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Nichts ist besser als das Leben
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eBook173 Seiten2 Stunden

Nichts ist besser als das Leben

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Über dieses E-Book

Kurz vor der Rente verwandelt sich der gewöhnliche Alltag des braven Angestellten Ernst Richter in einen Höllentrip. Plötzlich steht er im Mittelpunkt dunkler Mächte. Warum wird er gejagt, überwältigt und entführt? Weshalb soll er für ein unglaubliches Experiment missbraucht werden? Welches unfassbare Geheimnis ist mit ihm seit seiner Geburt verknüpft? Nach der fantastischen Reise durch eine Parallelwelt kommt Ernst Richter dem Rätsel auf die Spur.
SpracheDeutsch
Herausgeber110th
Erscheinungsdatum24. Nov. 2014
ISBN9783958652880
Nichts ist besser als das Leben

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    Buchvorschau

    Nichts ist besser als das Leben - Kai Beisswenger

    werden.

    Vorrede

    Je länger ich über meinen spontanen Ausflug nachdenke, umso mehr zweifle ich an meinem Verstand. Warum bin ich heute Morgen mit dem Intercity von Düsseldorf nach Frankfurt gefahren? Weshalb sitze ich in einem Wirtshaus, das ich in einem Film entdeckt habe, dessen Drehbuch auf meinen fragwürdigen Träumen basiert? Die Vorgeschichte ist so merkwürdig, dass ich mit dem Kopf schüttle, was der junge Mann am Nebentisch, der mich für einen einsamen alten Kauz halten mag, mit einem Stirnrunzeln quittiert. Ich proste ihm zu, doch er winkt ab. Ich kann es kaum glauben. Ich bin hier, weil mein Zwillingsbruder, der nie geboren wurde, in diesem Lokal, allerdings in einer anderen Welt, einige Sternstunden seines Lebens verbracht hat. Heute ist Samstag, der 30. Januar 2010 und just in diesem Moment könnte mein Bruder an meiner statt auf diesem Stuhl hocken, allerdings in einem anderen Universum. Jeder normale Mensch muss denken, ich sei ein Fall für die Klapse.

    Obwohl ich die Kneipe nur im Film gesehen habe, fühle ich mich, als ob ich Stammgast wäre. Vor meiner Abreise überprüfte ich, ob die Gaststube auch in meiner Welt vorhanden ist. Und siehe da: Die Stalburg im Frankfurter Nordend ist eine Apfelweinwirtschaft aus dem Jahre 1876, die in dritter Generation der Familie Reuter gehört. Am Tisch hinter dem Kanonenofen habe ich mich niedergelassen, vor mir das zweite Bier, denn mit Äbbelwoi konnte ich mich nie anfreunden. Wie kann man so etwas mögen?

    Nebenan strömen Besucher in ein kleines Theater und ich lache in mich hinein, denn im Augenblick fühle ich mich nicht nur als Gast, sondern auch als Darsteller eines Schauspiels. Also noch mal, ganz langsam: Ich bin an einem Ort, wo ich noch nie war, und fühle mich so heimisch, als wäre ich mein ganzes Leben hier ein und aus gegangen.

    Da stellt sich einem doch augenblicklich die Frage, ob ich überhaupt weiß, wo ich hingehöre. Wo bin ich wirklich? Ich rekapituliere: Mein Name ist Ernst Richter, ich bin fünfundsechzig Jahre alt und fühle mich wie ein altes Eisen, das bald eingeschmolzen wird.

    Gut, gehen wir chronologisch vor. Den ersten Schock erlebte ich schon vor meiner Geburt, als mein Zwillingsbruder, der ein paar Minuten vor mir das Licht der Welt erblicken sollte, seine Geburt verweigerte. Also musste ich den Sprung alleine wagen, in eine Welt hinein, die vor dem Untergang stand. Meinen Vater habe ich nie kennengelernt, denn er fiel fürs Tausendjährige Reich, tragischerweise, kurz bevor es nach zwölf Jahren endlich unterging. Meine Kindheit verbrachte ich dreißig Kilometer nördlich von hier, im Haus meiner Großeltern in einem urigen Taunusstädtchen. Vor meinem achten Geburtstag packten wir unsere Habseligkeiten zusammen und zogen nach Düsseldorf, denn mein Stiefvater hatte 1952 einen Job bei Henkel gefunden. Er war Koch und brachte es später noch zum Chefkoch der Betriebskantine. Wenige Wochen nach seiner Beförderung starb er an einem Herzinfarkt.

