere Weise ans Tageslicht. Und doch ging der Autor seinen Weg, war in mehreren Berufen zu Hause, angefangen hat seine Karriere bei den Automechanikern, und zum Schluss hin wurde er schließlich ein achtbarer Betriebsleiter einer kleinen Chemiefabrik. Er hatte es zu etwas gebracht, ganz wie der Vater und all seine Geschwister. Sein Vater war ein Pfälzer und die Mutter wurde einst in Erlangen geboren. Sie wuchs in Nürnberg heran. Auch sie, die Mutter, wirkte permanent positiv auf den Autor ein, sie war eine ehrliche Haut, die in ihrem Leben nur die „Arbeit“ kannte. Das Leben des Autors war recht vielseitig, beruflich wie privat. Zwei Frauen spielten im Leben des Autors eine wesentliche Rolle, zum einen die hier in diesem Buch eroberte Gila und zum anderen seine heutige Frau Agathe, derweil die erste Frau schon im Januar 1997 verstarb. In den heutigen Tagen freilich, bezieht George Wald längst seine verdiente Rente. Zu seinem Lebenswerk hinzuzurechnen sind nicht nur seine Bücher, nein ganz nebenbei hat er sich ein stattliches Haus erbaut, größtenteils ohne Fachmänner zu engagieren, nein selbst ist der Mann. Es ist einzig die Kraft Gottes, die ihn durch die schwierigsten Phasen hindurchschreiten ließ, ja es gibt sie noch, die sich zu ihrem Glauben bekennen, ja ich, der Autor George Wald, bin oder ist römisch katholisch.

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    Buchvorschau

    Das zähe Ringen um Gila - George Wald

    Vorwort und Dankempfindungen

    Wie es denn sei, wenn ich tagelang, ja monatelang oder gar jahrelang am Schreiben meine Zeit verbringe, das werde ich zuweilen, mit Erstaunen in den Gesichtszügen von meinen Zeitgenossen gefragt. Und wo nur die Infinität, das unerschöpfliche Reservoire sich befinden möge, aus dem ich fortwährend Dinge hervor schöpfe, nicht nur das Metaphorische, was einem Schriftsteller sicherlich auch liegen muss, nein andererseits auch Gründliches, zuweilen haarfein Detailliertes aus der Vergangenheit, auch solch dezidierte Fragen werden oft an mich herangetragen.

    Doch hundertprozentig kann ich diese Fragen beim besten Willen nicht zufriedenstellend beantworten, auch wenn ich immer wieder muntere und auch selbstkritische Gründe für meine Fragesteller parat gehabt habe, die Antworten jedenfalls, waren für meine Zuhörer offensichtlich nicht wirklich überzeugend. Bei so extrem vielen Kindern, wie es vor den zwei Weltkriegen und auch in den Fünfzigerjahren noch gang und gäbe war, wird eben im Kreise der Familie häufiger über ein Thema gesprochen, es wird so manche Handlung wiederholt, mal scherzhaft und dann mal wieder ernsthaft. Die Höhepunkte wurden demgemäß immer wieder und wieder aufs Neue erzählt. Eine andere Erklärung wäre eventuell die, dass eben unter Stresshormonen Erlebtes, Erlebnisse die den Körper unmittelbar in Aufruhr versetzen und somit die Hormonausschüttung auslösen, sich tief in unser menschliches Gedächtnis einbrennen. Das Wiedererzählen löst dann lediglich noch einen moderaten Stress aus, der wie ein Filter funktioniert und die stressrelevante Info fließt dann mit dem Cortisol in den präfrontalen Cortex ein und wahrhaft Wichtiges landet im Hippocampus, im Langzeitgedächtnis also. Genaueres kann ich leider auch nicht liefern. Für besonders emotional aufgewühlte Gedächtnisinhalte ist scheinbar die Amygdala verantwortlich, hier am Anfang des Stresses kann die Wirkung gewiss noch in beide Richtungen ausschlagen, entweder in das ewiglich fest Verankerte oder in das bekannte Sieb des Vergessens. Durch das oftmalige Erzählen aber, unter dem moderaten Stress, verfestigt sich das Erlebte. Wie immer diese inneren Forschungen auch funktionieren mögen, so jedenfalls habe ich meine Erfahrungen gemacht, umso intensiver ich mich in die Situationen von damals hineinversetze, desto besser gelingt es mir, das tief im Innern Eingebrennte wieder auszugraben oder hervor zu holen und so sehe ich plötzlich jene Gesichter wieder, die jugendlich rein und fesche Gesichter von anno dazumal, welche ich schon jahrzehntelang nicht mehr sah und die ich eigentlich schon vergessen glaubte.

    Vielleicht ist es ja in etwa so wie bei der Glaubensfrage, und in der Tat auch, verspüre ich immer dann etwas Unbeschreibliches, etwas weiß Gott Geistvolles, wenn ich der Kirche und besonders Gott sehr nahe stehe. Gleichwohl ich wie viele andere Menschen auch nur dann den Weg zur Kirche finde, wenn ein etwas größerer Anlass dafür gegeben ist, sei es nun ein Ereignis im Verwandten- oder Bekanntenkreis, dann aber gehe ich mit frohem Herzen hin und nehme mit Inbrunst teil. Oder ich besichtige eine Kirche, was ich für mein Leben gern mache, es gibt kaum einen Ort, wo ich in einem Hotel oder in einer Pension nächtigte und nicht auch die Stadt- oder Dorfkirche bestaunt habe. Ganz zu schweigen von den Kathedralen dieser Welt. Dome wie die in Köln oder Speyer, bis hin nach Florenz, Rom oder Paris, ja selbst in Mexico ließ ich mir es nicht nehmen, den Herrn auf diese Weise zu beehren. Ich kann es nicht bestreiten, ja es ist ganz einfach so, es geht irgendetwas Großartiges von diesen Kultstädten aus, etwas weiß Gott Faszinierendes, das ich sofort spüre, sobald ich den Heiligen Raum betrete. Das heutige Leben spielt sich freilich zumeist kirchenfrei ab, da werde ich höchstens belächelt oder für töricht gehalten, weil ich scheinbar an einen solchen Krampf glaube. Doch an was ich glaube ist kein Krampf, es ist die friedliche Lehre Jesu an der ich empor sehe. Vielleicht sollten wir alle unseren Glauben wieder ein bisschen mehr in den Vordergrund stellen, wer selbst der Lehre Jesu folgt, der muss sich der Flüchtlingen wegen nicht fürchten.

    Seine Lehre haben viele Menschen falsch verstanden oder sie wollten sie bewusst falsch verstehen, denn Jesus wollte seinetwegen nie und nimmer einen Krieg, er wollte kein Machtgerangel und ein Leben in der Gier und nach dem lieben Geld war ebenfalls nichts in seiner Lehre zu finden, er verurteilte all die Dinge, die der Christ anscheinend in seinem Namen durchführen wollte. Aus dieser christlichen Lehre heraus entstand, natürlich auf Umwegen zunächst, über den recht holprigen Hexenkessel der Siedlung und auf den Spuren des jugendlichen Chaos, mein Sinn nach der Gerechtigkeit, den ich heute noch immer aufrecht halte. Und wenn ich sage, dass ich Kraft aus seiner Lehre schöpfen kann, dann glauben mir das die Wenigsten und doch ist es so, natürlich nicht in üppiger Fülle, dass ich für alle Zeiten eventuell ausgesorgt habe, o nein so einfach ist es auch wieder nicht. Aber zumindest schöpfe ich ein bisschen Energie, um diese Biographie schreiben zu können und dafür möchte ich mich ganz herzlich beim Herr im Himmel bedanken! Aber mein Dank gilt auch den lieben Menschen in meinem Umfeld, den Nahestehenden und den weiter Entfernten, selbst wenn man sich nur selten sieht, so sind sie doch alle imstande dazu, gewollt oder ungewollt, warmherzige Energien fließen zu lassen und ich weiß es als ein erfahrener Mensch, welcher Halm mir den zufriedenstellenden Halt geben kann. Auch wenn der eine oder andere etwas derbe Gewohnheiten an sich haben mag, die meinen Vorstellungen eigentlich zuwiderlaufen, so weiß ich dennoch, hier lohnt es sich festzuhalten, hier ist der Kern ein guter und zudem soll auch jener seine Handlungsfreiheit genießen dürfen. Und so will ich mich bedanken bei meiner lieben Frau Agathe, bei meiner Tochter Magnolia und ebenso bei Malte, bei Agathes Sohn Stephan von Richthofen, bei Almera und den Enkeln Lena Alisa sowie Finn und natürlich beim Computer Experten Sandro! Auch bei Malte will ich mich bedanken, das tat ich freilich schon, nun aber explizit seiner Computer-Fähigkeiten wegen. Gleiches gilt auch für Hector Endres, ein lieber Nachbar von uns, auch er war rasch zur Stelle, um dem defekten Computer, mittels einer notwendig gewordener Festplatte, wieder ein neues Leben einzuhauchen. Danken möchte ich meinem gesamten Umfeld, denen ich öfter mal nicht zur Verfügung stehe, aber auch allen Weggefährten aus längst vergessen geglaubten Tagen, als die Welt noch ein bisschen anders aussah, da Menschen auch ohne Handy und Internet glücklich waren, teilweise jedenfalls.

