Bittersüße Pralinés
Von Gabriele Helbig
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Über dieses E-Book
Der Leser kann in verschiedene Welten eintauchen und sie genießen, Vollmilch oder Bitter-Chili, Fondant oder harte Nuss, immer mit leichter Hand und viel Humor erzählt.
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Buchvorschau
Bittersüße Pralinés - Gabriele Helbig
werden.
Kurzinhalt
Pralinen sind für besondere Momente. Auch diese Geschichten eignen sich als Belohnung nach einem anstrengenden Tag, als Entspannung und Urlaubslektüre. Sie sind verschieden lang und passen sich fast jeder Gemütslage an: Heiter und locker wird über Hunde und Liebe erzählt, verschmitzt über „Das Erste Mal" berichtet, märchenhaft taucht man in die Welt alter Möbelstücke ein, eine alte irische Postmeisterin klärt eine Entführung auf – aber es geht auch horrormäßig unter die Haut, wenn harmlose Touristen zu Mordwerkzeugen von Maori-Geistern werden.
Der Leser kann in verschiedene Welten eintauchen und sie genießen, Vollmilch oder Bitter-Chili, Fondant oder harte Nuss, immer mit leichter Hand und viel Humor erzählt.
Über die Autorin
Gabriele Helbig ist seit dem fünften Lebensjahr Berlinerin – und das mit Zwischenspielen in Kalifornien und Irland auch gern geblieben. Da ihre Familie erst einen Fernsehapparat anschaffte, als sie schon 14 Jahre alt war, konnte sie viele Bücher lesen. Das Lesen hat sie auch später nicht verlernt und es ist nach wie vor ihre Lieblingsbeschäftigung. Nicht einmal ein Studium, in dem Literatur wissenschaftlich betrachtet wurde, konnte diese Vorliebe zerstören.
Das Hobby Singen
bestimmt seit Mitte der 80'er Jahre ihre Freizeit. Als Herausgeberin der Vierteljahresschrift Berliner Chorspiegel
hat Gabriele Helbig mehr als zehn Jahre lang über die Berliner Chorszene geschrieben. Ihre Rezensionen und Kurzgeschichten haben ein so positives Echo gefunden, dass sie angefangen hat, Belletristik zu schreiben.
Das erste Mal
Ich hatte es nicht geplant. Wirklich nicht. Alle meine Freundinnen hatten es - zum Teil schon seit sehr langer Zeit - hinter sich.
Manche beneideten mich, weil ich noch so intakt war. Viele wussten auch nicht, dass ich eigentlich nicht mitreden konnte, wenn die Sprache darauf kam. Ich guckte immer so verständig, nickte und grinste zur rechten Zeit, verzog auch das Gesicht, wenn die Eingeweihten auf die Schmerzen zu sprechen kamen. Und komischerweise sprachen sie irgendwann alle davon. Besonders dann, wenn sie ahnten, merkten oder gar wussten, dass ich ihre Erfahrungen noch vor mir hatte. Meine liebste, überaus um mich besorgte Freundin Jeanette zum Beispiel erging sich in geradezu blutrünstigen Details. Sie vergaß auch nicht, die nerven- und geldraubenden Folgeerscheinungen in aller Deutlichkeit hervorzuheben. Ach, wie ich sie dann liebte!
Sorgen machte ich mir keine. Es gab ja genug andere Bereiche, in denen ich auch nicht so war wie alle anderen. Ich konnte warten. Doch es kam der Tag, an dem ich nicht mehr die Augen verschließen konnte. Ich konnte meine „diesmal-noch-ohne-mich"- Attitüde nicht mehr aufrechterhalten. Ich war dran.
Mein Tatgehilfe - Komplize klingt zu verschwörerisch - würde alles gut machen. Da war ich sicher. Ich hatte ihn sorgfältig ausgewählt, kannte ihn aus gemeinsamen Studenten-Zeiten. Er war mir schon damals als besonders sensibel und einfühlsam erschienen. Seine Konkurrenten waren zum Teil viel älter. Ich kannte sie aus beruflichen Zusammenhängen oder rein gesellschaftlich. Alle waren wohl situiert - aber das war kein gültiges Kriterium.
Ich entschied mich also für Dieter. Er hatte auch die Erfahrung, die ich mir wünschte. (Meine Freundinnen versicherten ungefragt, wie wichtig das sei!)
