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Das xte Gebot
Das xte Gebot
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eBook370 Seiten4 Stunden

Das xte Gebot

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Über dieses E-Book

Seattle wird erschüttert durch eine Reihe grauenhafter Morde. Für Detective Peter Tao ist das eine Möglichkeit, auf der Karriereleiter nach oben zu gelangen. Aber bisher sucht er vergebens nach einer Spur. Wie sucht der Mörder seine Opfer aus? Was will er erreichen?
Mit einer langen Liste an Verdächtigen, die scheinbar nichts verbindet, steht Peter vor einem Rätsel. Doch dann bekommt er den einen Hinweis und plötzlich fügen sich die Puzzleteile zusammen. Zu dumm nur, dass ausgerechnet seine neue Bekanntschaft, der geheimnisvolle Bryce Carrick, ein Teil des Puzzles zu sein scheint …
SpracheDeutsch
Herausgeberdead soft verlag
Erscheinungsdatum9. Okt. 2018
ISBN9783960892526
Das xte Gebot
Autor

Ethan Stone

Ethan Stone is becoming a duck once again. After more than a decade away from the soggy state of Oregon he is back in his home state. He used to have a day job where he wore a sexy uniform work, now he can wear whatever he wants to work as he attempts to see if this writing thing can support his Mt. Dew addiction.

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    Buchvorschau

    Das xte Gebot - Ethan Stone

    Das xte Gebot

    von Ethan Stone

    Aus dem Englischen von Florentina Hellmas

    Impressum

    © dead soft verlag, Mettingen 2018

    http://www.deadsoft.de

    © the author

    Titel der Originalausgabe: Hacked up

    Übersetzung: Florentina Hellmas

    Cover: Irene Repp

    http://www.daylinart.webnode.com

    Bildrechte:

    © CK – fotolia.com

    © imagincy – fotolia.com

    1. Auflage

    ISBN 978-3-96089-251-9

    ISBN 978-3-96089-252-6 (epub)

    Inhalt:

    Seattle wird erschüttert durch eine Reihe grauenhafter Morde. Für Detective Peter Tao ist das eine Möglichkeit, auf der Karriereleiter nach oben zu gelangen. Aber bisher sucht er vergebens nach einer Spur. Wie sucht der Mörder seine Opfer aus? Was will er erreichen?

    Mit einer langen Liste an Verdächtigen, die scheinbar nichts verbindet, steht Peter vor einem Rätsel. Doch dann bekommt er den einen Hinweis und plötzlich fügen sich die Puzzleteile zusammen. Zu dumm nur, dass ausgerechnet seine neue Bekanntschaft, der geheimnisvolle Bryce Carrick, ein Teil des Puzzles zu sein scheint …

    Kapitel 1

    Ein neuer Tag, eine neue Leiche.

    Ich hielt dem uniformierten Polizisten, der den Tatort bewachte, meine Marke unter die Nase und schlüpfte unter dem Absperrband durch. Der Wind, der von der nahe gelegenen Elliott Bay herüberwehte, kroch unter die Kleidung und brachte mich dazu, den Mantelkragen hochzuschlagen. Die aufgehende Sonne trug kaum dazu bei, die Kälte zu vertreiben.

    „Hey, Detective Tao." Dr. Jill Trencher, die Gerichtsmedizinerin von King County sah auf. Der Tote lag auf dem Rücken, seine Jeans war halb heruntergezogen, Arme und Beine waren angelegt, die Augen weit geöffnet. Es schien zumindest, als wäre das Opfer männlich, ganz sicher war ich nicht. Die flache Brust unterstützte meine Annahme, aber es waren keine männlichen Genitalien zu sehen. Wo diese hätten sein sollen, war nur getrocknetes Blut.

    „Was haben wir, Jill?"

    Sie stand auf. „Weiß, männlich, Mitte zwanzig."

    Ich kniete mich hin, begutachtete den Körper und versuchte, mir die Gesichtszüge des jungen Mannes und sein Äußeres einzuprägen. Kurzes, hellbraunes Haar, Augenfarbe wie ein matter Penny. Gedrungener, muskulöser Körper. „Ursache und Zeitpunkt des Todes?"

