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Die Insel der Gladiatoren
Die Insel der Gladiatoren
Die Insel der Gladiatoren
eBook227 Seiten3 Stunden

Die Insel der Gladiatoren

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Über dieses E-Book

Elias ist Waise. Aufgewachsen in verschiedenen Heimen, steht er als junger Mann am Rande der Gesellschaft. Doch dann ein Lichtblick - die Insel der Gladiatoren. Er trainiert und meldet sich als Kämpfer für die Insel, wo er auf Sascha trifft, den ersten Kämpfer. Elias wird magisch angezogen von dem Mann, der andere herablassend behandelt und keinen Hehl aus seiner Vorliebe für Männer macht. Sascha nutzt seine Position, nimmt sich, was er will - auch von anderen Kämpfern. Auf Elias wirkt das abstoßend und anziehend zugleich. Er verfällt Sascha - während der erste Kampf immer näher rückt. Und in der Arena erwarten ihn Gewalt und Tod.
SpracheDeutsch
Herausgeberdead soft verlag
Erscheinungsdatum15. Nov. 2012
ISBN9783943678468
Die Insel der Gladiatoren

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    Buchvorschau

    Die Insel der Gladiatoren - Sophie R. Nikolay

    Gladiatoren

    Impressum

    © dead soft verlag, 2012

    http://www.deadsoft.de

    © the author

    Cover: S.R. Nikolay

    Motiv: © Cyril Comtat – fotolia.com

    1. Auflage

    978-3-943678-45-1 (print)

    978-3-943678-46-8 (epub)

    Romanfiguren können darauf verzichten. Im realen Leben gilt: safer sex!

    Leser/innen, die mich kennen, wissen es. Mein erster Dank gilt immer meinem Mann und meinen Jungs, für das Verständnis und den Rückhalt.

    Dann ein dickes Dankeschön an meinen Betaleser Mick, für den kritischen Blick und einige hilfreiche Kommentare zum „schwulen Leben".

    Nicht zu vergessen – ich danke erneut Simon Rhys Beck für die tolle Zusammenarbeit.

    Prolog

    Der Mensch sucht das Besondere. Den Kick. Das Vergnügen. Als Zuschauer, nicht selbst involviert, doch hautnah dabei. Schaukämpfe wie zu Zeiten der Römer besitzen einen besonderen Reiz. Echter Kampf – mit vergossenem Blut und roher Gewalt. Waffen, die den Tod bringen. Männer, die um ihr Leben kämpfen.

    All das findet man auf einer Insel. Das künstlich geschaffene Eiland dient nur einem Zweck – Menschen in die Arena zu locken, sie zu unterhalten und ihnen ein Schauspiel zu bieten. Eines, das für einen der Kämpfer immer den Tod bedeutet.

    Ein ungewöhnliches Vergnügen, das eine stattliche Summe einbringt – für den Dominus, den Besitzer der Insel und Herr über die Gladiatoren. Jedoch ist Geld nicht das, was er begehrt …

    Nachschub gesucht

    In strömendem Regen lief Elias durch die dunklen Straßen. Wie so oft auf dem Weg nach Hause, ohne ein wirkliches Ziel zu haben. Es gab keinen Sinn, keinen Inhalt in seinem noch so jungen Leben. Mit neunzehn Jahren sollte er eigentlich Ziele und Wünsche haben, doch dem war nicht so. Aufgewachsen ohne Eltern, in verschiedenen Heimen untergebracht, hatte er viel Leid ertragen müssen. Doch was spielte das für eine Rolle?

    Elias zog die Kapuze weiter ins Gesicht, der Regen war ihm lästig. Gab es denn keinen besseren Platz auf der Welt? Mit angenehmerem Wetter und wärmeren Temperaturen? Ganz bestimmt – doch für Elias gab es keine Möglichkeit dorthin zu kommen. Er lebte von Gelegenheitsarbeiten, kam gerade so über die Runden. Wie im Moment. Er war auf dem Weg in seine kümmerliche Wohnung, seine Arbeit war für heute erledigt. Sein Geld verdiente er in einem Schlachthof, dort reinigte er die Halle nach getaner Arbeit der Ausbeiner. Der Geruch des Blutes hing ihm noch in der Nase. Der Job war nicht schön, doch er füllte seinen Magen. Ein Stück Fleisch durfte er sich jede Nacht mit nach Hause nehmen. Heute hatte er Schnitzel vom Chef bekommen. Sie steckten in der Innentasche seiner Jacke, die inzwischen total durchnässt war.

