Leipzig 4: Während der Schreckenstage der Schlacht im Monat Oktober 1813 (erweiterte Ausgabe)
Von Claudine Hirschmann und Ludwig Hussel
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Über dieses E-Book
Claudine Hirschmann
Claudine Hirschmann, Jahrgang 1970, wollte den Dingen stets auf den Grund gehen, begeisterte sich allerdings nicht nur für Wassersport, sondern absolvierte frühzeitig bereits eine Ausbildung in Schauspiel, Instrumentalmusik und klassischem Gesang. Ihr Studium gestaltete sich ebenso interdisziplinär, doch die Paläografie entwickelte sich bei ihr zu einer Leidenschaft. Seit Ende der 80iger Jahre hat sie ihren Platz in der Welt des Buches gefunden, wobei das Genre durchaus zwischen Lyrik, Belletristik und Sachbuch wechselte. Staubige Archive, ggf. gar unter dem Dach eines Kirchturms, der gerade von einem Sturm eingehüllt ist, haben jedoch ihren eigenen Charme und für sie eine besondere Anziehungskraft. Nachdem Hirschmanns Buchreihe »Auf historischen Spuren« bereits vor Jahren positiven Anklang fand, engagiert sich die Autorin seither als Paläografin und Archivarin sowie Herausgeberin Literatur vergangener Jahrhunderte zu erhalten und verständlich zugänglich zu machen. Wobei künftig Streifzüge in neuzeitliche Themen gar nicht ausgeschlossen sind. Inzwischen lebt Claudine Hirschmann als freie Autorin in Leipzig sowie Köln. Weitere Informationen zur Autorin und ihren Büchern erfahren Sie unter www.historisches-archiv.de
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Buchvorschau
Leipzig 4 - Claudine Hirschmann
In liebevollem Gedenken
./0004-Bilder//IMG_20191215_091242.jpg./0004-Bilder//Groote.jpgBrigitte Hirschmann, geborene Groth (Groote) wurde in den Kriegsjahren geboren und wuchs in Lützen auf. Früh zeigten sich verschiedene Begabungen, spielte sie unter anderen mehrere Instrumente, doch galt ihr hauptsächliches Interesse der Literatur sowie Leipziger Stadtgeschichte. Als geschätzte Lehrerin und herzensgute Mutter vermittelte sie stets, den ideellen Wert in den Dingen zu sehen und zu schätzen.
So setzte sie sich leidenschaftlich für die Bewahrung historischer Zeitzeugnisse ein und war maßgeblich am Entstehen der Buchreihe »Auf historischen Spuren« beteiligt.
In Wertschätzung, Dankbarkeit und Liebe setzen ihre Kinder die Reihe fort, um die ihnen geschenkte Liebe zu Büchern und zur Stadt Leipzig weiterzutragen und ihr Wirken über heutige Generationen hinaus lebendig zu halten.
Brigitte Hirschmann lebte viele Jahre in ihrer geliebten Stadt Leipzig, die sie für ihre Kinder mit ihnen verließ und bis zum letzten Tag auf eine gemeinsame Rückkehr hoffte. Leider war ihr das zu Lebzeiten nicht gegönnt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie im Familiengrab auf dem Friedhof in Leipzig-Gohlis.
./0004-Bilder//IMG_20200502_133211.jpgInhaltsverzeichnis
Vorwort
1 Beitrag zur Chronik dieser Stadt
1.1 14. Oktober
1.2 15. Oktober
1.3 16. Oktober
1.4 18. Oktober
2 Schlussbemerkungen
3 Charakteristische Anekdoten als Anhang
4 Nachtrag
5 Die Schlacht in Bildern von Ernst Wilhelm Straßberger
Bildverzeichnis
Bekanntschaft mit Claudine Hirschmann
Index
Vorwort
Mit der Reihe »Auf historischen Spuren« hat sich die Autorin zur Aufgabe gemacht, Literatur vergangener Jahrhunderte für heutige Leser aufzubereiten und wieder verfügbar zu machen. Dabei werden Änderungen, die sich beispielsweise aus der Überprüfung historischer Fakten ergeben, schonend eingearbeitet und der Schreibstil des Verfassers möglichst unverändert übernommen, um den Sprachgebrauch der damaligen Zeit zu erhalten.