    „Todeszeitpunkt … gegen Mitternacht. Was das Wie betrifft – er hat eine Wunde im Nacken. Ich denke, der Mörder hat die Wirbelsäule durchtrennt. Der Tod ist ziemlich schnell eingetreten und schien schmerzlos gewesen zu sein."

    „Sogar die Kastration?"

    „Es sieht so aus, als wäre die post mortem vorgenommen worden. Ich kann Ihnen mehr sagen, wenn ich ihn auf dem Tisch habe. Hier bin ich durch. Die Spurensicherung war auch schon da. Wir haben nur noch auf Sie gewartet. Sie haben länger gebraucht als gewöhnlich, um herzukommen."

    Ich stand auf und sah sie mürrisch an. „Ich war zu Hause im Bett und genau da sollte ich auch jetzt noch sein. Es gab keinen Grund, ihr zu sagen, dass ich nicht allein gewesen war oder wer mein Bett geteilt hatte. „Ich bin nicht der Detective in Bereitschaft.

    „Es war seine Schuld." Jill deutete hinter mich.

    Ich drehte mich um und erblickte meinen Partner, Detective Jamey Nolan. „Warum bist du nicht zu Hause bei Chelsea?"

    Er rollte mit den Augen und steckte seine Hände in die Taschen. „Ich war zufällig gerade auf dem Revier, als der Anruf der Hafenpatrouille hereinkam. Hörte sich nach einem interessanten Fall an, also habe ich ihn übernommen."

    „Soll ich dir vielleicht danken?"

    „Ich schätze, du wirst dich damit abfinden müssen."

    Ich schnaubte, weil mir keine schlagfertige Erwiderung einfiel. Außerdem – ein Mann, der ermordet und kastriert worden war, konnte tatsächlich ein interessanter Fall werden. Eine erfrischende Abwechslung zu den Bandenmorden, die Jamey und ich zuletzt untersucht hatten, war es allemal.

    „Seid ihr Jungs hier fertig? Kann ich die Leiche wegbringen lassen?", fragte Jill.

    Ich zückte mein Telefon und schoss ein paar Bilder vom Gesicht des Opfers.

    „Ja, sind wir. Genug gejammert, Tao?", fragte Jamey.

    „Nicht annähernd, antwortete ich grinsend. „Aber den Rest spare ich mir auf für später, wenn wir allein sind.

    Jamey und ich traten zur Seite und beobachteten, wie Jill und ihre Assistenten den Toten fortschafften.

    „Also, warum warst du in aller Herrgottsfrühe auf dem Stützpunkt?"

    Jamey antwortete nicht. Stattdessen drehte er sich weg und starrte auf die Bucht hinaus. Ich trat näher, legte sacht eine Hand auf seine Schulter. „Habt ihr wieder Probleme, Chelsea und du?"

    Jamey funkelte mich an, aber aufgrund der Vergangenheit war meine Vermutung naheliegend. „Du kennst uns doch. Irgendwas ist immer."

    „Willst du darüber reden?"

    Er sah mich kurz von der Seite an und schüttelte den Kopf. „Jetzt nicht."

    „Okay. Lass es mich wissen, wenn du es dir anders überlegt hast."

    Jamey wackelte mit den Augenbrauen und grinste mich breit an. „Ich will doch der Planung deiner Abendgestaltung nicht in die Quere kommen."

    Ich boxte ihm spielerisch mit dem Ellbogen in den Magen, was ihn vorgeben ließ, ich hätte ihn schwer getroffen. Soweit ich sagen konnte, war Jamey der einzige Arbeitskollege, der wusste, dass ich schwul war. Aber nicht, weil ich es ihm erzählt hatte. Er hatte es selbst rausgefunden – nicht wirklich überraschend bei seinen sechsundzwanzig Jahren Erfahrung als Detective – vor fünf Jahren schon, kurz nachdem wir begonnen hatten, zusammen zu arbeiten. Es machte ihm nichts aus. Tatsächlich mochte er es … nein, er liebte es, mich damit aufzuziehen.

    „Wenn du dir wirklich Sorgen um meine Abendgestaltung gemacht hättest, hättest du den Fall nicht angenommen."

    Seine Augen wurden groß und er schlug die Hand vor den Mund. „Hattest du wieder – wie war nochmal sein Name?"

    „Wenn du Haro meinst, dann ja. Er war letzte Nacht bei mir und wir haben beide geschlafen, als der Anruf kam."