    Ein schepperndes Geräusch ließ Elias herumfahren. Die Gasse, in der er sich gerade befand, schien leer zu sein. Er zuckte mit den Schultern und lief weiter. In fünf Minuten wäre er zu Hause. Doch da hatte er sich getäuscht. Kaum war er ein paar Schritte weitergegangen, schlug ihm jemand ins Kreuz. Elias stolperte und schlug der Länge nach hin.

    „Taschen leermachen!", forderte eine raue Stimme.

    Elias erstarrte vor Schreck, lag einfach da ohne sich zu bewegen.

    „Mach schon!"

    Um den Worten Nachdruck zu verleihen, traf ein Tritt seinen Oberschenkel. Elias schrie auf und krümmte sich. Auch wenn sein Leben nicht bestens verlaufen war, hatte er keine Lust zu sterben. Er versuchte, sich aufzusetzen. Mitten in der Bewegung hielt er inne. Der Kerl, der über ihm hing, war eindeutig eine Nummer zu groß für Elias. Der war ein Schrank! Die einzige Option war, die Forderung zu erfüllen. Langsam griff Elias in seine Tasche, nahm Schlüsselbund und Geldbörse heraus – die bis auf einige Münzen gähnende Leere aufwies. Der Kerl schnappte sofort danach, den Schlüssel ignorierte er.

    „Hey, wo ist die Kohle? Und verarsch mich nicht!"

    „Ich habe nur das, was da drin ist", erwiderte er ängstlich.

    Der Kerl schleuderte die Börse mit Wucht auf Elias. Mit einem Platschen landete sie in der Pfütze, in der Elias saß.

    „Was hast du noch? Telefon, Uhr – rück alles raus, sonst schlag ich dir die Rübe vom Hals!", brüllte der Kerl fast. Zum Beweis schwang er eine Eisenstange.

    Elias schluckte. Er hatte keinen Zweifel, dass der Typ ernst machen würde. Daher nahm er seine billige Uhr vom Handgelenk ab und hielt sie ihm hin. Anschließend griff er in die Jacke und nahm das eingeschweißte Fleisch heraus.

    „Mehr habe ich nicht – nichts von Wert."

    Der Kerl grunzte, riss Uhr und Fleisch an sich, und verpasste Elias einen weiteren Tritt.

    „Du bist erbärmlich!", schnaubte er, spuckte Elias an und rannte davon.

    Elias schloss die Augen. Das war so erniedrigend, schlimmer als die Schatten seiner einsamen Kindheit. Wie ein Stück Dreck kauerte er hier auf dem Asphalt. In einer Pfütze liegen gelassen wie Müll, nachdem er seinen Besitz hergegeben hatte. Mühsam rappelte er sich auf, sein Bein schmerzte. Humpelnd setzte er seinen Weg fort. Raus aus der Gasse, zurück auf die beleuchtete Straße. Sein Blick war auf den Boden geheftet. Er zitterte, nicht nur wegen der Nässe und der Kälte, der Schreck saß ihm noch in den Knochen. Wenigstens hatte es aufgehört zu regnen.

    Die Lichter der Schaufenster spiegelten sich auf dem nassen Gehweg. Ein fröhliches Farbenspiel, dem Elias nichts abgewinnen konnte. Er kannte diese Straße gut, wusste genau, was die Schaufenster anpriesen. Lauter Dinge, die er sich nicht leisten konnte. Ein Stück vor ihm spiegelte sich orangefarbenes Licht. Das war ihm neu an dieser Stelle. Elias hob den Blick, auch wenn er nicht das Geld besaß, sich in diesen Läden etwas zu kaufen, seine Neugier brachte ihn dazu. Anderes Licht hieß meist, dass der Laden einen neuen Besitzer bekommen hatte. Doch das Schaufenster sah nicht aus, wie das eines Geschäftes. Ein großes Plakat hing dort, nahm fast die gesamte Glasfront ein, beleuchtet mit diesem warm erscheinenden Licht. Eine Insel war darauf abgebildet, nicht sehr groß und umgeben von herrlich blauem Wasser. Ein ausladender Bau thronte auf dieser Insel – eine Arena. Am unteren Rand des Schaufensters stand der Werbeschriftzug: Kommen Sie und erleben Sie das Spektakel Ihres Lebens! Die Insel der Gladiatoren erwartet Sie!