Als ich Dieter an dem vereinbarten Tag traf, war er gleich sehr lieb zu mir. Er wusste, worum es ging, wusste, dass es mein erstes Mal sein würde. Er machte kleine Scherze und versicherte mir, dass es jetzt höchste Zeit wäre. „Wat mut dat mut!" Mit seinem Lebens-Motto wollte er mich beruhigen. Ich vertraute ihm und ließ mich zum Sessel führen, doch mit Pudding in den Knien. Die ledernen Polster gaben nach, ich fand mich in liegender Position wieder. Die Lampe blendete mich, aber nicht nur deswegen schloss ich die Augen. So genau wollte ich nicht wissen, was geschah, wollte seine Vorbereitungen nicht sehen.
„Es tut nur ein bisschen weh jetzt, wirklich nur einen Augenblick." Dieter war rührend und stach zu.
Es tat wirklich nur so wenig weh wie sonst, wenn gebohrt wurde. Klar, die Spritze war dieselbe. Wir machten Smalltalk, bis die Backe gefühllos war. Dieter nahm die Zange und setzte sie an. Ein widerliches Geräusch durchdrang mich bis in die letzten Nervenenden, ein Ruck, ein Zisch, ein ekliger Geruch - das war’s. Jetzt war ich auch eingeweiht. Dieter schenkte mir das in Alkohol eingelegte Corpus Delicti. Es stand lange im Setzkasten - ohne die Gesellschaft seines Pendants. Mit dem war ich nicht so zimperlich. Es wurde unzeremoniell entfernt und anonym entsorgt. Vom Zahnarzt an der Ecke. War ja nicht das erste Mal ...
Das ging unter die Haut
Der Krug der Ahnen war entweiht worden. Weit entfernt von den Gräbern der Altvorderen. Die Geister brauchten eine Manifestation. Sie begaben sich auf die Suche. Sie fanden vier geeignete Körper. Diese würden die Hüllen sein und den Auftrag erfüllen. Sie schickten ihren Boten.
Keao sprach den blonden Europäer am Strand an. Er zeigte ihm seine Tribal-Tattoos und ließ sie ihn lächelnd mit dem schmächtigen Ornament auf dessen weißer Wade vergleichen. Er beeindruckte den jungen Fremden. Andere Touristen kamen hinzu, bewunderten Keaos Körperschmuck. Er bot ihnen an, sie mit magischen Tattoos zu beschenken. Die jungen Deutschen waren skeptisch und erkundigten sich über den seltsamen Tätowierten. Voller Ehrfurcht wurde ihnen bestätigt, er sei der Meister aller Meister.
Zu viert fuhren die jungen Leute zum Meistertätowierer. Unterwegs auf Maui. Noch fuhren sie im gemieteten SUV die berühmte Straße nach Hãna bergauf. Gregor zählte die Wegweiser zu den Aussichtspunkten. Am siebenten sollten sie parken und von dort aus zu Fuß den Angaben folgen, die Keao Apio ihnen gegeben hatte.
Sibylle wurde nervös. Die Straße war haarsträubend eng und steil, oft einspurig und immer unheimlich. Der dichte Dschungel rückte ihr zu nahe. Die Vorstellung, zu Fuß die letzte Meile gehen zu müssen, machte sie schon hier im sicheren Auto fertig. Sie rückte näher an ihre Lebensgefährtin heran.
„Anne, bist du sicher, dass wir da mitmachen? Im Urwald von einem Voodoo Priester ein Tattoo zu bekommen, ist ja irgendwie toll, aber … außer uns weiß das ja niemand. Wir sollten es doch am Strand stechen lassen. Da ist es wenigstens keimfrei. Ich glaube, ich will nicht mehr."
„Halt die Klappe, Sibylle, wir sind da alle gemeinsam drin. Keao macht eine große Ausnahme für uns. Er ist ein heiliger Mann und behandelt sonst nur Mitglieder seines Volkes. Wir können froh sein, dass wir ihn am Strand getroffen haben."
„Ich habe aber Schiss, mir ist das zu gefährlich." Sibylles Unterlippe zitterte verdächtig.
Bevor sie zu weinen anfangen konnte, stieß Anne ihr den Ellenbogen in die Seite und sagte: „Wenn du dich jetzt nicht zusammenreißt, ist es aus mit uns. Mit so einer Heulsuse will ich nicht zusammen sein."
„Was ist denn da hinten los? Gut gelaunt drehte sich Alex, der Fahrer, um. Sein Lächeln war wie immer ansteckend. „Ihr beiden erinnert mich an unsere Urlaubsreisen früher. Meine Eltern sind von meiner Schwester und mir auf den Fahrten endlos genervt worden. Das nahm kein Ende. Also los, sagt schon: Müsst ihr pullern, wollt ihr trinken oder wissen, wann wir endlich da sind?
Sein Partner Gregor stimmte in Alex‘ Gelächter ein und drehte sich zu den jungen Frauen auf