    „Das ist jetzt was? Das vierte Mal, dass er bei dir übernachtet hat?"

    „Das sechste Mal sogar, erklärte ich. Als Jamey zwinkerte, fügte ich hinzu: „Dass du mir nicht auf falsche Gedanken kommst. Wir führen keine Beziehung. Haro und ich haben einfach viel gemeinsam, nämlich konservative, altmodische Eltern, die nicht so gut damit umgehen könnten, einen schwulen Sohn zu haben.

    „Ja, aber auch aus dieser Art von Bindung kann manchmal mehr werden."

    Ich warf ihm einen Seitenblick zu. „Selbst wenn das Schicksal vorgesehen hätte, dass ich mit einem Mann eine feste Beziehung eingehe, was lässt dich annehmen, dass ich es damit eilig habe?"

    Er tätschelte meine Wange. „Ich will doch nur, dass mein bester Freund glücklich ist. Wenigstens einer von uns sollte das sein. Sein Gesicht wurde wieder traurig und ich wünschte, ich könnte etwas tun, um ihm zu helfen, aber solange ich nicht wusste, was los war ... „Ich brauche einen Kaffee, was ist mit dir?

    „Auf jeden Fall. Ich hatte noch keinen, seit ich heute Morgen so brutal geweckt wurde."

    „Ach, hör schon auf zu maulen."

    Wir steuerten den nächstgelegenen Starbucks an. In Seattle zu leben, bedeutete, dass es praktisch an jeder Ecke einen gab.

    „Ich werde nicht aufhören, Blödmann. Ich hatte auf einen morgendlichen Blowjob gehofft."

    „Halt die Klappe, Peter. Du weißt, dass ich nichts von deinem Sexleben hören will."

    „Das liegt daran, dass du eifersüchtig bist. Vermutlich hattest du seit Monaten keinen Sex mehr."

    Statt mir jedoch eine schlagfertige Antwort um die Ohren zu hauen, wurde Jamey still. Ich wollte ich schon auffordern, mir zu erzählen, was ihn bedrückte, aber weder Ort noch Zeit erschienen mir passend, das Thema zu vertiefen. Also warteten wir schweigend, um die Straße zu überqueren. Im Coffeeshop waren drei Leute vor uns und offenbar hatte der Typ direkt vor der Theke noch nie eine Bestellung aufgegeben, denn er schien überwältigt von der Auswahl.

    „Was hältst du von der Leiche?", fragte ich.

    Jamey sah sich um und flüsterte: „Das ist vielleicht nicht der richtige Ort, um sich über einen Toten zu unterhalten, dem sein bestes Stück abgeschnitten wurde."

    Ich zuckte mit den Schultern, denn es kümmerte mich nicht wirklich, ob jemand mithörte. Endlich an der Reihe bestellte Jamey für uns beide. „Zwei venti Pike’s Place Roasts, einen mit einem extra Schuss Espresso. Er lehnte sich zu der hübschen Frau an der Kasse. „Mein Kumpel hier braucht was zum munter werden, weil jemand seinen Schönheitsschlaf gestört hat.

    Sie kicherte und musterte mich. „Sieht nicht aus, als ob er allzu viel Schönheitsschlaf nötig hätte."

    Jamey lachte und ich spürte die Hitze in meinen Wangen aufsteigen.

    „Ich bin gleich zurück", murmelte ich, um der Situation zu entkommen. Hastig drehte ich mich um und eilte in Richtung der Toiletten. Ich konnte Jamey noch immer lachen hören, als die Tür hinter mir zufiel.

    Da ich nicht wirklich pinkeln musste, spritzte ich mir lediglich kaltes Wasser in mein gerötetes Gesicht und wartete einen Moment, ehe ich in den Gastraum zurückkehrte. Jamey hatte sich derweil in einer Ecke niedergelassen und grinste noch immer bis über beide Ohren. Auf dem Weg zu ihm wurden unsere Namen aufgerufen, sodass ich auf halber Strecke kehrtmachte, der Barista unsere Getränke abnahm und mich bedankte. Als ich erneut den Raum durchquerte, warf ich einen Blick auf die Namen an unseren Bechern. Sein Name war falsch geschrieben – Jamie – wie gewöhnlich. Meiner war korrekt, aber darunter standen eine Telefonnummer und der Name Lisa. Ich sah zurück zur Kasse. Die Frau winkte mir zwinkernd zu und wieder konnte ich die Hitze in meinem Gesicht nicht kontrollieren, was Jamey ein erneutes Lachen entlockte. Mein letztes bisschen Selbstbeherrschung hielt mich davon ab, den heißen Kaffee nach ihm zu werfen.