    Ich war kein guter Schüler. Die Note „sehr gut" hätte ich nur im Fälschen der Unterschrift meiner Mutter verdient, die ich schon in der dritten Klasse besser hinbekam als sie. Mit viel Mühe schleppte ich mich zur Mittleren Reife. Ich hatte Pech, denn ich wurde für achtzehn Monate in eine Uniform gesteckt, während meine Kameraden, die etwas älter waren als ich, nur ein Jahr oder fünfzehn Monate dienen mussten. Doch beklagen konnte ich mich wirklich nicht, denn die Schrecken eines Krieges, die meinem Vater den Kopf kosteten, blieben mir zum Glück erspart. So leistete ich meinen Wehrdienst bei den Pionieren in Hannoversch Münden, einem Kaff zwischen Kassel und Göttingen. Zum Mann wurde ich erst, als ich in einem Soldatenpuff meine Unschuld verlor, was Anfang der sechziger Jahre nicht unüblich war. Nach dem Bund, wie er genannt wurde, absolvierte ich in Düsseldorf eine Ausbildung zum Kaufmann. Mit Glück und Beharrlichkeit arbeitete ich mich unaufhaltsam nach oben. Bis vor sechs Monaten war ich leitender Angestellter eines kleinen japanischen Unternehmens, dann wurde ich wohl oder übel in die Rente abgeschoben. Man könnte meinen, ich habe ein stinknormales Leben geführt, zumindest bis zum vierundsechzigsten Geburtstag. An jenem Tag erlebte ich meine zweite Geburt, denn notgedrungen musste ich den ungewöhnlichsten Nebenjob der Welt annehmen, seltsamerweise kurz vor dem Ruhestand. Genau genommen war es auch keine Beschäftigung, die dem Broterwerb diente, es war eher ein außergewöhnliches Abenteuer.

    Was habe ich gelernt in meinem Leben? Dass Zufälle die Geschichte bestimmen könnten? Dass wir in verschiedenen Welten leben würden, was bedeutet, dass sich mein Leben jetzt hier realisierte, während weitere meiner Lebenszeiten auch in anderen Sphären abliefen? Und dass ein einziges unbedeutendes Ereignis ein Leben komplett umkrempeln kann? Vor zwei Jahren hätte ich mir diese Fragen so nicht gestellt. Heute sehe ich die Welt mit anderen Augen. Ein Mensch, den man aus dem Spiel des Lebens entfernt, indem man ihm verbietet, über Los zu gehen, verändert alles, die Geschichte jedes Menschen in allen Welten. Das mag seltsam klingen, doch der Leser sollte sich noch etwas gedulden mit seinem abschließenden Urteil, zumindest so lange, bis ich meine Erzählung vorgetragen habe.

    Noch ein paar Worte zu meiner Person, bevor wir uns in meine unglaublichen Erlebnisse stürzen. Ich war nur wenige Jahre mit einer Frau verheiratet, die von Anfang an nicht zu mir passte. Die vornehme Dame, mit der ich gerne meine Rente verbringen wollte, hat mich verschmäht. Und das unerreichbare Wesen, das ich auf Händen getragen hätte, hat meinen Bruder in der Parallelwelt geheiratet.

    Warum bin ich an diesem Ort? Weil ich glaubte, die beiden Welten träfen sich hier am gleichen Tag zur selben Zeit und ich würde meinem ungeborenen Bruder wieder begegnen? Dachte ich wirklich, ich könnte ihm verzeihen, weil er meinen frühen Tod in seiner Welt verursacht hat? Würde ich meinem Bruder, den ich hier nie gehabt hatte, endlich vergeben, dass er mich in den Tod getrieben hat, allerdings in einem anderen Universum? Wie naiv bin ich denn? Nein, es war eher ein sentimentales Gefühl, das mich hierherführte, das weiß ich jetzt. Trotzdem bin ich froh, dass ich hier sitze und zum ersten Mal bin ich wirklich stolz auf mich. Richtig gelebt habe ich nur die letzten achtzehn Monate und ich habe auf unglaubliche Weise meinen verlorenen Zwillingsbruder wiedergefunden. Ich trinke mein Glas leer und lasse meinen Blick durch die Schenke schweifen, die so gar nicht in die heutige Zeit passt. Schließlich bleibt er an dem beleibten Mann hinter dem Tresen hängen. „Herr Reuter, noch ein Starkbier!"