    Elias runzelte die Stirn. Das klang nach einem Reiseangebot. Nicht drin, ohne Geld in der Tasche. Er wollte schon weitergehen, da fiel sein Blick auf ein kleines Schild in der unteren Ecke des Fensters.

    Kämpfer gesucht!, las er.

    Elias beugte sich hinunter. In wenigen Worten stand dort, dass noch Kämpfer gesucht würden, die Massen zu unterhalten. Bei guter Bezahlung, freier Kost und Logis. Dazu das ganze Jahr das gleiche Wetter!

    Elias rümpfte die Nase. In Anbetracht dessen, was ihm gerade zugestoßen war, konnte er das vergessen. Er rieb sich den schmerzenden Oberschenkel und ging nach Hause.

    Eine Woche später sah das Leben für Elias nur wenig rosiger aus. Zwar hatte der Besitzer des Schlachthofs ihm eine dauerhafte Anstellung gegeben, doch für den mageren Lohn war die Arbeit hart. Täglich war er an dem Schaufenster vorbeigekommen, das ihn gelockt hatte. Jedes Mal fragte er sich, ob er nicht hineingehen sollte. So auch diesmal. Elias war auf dem Weg zur Arbeit und entschloss sich dazu, den Schritt über die Schwelle zu wagen.

    Ein kleines Glöckchen bimmelte, als er die Glastür öffnete. Eine freundlich lächelnde Frau saß hinter einem großen Schreibtisch, davor ein einzelner Stuhl. Außer einem Regal, das die gesamte linke Front des Raumes einnahm, gab es sonst keine Möbelstücke.

    „Hallo", sagte Elias schüchtern.

    „Willkommen. Was führt Sie herein? Die Erlebnisreise oder der Aufruf, dass wir Kämpfer suchen?", fragte sie ihn und deutete auf den leeren Stuhl.

    Elias setzte sich. „Eher das Zweite", erwiderte er.

    „Nun junger Mann. Ich kann Ihnen gerne ein paar Informationen geben, doch ich möchte auch ehrlich sein. Sie sind eindeutig zu schmächtig, um zu kämpfen", erklärte sie frei heraus, ohne dabei unfreundlich zu wirken.

    „Danke für die Ehrlichkeit. Das ist mir bewusst, ich wollte auch nur mal fragen …"

    Die Frau stoppte Elias’ Worte mit einer Handbewegung.

    „Ich kenne die Frage, die stellen alle. Das Angebot beinhaltet verschiedene Punkte, die durch die Leistung in den Schaukämpfen bezahlt werden. Wer zu kraftlos ist, bringt diese Kosten nicht wieder ein. Die Zuschauer müssen begeistert sein! Daher wählen wir sorgfältig aus. Wenn Sie trainieren, können Sie sich erneut melden, sie lächelte freundlich, „und das ist jetzt nicht böse von mir gemeint.

    „Ich verstehe schon. Darf ich trotzdem fragen, was diese Punkte sind?", erkundigte sich Elias.

    „Natürlich. Eine Unterkunft, Verpflegung, die Bekleidung, Ausrüstung für die Kämpfe. Dazu ein besonderes Training, das ein Experte leitet. Bonusleistungen für Siege – Partys, mit allem Drum und Dran. Sie zwinkerte. „Das würde Sie erwarten, wenn Sie in der Lage wären, eine Leistung zu bringen. Inklusive eines guten Gehalts. Obendrauf käme noch eine besondere Prämie – jeder Kämpfer, der es schafft, ein Jahr durchzuhalten, erhält die stolze Summe von einer Million. Sie lächelte gewinnbringend.

    Elias nickte. Eine Million für ein Jahr?, dachte er ungläubig. So viel Geld! Damit könnte er locker ein neues Leben beginnen.

    „Ist das Angebot dauerhaft?", erkundigte er sich.

    „Ja. Wir suchen ständig neue Kämpfer, um die Männer abzulösen, die ihren Teil geleistet haben", erklärte sie und stand auf.

    Aus dem großen Regal zog sie vereinzelte Broschüren und drückte sie Elias in die Hand.

    „Sehen Sie sich das in aller Ruhe an. Dann können Sie sich immer noch überlegen, ob Sie sich in Form bringen."