    „Du bist so ein Arsch", murmelte ich, als ich mich ihm gegenübersetzte.

    „Wirst du sie anrufen?"

    „Ach, leck mich doch", knurrte ich. Bemüht, mir dabei nicht anmerken zu lassen, dass ich es doch ein klein wenig komisch fand. Aber wirklich nur ein kleines bisschen.

    „Sie wird am Boden zerstört sein."

    „Selbst wenn sie mein Typ wäre, sie ist mindestens zehn Jahre jünger als ich."

    „Oh, stimmt. Ich hatte Darren vergessen. Du stehst ja auf ältere Männer. Geschockt von seiner eigenen Äußerung, sah er mich entsetzt an und presste eine Hand auf seinen Mund. „Es tut mir leid, Peter. Ich hätte das nicht sagen sollen.

    Die Erwähnung meines Ex-Freundes erstickte die gelöste Stimmung im Keim.

    „Können wir uns jetzt über den Fall unterhalten?" Der erste Schluck des heißen Kaffees pumpte das Koffein regelrecht durch meinen Körper und ich spürte nahezu sofort die aufputschende Wirkung.

    „Natürlich." Jamey zog einen Notizblock heraus und begann, seine Aufzeichnungen durchzusehen.

    „Lass uns mit der Kastration beginnen", schlug ich vor.

    „Lieber nicht."

    Ich rollte mit den Augen. „Du bist nicht witzig. Wir könnten es mit einer zweiten Lorena Bobbitt zu tun haben."

    „Oh Gott, bring Chelsea nicht auf Ideen."

    Als ich ihm einen finsteren Blick zuwarf, hob er abwehrend die Hand. „Tut mir leid, ich bin jetzt völlig ernst." Er richtete sich auf.

    „Diese Art Verstümmelung kommt nicht oft vor. Es könnte tatsächlich ein Fall der Sorte Lorena Bobbitt sein, sagte ich und bezog mich auf die Tat einer geprügelten Ehefrau, die ihrem gewalttätigen Mann den Schwanz abgeschnitten hatte. „Ich vermute jedoch, der Mörder wollte sich für irgendwas Sexuelles rächen. Vergewaltigung, Belästigung, Missbrauch.

    „Das Opfer könnte stellvertretend für jemanden stehen. In Australien gab es einen Serienmörder, der Männer in dunkle Gassen gelockt, sie erstochen und dann kastriert hat. Er wollte sich an dem Kerl rächen, der ihn als Kind vergewaltigt hatte."

    „Es ist viel zu früh, um über einen Serienmörder zu nachzudenken."

    „Das meinte ich nicht. Ich nahm noch einen Schluck Kaffee. „Ich habe nur an Fälle gedacht, wo es um Kastrationen ging.

    „Woher zum Kuckuck weißt du von einem Serienmörder in Australien?"

    Ich zuckte mit den Schultern und rieb mein Ohrläppchen. „Serienmörder interessieren mich."

    „Du brauchst ein anderes Hobby, Peter. Du solltest dieses Zeug nicht mit nach Hause nehmen. "

    „Ach, bitte, entgegnete ich. „Nimm dir deinen eigenen Rat zu Herzen. Erinnerst du dich an den Bartley Mord? Du hast die Akte jeden Abend mitgenommen.

    „Ja, und Chelsea hat es mir monatelang vorgehalten. Wenn ich dir einen Rat geben darf, Peter: Mach es nicht wie ich."

    „Ihr seid schon ziemlich lange verheiratet. Du meine Güte, ihr seid zusammen, seit ihr neunzehn wart, und habt euch nicht getrennt. Irgendwas musst du richtig gemacht haben."

    „Ja, ich habe eine Frau geheiratet, die mir viel mehr Chancen gegeben hat, als ich verdient habe." Er hielt einen Moment inne und klopfte auf seinen Notizblock.