    Die wichtigsten Personen der Handlung

    aus Sicht des Autors

    Anjuscha Wald - Mutter des Autors

    Adam Wald - Bruder des Autors

    Sladjana Wald. Sie heißt seit dem 3. 3. 67 Wald; ist die Frau von Adam Wald und somit die Schwägerin des Autors

    Alana und Areus. Hierbei geht es um die Wirtin und den Wirt der Kampf-Bier-Stube

    Gila Räuschle - seit dem 4. März 67 die feste Freundin des Autors

    Eugen Räuschle - Gilas Vater und größter Feind des Autors

    Margarita Räuschle - Gilas Mutter

    Hammer-Oma - eine ältere, im Haus des Eugen Räuschle wohnende Frau, die als Oma angesehen war, gleichwohl sie nicht verwandt und nicht verschwägert mit der Familie Räuschle war.

    Petko Huspler - der Dicke genannt, ein guter Freund des Autors

    Hubert Fedder - der Autor erwarb bei ihm sein erstes Auto

    Otfried Neumann - der Fahrlehrer des Autors

    Wenzel Grosse - fuhr das erste Auto des Autors zu Schrott

    Herakles Gilian - mit ihm erlebte der Autor Stuttgart bei Nacht

    Valentin Rorentso - er lernte den Autor als Heizungsbauer ein

    Pordi - nur ein einziges Abenteuer verbindet ihn mit dem Autor

    Tante Mafalda Dienscher - Tante des Autors

    Onkel Pablo Dienscher - Onkel des Autors

    Bo-Lasse Joannis - spielte Fußball, im gleichen Team wie der Autor

    Gianni Stirling - ein weiterer Fußball-Kamerad des Autors

    Albano Grünental - saß oft am legendären Stammtisch im Kampfeck

    George Raginbert - ein weiterer Stammtischler

    Viktor Rogatus - Gastwirt in Geislingen

    Berna Schall - Schwester des Autors

    Adamo Schall - Schwager des Autors

    George Sonntag - Trainer des Autors

    Mia Zelwet - Schwester des Autors

    Alvaro Zelwet - Schwager des Autors

    Inhaltsverzeichnis

    1. Kapitel Glück und Unglück fahren im selben Schlitten

    Hierbei geht es um die Zeit nach der Silvesternacht, die Zeit nach den hasserfüllten Mordgedanken des Bruders und um die unerwartet schnell vonstattengehende Führerschein-Prüfung.

    2. Kapitel: Hoffen ist ein süßes Leiden

    Wie auch das erste Kapitel, so auch geht es hier um den Anfang des Jahres 1966. Es folgte der Umzug vom alten Häuschen in das neue Wohnhaus - von der Gelertstraße 10 zur Gelertstraße 5; ferner schlägt Tante Mafaldas letzte Stunde und leider auch findet das Kennenlernen der Justizvollzugsanstalt statt.

    3. Kapitel: Fußball - mein Leben (11. Juli - Herbst 1966)

    Alfruns Hochzeit; mein Start bei den Aktiven im Verein des Vaters; die Fußball WM in England und das berühmte Wembley-Tor und daraus resultierend: der Beginn einer ganz dicken Freundschaft.

    4. Kapitel: Erfolg muss man langsam löffeln, sonst verschluckt man sich. (Erika Pluhar)

    Ein schöner Titel von Erika Pluhar, für einen denkwürdigen Lebensabschnitt. - Die Schattenseiten des Triumphes und ein recht eigenartiger Fanextremismus.- Kuriose Erlebnisse in der Altstadt Stuttgarts sowie auch in einer Scheune auf der Albhochfläche - ausgehend jeweils von der Kampf-Bier-Stube, für welche auch ein Benefiz-Fußballspiel veranstaltet wurde, zugunsten der Lebenshilfe, die noch in den Kinderschuhen war. Zeitraum: Herbst bis Silvester 1966

    5. Kapitel: Man muss manchmal von einem Menschen fortgehn, um Ihn zu finden. Neujahr bis 4. 3. 67

    Die erste Wirtschaftskrise der Bundesrepublik nach dem Weltkrieg. - Das Tauziehen um die Gunst Gilas und der Gang zum Arbeitsamt - Arbeitslosentreffpunkt: Kampf-Bier-Stube

    6. Kapitel: Wer zu den Sternen aufblickt, wird bald auf der Nase liegen! Zeitraum: 4. 3. - 8. 4. 1967

    Der endgültige Anfang des Liebesabenteuer zwischen Gila und George - Der seltsam anmutende Dachdeckerberuf - Nach einer Schlägerei in der Kampf-Bier-Stube kommt es zu einer Verfolgungsjagd durch die Straßen der Stadt, sodass man glauben mochte man sei in Chicago. - Ein krachender Unfall und eine unvergessliche Flucht vor der Polizei. Die Fahnder tappen erfolglos im Dunkeln. Nach Tagen dann, befreit der frohgelaunte Fahrer die Polizei vor weiteren Qualen und stellt sich selbst.

    1. Kapitel

    Glück und Unglück fahren im selben Schlitten

    Es war also nicht zu klären, ob es eine unmittelbar gegenwärtige Lust oder ein langfristiges Luststreben war, was Adam veranlasst hatte und was er in hedonistisch anklingender Vorfreude schon siegesbewusst vorweg angekündigt hatte, um dann im Glauben der Überlegenheit sein Wollen auszuführen und dabei auf die Schnauze zu fallen. Jedenfalls entfachte seine Niederlage wahre Stürme des negativen Gefühls in ihm, entfachte Stumpfheit, Kälte, Fanatismus und Wut, seine Seele schien zerknirscht und zerbrochen, und als er sich schließlich blind vor Wut aufmachte, um bewaffnet mit dem Schlachtmesser nach mir zu suchen, da zählte er vorübergehend zu den bösartigsten aller Geschöpfe. Es ist weiß Gott nicht vorstellbar, dass er in jener Nacht als Teil eines Ganzen, als Teil der Familie, als Teil des Standes nicht und nicht des Volkes sich sah, alles Übereinstimmende und alle Sachlichkeit, die normalerweise als Teil der Familie anzusehen sind, all das Vernünftige war ihm abhanden gekommen. Seine haltlose Selbstvergottung hat ihn in das Gegenteil der Lebendigkeit getrieben, hinein in die fatale Notwendigkeit einer nahenden Katastrophe, seine selbst geformte Zielpyramide lag in der Unendlichkeit des Hasses. Sein Wir-Gefühl war förmlich ausgetrocknet.

    Erstmals hatte Adam, wie im letzten Buch - Der Tod lauert an jeder Ecke - berichtet, das Nachsehen, erstmals spürte er den Schmerz des Schlages gegen das Kinn und mehr noch den bitter galligen Schmerz der Niederlage, den unheilvollen Schmerz, verloren zu haben gegen den immer für schwächer gehaltenen kleinen und jüngeren Bruder.

    Am Silvesterabend war ich mit den Langweilern, den Freunden aus der A-Jugend, in der Knappenstube gesessen, doch ungefähr eine Viertelstunde vor Mitternacht hatte ich mich aufgemacht um zur Mutter heimzukehren, denn nur sie allein sollte die Erste sein, die meine ehrlich gemeinten Neujahrsglückwünsche empfangen sollte. Danach wollte ich nochmal zurück zur Knappenstube, was ich dort auch so angekündigt hatte. Aus weiter Ferne schon sah ich meine Fußballkameraden, die aus der Knappenstube herauskamen und einen Müßiggang durch die Siedlung machen wollten und somit auf mich zusteuerte. Und mitten unter ihnen, was mich doch sehr wunderte, war mein Bruder Adam. An jener Stelle wo die Murrstraße in die Augustusstraße mündet trafen wir uns, aber das von mir beabsichtigte Neujahrswünschen blieb aus, weil Adam mich völlig grundlos und ebenso überraschend angriff. Dies hatte er schon mehr als vier Jahre nicht mehr getan, seit damals, als Vater im Krankenhaus verstarb und er es Mutter versprochen hatte, seine Finger von mir zu lassen. Zuvor war dies sozusagen an der Tagesordnung, von Kindes-beinen an, ja es machte ihm offensichtlich Spaß, den Kleineren immerfort zu quälen. Seit meiner Kindheit arbeitete ich daran und wusste oder glaubte es, der Tag X wird kommen, an dem er den Kürzeren zieht.

    Nach meinem geschickten Ausweichen folgte der Kracher auf das Kinn des Bruders, den es hart getroffen förmlich vom Boden wegriss, über den Gartenzaun der Familie Mogeleimer hinweg, wo er unsanft landete.