    „Danke", mehr fiel Elias nicht ein. Mit dem Packen Papier in der Hand verließ er den Laden. Das alles klang wahnsinnig verlockend. Raus aus dieser Stadt, Verdienst und Sonderleistungen. Diese Insel könnte seine Chance sein …

    Nach Feierabend hatte Elias es eilig nach Hause zu kommen. Er mied die dunkle Gasse seit dem Vorfall und nahm dafür einen Umweg in Kauf. Unbehelligt kam er an, öffnete die in die Jahre gekommene Wohnungstür und trat in sein Reich. Außer einem Bett, einem kleinen Schrank – mit nur wenigen Kleidungsstücken – einem winzigen Fernseher und einem Sofa, überlassen vom Vormieter, besaß er nichts. Die Kücheneinrichtung gehörte zu der kleinen Wohnung.

    Seufzend warf er die Prospekte und seine Tasche auf das Sofa, ging in die Küche und holte sein letztes Bier aus dem Kühlschrank. Elias nahm einen kräftigen Schluck, stellte die Flasche auf der Arbeitsplatte ab und trat in das angrenzende Bad. Es war winzig, zweckmäßig aber sauber. Wie immer nach der Arbeit wusch er seine Arme und sein Gesicht nochmals, obwohl er es im Schlachthof schon getan hatte. Der Anzug, den er zum Reinigen trug, schützte diese Bereiche seines Körpers nicht. Um sich richtig sauber zu fühlen, brauchte er aber seine eigene Seife. Nach dem letzten Schwall klaren Wassers hob er seinen Kopf und blickte in den Spiegel. Grün-braune Augen sahen ihn an. Die blonden halblangen Haare umrahmten sein Gesicht, jetzt zum Teil mit Wasser benetzt. Hohe Wangenknochen und ein schmaler Mund zierten das Antlitz, dem man nicht ansah, dass er bereits neunzehn Jahre alt war. Seine Größe von einem Meter neunzig war im Vergleich zu seinem wenigen Körpergewicht auch kein Hingucker.

    Elias zog die Brauen zusammen und streckte sich selbst die Zunge raus. Groß und hager war er schon immer gewesen. Kein Wunder, bei dem, was er im Heim zu essen bekommen hatte. Seit einem Jahr war er jetzt auf sich alleine gestellt. Zeit, in der er mangels finanzieller Möglichkeiten auch nicht wie die Made im Speck leben konnte. Doch in den letzten Tagen hatte er zumindest ein Stück Fleisch auf dem Teller – dank seines neuen Chefs.

    Er ging zurück in die Küche, nahm noch einen Schluck seines Bieres und stellte die Pfanne auf den Herd. Bis die heiß wäre, würde es dauern. In der Zwischenzeit schnitt Elias das mitgebrachte Fleisch in Scheiben. Heute war es ein Stück Rinderhüfte; der Chef hatte ihn gelobt, weil Elias sehr gründlich sauber machte.

    Mit dem gebratenen Fleisch setzte er sich auf das Sofa und studierte die Prospekte. Bilder der Arena, jubelnde Menschen auf den Rängen. Kämpfer in antik aussehenden Rüstungen, mit Schwertern und Ketten bewaffnet. Metallene Schilde in den Händen … eines war bei allen abgebildeten Männern gleich. Sie waren wahre Muskelpakete, Elias kam sich dagegen vor, wie ein Hauch von nichts. Einige der Männer trugen Narben – nicht nur am Körper, auch im Gesicht.

    Der nächste Prospekt zeigte die Vorzüge auf, die die Kämpfer genossen. Ein Zimmer war abgebildet; es sah gemütlich aus. Ein weiteres Foto zeigte eine Feier. Weinflaschen und Essen auf den blanken Holztischen, die Männer zum Teil mit nacktem Oberkörper und spärlich bekleidete Frauen. Der Text dazu pries an, dass die Sieger der Kämpfe bekamen, was sie sich nur wünschten …

    Elias schloss die Augen und schüttelte den Kopf. Um dahin zu kommen, würde er sehr viel trainieren müssen. Nur wie? Und wo? Ein Fitnesscenter konnte er streichen, dafür würde sein Lohn nicht ausreichen.

    Als er aufgegessen hatte, kam ihm die Idee. Der Schlachthof mit den schweren Schweinehälften und Rindervierteln im Kühlhaus – das wäre eine Möglichkeit. Nur, wie sollte er das dem Chef klarmachen, schließlich war das Fleisch zum Verzehr gedacht und kein Trainingsgerät. Ausdauer würde er vermutlich auch brauchen, so setzte er Joggen auf seine To-do-Liste, mit deren Umsetzung er schon morgen beginnen wollte.