    Ich wartete, ob er ins Detail gehen würde, aber das tat er nicht. Also wandte ich meine Aufmerksamkeit wieder dem Fall zu. „Diese Spekulationen, warum der Typ ermordet wurde, bringen uns nicht weiter. Wir werden auf den forensischen Bericht warten müssen, mindestens ein paar Tage, vielleicht sogar Wochen oder Monate. Lass uns damit beginnen, ihn zu identifizieren, am besten mit ein wenig guter alter Polizeiarbeit."

    „Du meinst, die Gegend abgrasen?"

    Ich nickte und stand auf. „Bist du bereit?"

    „Ja."

    Wir waren schon an der Tür, als die Frau hinter der Theke uns nachrief. „Bye, Peter."

    Ich winkte und trat ins Freie, wo Jamey schon wieder gackerte. „Habe ich erwähnt, dass du ein Arsch bist?"

    Er legte einen Arm um meine Schultern. „Ja, aber du liebst mich dafür."

    Die erste Runde sollte uns einfach ein Gefühl für die Gegend vermitteln. Das war unsere übliche Vorgehensweise, wir mussten uns nicht erst absprechen. Also liefen wir nahe dem Fundort durch den Elliott Bay Park, dann weiter zur Bell Harbor Marina. Ich registrierte, wo die Obdachlosen saßen oder schliefen, welche Restaurants und Geschäfte in der Nähe waren und wie viele Boote vertäut waren. Als wir das Ende des Docks erreicht hatten, hielten wir auf das Büro des Yachthafens zu.

    „Kann ich Ihnen helfen?" Ein älterer Mann stand auf, als wir eintraten.

    „Ich bin Detective Nolan, das ist Detective Tao, sagte Jamey. „Seattle Mordkommission.

    „Geht es um die Leiche, die gefunden wurde?"

    „Ja. Wir brauchen ein paar Informationen, die uns weiterhelfen können. Haben Sie diesen Mann hier schon einmal gesehen?" Jamey zeigte ihm ein Bild unseres Opfers auf seinem Handy.

    „Habe ich noch nie gesehen", antwortete er.

    „Wir glauben, er wurde gegen Mitternacht ermordet, ergänzte ich. „Hat hier letzte Nacht jemand gearbeitet?

    Er schüttelte den Kopf. „Nee, wir arbeiten hier nicht rund um die Uhr. Ist mehr ein Nine-to-five-Job. Aus Sicherheitsgründen sollen die Boote vor Einbruch der Dunkelheit vertäut werden."

    „Wie viele Boote können hier maximal anlegen?"

    „Fünfzig, erwiderte der Mann. „Aber wir sind derzeit nicht mal halb voll.

    „Gibt es jemanden, der an Bord wohnt?"

    „Spontan fallen mir zwei ein."

    „Einer davon auf der Cobalt A40, richtig?", fragte Jamey.

    Der Mann hob den Kopf. „Sie kennen sich mit Booten aus. Sie haben recht. Es gehört Mason Patel. Er ist Gott sei Dank nur am Wochenende hier."

    „Was ist mit ihm?"

    „Er ist ein junger Partylöwe. Macht gern eine Menge Lärm und Unordnung. Die Leute beschweren sich dann bei mir. Allerdings muss man ihm zugutehalten, dass er seinen Dreck auch wieder wegräumt. Zum Glück bin ich derzeit nicht voll."

    „Wer ist die andere Person, die auf dem Boot lebt?"

    „Deanna Harmon."

    „Wir müssen mit beiden sprechen."

    Da Jamey wusste, wo die Cobalt lag, ließen wir uns lediglich die Nummer des Anlegers der Frau geben, bevor Jamey eine Visitenkarte deponierte und wir das Hafenbüro in Richtung Mason Patel verließen.

    „Woher kennst du den Namen und die Nummer des Modells?", wollte ich wissen.

    „Mein Vater hat so eins."