    Er konnte es selbst nicht glauben, es war für ihn eine Schmach, eine unglaubliche Erniedrigung, ausgerechnet vor meinen Freunden, vor den vielen Zeugen geschlagen zu werden. Infolgedessen stand er nach seinem klassischen Knockout und einer kurzen Erholungsphase auf und strebte dorthin wo ich gerade herkam, ja sein Weg ging nach Hause zur Mutter und da ich ihn zur Genüge kannte, folgte ich ihm unauffällig und unbemerkt. Er ging vorne ins Haus und wenige Sekunden später stand ich hinter dem Haus am Küchenfenster, um das Geschehen zu belauschen und zu beobachten. Mit allem hatte ich gerechnet und doch verschlug es mir die Sprache. Wieder einmal war ich verblüfft von der radikalen Art des Bruders, der sich im Ernst vorgenommen hatte, noch in dieser Nacht mich zu töten. Ich konnte es deutlich hören und sehen, wie er aus der Schublade des alten Küchenschrankes das große Schlachtmesser heraus holte und es mit dem Wetzstein schärfte und genauso klar sah ich die flehende Mutter, die ihn zur Vernunft bringen wollte. Ich bringe ihn um, heute Nacht noch, so hat er seine Worte der Mutter an den Kopf geworfen. Der Tod lauert an jeder Ecke, so hatte er noch posaunt, bevor er dann in die Nacht hinaus schritt. Er konnte mich natürlich nicht finden, weil ich stets hinter ihm war und ihn unauffällig verfolgt habe. Selbst wenn er dies bemerkt hätte, er wäre chancenlos gewesen, denn ich war, durch Gottes Gnaden, ihm läuferisch klar überlegen, war in der Lage, aus dem Stand heraus einen Marathon hinzulegen. Es musste dies nicht sein, denn meine Rechnung ging auf und so ging er nach Stunden des vergeblichen Suchens nach Hause.

    Am nächsten Tag, beim Frühschoppen in der Knappenstube, ließ er mir gegenüber verlauten, dass wir uns mal aussprechen müssten und auch der Wirt, der in der Nacht deshalb eingeweiht wurde, weil er von Adam selbst Bescheid wusste, von seiner mörderischen Tötungsabsicht, auch er sagte, ja das glaube ich auch, dass ihr euch aussprechen müsst. Auch dort in dem alten Gasthaus suchte er mich, wo ich aus sicherer Entfernung darauf wartete, bis er wieder herauskam. Das Aussprechen tags darauf sah dann wie folgt aus, er sagte zu mir:,, Das von heute Nacht war Scheiße!"

    Was mir blieb war die Frage, warum hatte er sich so verhalten? War es vielleicht so was ähnliches wie Rachsucht? Vier Wochen zuvor nämlich, hatte ich nach einem Gasthausbesuch einen anderen Menschen halbtot geschlagen. Er hatte im Laufe des Abends bei einem Kartenspiel teilgenommen. Insgesamt waren es sechs Teilnehmer. Dieser Jamschied aber betrog mich um etwa 200 DM. Das hätte ich ja noch verkraftet, aber es kam noch weit schlimmer, er verhöhnte mich noch vor allen Gästen, streckte mir in Albert Einsteinmanier seine eklige Zunge raus und drohte mir Schläge an. Sobald wir uns draußen befinden, so sagte er, werde ich dir die Fresse verschlagen. Doch es kam anders rum, er hatte nicht den Hauch einer Chance und lag danach einige Wochen im Koma. Und weil mir dies keiner zutraute und es zudem keine Zeugen gab, wurde der Sachverhalt immer wieder hinterfragt und teilweise wurde auch mein Bruder Adam beschuldigt, denn es könne ja nicht sein, so hieß es immer wieder, dass ich allein dazu fähig sei, einen Menschen dermaßen zuzurichten. Schade, schade dass Adam keine wirkliche Aussprache wollte, wahrscheinlich hätte es uns allen geholfen. So blieb mir weiterhin die Ungewissheit und ihm der bittere Schmerz.

    Die Ausdrücke >>Schmerz und Langeweile<<, so schrieb Arthur Schopenhauer, sozusagen die beiden Pole des Menschenlebens, stehen für komplexe Zusammenhänge. Für das Wort Schmerz sagt der Philosoph Schopenhauer auch Not, Lebensnot oder Leiden. Er meint sämtliche Qualen des Lebens im Kampf um die Existenz, geistige wie körperliche. Zwei große Bereiche lassen sich gruppieren, die Sorge um die Erhaltung des Daseins, erkenntlich durch den Hunger zum einen und zum anderen die Fortpflanzung des Geschlechts, erkenntlich am Geschlechtstrieb. Alles in allem, so Schopenhauer, ist der Mensch ein Konkrement von tausend Bedürfnissen.

    Ich war überzeugt, dass von tausend Bedürfnissen nicht die Rede sein konnte, so anspruchsvoll war ich nicht und auch nicht so klageselig, jedoch gab es sehr bald schon im neuen Jahr turmhohe Problemzonen und ich war bemüht alle sich bietenden Optionen auszuschöpfen, um das sich anbahnende Chaos zu ordnen und eine positive Struktur in mein Leben zu bekommen, in jenen Tagen des Januars sechsundsechzig. Es vergingen nicht viele Tage, da ich in Ruhe mich nur der Arbeit widmen konnte, nein es kam wie es kommen musste und zwar mit der täglichen Post, während ich mit einem gewissen Roland Hirmer oder Hörner auf der eiskalten Baustelle tätig war, die Klageschrift des von jenem Jamschied Stanko beauftragten Rechtsanwalts und mein erstauntes Gesicht wurde länger und länger. Es geschah dies auf jeden Fall noch vor meinem Geburtstag, so als sei es ein weiser Entschluss oder eine pädagogische Maßnahme, mit unlustvollen Mitteln und den Possen eines strebsamen Anwalts, mir die Geburtstagsfreude gründlich zu verderben. Es verschlug mir auf besonders krasse Art die Sprache, mit Vielem hatte ich gerechnet, aber all meine Vorstellungen waren nur eine marginale Karikatur der bitteren Wirklichkeit. Auf erstaunliche Weise wurde somit meine Leidensfähigkeit auf die Probe gestellt und was ich in meinem jugendlichen Leichtsinn nicht wissen konnte war, dass dieses Schreiben, das mir so schrecklich unter die Haut ging, lediglich der Anfang von einer schnell aufeinanderfolgenden Verfahrensordnung war, ein Procedere das alle meine Kräfte mobilisierte, diesmal aber die Geistigen, die jedoch zunächst mal perplex waren. Und sie waren vonnöten, denn die gegnerische Partei verlangte mir alles ab, doch diese Zuspitzung konnte ich noch nicht richtig einordnen, als ich den Achtzehnten feierte, als ich endlich die volle Deliktfähigkeit erreicht hatte.

    Vom Langeweile-Pol konnte ich keine Spur erkennen, nur der Pol des Schmerzes deutete sich massiv an, der der Lebensnot und der des Leidens war mir zugänglich und dies so sicher wie ich mir sicher war, dass ich auf der Nordhalbkugel zu Hause bin und war und dem Nordpol näher stand als dem Südpol.

    Aber es war keineswegs so, dass ich unnötig lange mit dem unvermeidlichen Schicksal haderte, o nein es war alles okay so wie es kam, auch wenn ich es nicht dermaßen ahnen konnte, so hieß mein Credo nichtsdestotrotz, das Beste musst du daraus machen, auch wenn das Beste vorab etwas Herabziehendes, etwas Diffamierendes war. Trotz alledem, es lebe hoch die Vitalität, die Lebenskraft der Jugend und das Phänomen der Lebensfülle, denn es wäre ja töricht anzunehmen, dass ich wegen dieser vermaledeiten Jamschiedsstory nur noch wie ein Huhn auf der Stange sitzen würde, o nein ich gedachte auf keinen Fall, meinen intakten und permanent optimistischen Aktionsradius irgendwie selbst einzuschränken. Noch bin ich jung und kann frohgemut leben, Action ist wohltuend, Action ist was wahrlich Berauschendes. Action ist für mich weit interessanter als das staatliche Lotteriespiel, bei dem ich seltsamerweise so gut wie niemals teilnahm. Beim Fußball-Toto, wo es gilt von möglichst vielen Bundesligapaarungen den Ausgang vorherzusagen, das machte schon eher Spaß und dort spielte ich auch hin und wieder, doch dort gewinnen bekanntermaßen zumeist jene, die vom Fußball nicht das Geringste verstehen, die keine Ahnung haben wie Fußball funktioniert. Zudem wäre es vermessen gewesen, all meine Hoffnungen allein in das Lotto- oder Totospiel hineinzulegen. Es genügte mir vollkommen, dass ich für die Mutter, die natürlich fast schon eine treue Lottospielerin war, ein oder auch mal zwei oder drei Kästchen ausfüllen durfte, aber ein segensreicher Glücksmoment wurde uns nicht beschert und somit war die Lösung meiner Probleme auch hier nicht zu finden.

