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Mein Körper ist ein Hotel
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eBook185 Seiten1 Stunde

Mein Körper ist ein Hotel

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Über dieses E-Book

Cora Frost, Performancekünstlerin, Sängerin und Herrendarstellerin, bewegt sich zwischen Nightclubs und Nationaltheater. Ihre Liederabende führen sie bundesweit auf Tournee und weltweit auf Gastspielreisen, u. a. mit Chico César nach São Paulo, ins Opernhaus von Manaus, nach Paris und Amsterdam, mit Tim Fischer durch Syrien, Ägypten und Sudan, als Tänzerin durch Florida, nach Chicago und New York. In ihrem Buch erzählt Cora Frost vom Unterwegssein, von den Versprengten der Nacht, den Wünschen einer Animierdame und dem verbrennenden Feuer der Einsamkeit. Die Reise durch ihr Leben wird flankiert von ihren Liedern und Gedichten, von Zeichnungen und Fotos.

"Cora Frost ist eine Expertin des Bizarren." (FAZ Magazin)

Die Reihe "Es geht auch anders" in der Edition diá:

Gad Beck
Und Gad ging zu David. Die Erinnerungen des Gad Beck
ISBN 9783860345016

Georgette Dee
Gib mir Liebeslied. Chansons Geschichten Aphorismen
ISBN 9783860345061

Cora Frost
Mein Körper ist ein Hotel
ISBN 9783860345078

Ulrich Michael Heissig
Irmgard, Knef und ich. Mein Leben, meine Lieder
ISBN 9783860345085

Lotti Huber
Diese Zitrone hat noch viel Saft. Ein Leben
ISBN 9783860345023

Lotti Huber
Jede Zeit ist meine Zeit. Gespräche
ISBN 9783860345030

Charlotte von Mahlsdorf
Ich bin meine eigene Frau. Ein Leben
ISBN 9783860345047

Napoleon Seyfarth
Schweine müssen nackt sein. Ein Leben mit dem Tod
ISBN 9783860345054
SpracheDeutsch
HerausgeberEdition diá
Erscheinungsdatum10. Dez. 2012
ISBN9783860345078
Mein Körper ist ein Hotel

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    Buchvorschau

    Mein Körper ist ein Hotel - Cora Frost

    Über dieses Buch

    Cora Frost, Performancekünstlerin, Sängerin und Herrendarstellerin, bewegt sich zwischen Nightclubs und Nationaltheater. Ihre Liederabende führen sie bundesweit auf Tournee und weltweit auf Gastspielreisen, u. a. mit Chico César nach São Paulo, ins Opernhaus von Manaus, nach Paris und Amsterdam, mit Tim Fischer durch Syrien, Ägypten und Sudan, als Tänzerin durch Florida, nach Chicago und New York. In ihrem Buch erzählt Cora Frost vom Unterwegssein, von den Versprengten der Nacht, den Wünschen einer Animierdame und dem verbrennenden Feuer der Einsamkeit. Die Reise durch ihr Leben wird flankiert von ihren Liedern und Gedichten, von Zeichnungen und Fotos.

    »Cora Frost ist eine Expertin des Bizarren.« (FAZ Magazin)

    Die Autorin

    1963 in München geboren, tritt Cora Frost seit 1981 als Sängerin mit eigenen Liedern und Texten auf, später mit eigenwillig-schrägen Shows. 1996 Deutscher Kleinkunstpreis. Sie lebt in Berlin und arbeitet als Autorin, Performerin, Schauspielerin und Regisseurin.

    Cora Frost

    Mein Körper ist ein Hotel

    Eingerichtet von Kai Precht

    Edition diá

    Inhalt

    Über dieses Buch

    Werden

    Wie schöne Frauen schmecken

    Intermezzo

    Richtige Männer, richtige Frauen

    Trink und stirb

    Berufen

    Striptease, Gebete und all das

    Nur eine tote Chansonette ist eine gute Chansonette

    Nachtsalon

    Ich geh mit meinem Pianör

    Begegnen

    It’s often zu spät

    Marie

    Bleiben

    München

    Berlin

    Gehen

    Unterwegs

    New York, New York

    Italien

    Brasilien

    Hawaii

    Syrien, Ägypten, Sudan

    Schließen

    Lieder und Texte

    Impressum

    für

    für Gert

    für meine Freunde

    für meine Feinde

    Lob der Reise

    Joseph erlangte auf Reisen

    kostbare Schätze und Glück –

    Hatte er einst nicht geweinet

    beim Abschied voll Traurigkeit?

