Drama am Breithorn: Tragödie in den Walliser Alpen
Von Walter W. Braun
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Über dieses E-Book
Es soll Mahnung an alle Bergsteiger sein, auch die sogenannten leichten Viertausender nicht zu unterschätzen.
Außer der tatsächlich stattgefundenen Tragödie sind alle Handlungen und Protagonisten frei erfunden, spielen aber an realen Orten, ergänzt um brauchbare Tipps, detaillierten Ortsbeschreibungen und viel Erfahrung des Autors im Hochgebirge.
Walter W. Braun
Walter W. Braun Der Autor Jahrgang 1944, ist Kaufmann mit abgeschlossenem betriebswirtschaftlichem Studium. Bis zum Ruhestand war er als Handelsvertreter aktiv. Um dem Tag Sinn und Struktur zu geben, begann er Bücher zur eigenen Biografie oder Fiktionen zu unterschiedlichen Themen - teils mit realem Hintergrund - zu schreiben. Es ist ein Zeitvertreib und spannend, wie sich von einer Idee, der Bogen zwischen fiktiver Geschichte hin zur schlüssigen Story entwickelt. Wichtig ist es dem Autor, dem Leser ohne große Schnörkel, langatmige Umschreibungen und literatursprachlichen Raffinessen, spannende Unterhaltung zu bieten, oft gestützt mit seiner subjektiven Meinung. Er will durch seine Erzählungen zudem Hintergrundwissen vermitteln, Hinweise auf landschaftliche, historische und geschichtlich bedeutsam Besonderheiten geben und mit informativ bildhafter Darstellung an reale Plätze führen, wo sich die dargestellte Handlung abgespielt hatte. Wenn es den Leser anregt, sich selbst vom Handlungsort, den Schauplätzen, ein Bild zu machen, ist das von ihm gewünschte Ziel erreicht.
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Buchvorschau
Drama am Breithorn - Walter W. Braun
2015
1
Jahresabschlusstreffen der Gothaer Kletterfreunde
Im Gasthaus „Zum Wiedehopf eröffnete Heinrich Wolter Anfang November am Sonntagnachmittag um 14 Uhr launig, und mit ein wenig belegter Stimme, die jährlich stattfindende Abschlusssitzung der Gothaer Kletterfreunde. Seinen Vortrag begann er mit den Worten: „Nach einem grandiosen Bergjahr, mit vielen anspruchsvollen Aktivitäten und Unternehmungen, freut es mich besonders, dass heute 38 Personen zu diesem Abschlusstreffen des Jahres 1990 gekommen sind. Das zeigt das große Interesse an den Bergen und ist – nach meinem Gefühl – Ausdruck einer aktiven Interessengemeinschaft. Ich hoffe, das heutige Zusammensein weckt einerseits schöne Erinnerungen an das hinter uns liegende Jahr und gibt uns andererseits den Ansporn und neue Ideen für Planungen im nächsten Jahr oder in der absehbaren Zukunft.
In Rückblick auf die zum Glück abgeschlossene Zeit der DDR, mit allen nervigen Einschränkungen, führte er aus: „Wie hatten wir es in den letzten Jahrzehnten still, doch schmerzhaft und teils auch mit Wut bedauert, dass wir nicht in den westlichen Alpenraum reisen durften, um dort klettern und wandern zu dürfen. Stattdessen mussten wir uns mit dem Elbsandsteingebirge oder dem Riesengebirge und in dem östlichen Teil im Harz zufrieden geben. Wandern im Harz, und insbesondere am Brocken, ist zwar durchaus faszinierend – ohne Frage – immer abwechslungsreich und lohnenswert, auf Dauer war es jedoch kein Ersatz für die größere Dimension der faszinierenden europäischen Alpen. Entsprechend groß war die Sehnsucht nach dem Unerreichbaren. Da hatten uns die Landsleute im Westen viel voraus, und wir haben sie deshalb immer auch ein wenig beneidet."
Kräftiger Beifall im Raum durch Klatschen bestätigte wie Recht er mit seinen Ausführungen hatte.