    Nach dem Dreikönigstag, der auf einen Freitag fiel, war die ohnehin Arbeitgeber freundliche Feiertagsperiode erst mal vorbei und das gewohnte Arbeitsleben nahm wieder Fahrt auf und auch bei mir lief alles in festen Regeln ab, zumindest unter der Woche. Von Montag bis Freitag war ich auf der Baustelle, brachte meine Hilfe dort stark engagiert ein, wo Heizungen eingebaut wurden, im Januar freilich war dies kein glücklich machendes Werk, es sollten diesbezüglich noch bessere Tage folgen. Auch der Abend verlief meist so, dass ich nicht hätte behaupten können, dem Langeweile-Pol nahezustehen. Entweder war ich im Fußballtraining, zumeist in der Tegelberghalle, oder ich war in der Fahrschule des Ehepaares Neumann, um dort systematisch die verkehrswissenschaftlich begründeten Aussagen zur Erklärung bestimmter Tatsachen oder Erscheinungen und der ihnen zugrunde liegenden Gesetzmäßigkeiten einerseits logisch zu erfassen und andererseits auch zu pauken. Verkehrsspezifisch gibt es Prinzipien, wie beispielsweise die Regel rechts vor links an Kreuzungen ohne aufgestellte Verkehrsschilder, die gewissermaßen aufgrund der Logik zu beantworten sind, andererseits aber gibt es Gesetzmäßigkeiten, die nicht anhand eines logischen Schlusses zu lösen sind, wie eben das zulässige Gesamtgewicht des einen oder anderen Autos oder Lastkraftwagens, oder die Entfernung beispielsweise, die der Warnbaken aussagt, wie weit der Bahnübergang entfernt ist, der dem Schild zufolge jetzt bald erscheinen muss. Es gibt auch recht selten aufgestellte Verkehrsschilder, die auf etwas Bestimmtes hinweisen, wie zum Beispiel das >>Steinschlagschild<<, welches der Autofahrer in der Norddeutschen Tiefebene lange Zeit erfolglos suchen wird. Möglichst alle Verkehrszeichen müssen rasch erkannt sein, um sicher zu gehen, dass der Führerschein erworben werden kann, so auch Schilder wie dies einer >>Beweglichen Brücke<<, >>das Wildwechselschild<< oder beispielsweise das >>Überholverbot für LKW über 2,8 t und mit Anhängern<<, ebenso muss auf die Fahrbahnmarkierung geachtet werden, beispielsweise wird eventuell mal auf eine einseitige Fahrstreifenbegrenzung hingewiesen, wo nur von einer Seite das Überholen erlaubt ist. Ganz abgesehen von unendlich vielen und vielfältigen Hinweisschildern, die größtenteils Weißfarben sind und auch blaue Schilder müssen gelegentlich beachtet werden, wie etwa das Bild des >>Wasserschutzgebiets<<, der >>Pannenhilfe<< oder der Hinweis, dass an dieser Stelle das Parken auf dem Gehweg erlaubt ist, all diese Dinge müssen freilich gebüffelt werden, insofern sie nicht a priori dem eigenen Kopf geläufig sind.

    Den Weg zur Fahrschule legte ich nicht alleine zurück, ich hatte in Thilo Harn einen ständigen Begleiter, mit dem ich zuvor schon jahrelang die Schulbank drückte, auch wenn er dort nicht mein direkter Nebensitzer war. Jetzt aber war er es natürlich und er war auch einer jener, was ich mehrfach schon erwähnt habe, der schon in der Schülermannschaft und auch im Verein stets die gleiche Sportbekleidung trug wie ich und beide versuchten wir mit vereinten Kräften, den SV Glück Auf Altenstadt vorwärts zu bringen. Er war ein Freund der absolut verlässlichen Stufe, jedoch in der Freizeit war er kaum zu sehen und am Wochenende in den Kneipen überhaupt nie. Entweder sah es der Vater nicht gern oder war es eine selbst auferlegte Disziplinarmaßnahme, ich weiß es nicht und ich fragte auch nie danach, da man die Menschen ohnehin so nehmen und respektieren muss wie sie sind. Ich weiß nicht was sein heimliches Steckenpferd war, welches Pläsir ihm Vergnügen bereitete oder durch was er zu seiner Heiterkeit kam. Zumindest gehörte er nicht dem bemerkenswerten Kreis der Feiglinge vom Weißinger See an, womit ein gegenseitiges, ein ehrliches ``Sich-in-die-Augen-Schauen´´ gewährleistet war. Hier muss ich einschieben was am Weißinger See geschah, denn wer nur dieses Buch liest und die vorigen nicht lesen konnte, der weiß selbstverständlich auch nicht was gemeint ist. Es war im Sommer 65, kaum war ich vom Krankenhaus zu Hause und kaum hatte ich die Schmerzen des Autounfalls verdaut, bei welchem ich meinen Bruder Cosimo verlor und selbst mit einem Schädelbruch überlebte, da kam es am Weißingersee zu einer Schlägerei. Acht von meinen Freunden aus der A-Jugend sahen stillschweigend und ohne den Versuch des Eingreifens zu wagen zu, wie ich von zwei Preisboxern aus dem Raum Heidenheim maßlos verprügelt wurde. Mein ganzer Kopf war geschwollen und von überall her kamen die Blutstropfen heraus, von Wunden war der gesamte Kopf übersät und es kam mir vor wie ein kleines Wunder, dass ich dies, erst frisch vom Krankenhaus entlassen, überlebt habe. Konkret aus diesem Grund heraus betitle ich spezifisch diese Jungs immer als Langweiler, was eigentlich noch ein glimpflicher Ausdruck für jene Jammerlappen darstellt.

    Wie gesagt war Thilo kein Unbekannter, denn er wurde in dieser Biographie früher schon mal berücksichtigt, als ich öfter mal als Gast in seiner Wohnstube saß, da hier ein TV-Gerät schon recht zeitig ein Bestandteil der guten Stube war, lange bevor Mutter sich entschloss, ebenfalls einen Fernseher zu kaufen. Was keiner langen Erklärung bedarf ist jedoch die Tatsache, dass es nicht an Mutter lag, sie konnte sich ihren persönlichen Wunsch deshalb nicht erfüllen, weil es bekanntermaßen an Vater lag, weil er, solange er lebte, seine ausladenden Vorurteile gegen den Flimmerkasten stets aufrecht hielt.

    Ja früher, schon im Zeitalter vor unserer Pubertät waren wir häufig beieinander, auch im Freibad zuweilen, dann in der Schülermannschaft und im selben Klassenzimmer sowieso, nur im Religionsunterricht sah ich ihn nicht, er war evangelisch. In der Klassenmannschaft spielte Thilo als rechter Flügelflitzer so wie auch später im Sportverein. Das Fußballsystem war noch ein ganz anderes, überall wurde nach dem uralten WM-System gespielt, was heißen soll, hinten steht der Torwart, davor der rechte und der linke Verteidiger, in der Mitte die drei Läufer und vorne fünf Stürmer. Wobei der Mittelläufer immer als der Stopper galt, also der wichtigste Mann der Abwehr war, ähnlich wie es später dann den Libero gab. Die Außenläufer könnte man sich heute als die defensive Mittelfeldspieler vorstellen und die Halbstürmer, die Mannen mit der Nummer 8 und 10 sah man stets als die Spielmacher, man nannte sie auch die Halbstürmer. Es bleibt somit nur der Mittelstürmer, der Sturmtank mit der Nummer 9 sowie auch die zwei Außenstürmer, den Rechtsaußen und den Linksaußen.

    Des Weiteren trafen wir uns, also Thilo und ich, auch etliche Male an der Tischtennisplatte oder auf der Lukas-Spielwiese beim Fußball im Sommer und mit dem Schlitten im Winter. Sonst aber wusste ich von ihm nicht viel zu berichten, weil er in der Tat niemals unangenehm auffiel und trotz der Gewissheit, dass wir alle unsere Fehler im Leben machen, so wusste ich dennoch, dass er stets als integer galt und grundanständige Verhaltensweisen an sich hatte und dennoch war er auch permanent heiter und ausgeglichen und das freundliche Lächeln fiel ihm leicht. Es schien also auch zu Hause gesittet zuzugehen und so empfand ich dies auch bei meinen Besuchen, als wir im Vorabendprogramm zusammen Fernsehen durften. Eigentlich passte er mit seiner zurückhaltenden Art am allerwenigsten in das couragierte Siedlungsschema, sein Charakter war zu unbescholten, sein Verhalten moralisch gesittet, zu sauber und rein sein Gewissen, insofern ich überhaupt dazu in der Lage bin, um es auch richtig einschätzen zu können. Jedenfalls empfand ich sein Tun immer auf Harmonieabstimmung beruhend, gleichwohl auch er mal bockig werden konnte, wenn er beispielsweise beim Fußballspielen auf seinem rechten Flügel freistehend den Ball nicht zugespielt bekam. Obwohl er in der Murrstraße wohnte, in derselben Straße wie auch die Familie Huspler und die Familie Gilian, hielt er sich nie unten am Straßeneck auf, nie dort wo die Murrstraße in die Augustusstraße einmündete, wo sich allabendlich die Jugendlichen aus der Siedlung trafen und Blödsinn veranstalteten, wo das Leben am meisten pulsierte und wahnwitzige Ideen geboren wurden und wo Adam in der Silvesternacht über den Zaun segelte. Die Jungs waren ihm nicht geheuer, oder waren sie den Eltern Thilos nicht geheuer, ich vermag es nicht beurteilen zu können und will mir dies auch gar nicht anmaßen.