    Der Wirt schaut von der Theke auf, zapft ein Bier, stellt es auf meinen Tisch und mustert mich. „Woher kennen Sie mich?"

    Ich blicke dem Mann in die Augen, nicke ihm zu und sage mit zitternder Stimme: „Das ist eine lange Geschichte …"

    Kapitel 1 Der Überfall

    1

    Düsseldorf, Immermannhof, Freitagabend, 18.07.2008

    Warum arbeite ich noch, ich könne es mir doch gemütlich machen? Mit vierundsechzig Jahren habe ich den Ruhestand redlich verdient, jetzt sei ein guter Zeitpunkt, die Jungen ranzulassen, man werde auch ohne mich auskommen, ohnehin komme mein Abschied spätestens in einem Jahr, da könne ich auch sofort Nägel mit Köpfen machen, schließlich sei ein Ende mit Schrecken immerhin besser als ein Schrecken ohne Ende. Mein Kollege, verantwortlich für die kaufmännische Leitung, mit dem ich als Vertriebsleiter nicht immer an einem Strang ziehe, wie er es auszudrücken pflegte, vermieste mir lustvoll die Laune, weil er etwas offenbarte, an dem ich schwer zu knabbern hatte. Es fiel mir schwer, zu akzeptieren, dass ich für unseren zwanzigjährigen Auszubildenden bereits ein alter Sack war. Lag es an dem Sekt, den ich meinen Kollegen am

    Freitagnachmittag anlässlich meines vierundsechzigsten Geburtstages kredenzt hatte, oder spürte ich bereits das Unheil, das sich über mir zusammenbraute? Mit einem Schlag war mir flau im Magen.

    Ich würde sie vermissen. Meinen japanischen Chef, der als Aufpasser und Sprachrohr zur Zentrale fungierte, die Geschäfte jedoch meinem Kollegen, der mich am liebsten sofort loswerden wollte, und mir überließ, um sich auf die Verbesserung seines Golfhandicaps zu konzentrieren. Meine Vertriebsmannschaft, die Damen vom Innendienst und die Jungs der Service-Abteilung - sie alle würden mir fehlen. Ich schob meine melancholischen Gefühle beiseite, trank mein Glas leer, verabschiedete mich und eilte vom Besprechungsraum ins Großraumbüro. Dort schaltete ich den Computer ab, warf mein Jackett über und nahm den Aufzug in die Tiefgarage. Unten angekommen, drückte ich auf die Fernbedienung. Der Wagen öffnete sich und ich stieg ein.