„Natürlich zog uns der Thüringer Wald ersatzweise magnetisch an, und Skifahren im Wintersportzentrum Oberhof war und ist während vieler Wochen eines Winters möglich. Dazu besteht der Vorteil, das Gebiet ist nah, wir sind schnell vor Ort. Und auch finden sich schöne, anspruchsvolle Abfahrten in unterschiedlichsten Schwierigkeitsgraden. Sind nicht berühmte Olympiasieger dort hervorgegangen – und das nicht ohne Grund? Wer es sich leisten konnte – und insbesondere Privilegierte und Funktionäre – fuhren in die Hohe Tatra, wenige sogar in den Kaukasus oder in die Berge des Ural. Doch der Mehrheit blieben diese Gebiete verschlossen. Nun stehen uns Gott sei Dank auch die faszinierenden, anspruchsvolleren Berge der Alpen in Österreich, der Schweiz und im französischen Sprachraum offen, und viele von uns nützten das gerne für eine oder mehrere spannende, erlebnisreiche Touren im Jahr, auch wenn wir weite Anfahrtswege in Kauf nehmen müssen und das für uns ein gewisses Hindernis darstellt; auch von der Kostenseite gesehen."
„Als ein Höhepunkt und Highlight, will ich die organisierte Vereinsreise im Sommer bezeichnen, wo wir mit dem Bus nach Vorarlberg in Österreich gefahren sind und an der sich 32 Personen aus unserem Kreis beteiligt haben. Schon die große Anzahl der Teilnehmer hat mich überrascht. Zu dieser Reise wird unser Kamerad Wilhelm später noch ausführlicher berichten. Heinrich Wolter führte weiter aus: „Die Basisstation des Ausflugs war die Douglass Hütte am Lünersee, der Perle des Rätikon, wie es im Reiseführer steht. Der Stausee liegt hoch über Brand im Montafon. Nach der kurvigen, steilen Anfahrt in das hoch gelegene Bergdorf, ist die Hütte am Lünersee bequem mit der Seilbahn erreichbar. Dort waren wir preisgünstig und bestens untergebracht. Von diesem Stützpunkt aus sind die Teilnehmer in einzelnen Gruppen auf den Saulakopf und die Zimba aufgestiegen. Mit zehn Teilnehmern ging eine andere Gruppe auf die Schesaplana, die fast 3000 Meter hoch ist. Weitere Wanderungen in diesem Gebiet des Rätikon kamen dazu, und wenn man sich nur mit der Umrundung des smaragdgrün schimmernden Sees begnügte, was auch mehrere Stunden Zeit in Anspruch nahm. Immer waren die umgebenden Berge im Blick und die alpinen Schönheiten der Natur Lohn für die Mühen. Allen Beteiligten wurden kurzweilige und unterhaltsame Tage geboten, die ihr Geld wert waren.
Das war schon eine lange Rede und einige rutschten nervös auf dem Sitz ihrer Stühle oder scharrten mit den Füßen: „Heinrich, red‘ nicht so lange, wir haben Hunger und Durst, meldete sich einer am Tisch mitten im Vortrag. „Nur Geduld
, erwiderte Heinrich, „häsdan heude noch für Lechl ze bürschdn? (was hast du heute denn schon noch Großartiges zu tun?) „Was sein muss, muss sein. Wir sind schließlich zusammengekommen um das Jahr Revue passieren zu lassen. Einige Dia-Bilder von den Touren wollen wir uns auch noch ansehen. Der Abend ist noch lange und ihr kommt schon noch zu eurem kulinarischen Teil, und ich hoffe, genug zu trinken habt ihr alle vor euch auf dem Tisch. Zwischendurch könnt ihr ja bei der Bedienung Nachschub ordern, damit niemand verdurstet.
Damit schloss Heinrich vorerst seinen Vortrag und nahm zufrieden auf seinem Stuhl Platz. Vom Reden war ihm der Hals trocken geworden, nun hatte er Durst und musste einen großen Schluck trinken.