    Ich glaube es ebenfalls schon erwähnt zu haben, dass Thilo den Flaschner-Beruf erlernte und er hatte in Hauke Keith einen Gesellen, der seinerseits zu den besseren, den tugendhaften Charakteren der Siedlung gehörte. Er übrigens, also Hauke Keith war damals dabei, bei unserer ersten Urlaubsreise mit Cosimo, Adam, Hajo Huspler und dem Dicken, als wir beim Campen in freier Natur vom Förster aufgestöbert und verjagt wurden. Verheiratet war Hauke Keith dann später mit Raffaela Huspler, auch dies fand in meiner Biographie schon seine Erwähnung.

    Doch zurück zu Thilo, der noch einen jüngeren Bruder namens George hatte und noch eine kleine Schwester, diese Information habe ich soeben von meinem episodischen sowie auch von meinem semantischen Gedächtnis erhalten, ja ich hatte sie eigentlich schon vergessen gehabt. Thilo war schon etwas länger achtzehn, er zählte zum älteren Jahrgang in unserer Klasse, zum Jahrgang siebenundvierzig und machte deshalb Tempo, war bestrebt, den Führerschein möglichst bald in seinen Händen zu halten. Er hatte seine Lehre der Vorschrift gemäß absolviert, hatte sozusagen ausgelernt, verdiente bereits ein beachtliches Gehalt und vor allem hatte er gerade finanziell nicht solche Sorgen wie ich. Mit seiner friedlichen Lebensgewohnheit war er noch nie in eine Lage geraten, in welcher es unabdingbar ist, sich hinterher am eigenen Schopfe aus dem Sumpf zu ziehen. Ihm ging es bezüglich dessen ungleich besser wie mir, denn an meinem Horizont wurden die Wolken zunehmend dunkler.

    Eigentlich, wenn ich mich eingehend scharfsinnig zurückbesinne, wollte auch ich mit Volldampf an die Fahrerlaubnis rangehen, gedachte die Prüfung eventuell schon vor dem Achtzehnten zu absolvieren, um danach am Geburtstag, mit offenen Händen und freudestrahlender Miene die Früchte einzuholen, aber dieser Plan hatte ausgedient, dem war nicht mehr so, es hatte sich einiges zu meinem Nachteil entwickelt. Die mir derb und unbekömmlich im Magen liegende Jamschieds-Geschichte kam finanziell wie eine Dampfwalze auf mich zu und verunsicherte mich sehr. Deshalb wartete ich einige Zeit ab, bevor ich erstmals, auf das Drängen des Fahrlehrers hin freilich, im Volkswagen Typ 3 mit Stufenheck 1500/1600, also nicht in einem Käfer, sondern in einer Art Limousine, in der ich beschlossen hatte, meine Fahrstunden zu machen, ebenso wie Thilo Harn, auch er hatte sich für diesen Fahrzeugtyp entschieden, um eine Fahrstunde zu nehmen, in das soeben geschilderte Auto einstieg. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir beide schon circa sechs bis acht Wochen die Theoriestunden besucht. Auch hier war es auffälliger Weise so, dass unter den circa dreißig bis vierzig Fahrschülern die beiden Rupert-Schützlinge als die hervorragenden Vorzeigeschüler sich herauskristallisierten. Ein Duckmäusertum lag uns genauso fremd wie die Unfähigkeit zum Sich-Durchsetzen, und Dinge die unser Leben traurig beeinflussen könnten, wie eine Übergefügigkeit oder eine Lebensuntüchtigkeit, die man in der Tat bei so manchen Schülern beobachten konnte in dieser Art Schule, über solche Unangemessenheiten konnten wir nur lächeln. Ganz bestimmt lernten wir einst vom strengen Lehrer Rupert die gute Notwendigkeit, mit welcher er unsere Grenzen des Verhaltens einsichtig zu machen pflegte, mit unerbittlicher Unnachgiebigkeit wenn’s sein musste, jedoch sein Verfahren, die alte gute Rupert-Schule, war erfolgreich, was man in dieser Fahrschule wieder mal, zum wiederholten Male in meinem Leben, ablesen konnte. Er impfte uns den Status ein, der uns eine Einsichtsfähigkeit in die Notwendigkeit von Ordnung gab, eine Ordnung die uns auch lernfähig machte, weil zur Ordnung ist auch Disziplin und Konzentration hinzuzuzählen. Andere, die sich selbst ein Recht auf Freiheit und Mitbestimmung vorgaukelten, die nur im Glauben an echten Fortschritt erzogen waren, sie saßen sonderbar auf ihren Plätzen und schauten dumm in oder aus der Wäsche, weil sie vor lauter Freiheit jede Orientierung verloren hatten. Schon Aristoteles sagte: Nichts ist im Verstande, was nicht vorher in den Sinnen gewesen wäre. Inhalt des wahren Wissens ist auch seiner Ansicht nach das Allgemeine, das das Wesen der Wirklichkeit ausmacht und das sich als solches nicht wahrnehmen, sondern nur vernünftig erfassen lässt. Und das Erfassen ist nur möglich, wenn man gelernt hat mit effektiver Konzentration logisch zu denken. Keine andere Person, ob männlich oder weiblich, hatte die öffentlichen Maßnahmen und Einrichtungen, die auf der Grundlage der gültigen Verkehrsvorschriften für die Sicherheit und die Beschleunigung des Verkehrs sorgen sollen, so schnell verinnerlicht wie Thilo Harn und George Wald.

    Um aber chronologisch gesehen geordnet zu berichten, muss und will ich an dieser Stelle noch zutage fördern, dass, bevor ich überhaupt je im Automobil der Fahrschule Neumann gesessen bin, ich meinen einst so lange herbeigesehnten Achtzehnten im kleinen Kreis zu feiern gedachte, doch selbst dieses weihevolle Vorhaben warf ich, den Geschehnissen des Tages zufolge, um, wieder einmal kam es anders als gedacht. Vor den Jamschieds-Geschehnissen, also vor zwei Monaten noch, hatte ich für diesen Tag weiß Gott Gravitätisches vorgesehen, denn es ist wohl für jeden Menschen in unserem Kulturkreis etwas ganz Besonderes, seinen achtzehnten Geburtstag willkommen zu heißen. Dieser Festtag ist schon immer was Bewegendes gewesen, ich wüsste keinen der sich nicht darüber gefreut hätte. Es war ein Samstag, an dem ich in habitueller Weise zur Arbeit ging, so wie an allen anderen Werktagen auch. Gewiss wollte ich nicht wie der Pessimist für seinen Pessimismus kämpfen und auch nicht wie ein König für seinen Thron, aber ich glaubte mir dessen bewusst zu sein, was finanziell noch auf mich herein stürzen würde und nur deshalb war die Runde Bier, die ich auf der Baustelle ausgab, eine gut gemeinte Konzilianz, eine Gefälligkeit schweren Herzens. Zum Glück waren wir nur zu dritt auf der Baustelle, sodass die Unkosten überschaubar waren. Ich selbst hatte mir nämlich heimlich still und leise das Dressat auferlegt, komme da was wolle, ich muss damit fertig werden, werde meine Schuld begleichen, so schnell wie möglich, um nicht in zehn Jahren noch immer daran erinnert zu werden, nur weil ich eventuell zu zögerlich meiner Schuld nachkam. Gleichwohl ich nichts zu bereuen hatte, denn wenn dieser scheele Jamschied den gleichen Betrug noch einmal vornehmen würde, ich würde ihn glatt weg noch ein zweites Mal umhauen. Dann aber sofort, gleich bei der Tataufdeckung, beim Erwischt-Werden, gleich nach seinem schlitzohrigen Manöver, sozusagen auf frischer Tat würde ich vernichtend zuschlagen. Er würde unter den Tisch sinken, auf welchem er seine beschissene Tat begangen hat. Meistenteils war ich mit der Deutschen Gesetzgebung einverstanden, war froh und gar stolz, an der jungen Demokratie teilnehmen zu dürfen, hier aber, an dieser Stelle und in diesem Alter, fand ich mit dem Gesetzbuch keinen Konsens.

    Dieses eine Bier hatte ich bewusst langsam getrunken, Bier am Vormittag, so meine Erfahrung, muss mit Vorsicht genossen werden, für mich jedenfalls war es eher eine Qual als eine Lust, schon vormittags Bier zu trinken. Das Geburtstagsbier ist nur eine Ausnahme und Ausnahmen bestätigen die Regel. Zu Hause angekommen, so gegen dreizehn Uhr, mit der Freude des Feierabends im Herzen und des bevorstehenden Wochenendes vor der Brust, fand ich erneut einen ominösen Brief vor und all meine zuvor so herrlich aussehende Geburtstags- und Weltordnung, war auf einen winzigen Punkt zusammengeschrumpft. Vor zwölf Monaten holte ich noch elysäisch berückende und entzückende Liebesbriefe von Brigitte Kampusch aus dem Briefkasten, die meine Triebfedern der Liebe erhitzten und nun? Wieder handelte es sich, wie könnte es auch anders sein, um die leidige Jamschiedssstory. War ich bis dato im Glauben, dass die gestellten Ansprüche von einem viel zu hohen Schmerzensgeld und sein Verdienstausfall bei der Württembergischen Metallwarenfabrik die gesamte Geschichte abrunden würden, so sah ich nun, rechtzeitig zu meinem Achtzehnten, dass ich mich bitter getäuscht hatte. Das Geislinger Kreiskrankenhaus schickte mir, natürlich ebenso über einen Anwalt, eine Rechnung des Krankenhaus-Aufenthalts mehrerer Wochen, wobei der, nach meinem Empfinden viel zu hohe Tagessatz, multipliziert mit den Tagen zum Ergebnis führte. Des Weiteren standen da noch was weiß ich wie viele Medikamente drauf, die ebenso berechnet wurden wie die Arztkosten und hier auch essentiell jene, die im Operationssaal plus Nachtzuschlag entstanden sind. Ich glaubte von aller Welt und vom lieben Gott im Stich gelassen worden zu sein, fühlte mich verraten frustriert und freudlos geknickt, ja ich glaubte von der ganzen Welt gehasst und vom Pech verfolgt zu sein. Meine Geburtstagsstimmung hatte etwas Verächtliches, gewiss aber nichts Edles und Glorioses, bestenfalls was Hypomanisches. Meine Zukunft lag gewiss nicht rosarot vor mir, o nein im Gegenteil, ich sah pathologische Zweifel als angebracht. Mama mia oder Heilige Jungfrau Maria, wie viele Jahre werde ich für diesen Unfug zahlen müssen, dass dies nun kein Klacks mehr war, dessen war ich mir sicher.