    Ging Mustafa nicht zur Reise

    nach Jathrib, und fand er nicht dort

    Herrschaft und wurde ein König

    von Hunderten Ländern weit?

    Fehlt dir der Fuß zur Reise,

    so wähle den Weg in dich selbst:

    Nimm auf, dem Rubinschachte gleichend,

    in dich alle Strahlen der Zeit.

    Reise, o Freund, aus dir selber

    und in dein eigenes Herz.

    Maulānā Dschēlaladdīn Rūmī, 1273

    Morgens im Sudan. Ein Sufi-Scheich mit seinem Schüler. Der trägt ein gelbes Hemd – wie eine Teerose – und eine lange Narbe auf seiner rechten Wange. Er ist schüchtern. Dann legt er den Kopf zurück und singt. Sein Gesang ist, wie in einer gelben Rose zu schlafen, tief innen, wo ihr Duft dich betäubt. Er sieht schön aus dabei.

    Nachts sitze ich mit einem Techniker auf dem Hoteldach. In der Nähe stehen Geisterhäuser, in denen Studenten gefoltert werden. Die Lager vor der Stadt sind planiert und ihre Bewohner in die Wüste gekarrt worden. Alle, denen wir begegnen, bilden nach kurzer Zeit mit ihren Händen ein Flugzeug, das wegfliegt.

    Werden

    Wie schöne Frauen schmecken

    Manche sagen, dass ich schockieren will. Aber ich schreie, weil es so wehtut. Schreien ist einfach der Ausdruck von Schmerz. Jacques Brel

    Weihnachten bei meiner Schwester in Schweden. Ein Mann, dessen Frau verschieden ist – das Kleinhirn war ihr abgestorben –, klingelt überall im Haus und kündigt an, dass er drei Stunden schreien wird. Zwischendurch geht er in den Hof und raucht. Ab und zu fragt er bei meiner Schwester nach, ob alles in Ordnung sei. In die Puppenstube meiner Nichten und Neffen schlägt eine Bombe ein. Die Familie wird evakuiert, Vorräte werden gehortet. Mein Schwager Karl singt mit einem Krebskopf auf der Nase Krebslieder. Er lutscht die Tiere, kaut die Füße und spuckt sie wieder aus. Nachts schneit es auf den Seen. Tannen und Birken sehen aus wie verbrannte Gerippe. Rauchgeruch. Meine gesamte Familie schläft während des Gottesdienstes in der Kirche ein. Ein Sonnenuntergang. Brennendes Pulver hinter dem Horizont. Die Schwiegermutter meiner Schwester legt zum Abschied die Hände auf den Ansatz ihrer großen Brüste. Ich schaue auf Örebro, den kleinsten Flughafen der Welt, der unter mir verschwindet. Die Stewardessen tragen weiße Handschuhe wie in Entenhausen, und die Lichter, trollblau, verschwinden. Ich habe Rentierfleisch in meiner Tasche.

    Geboren in München, rechts der Isar, ging ich regelmäßig in die Kirche, bekam Unterricht, sah die vielen Kreuze und verstand sie nicht. Folterszenen sind besonders für Kinder hässlich. Noch immer halte ich es für problematisch, dass das Christentum als Glaubenssymbol das Kreuz gewählt hat. Das Kreuz, an dem ein gefolterter Mann hängt. Mit solch einem drohenden Zeichen aufzuwachsen, finde ich eher befremdlich.

    Mein Urgroßvater war katholischer Priester. Wenn er mit seinem Pferd zur Frau des Dorflehrers geritten kam, ging der Lehrer ins Wirtshaus zum Kartenspielen. Besuchte er sie nicht, fuhr meine Urgroßmutter in einer Kutsche zu ihm. Er starb an einer Blutvergiftung, einer aufgeplatzten Blase, die er während einer Predigt bemerkte. Er wusste sofort, dass er sterben würde, davon zeugt ein kleines Sterbebüchlein mit seinen Eintragungen. Meine Urgroßmutter hatte zwei weitere Kinder – von dem Dorflehrer. Sie war winzig klein, trug aber riesige Hüte und galt als extrovertiert. Noch die nächste Generation musste die Schulden für ihre Hüte abbezahlen. Meine Großmutter hatte Berlin in den Augen. Sie kam aus Pommern und fuhr später immer, wenn sie Zeit hatte, nach Berlin.