    Veränderung

    Monate zogen ins Land. Elias hatte Glück, denn einer der Vorarbeiter ließ ihn trainieren. Hygienisch geschützt schleppte Elias die Fleischberge, nutzte Schweinehälften als Boxsack und stemmte das kalte Fleisch wie Gewichte. Tag für Tag. Jeden Morgen lief er ein paar Kilometer und abends aß er das Fleisch, das der Chef ihm gab. Zudem reichte sein Lohn auch noch für den Rest der Lebensmittel, die er für den Aufbau brauchte. Täglich nahm er über dreitausend Kalorien zu sich. Elias besaß keine Waage, doch er merkte schon an seinem Körperbau und seiner Kleidung, dass er einiges an Masse zugelegt hatte. Er nahm sich vor, noch ein paar Wochen geduldig zu sein, sich weiter zu stärken, ehe er erneut diesen Laden aufsuchen würde – um sich zu melden. Trotzdem wurde er täglich unruhiger, konnte kaum erwarten, endlich den Schritt in ein besseres Leben zu starten.

    Weg aus Norddeutschland, weg aus der Kälte des Winters, weg vom regnerischen Wetter des Sommers. Alles hinter sich zu lassen, erschien Elias wie ein Traum. Die trostlose Kindheit – umgeben von Nonnen und den Erziehern der unterschiedlichen Heime, in denen er aufgewachsen war. Diese Gesellschaft hinter sich zu lassen, die ihn immer nur als Verlierer betrachtet hatte. Am Rande des Existenzminimums, inmitten seiner Mitmenschen, die ihn meist wie Luft behandelten. Doch in letzter Zeit hatte sich etwas geändert, das musste Elias sich eingestehen. Zwei Häuser weiter wohnte eine junge Frau, die ihn jetzt immer staunend ansah. Sie schwärmte wohl für ihn, auch wenn sie nie etwas sagte. Elias hoffte, sie würde nicht den Mut aufbringen, um ihn anzusprechen. Er wusste schon jetzt, dass er ihr eine Abfuhr erteilen würde. Zum einen besaß er den Plan, von hier fortzugehen, so wäre es falsch, ihr Hoffnungen zu machen. Zum anderen hatte er kein Interesse an einer Freundin – an Frauen allgemein. Er war jetzt fast zwanzig, doch die Mädchen, mit denen er Erfahrungen sammeln konnte, waren an einer Hand abzuzählen. Sie waren keine Verlockung für ihn – die Kämpfer in den Prospekten hingegen schon. Immer wieder hatte Elias sie in der vergangenen Zeit zur Hand genommen. Als Anreiz weiterzumachen – und weil einer der abgebildeten Männer ihm gefiel. Der hatte etwas, obwohl Elias nicht bestimmen konnte, was es war. Ob er deshalb schwul war, konnte er nicht beantworten. Er empfand sich selbst eher als orientierungslos.

    Auf dem Weg ins Schlachthaus ging er immer an dem Schaufenster vorbei. Sah das große Bild der Insel, was ihm den Ansporn gab, nicht nachzulassen. Anfangs hatte er das sehr gebraucht. Die ersten Wochen waren hart gewesen, eine Quälerei für den Körper. Doch Elias hatte sich stets sein Ziel vor Augen gehalten, und schließlich war die Qual belohnt worden. Mit jedem Bisschen Stärke, das er gewann, steigerte sich auch sein Selbstbewusstsein. Er lief nicht mehr mit gesenktem Kopf durch die Straßen – er sah seinen Mitmenschen jetzt ins Gesicht.

    Auch sein Chef schien diese Veränderung zu bemerken. An diesem Abend geschah, was Elias schon lange erwartet hatte. Der Chef zitierte ihn ins Büro. Mit klopfendem Herzen und der Angst, dass seine Trainingsmethode nicht weiter geduldet würde, trat er in das kleine Büro am Ende der Halle.

    „Herr Enger, Sie wollten mich sprechen?"

    „Ja Elias, kommen Sie rein und setzen Sie sich."

    Elias kam der Aufforderung schnell nach und setzte sich auf den Polsterstuhl vor dem mit Papieren überhäuften Schreibtisch. Der ältere Herr mit den silbrigen Haaren lächelte ihn an.

    „Sie haben sich ganz schön gemacht, junger Mann. Ich weiß, dass Sie sich hier fit halten. Ich habe lange genug zugesehen, wie Sie schon drei Stunden vor Arbeitsbeginn über den Hof kommen."

    Er pausierte, und Elias hörte seinen eigenen Herzschlag, der wild hämmerte. Er würde

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