    Gegen meine eigenen Gewohnheiten begab ich mich schon am Nachmittag zum Gasthaus der Knappenstube, innerlich noch immer stark gefrustet von diesem unverschämten Brief, wie ich fand, nach außen hin aber war ich bewusst freundlich, fast wie immer, denn die anderen Menschen, gleich wen ich treffen würde, sie können da nichts für. Unter den Gästen traf ich auch Kubat an. Auch er hatte es in diesen Tagen nicht leicht, doch die Ursachen die ihm Schmerzen bereiteten waren wesentlich anderer Art, sie gehören nicht in diese Biographie. Der miserable Umstand aber, dass es uns beiden im Moment nicht sonderlich gut ging und das jeweilige Portemonnaie nicht viel zu tragen hatte, dass wir beide somit die Gürtel enger schnallen mussten, diese Tragik schweißte uns zusammen, nie waren wir engere Freunde als an diesem Nachmittag. Unsere nur dürftig gefüllten Geldbeutel, die tendenziösen Armutszeichen standen wie Pflöcke einer sachlichen Entwicklung im Wege, und dementsprechend beschlossen wir pathetisch zusammenzustehen, uns gegenseitig zu helfen und zwar am Kartentisch. Um wenigstens an ein bisschen Geld für das Faschingstreiben zu kommen, eine andere Option sahen wir weit und breit nicht, beschlossen wir, Cosimos Spielart zu kopieren. Ja er soll nochmal aufleben heute Nachmittag, der geliebte aber bereits verstorbene Cosimo, damit wir nicht auf der Strecke bleiben und am Abend zum Hausball ins >>Gasthaus Olga<< können. Die Gäste in der Knappenstube waren aufs Kartenspiel ähnlich versessen wie jene des Saalbaus und daher ließen sich mühelos Mitspieler finden, ja für viele der Burschen war das Spiel um den Zaster wie eine unheilbare Sucht und so kam es nach kurzer Zeit schon zur gewünschten Konstellation, wobei Kubat und ich, wie gesagt, ein heimliches Team bildeten und auf diesem Wege ergaunerten wir uns, durch meine Fingerfertigkeit beim Karten mischen und austeilen, ein hübsches Sümmchen, das uns einstweilen wieder weiter half. Es war dies zwar auch nicht korrekt, doch unter den Kartenspielern ist es ein enormer Unterschied, geschickte Finger zu haben oder plump einen Geldbetrag einzustreichen, der eigentlich einem anderen zusteht. Das grenzt ja schon an Diebstahl, wenn ich mir den Pott aneigne, der einem anderen Spieler gehört!

    Es half mir, wie schon angedeutet, auch am Abend noch weiter und so fand ich mich in der Olgagaststätte ein, diverse Altenstädter betitelten diese Wirtschaft auch als >>Olga-Bad<<, mir aber fehlt hierzu jegliche Begründung. Erstmals waren an diesem Abend auch meine Freunde aus der A-Jugend des SVA an einem öffentlichen Faschingsball mitwirkend, wenn sie sich auch nicht in den Saalbau getrauten, hier in der Olgagaststätte waren sie endlich mal dabei. Zwischendurch möchte ich ganz beiläufig erwähnen, eigentlich sollte diese Erwähnung längst schon kommen, dass nicht alle meiner ehemaligen Schulkameraden Schiss vor dem Saalbau hatten, o nein es gab da zwei tapfere Freunde, die ebenfalls sich nicht fürchtend ins Saalbaugetümmel hineinwarfen, sehr oft sogar, nämlich Albert Olpen und Brian Wahnfried, die aber spielten nicht mit mir zusammen Fußball. Brian spielte wohl in der Schülermannschaft mit mir zusammen, jedoch spielte er als einziger unter den Klassenkameraden beim Sport Club Geislingen, während alle anderen Rupert-Schützlinge beim Glück Auf ihre sportliche Heimat gefunden hatten.

    Innerlich, so dachte ich mir, müssen die Jungs doch dürsten nach dem Treiben der Nacht, doch ich sah mich getäuscht, sie waren alles andere als Partyhelden. Da war unser Spezi aus Pocking aus anderem Holz geschnitzt. Aber wie auch immer, sie waren jetzt, da sie größtenteils achtzehn oder gar noch älter waren, dorthin zum Fasching gelangt, um endlich der Vergnügungssucht nachzugehen oder sich darin zu üben, die sie sich möglicherweise seit langer Zeit schon ersehnt hatten, endlich, endlich sind sie, wo ich schon seit vielen Jahren zu Hause bin, im Treiben der Geislinger Gastronomie nämlich. Mein mir erspieltes Sümmchen vom Nachmittag reichte völlig aus, um hier mal wieder richtig auf den Putz zu hauen und um den ungeliebten Geliebten um mich herum, ganz nebenbei, ein Getränk auszugeben, so wie damals am Weißinger See, wahrlich eine Investition für die berühmte Katz, und es genügte um selbst kräftig trinken zu können, zu singen und zu schunkeln.

    Der Abend war schon weit fortgeschritten und es war gewiss nicht das erste Mal, dass ich mich auf der Toilette befand, dieses Mal aber war ein penetranter Stänkerer ebenfalls in der Herrentoilette, welcher mir mächtig auf die Nerven ging. Bis heute weiß ich noch nicht was er wirklich an mir auszusetzen hatte, doch er ließ keine Ruhe aufkommen, seine Art sich zu benehmen war pöbelhaft und schnöselig, halt so wie es immer war, wenn einer sich als was Besseres fühlt und die Siedlungsburschen glaubt beleidigen zu müssen. Irgendwann ging mir infolgedessen die Hutschnur hoch und kurzerhand, ohne auch nur ein einziges Wort zu äußern, stach meine rechte Gerade vor und der noble Herr hielt verkrampft an seinem Auge fest, welches schnell farbig und farbiger wurde und das er sich soeben erbettelt hatte. Was ich danach nicht verstehen konnte war das Faktum, dass Aiko Glovac nun fürchterlich zu flennen begann, so als hätte ich ihn getroffen. Da ohnehin die Musikkapelle bald zu spielen aufhörte und die Sperrstunde weit schon übertreten war, beschloss ich ad hoc nach Hause zu gehen, der Brief der am Morgen im Briefkasten gelegen hatte war Anlass genug, um hier, nach dem Zwischenfall in der Herrentoilette, schleunigst adieu zu sagen. Aber, so als wären es meine lieben Kinder, ahmten meine Maulhelden mir alles nach und so wurde es mehr oder weniger unfreiwillig, ein gemeinsames Nachhause gehen.

    Auf unserem Fußweg dann, entlang an der Knappschaftsstraße in Richtung Siedlung, meinte einer meiner dussligen Begleiter, dass ich auch nur solche schlagen könne, wo ich von vornherein wüsste, dass ich eine gute Chance hätte, wo ich mir einigermaßen ausrechnen könne oder dass alle Vorzeichen dafür sprächen, hier einen Sieg einfahren zu können. Solche Leute, wie zum Beispiel die da vorne, die sich vielleicht im Abstand von etwa fünfzig Meter ebenfalls heimwärts bewegten, da zum Beispiel würde ich mich nicht hin trauen, da würde ich genauso wie jeder von ihnen auch, den Schwanz einziehen! Aber was nur, was, so dachte ich mir, was glauben meine Feiglinge zu wissen, die die in den letzten vier fünf Jahren nur in Mamas Stube gehockt waren, die sind doch ahnungslos.