    Ich wollte gerade den Motor anlassen, da zuckte ich zusammen. Reifen quietschten und eine Limousine kam quer vor meinem Toyota zum Stehen. Zwei identische Typen in dunklen Anzügen, die Gesichter hinter Sonnenbrillen versteckt, fixierten mich. Auf der Stelle fühlte ich mich bedroht. Der Beifahrer stieg aus und tänzelte geschmeidig um die Front des Wagens herum meiner Fahrertür entgegen. So bewegt sich ein Einzelkämpfer, schoss es mir durch den Kopf. Der Typ war nicht harmlos, der führte bestimmt Böses im Schilde. Unerwartet kaltblütig schlüpfte ich aus dem Auto. Als der Mann einen halben Meter von mir entfernt war, rammte ich ihm meinen Aktenkoffer in den Bauch. Er schrie auf und stürzte zu Boden. Ich ließ den Koffer fallen und rannte so schnell ich konnte zum Ausgang. Dabei zog ich meine Chipkarte aus der Jacketttasche. Vor der Tür drehte ich mich um. Unterdessen war der Fahrer ausgestiegen und mein Opfer rappelte sich auf. Mit zitternden Händen presste ich die Karte auf den Kartenleser und zählte die Sekunden. Zum Glück summte es sogleich. Ich riss die Stahltür auf, stürzte hindurch und drückte die Aufzugtaste. Hinter mir fiel die Tür ins Schloss. Einer der beiden Verfolger hämmerte dagegen und fluchte. Ich faltete meine Hände und flehte um einen Aufzug. Es tat sich nichts. War der zweite Lift wie so oft außer Betrieb? Warum dauerte es so lange? Das Hämmern erstarb. Ich hörte Schritte, die sich entfernten. Endlich blinkte der Pfeil nach oben auf, der Fahrstuhl öffnete sich und ich stieg ein. Allein im Lift. U1, fahr doch schneller, nach einer Ewigkeit leuchtete EG auf. Der Fahrstuhl öffnete sich ganz langsam. Niemand stand davor. Ich lugte zur Eingangstür hinüber. Keine verdächtigen Personen in Sicht. Ich hetzte nach draußen, überquerte den Konrad-Adenauer-Platz und lief den Straßenbahngleisen entgegen. Aus den Augenwinkeln erspähte ich den Wagen der zwielichtigen Gestalten. Dass nur Busse und Taxis die Straße befahren durften, kümmerte sie nicht. So verhielten sich Profis. Das erste Gleis überquerte ich einen Moment, bevor eine Tram darüber hinwegfegte. Gleis zwei und Gleis drei konnte ich mühelos passieren, doch am vierten fuhr gerade eine Bahn an. Trotz des schrillen Warnsignals wagte ich, über die Gleise zu springen. Der Fahrer bremste, klingelte, schimpfte und drohte, während ich weiterflitzte. Ich schaute zurück und sah, wie einer der Schergen bereits die Limousine verlassen hatte und die Verfolgung aufnahm. Ich rannte zwei Jugendliche über den Haufen, die obszöne Verwünschungen hinter mir herriefen, und hetzte durch den Bahnhofsnordtunnel an einer Bäckerei vorbei. Unentschlossen blieb ich stehen. Ich schaute nach links zur Treppe hinauf auf den ersten Bahnsteig. Dort fuhren Züge nach Venlo oder nach Kleve. Aber leider erst später. Ich rannte weiter und ließ die nächsten beiden Bahnsteige hinter mir. Auch dort wollte kein Zug sofort abfahren. Am Gleis dreizehn eilten Passanten die Treppe hinunter. Gutes Zeichen! Ich spurtete hinauf. Als ich an der S-Bahn ankam, schlossen sich gerade die Türen. Ich drückte auf den Türknopf. Nichts tat sich. Ich klopfte ans Fenster. Im Abteil erbarmte sich ein Fahrgast und betätigte den Türöffner. Die Tür ging auf, ich schlüpfte hinein und die Bahn fuhr ab. Als ich mich umdrehte, sah ich das enttäuschte Gesicht von einem der Verfolger. Er kam fünf Sekunden zu spät. Gerne hätte ich ihm eine lange Nase gezeigt, aber ich war ja kein Kind mehr. Also setzte ich mich hin und schaute mich im Abteil um.

    Ich sei unterwegs in der S11 zum Flughafen, bestätigte mir eine ältere Dame mit Hut und einem Pudel auf dem Schoß. Zwölf Minuten später kam ich am Flughafen-Terminal an. Ich rannte durch die Ankunftshalle zum Taxistand hinüber. Während ich mich vordrängelte, erntete ich das Kopfschütteln einer kleinen Dicken, die mit einem Regenschirm bewaffnet war. Ich ignorierte sie, zwängte mich in einen freien Wagen und rief dem Fahrer meine Adresse zu. Das hatte ich fürs Erste geschafft.

    Ich zitterte, spürte mein Herz pochen und der Schweiß rann mir den Nacken hinunter. Wer bin ich?, fragte ich mich. Wieso hatte ich jemanden attackiert, von dem ich überhaupt nicht wissen konnte, ob er mich wirklich bedrohte? Warum reagierte ich wie ein Einzelkämpfer, obgleich ich es nur bis zum grünen Gürtel in Karate geschafft hatte? Allerdings vor einer Ewigkeit, denn ich hatte den Anzug samt Gürtel schon vor fünfzig Jahren an den Nagel gehängt. Ich fühlte mich wie eine ferngesteuerte Kampfmaschine und registrierte nun auch noch ein unbestimmtes Bauchflimmern. Intuitiv ahnte ich, dass sich mein Leben ab heute grundsätzlich ändern würde. Während ich aus dem Fenster schaute, fiel mir ein, dass ich am nächsten Morgen schon wieder am Flughafen sein musste. Ich wollte nach Palma de Mallorca fliegen, um anschließend eine Woche lang mit dem Kreuzfahrtschiff durchs Mittelmeer zu schippern. Seitdem ich geschieden war, machte ich jedes Jahr eine Tour mit

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