Mitunter gar, um Missverständnisse zu vermeiden, gehören auch Änderungen hinsichtlich Orthografie zur Überarbeitung. Denn lange Zeit schrieb man nach Gefühl oder eben herrschenden Meinungen und das gleiche Wort in einem Text auch unterschiedlich. Erst im Jahre 1880 veröffentlichte Konrad Duden das erste deutsche Wörterbuch, welches sich nachfolgend als allgemein gültiges Regelwerk etablierte.
Das vorliegende Buch enthält gegenüber vorangegangenen Ausgaben unter anderen Berichtigungen kleinerer Irrtümer, die aus einer weiteren Recherche offensichtlich wurden, Ergänzungen aus der Sichtung zusätzlichem Datenmaterial, außerdem eine Vielzahl an Bildern, die zur Veranschaulichung der in den Berichten erwähnten Einzelheiten beitragen.
Als Vorlage für das Buch diente:
Leipzig, im Mai 2024
Claudine Hirschmann
./0004-Bilder//PlanL.jpg1 Beitrag zur Chronik dieser Stadt
Sie wissen, wie oft ich, mein teurer Freund, den vorwitzigen Wunsch gegen Sie geäußert habe, Augenzeuge einer großen Hauptschlacht sein zu können. Er ist auf eine Art nun erfüllt worden, die mir ein sehr trauriges Schicksal zu bereiten imstande war. Leicht hatte ich meine Neugierde mit meiner Vernichtung büßen können. Ich kann es mit voller Wahrheit zu meinem Ruhm sagen, dass die Furcht und der Schrecken, die alles ergriffen hatten, sich mir in den vier Angsttagen keinen Augenblick nähern konnten. Wie hätte dies auch bei einer Weltbegebenheit sein können, die für einen so rüstigen, politischen Kannengießer ein tausendfaches Interesse, für einen so schaulustigen Gaffer so viel majestätisch Erhabenes hatte? Ich bin vier Tage lang ein ziemlich naher und ungestörter Zuschauer einer Schlacht gewesen, die im vergangenen und jetzigen Jahrhundert schwerlich ihres Gleichen aufzuweisen haben wird. Ich tue ihr wohl nicht zu viel Ehre an, wenn ich sie eine Weltschlacht nenne, die einen Charakter hat, der sie weit über die gewöhnlichen Handwerksbataillen erhebt. Ihre Folgen werden sich nicht allein auf Europa, sondern weit über die Meere erstrecken. Erwarten Sie keine Relation von mir, die sich in militärische Details einlassen kann, sondern nur ein treues historisches Gemälde dessen, was in meinem Gesichtskreis lag, was meine Augen im Mittelpunkte der Schlacht auf einem der höchsten Gebäude der Stadt, mit einem der besten Fernrohre bewaffnet, in einem weiten Umkreis von mehr als sechs Stunden beobachten konnten, was ich in der Zeit, da ich mich oft mit Lebensgefahr aus der Stadt, zwar nicht in die höllischen Vulkane der donnernden Feuerschlünde, aber doch nahe, hinter die letzten französischen Schlachtlinien, in das entsetzliche Gewühl und Getümmel des Armeetrosses und der Biwaks wagte, gesehen und gehört habe. Wir befanden uns hier gerade in der Mitte des weiten Zauberringes, in welchem die Beschwörungsformeln aus mehr als anderthalb tausend Mordschlünden donnerten, viele Tausende vernichteten, um eine neue Schöpfung hervorzurufen. Es war der Kampf der Titanen gegen den Olymp. Er war einzig in Rücksicht der kommandierenden Feldherren. – Ein großer Teil kannte verlorene Schlachten nur aus der Niederlage seiner Gegner, unter ihnen befanden sich drei Kaiser, zwei Könige und ein königlicher Thronerbe. – Sie war einzig in Rücksicht der Form, sie wurde nämlich in einem Zirkel geliefert, der mehr als drei Meilen umschloss. – Sie war es in Rücksicht der ungeheuren