    Wie schon gesagt, gingen etwa fünfzig Meter vor uns zwei stadtbekannte Schläger der obersten Kategorie, zwei Fernfahrer, überall bekannt für ihre unerschrocken rüde Art, unzivilisiert mit der Schnauze und schroff und radikal mit den Fäusten, gern und allzeit schnell bereit um zuzuschlagen, sei es nun in einer Turnhalle oder in einer Eckkneipe. Und irgendwo hatten die Beiden offensichtlich teilgenommen, da Luftschlangen in allen Farben wild um ihre Hälse gekräuselt flatterhaft im Winde der Nacht wehten, allein es war vollkommen unwichtig wo genau sie zuvor feierten. Veranstaltungen gab es an jeder Ecke, so wie es auch in jedem Stadtteil noch Dutzende gab, die die Musikschulen besucht hatten und man musste als Gastwirt zu diesen Zeiten noch nicht so tief in den Geldbeutel greifen, um die Jungs angemessen zu bezahlen. Eine der vielen Fastnachtsveranstaltungen hatten sie wohl besucht und sie waren jetzt auf dem Nachhauseweg. Dies nun war gewiss alles andere als meine Kragenweite, jeder der beiden war in einigen Gewichtsklassen höher als ich angesiedelt, es waren weiß Gott echte Schwergewichte, das freilich wusste jeder meiner laschen Muttersöhnchen, die sich um mich geschart hatten und das wusste selbstverständlich auch ich und doch war ich nicht begeistert, von den provokanten Äußerungen meiner Begleiter. Sie selbst sind lediglich Hosenscheißer, nehmen sich aber die Frechheit heraus, um mich zum Ende des Tages hin zu beleidigen, mich bloßzustellen und mich obendrein maßlos zu provozieren. Ihre niveaulos und unerfahrenen Sprüche ärgerten mich, es wurmten in mir die primitiven Aussagen und sie verletzten schließlich meine Ehre und meinen Stolz. Die haben doch keine Ahnung davon, welch einen Status ich mir in den letzten Jahren mühevoll erarbeitet hatte. An ihrer Seite konnte ich die Anerkennung noch nicht wahrnehmen, die ich anderweitig längst schon genoss. An ihrer Seite war ich noch nicht der tollkühne Draufgänger, als der ich im Saalbau seit längerer Zeit schon geachtet und anerkannt war. Aber wenn ich nur zu Hause bei Mutter leger vor dem Bildschirm sitze, dann kann ich keine Lobeshymnen des Kameraden hören. Die Lobreden, die inzwischen auch von den älteren Jahrgängen gewohntermaßen zu hören waren, die kann ich dieserart nicht mitbekommen, es liegt also nicht unbedingt an mir, ihr Muttersöhnchen. Ich weiß auch so was ich kann, bin nicht angewiesen auf euer Plazet, obwohl, sie sahen mich ja erst kürzlich in der Silvesternacht in Aktion und das von heute Abend war scheinbar immer noch nicht genug Überzeugungsarbeit. Oder war es am Ende wieder so eine komische Anspielung wegen diesem Jamschied, welcher so sehr von seiner Stärke überzeugt war und mir eine Abreibung verpassen wollte. Doch was um Himmels willen sollen solche Sprüche bewirken? Ich sollte mal einem aus der eigenen Riege auf sein Lästermaul hauen, vielleicht hört dann das frevelhafte Aufstacheln auf. Jedoch das wussten sie, aus der eigenen Fußballmannschaft werde ich keinem was antun. Und doch so schien es mir, wollen sie noch einen oder wieder einen Beweis, ich kam nicht drauf, dass möglicherweise einer von ihnen zu viel getrunken haben könnte, denn auch dies wäre ja theoretisch infrage gekommen. Eher fragte ich mich, warum in Gottes Namen sollte ich den Zweien da vorne überhaupt was tun, da sie doch beharrlich ahnungslos und auch gerade mal friedlich dahingingen und die kalte und wohltuende Januar-Luft einatmeten. Sie wollten von keiner Seele was, waren friedlich wie vielleicht schon Jahre nicht mehr und nun soll ich da vor gehen und sie ein bisschen ärgern? Doch andererseits bin ich mir sicher, so mein Erfassen in der klirrend kalten Nacht, dass diese Typen da vorne, egal was ihnen geschieht, sich nicht ins Krankenhaus wochenlang legen und behandeln lassen, nein sie haben wie auch ich, ihre eigene Justiz. Allein beim Drüber-Nachdenken blühten plötzlich Vorstellungen in mir, die zu analysieren gewiss nicht schwierig waren. Ein Gutheißen der Sache fühlte ich heraus, deshalb sicherlich, weil es sich mit Alkohol schrankenloser denken und fühlen lässt. Allein der Lust wegen zog ich es in Erwägung, meinen Kameraden zum Trotz das Gegenteil zu beweisen, das Gegenteil ihrer Meinung. Sie allein war es, also die Lust, die eine solche Absicht als wertig erscheinen ließ. Akkurat so, wie der Kernsatz der hedonistischen Ethik es ausdrückt: Allein die Lust ist gut und begehrenswert! Es war so etwas wie ein Grundprinzip des Teufels, das im Verborgenen in mir nistete und mich aufforderte, zeig es ihnen, zeig es diesen Schlappschwänzen, erstarre nicht in Ehrfurcht vor den Großen und den Haudegen dieser Welt, zeige deinen Mut und deine Lebendigkeit, auf dass ihnen die Augen überlaufen. Heute als Rentner muss ich ernsthaft fragen, wie borniert muss ich damals gewesen sein und wie risikoreich war ich eigentlich zuweilen, allein das aber zählt nicht. Die Nachher-Betrachtung ist immer anders, ich muss es beim Erzählen immer aus denselben Augen wie zur Tatzeit sehen, nur diese Sichtweise zählt und eine andere stand nicht zur Verfügung.

    Schon nach wenigen Augenblicken gab ich dem wilden Verlangen in mir nach, ja heute darf der Teufel mal die Oberhand behalten und doch, so glaubte ich, sei es mitunter auch Gottes Pflicht, mir Schutzengelchen zu senden. Und demgemäß beugte ich mich und gab dem Verlangen nach und sagte zu den Ungläubigen: „Okay, wenn ihr meint das kann ich nicht, wenn ihr meint ich werde den Schwanz einziehen, dann passt jetzt mal schön auf. Eigentlich gibt es ja keinen Grund die da vorne anzugreifen, denn sie haben mir nicht das Geringste getan. Aber gerade weil es Schläger sind und keine Bürger der ganz und gar unschuldigen Art, wird es nichts ausmachen, wenn ich mich mit beiden anlege und zumindest einem aufs Maul haue. Also schaut mal schön her ihr Schlappschwänze!"

    „Lass das, so war das nicht gemeint, hörte ich noch einen meiner Fußballfreunde sagen und ein weiterer fügte noch hinzu: „Das ist der pure Selbstmord!

    Jedoch ich schenkte ihnen kein Gehör mehr, löste mich aus der etwa zehnköpfigen Gruppe jugendlicher Fußballspieler und teils auch Fans, forcierte meine Schritte zusehends, um mein Ziel zu erreichen, das hieß, näher an die berüchtigten Schläger ranzukommen. Und in Reich-oder besser noch Hörweite schrie ich: „Hey, ihr Nachtwächter da vorne!"

    Die beiden Fernfahrer hielten inne, schauten ungläubig um sich, und als sie weitermarschieren wollten, weil sie in dem sicheren Glauben sich wähnten, dass das Gehörte nicht ihnen gegolten haben kann, da ließ ich erneut was hören: „Ja was lauft ihr jetzt weiter, was glaubt ihr wohl wen ich gemeint habe? Bleibt doch mal stehen ihr halbe Personen! Während ich diesen Text über die Straße sandte überquerte ich auch selbst die Knappschaftsstraße, denn die Beiden bewegten sich auf dem Bürgersteig stadtauswärts rechts, also auf der Saalbauseite oder auf der Seite mit den geraden Hausnummer, also auf der westlichen Straßenseite, während ich von der anderen Straßenseite zügig herüberkam, etwa zehn Meter nach der Fils-Apotheke, welche sich derzeit in dem Haus Nummer einundsechzig befand. Haarfein diesen Standort hielt ich für optimal, es war der bestmöglichste Ausgangspunkt, so funkten es die Signale in meinem alles überschauenden Hirn, um meine neu geformten Kalkulationen in die Tat umzusetzen. Hier will ich mein Vorhaben ausführen, warum hier das wird sich gleich zeigen, der Plan dazu war mir regelrecht zugeflogen. Inzwischen war ich auf den letzten Metern und hörte sehr deutlich, wie der Eine zum Anderen amüsiert und halb lachend die Frage stellte: „Was will denn der halbe Hahn da?

    „Der halbe Hahn da? Ja der halbe Hahn wird euch Hühnern zeigen wo der Stall steht, wie ihr euch zu benehmen habt und wie ihr schön hinhalten müsst, damit euch der Hahn stechen kann", antwortete ich, gleichwohl ein Schmunzeln mich heimsuchte.