    Manchmal vergaß ich, dass Jamey aus einer wohlhabenden Familie kam. Er war mit Geld, mit viel Geld, aufgewachsen und man hatte erwartet, dass er in die Fußstapfen seines Vaters treten würde. Jameys Vater, James Howard Nolan der Dritte, war im Vorstand einer angesehenen Investmentgruppe. Jamey, James Howard Nolan der Vierte, um genau zu sein, war sein Erstgeborener und galt als schwarzes Schaf der Familie, da er sich entschieden hatte, ein Cop zu werden – zum Glück für die Bevölkerung von Seattle. Mein Partner war millionenschwer und konnte sich alles leisten. Er jedoch hatte sein Geld lediglich dafür verwendet, Chelsea das Haus ihrer Träume zu bauen. Davon abgesehen lebte er aber wie jeder Cop von einem beschissenen Gehalt.

    „Sie ist schön." Ich war nicht leicht zu beeindrucken, aber die zwölf Meter lange Sportjacht, die inzwischen vor uns lag, war eindrucksvoll.

    „Du solltest erleben, wie sie sich auf dem Wasser anfühlt. So viel Power."

    „Warum kaufst du dir nicht deine eigene? Gott weiß, du könntest es. Und es ist ja nicht so, als ob du dir sonst je was gönnst."

    „Ich habe in letzter Zeit darüber nachgedacht, sagte Jamey und drehte seinen Ehering. „Besonders jetzt, wo ich …

    „Jetzt, wo du was?", hakte ich vorsichtig nach.

    „Vergiss es. Lass uns sehen, ob der Typ zu Hause ist. Er legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief: „Hallo! Ist jemand auf dem Boot? Bitte um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen.

    Wenige Augenblicke später tauchte aus dem unteren Deck ein Kopf auf. „Was wollen Sie?" Das schwarze Haar des jungen Mannes war wirr, seine Augen blutunterlaufen.

    „Sind Sie Mason Patel?", fragte ich.

    „Wer zum Teufel will das wissen?"

    „Die Seattle Mordkommission."

    In den Augen des Typen flackerte Angst auf, als Jamey und ich unsere Marken hochhielten. Er kam misstrauisch an die Oberfläche.

    „Habe ich etwas angestellt, Officers? Ich hatte letzte Nacht nur ein paar Freunde zu Besuch, aber wir waren nicht besonders laut."

    „Dürfen wir an Bord kommen?", wiederholte Jamey.

    „Ähm, ja, natürlich."

    Jamey sprang leichtfüßig über das Wasser. Ich hatte trotz aller Vorsicht wesentlich mehr Mühe, nicht auf meinem Hintern zu landen, als meine Füße die nassen Planken des Bootes berührten.

    „Sind Sie Mason Patel?", fragte Jamey noch einmal.

    „Ja. Brauchen Sie einen Ausweis oder so was?"

    „Das wird nicht nötig sein, erklärte ich. „Wir wollen Ihnen nur ein paar Fragen stellen. Es ist uns egal, was Sie gestern getan haben.

    „Oh, gut." Er seufzte und fuhr sich mit der Hand durch das Haar, was es nicht besser machte.

    „Wo waren Sie gestern gegen Mitternacht? Es hat hier einen Mord gegeben", begann Jamey.

    „Ich war genau hier, auf dem Boot, mit etwa zehn Leuten."

    Zehn? Das war seine Vorstellung von ein paar Freunden?

    „Haben Sie zufällig diesen Mann gesehen?" Jamey zeigte Mason das Foto des Opfers.

    „Kommt mir nicht bekannt vor. Aber ich habe mich auch nicht nach Jungs umgesehen, wenn Sie verstehen. Er grinste. „Es waren ein paar Mädels da, die meine ganze Aufmerksamkeit forderten.

    „Ist Ihnen sonst irgendjemand aufgefallen letzte Nacht?"

    Er schüttelte den Kopf, stoppte aber mitten in der Bewegung. „Warten Sie. Doch, hätte ich fast vergessen. Da war diese Braut, als ich gegen elf Bier holen war. Sie stand in der Nähe des Büros. Als ich wiederkam, war sie zum Ende des Docks gegangen. Stand nur da und starrte aufs Wasser."

    „Haben Sie mit ihr gesprochen?", erkundigte ich mich.

    „Ich habe es versucht. Hab sie gefragt, ob sie zur Party kommen will. Aber sie hat nur den Kopf geschüttelt und sich weggedreht."

    „Wie hat sie ausgesehen?"