    Ach, Großmutter

    Ach, wär mein Vater doch Scholle und grübe Gruben und hätte Eier voll Erde und meine Mutter den Mund voller Sand und Anemonen. In meinen Adern flösse fette weiße Milch, ich würde auf Kartoffeln schlafen und mit den Hunden sprechen. Ich hätte Arme wie ein Pferd, ich würde zu Maria beten, Schweine schlachten und Blutsuppe essen. Ich würde Enten haben. Ich würde Entenhälse und -füße wickeln und im Stadtsee baden und auf den ersten Storch warten. Ich würde Grützwurst und Erdbeeren essen. Ich würde meine Hände falten und beten. Ich glaube, ich glaube an das Kaffeeservice im Schrank, die goldene Hochzeit, Kompott, den Bürgermeister und Rexona. Amen.

    Auch in der Nachbarwohnung wohnten Flüchtlinge aus Pommern. Sie machten kanonenkugelgroße böhmische Klöße, von denen mir schlecht wurde. Ich aß sie und spuckte sie dann heimlich ins Klo. Weil sie mir augenscheinlich so gut schmeckten, boten sie mir weitere Klöße an.

    An dem Tag, an dem meine Großmutter starb, quälte ich meine Mutter damit, unbedingt mit meinen Freundinnen ins Hofbräuhaus gehen zu wollen. Meinen Geburtstag wollte ich mir nicht versauen lassen. Ich war sieben oder neun.

    Mein Onkelchen aus dem Lied »Ich habe keine Füße mehr« war das Kind meines Großvaters und einer belgischen Krankenschwester. Er lag im Lazarett, und sie fälschte seine Fieberkurve, damit sie länger zusammen sein konnten. Mein Onkel warf ihr zeitlebens Fraternisierung vor. Erst ganz am Ende konnte er ihr verzeihen.

    Vater Frost, die kleine Uroma ohne großen Hut und Onkelchen

    Ich habe keine Füße mehr

    Ich habe keine Füße mehr

    sie sind mit dir begraben

    Ich habe keine Füße mehr

    will meine nicht mehr haben

    Du hattest Füße comme baguette

    schlank wie die Hasenpfoten

    genau wie meine sahn sie nie aus

    Es sind jetzt meine, deine Toten

    Die toten Füße faulen fort

    wie kleine braune Schlangen

    erst ein Zeh, der zweite Zeh

    der dritte, auch die langen

    der vierte Zeh, der fünfte Zeh

    wie oft hab ich schon für dich gesungen

    der sechste, siebte, achte Zeh

    es ist dir fast gelungen!

    Der zehnte Zeh, auf dir liegt Schnee

    der ganze Fuß verschwunden

    Ich geb sie gern, es schmerzt mich nicht!

    So bin ich doch mit dir verbunden

    Wenn ich dir in die Augen sah

    war’n meine Augen deine

    und hab ich keine Füße mehr

    so sind jetzt deine Augen meine!

    Ich trink für dich, ich geh für dich

    Ich sing für dich, ich seh für dich

    Ich trink für dich, ich geh für dich

    Ich sing für dich, ich seh für dich

    Meine Mutter, das kleine Lottchen, mit einem Vater und einem Stiefvater, stammt aus einer Schneiderfamilie, und so sollte auch mein Bruder Schneider werden. Jetzt ist er Grafiker und entwirft meine Plakate. Ich sollte auch mein Bruder werden, aber mein Bruder wurde mein Bruder. Deshalb verprügelte ich ihn vor unserer Wohnung, als ich klein war. Danach kroch er zum Schrank und holte sich Schokolade heraus. Wenn ich ihn nicht verprügelte, spielten wir Krippenspiele.

    Gille, gille Jesulein

    In einer kalten Dezembernacht (anno null) stehen Maria und Josef in einem Stall zu Bethlehem. Nur der Wind pfeift erbarmungslos um die traurige Hütte. Die Könige, die Hirten, alle sind schon abgezogen. Das Christfest ist vorbei.

    Josef: »Maria, Maria, Maria, Maria …«

    Maria: »Josef, lieber Josef, lieber, lieber Josef …«

    Josef: »Maria, Maria, Maria, Maria …«

    Maria: »Josef, lieber Josef …«

    Josef: »Du bist mir

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