Nach einer ausreichenden Pause, damit sich der Kopf bei den Teilnehmern wieder entspannen konnte, begann Wilhelm seinen Vortrag: „Ich berichte heute von unserer schönen und zum Teil anspruchsvollen Klettertour, zumindest für die, die nicht zu den Extremkletterern zählen", stellte er lachend fest. „Wir kamen über einen leichteren Klettersteig auf den Saulakopf. Den Berg mit Gipfelkreuz sahen wir schon vom Quartier aus. Vom Lünersee aus hatten wir zum Gipfel auch nicht allzu lange gebraucht und das Ziel ohne Hetze erreicht. Hoch über dem Tal, mit Blick auf die Staumauer und den im Tal sich verlierenden smaragdgrün schimmernden See, gingen wir anfangs einen leichten und tendenziell flachen Weg. Über der gegenüberliegenden Talseite sahen wir die mächtige Schesaplana, den höchsten Berg des Rätikon. Zuerst kamen wir in das Saulajoch, wo der eigentliche Aufstieg zum Gipfel begann. Das Wetter meinte es gut mit uns, der Weg war trocken, so dass auch die etwas Ungeübten keine Schwierigkeiten im leichten Klettersteig bekamen. Oben auf 2517 Meter hatten wir eine fantastische Rundumsicht auf die vielen Grate, Zacken und Erhebungen, auf die Gipfel des Rätikon, der Verwallgruppe sowie die zahlreichen anderen im Osten. Zum Greifen nah sahen wir die strahlende Zimba, wohin wir am anderen Tag wollten. Bald hatten wir das Gipfelkreuz erreicht. Zuerst legten wir eine verdiente Trink- und Vesperpause ein, bevor wir den Rückweg bergab antraten und uns in den Abstieg begaben.
Auf der trockenen Kräuter- und Blumenwiese im Saulajoch lagerten wir eine Weile, sonnten uns und gönnten uns eine längere Pause. Ganz gemütlich im Gras sitzend, haben wir lang und breit über Gott und die Welt diskutiert, auch wichtige und unwichtige Erinnerungen aufgefrischt. Trotzdem waren wir nach fünf Stunden wohlbehalten in der Hütte zurück. Den Unermüdlichen war das noch zu früh. Sie umrundeten noch den Stausee, von denen es in Österreich und vor allem in Vorarlberg viele weitere gibt. Der billige grüne Strom wird sogar bis nach Baden-Württemberg geleitet, hörten wir.
Erstaunt lasen wir die Warnungen an vielen Hinweisschildern längs des Weges, die Drachenflieger auf die Gefahren des Sees hinweisen. Sie enthielten den guten Rat, einen weiten Sicherheitsabstand einzuhalten. „Wer in den See stürzen sollte, hat auf Grund der niederen Wassertemperaturen so gut wie keine Chance zum Überleben."
„Na ja, zum Baden kann ich mir auch etwas anderes vorstellen", meinte einer der aus der Gruppe schmunzelnd.
„Der Fußweg am See entlang sah beim Blick von der Staumauer täuschend eben aus, hatte aber doch spürbare Steigungen, was erst unterwegs auffällt und auch unangenehm zu spüren ist. Beim ständigen Auf und Ab summierten sich einige Höhenmeter und das kostete Kraft, das ging in die Beine. Die Zurückgebliebenen hörten es mit Genugtuung, nachdem die Hartgesottenen wieder im Haus waren und nun endlich genug hatten. Sie lechzten jetzt nach Erholung am Abend, bei reichlich Bier und Schnaps. ‚Man gönnt sich ja sonst nichts‘, meinte einer. Der Hüttenwirt hatte nichts gegen den guten Umsatz. Weizenbier, Obstler und Williams aus dem Montafon wie auch diverse Veltliner-Weine waren ausreichend vorrätig. Wenn nicht, würde er sich Nachschub mit Hilfe der Seilbahn, die von Brand hochkommt, besorgen.
Tags darauf sind wir anfangs den gleichen Weg bis zum Saulajoch gelaufen, von dort gingen wir aber in östlicher Richtung und hinunter zur Heinrich-Hüter-Hütte. In der großen Berghütte legten wir eine Rast ein,