    „Ich konnte nicht wirklich viel von ihr sehen, weil sie eine Kapuze aufhatte. Aber sie war nicht groß. Vielleicht 1,68m, höchstens. Klein und zierlich. Genau, wie ich sie mag." Er grinste.

    Jamey nickte und zwinkerte verschwörerisch. „Können Sie uns sonst noch irgendwas über sie sagen?"

    „Sie hatte rotes Haar. Das konnte ich unter ihrer Kapuze erkennen."

    Ich gab Mason meine Karte. „Rufen Sie mich an, wenn Ihnen noch etwas einfällt."

    Er nahm sie und sah mich fragend an. „Hey, sollte ich mir Sorgen machen, dass, wer auch immer diesen Typen getötet hat, es wieder tun könnte?"

    „Ich schlage vor, Sie verbringen vorerst nur Zeit mit Leuten, die Sie kennen", orakelte Jamie.

    „Wie zum Teufel soll ich so neue Frauen kennenlernen?"

    Jamey zuckte mit den Schultern. „Dem Toten hat jemand den Schwanz abgeschnitten."

    Mason wurde bleich und für einen Moment hatte ich Angst, er würde umkippen.

    „Seien Sie einfach vorsichtig", sagte ich, als Jamey und ich von der Yacht sprangen.

    Als wir außer Hörweite waren, begann Jamey glucksend zu lachen. „Hast du sein Gesicht gesehen, als ich sagte, dass dem Opfer der Schwanz abgeschnitten wurde?"

    „Ja, ich dachte, er macht sich gleich in die Hose." Ich schmunzelte und wartete, bis Jamey sich wieder unter Kontrolle hatte.

    „Ich frage mich, ob diese Rothaarige Deanna Harmon ist", sagte ich.

    „Lass es uns rausfinden."

    Ihr Boot war nett, aber nicht annähernd so eindrucksvoll wie die Cobalt. Acht Meter und mindestens zehn Jahre älter als Patels Yacht.

    „Kann ich Ihnen helfen?", fragte eine weibliche Stimme hinter uns.

    Überrascht drehten wir uns um und zückten gleichzeitig unsere Marken.

    „Detectives Nolan und Tao, sagte Jamey. „Wir möchten Ihnen ein paar Fragen stellen. Sind Sie Deanna Harmon?

    Sie nickte.

    Sie war definitiv nicht die junge Rothaarige, die Patel gesehen hatte. Diese Frau war um die sechzig und hatte kurzes, dunkles Haar.

    „Haben Sie diesen Mann schon einmal gesehen?", fragte Jamey wieder und zeigte das Bild auf seinem Handy.

    Sie betrachtete es aufmerksam durch ihre Brille, schüttelte dann aber den Kopf. „Kommt mir nicht bekannt vor. Warum fragen Sie?"

    „Er wurde gestern gegen Mitternacht ermordet:"

    „Oh." Sie schnappte nach Luft und legte eine Hand auf ihr Herz.

    „Wo waren Sie um diese Zeit?"

    „Mitternacht? Da war ich schon fast drei Stunden im Bett. Ich bleibe nie lange auf."

    „Haben sie gestern Abend oder heute Morgen jemanden gesehen, der Ihnen verdächtig vorkam?"

    „Nicht dass ich wüsste."

    Wir stellten ihr noch ein paar Fragen, bevor wir uns verabschiedeten – nicht ohne auch ihr eine Visitenkarte mit der Bitte um Rückruf zu hinterlassen, wenn sie sich doch noch an etwas erinnern sollte.

    Jamey und ich gingen am Dock entlang zurück.

    „Die zierliche Rothaarige ist im Moment unsere einzige Spur, fasste ich zusammen. „Das ist ziemlich dünn und viel zu wenig für eine Suchmeldung.

    „Wie sollte eine so kleine Frau das Opfer überwältigt haben?, fragte Jamey. „Der Typ war nicht groß, aber ich nehme an, gegen eine Frau hätte er sich verteidigen können.

    „Jill sagt, das Messer am Hals wäre schnell gewesen. Sie könnte ihn überrascht haben. Wenn er rasch starb, hätte sie nur seine Hose öffnen, einen schnellen, sauberen Schnitt machen und verschwinden müssen. Es sieht nicht so aus, als wäre die Leiche bewegt worden."