Massen, die gegeneinander kämpften. Es stand fast eine halbe Million Streiter, aus allen Gegenden von Europa und Asien von der Mündung des Tajo bis an den Kaukasus, mit fast zehntausend Feuerschlünden einander gegenüber. – Sie war es in Rücksicht der Dauer. – Sie währte fast hundert Stunden. – Sie war es in Rücksicht des Planes, der vonseiten der Verbündeten so reif durchdacht war, so tief lag und in welchem eine Einheit herrschte, die man in einer Riesenmasse, deren Teile so verschiedenartig waren, früher für unmöglich gehalten haben würde. – Sie war es auch in Rücksicht ihrer Folgen, die sich erst künftig in ihrem Umfang zeigen werden, und von denen die ersten wichtigen – Auflösung des Rheinbundes, des Kontinentalsystems und die Befreiung von Deutschland bereits vor unseren Augen liegen. – Sie ist es endlich auch in Rücksicht einzelner besonderer Erscheinungen, worunter die merkwürdigste die ist, dass die meisten Bundesgenossen des großen französischen Heeres, die in so vielen Schlachten mit Mut und Ausdauer unter seinen Fahnen fochten, mitten im Kampf, wie durch einen elektrischen Schlag geweckt, in geschlossenen Reihen mit klingendem Spiel und mit Geschütz zu den feindlichen Massen übergingen und sogleich mit ihnen auf ihre alten Waffengefährten einstürmten. Die neuere Kriegsgeschichte hat Beispiele von einem solchen Phänomen nur im verjüngten Maßstab aufzuweisen. Sie werden mir einwenden, dass ich wohl etwas zu stark aushole, und dass ich die Schlacht von Leipzig nur darum in einen so hohen Anschlag bringe, weil ich Augenzeuge davon gewesen bin, dass doch die französische Armee bei weitem noch nicht vernichtet sei, dass sie in den großen Talenten ihres Oberfeldherrn immer noch eine sichere Bürgschaft habe, dem Feind die Lorbeeren wieder abzuringen, die er schon mehrmals für einige Augenblicke ihr entrissen hat, und was dergleichen mehr ist, darauf erwidere ich ganz dreist, dass ich zwar die französische Armee nicht als vernichtet ansehe, dass dieses bei einem Heer, welches im Monat Mai sicher 400.000 Mann zählte, nach zehn Feldschlachten, unter der Anführung eines Feldherrn, der ihrer schon fast fünfzig gewann, kaum möglich ist, dass aber dem mächtigen Adler, der sich die Bahn um den ganzen Erdball für seinen stolzen Flug vorgezeichnet hatte, die Fittiche bei Leipzig so gelähmt worden sind, dass er sich künftig schwerlich viel weiter als über die unzugänglichen Felsklippen, auf denen er horstet, wagen wird. Ich kann mich durchaus nicht von der Idee losreißen, dass die Schlacht bei Leipzig im vergrößerten Maßstab dieselbe sei, welche der große Gustav Adolph in derselben Gegend vor 180 Jahren gewann. Sicher ist es auf dem Schlachtfeld von Leipzig entschieden, dass Napoleon, weit entfernt noch einmal einen solchen Kampf in Deutschland zu bestehen, mit den Trümmern seiner mutlosen Armee hinter den Bollwerken des Rheins das erste Mal wieder frei Atem holen wird, ohne je wieder auf dem rechten Rheinufer festen Fuß zu fassen.
Viermal ging die Sonne über das unermessliche Leichenfeld unter, ohne dass die eisernen Würfel über das Schicksal der Schlacht entschieden hatten. Der ganze Horizont war mit Rauch- und Dampfwolken umschlossen, jeden Augenblick wirbelten neue Feuersäulen aus den umliegenden Dörfern auf, von allen Punkten leuchteten die Kanonenblitze, deren tiefer Donner mit dem beständigen Krachen des kleinen