    Offensichtlich belustigt und erheitert lachten sie beide fast brüllend in die eiskalte Luft hinein und sie bogen sich vor exzessiver Heiterkeit und sie fielen fast in eine Ekstase, mehr als eine halbe Minute schallte das ausgelassene Lachen in der Knappschaftsstraße, so als sei ein Komiker aufgetreten. Als der Erste dann wieder die Fassung gefunden hatte, kam es recht spaßig aus seinem Munde: „Jetzt guck dir den Hanswurst mal an, ja so ein Gartenzwerg, so klein und spindeldürr und eine Klappe wie ein Großer! Das ist doch schier unglaublich, findest du nicht? Und wie er wieder zum Lachen ansetzen wollte, schubste ich ihn mit aller Gewalt gegen den morschen Holzpflock des Maschendrahtzauns vor dem dahinterliegenden Grundstück. Solch eine Wucht wahrnehmen zu müssen war für ihn sehr überraschend und auch der Kompagnon war sichtlich überrascht und schneller als dieser es zu ahnen vermochte, da er dazuhin vor lauter Erstaunen viel zu langsam reagierte und nicht so rasch meiner Handlung folgen konnte, knallte ich ihm im Herumdrehen mit der rechten Faust, Rückhand geschlagen eine voll aufs Maul, was ihn natürlich nicht umwerfen konnte, aber er war förmlich erschüttert. So hatten beide fast gleichzeitig einen Faschings-Denkzettel erhalten, der eine hielt sich verdattert den Mund und der Erste, welcher gegen den morschen Pfosten gedonnert war, riss natürlich durch seine zwei bis drei Zentner schwere Masse den komplexen Zaun um und lag zunächst mal hilflos zappelnd im Garten, chaotisch umwickelt von dem sperrigen und unbequemen Drahtgeflecht. Der Zweite wiederum, der eine aufs inzwischen blutende Maul bekommen hatte, der freilich machte jetzt ernst und er nahm mich plötzlich auch ernst. In diesem Moment schoss es mir durch den Kopf, auf gar keinen Fall darfst du dich greifen lassen, wenn der dich an der Kleidung irgendwie zu fassen kriegt und dich in seinen Klauen festhält, dann lieber George, dann sieht es um deine Gesundheit ganz schlecht aus. Von daher resultierend kam mir der Blitzgedanke in den Sinn, oder anders, vielleicht auch besser und detaillierter formuliert, das intuitive, das intrinsische und instinktive Handeln machte sich wie auf ein Kommando in meinem Hirn breit, denn zum wohlüberlegten Denken fehlte definitiv die Zeit, da alles Handeln so geschwind wie ein Blitzstrahl geschehen musste, um der drohenden Gefahr entgegenzuwirken. Und just in dem Moment, als der mir gegenüberstehende Koloss noch Bauklötze staunte und vor lauter Staunen und Verblüfftheit noch nicht wieder dazu gekommen war, um auf den Zug der Tatsachen gedanklich wieder aufzuspringen, sondern, was beim evidenten abwägen auch als logisch bezeichnet werden muss, denn jeder Mensch bedarf das Nötigste an Toleranz, Geduld, Schonung und auch Nächstenliebe und so natürlich auch der Leidensgefährte, welcher mit seinem prachtvollen Pullover verheddert im Drahtgeflecht hing und sakrisch fluchte, ließ ich mich mit dem Oberkörper etwas nach hinten fallen, um so das richtige Timing zu finden, nämlich fast gleichzeitig fuhr ich den rechten und auch gestreckten Fuß aus und so traf ich mit dem Absatz meines Stiefels wuchtig rammend das linke Schienbein meines Kontrahenten, der schreiend vor Schmerzen aufheulte. Und diesen Moment ausnützend, da ich flink wie ein Wiesel schon wieder aufrecht auf meinen Beinen stand, gab ich ihm noch einen Handkantenschlag ins Genick, da er sich bedingt seines Schmerzes nach dem Schienbein gebeugt hatte und es fehlte in der Tat nicht viel, da wäre der Koloss mit dem Gesicht auf dem Gehweg gelegen. Natürlich kann man so ein Schwergewicht nicht so einfach mal umhauen, da gehört freilich mehr dazu, um ihn wirklich auszuknocken. Aber er war angeschlagen und auch sichtlich entnervt und so richtig in Wut geraten, es war für ihn nicht zu glauben, was der Gartenzwerg da vor und mit ihm inszenierte. Sicherlich wusste er spätestens jetzt, dass er seine Konzentration fälschlicherweise, und sei es nur für zwei oder drei Sekunden gewesen, vergeudet oder verschleudert hatte, weil er wie gesagt sich gedanklich demjenigen Leidensgenossen zugewandt hatte, der blasphemisch fluchend sich nun endlich, von dem Maschendrahtzaun, unter dem er fest und unbehaglich begraben lag, befreien wollte, während ich gedanklich schon weiter war und einen prüfenden Blick auf die Knappschaftsstraße warf. Nun nämlich waren beide wieder soweit kampffähig, auch der Gestürzte hatte das Chaos in diesem Gärtchen hinter sich gelassen. Mit einem Auge stets die Straße im Visier habend machte ich den beiden Bullen noch eine lange Nase, um dann, kurz vor einem aus Überkingen kommenden und herannahenden Auto die Straße auf fulminante Weise zu überqueren, was der Anfang meiner Flucht war. Hinter mir konnte ich noch deutlich einen der Geschädigten hören: „Du Saukerl, du verfluchter, glaub mir eins, sobald ich dich erwische, ich schlage dich tot!

    „Wenn du meinst so gut oder gar besser laufen zu können als ich, dann hast du eventuell eine Chance. Dafür aber musst du echt schnell sein, zweimal warst du nun schon zu langsam, schrie ich lauthals zurück, auf der gegenüberliegenden Straßenseite, wo ich, um meine Gegner zu provozieren, zunächst mal stehen blieb und sie auf diese Weise anlockte. Während ich nun wieder auf der Ostseite der Knappschaftsstraße mich befand und die zwei Gegner noch jenseits waren, sah ich etliche Autos von Überkingen kommend stadteinwärts fahren, ungewohnter Weise zu dieser nächtlichen Zeit, was mir gelegen kam und was mich freilich veranlasste, um mein provokantes Spielchen weiter zu treiben. Von der anderen Straßenseite hörte ich nun die Beiden fluchen auf Teufel komm raus, aber sie mussten wohl oder übel warten, bis die Autos die Stelle passiert hatten. Mit der Gewissheit, das ganze Gelände wie meine eigene Hosentasche zu kennen, blieb ich wie gesagt auf der Olga-Seite der Straße, die Hände entkrampft salopp und leger, aber auch recht keck und ungeniert über der Brust verschränkt, provozierend stehen und schrie ihnen entgegen: „Ja was ist los mit euch, zuerst habt ihr nichts drauf und dann seid ihr so schnell wie die Schnecken in des Nachbars Garten!

    „Auf jetzt packen wir ihn!" So lautete der Kommentar des Einen, welcher auch für den Anderen ein Zeichen sein sollte, ein Zeichen das sich anhörte wie ein Befehl, auf den hin sie springend, nachdem die Schlange aus Stahl und Blech an ihnen vollkommen vorbeigerollt war, die Straße überquerten, einer mehr links und der andere mehr rechts, was wie eine auserwählte Strategie anmutete, doch ich startete sogleich, für die Beiden völlig unerwartet, durch ihre offen gelassene Mitte hindurch wieder zur anderen Straßenseite, womit sich gleich darauf wieder dasselbe Bild bot, nur eben umgekehrt, denn jetzt waren meine Widersacher auf der Olga-Seite und ich wieder auf der Saalbauseite. Die veränderten und gleichfalls doch nicht veränderten Rahmenbedingungen passten überhaupt nicht in das Kalkül der beiden, sie kochten förmlich, die bis aufs Blut gereizten Schläger. Ihre erfinderische Strategie war nicht aufgegangen und versetzt in höchste Erregung stürzten sie sich erneut, auf die noch immer unbefahrene Straße, wild und planlos jetzt, doch wiederum entkam ich ihren einfältigen Fang-Versuchen auf lockere Weise, lief nun rasend schnell in Schlangenlinien mitten auf der Bundesstraße vierhundertsechsundsechzig, denn diese Bundesstraßen-Nummerierung bekam die Knappschaftsstraße einst von höherer Stelle verpasst. Nun bog ich bewusst langsamer werdend nach links in eine Wiese ein, langsam werdend damit sie nicht die Lust am Laufen verlieren. Es war dies die Wiese, in welcher die Fahrschule Neumann etwas zurückversetzt, notdürftig in einer Baracke oder einem Container untergebracht war, ein Gelände freilich, das ich von meinen allwöchentlichen Fahrschul-Besuchen bestens kannte. Umso weiter man in dieses Grundstück hineinlief, desto dunkler wurde es, aber wie erwähnt wusste ich exakt, dass etwa nach zehn bis fünfzehn Schritten hinter der Container-Fahrschule ebenfalls ein Zaun angebracht war, eineinhalb Meter hoch zwar, aber nicht wirklich hoch genug, um für mich ein störendes oder gar ein unüberwindbares Hindernis darzustellen. Da die zwei Riesen mir selbst auf der Wiese noch animiert nacheilten, setzte ich zum Satz an und übersprang leichtfüßig den Zaun mit sportlicher Lockerheit, lachte laut schallend, weil ich beim Blick nach hinten erkennen konnte, dass es für meine Verfolger an dieser Stelle schon wieder nicht mehr weiter ging. An dem für die Schwergewichte unbezwingbaren Zaun endete nun schon wieder das ``Mir-Nachstellen´´, welches für die beiden Nashorn schweren Narren, bezüglich meines Spieltriebs, zu einer echten, regelrechten Sisyphusarbeit ausartete.

    Nach etwas verstrichener Zeit, nachdem über das gesamte

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