    „Ich weiß nicht. Jamey schnitt eine Grimasse und schüttelte den Kopf. „Es fällt mir schwer, mir vorzustellen, dass es eine Frau war. Ich vermute eher einen Mann hinter der Tat. Vielleicht hat unser Opfer etwas mit der Freundin eines Anderen angefangen und der Freund hat sich gerächt.

    Ich zuckte mit den Schultern. „Wir können stundenlang was wäre, wenn spielen. Solange wir nicht mehr Informationen haben, halte ich mich an die Rothaarige, zumindest als mögliche Zeugin."

    Zum Abschluss unserer Runde klapperten Jamey und ich die wenigen Restaurants und Geschäfte der Bell Harbour Marina ab, zeigten das Foto unseres Opfers und fragten nach einer rothaarigen Frau. Da die meisten Läden spätestens um elf schlossen, waren zur Tatzeit nur noch vereinzelt Leute vor Ort gewesen. Wie gewöhnlich hatte niemand etwas gesehen.

    Auf dem Rückweg zum Elliott Bay Park, wo wir unsere Autos abgestellt hatten, fielen mir zwei Obdachlose auf, etwa 30 Meter vom Fundort der Leiche entfernt. Eine Frau mit strähnigem, blondem Haar saß aufrecht auf einer Wiese, während ein Mann neben ihr schlief. Wenn ich eines von Jamey gelernt hatte, dann, dass Menschen, die auf der Straße lebten, oft die wertvollste Informationsquelle waren. Von anderen meist ignoriert, nahmen sie nicht selten alles wahr, was rund um sie geschah.

    „Willst du mit ihnen reden?", fragte Jamey.

    Ich nickte.

    „Ich muss mal zur Toilette, erklärte er. „Bin gleich wieder zurück.

    Ich näherte mich der Frau und ging in die Hocke. „Kann ich Sie etwas fragen?"

    Sie glotzte mich an und ihr vom Meth-Konsum gezeichneter Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. „Fragen kannste, aber das heißt nicht, dass ich auch antworte."

    Schmunzelnd zeigte ich ihr das Foto unseres Opfers. „Haben Sie diesen Mann gesehen?"

    Sie blinzelte, schüttelte aber den Kopf. „Kommt mir nicht bekannt vor. Ich bin aber auch noch nicht so lange da. Sie deutete auf den schlafenden Typen neben sich. „Er ist meistens hier.

    „Glauben Sie, Sie können ihn wecken?"

    „Manny." Sie verpasste ihm eine derbe Kopfnuss, die ihn augenblicklich in die Höhe schießen ließ.

    „Was zum Teufel …?"

    „Der Cop hier hat ’ne Frage an dich."

    Manny sah sie finster an, bevor er sich zu mir drehte. „Was wollen Sie?"

    „Haben Sie diesen Mann gesehen?" Ich hielt ihm das Bild hin.

    Er starrte es an und nickte dann. „Ja, der Typ war letzte Nacht hier. Der lief hier rum. Ging nervös auf und ab, als wäre was nicht in Ordnung, wissen Sie?"

    „Haben Sie mit ihm gesprochen?"

    „Ich fragte ihn, ob er ’ne Kippe hätte. Aber er meinte, er würde nicht rauchen. Hat mir aber ’nen Fünfer gegeben."

    „Hat er gesagt, weshalb er hier war?"

    Der Mann zuckte mit den Schultern. „Hab ihn nicht gefragt. Aber ich denke, er wollte jemanden treffen. Hat sich jeden genau angeguckt, der vorbeikam und hat immer wieder auf die Uhr gesehen."

    „Haben Sie ihn denn mit jemandem zusammen gesehen?"

    „Nee. Ich bin dann aber los, um was zu essen zu kaufen. Als ich wiederkam, war er weg."

    „Um welche Zeit war das?"

    Er rieb sich über das Gesicht und dachte nach. „Gegen elf."

    „Wie lange waren Sie weg?"

    „’ne halbe Stunde vielleicht."

    „Und als sie zurückkamen, war niemand mehr da?"

    „Nö."

    „Haben Sie zufällig eine kleine, rothaarige Frau gesehen?"

    Die gleiche Antwort.

    „Haben Sie hier geschlafen?"

    Manny schüttelte den Kopf. „Hatte beschlossen, mir einen geschützten Platz zu suchen. Sah irgendwie

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