Gefahr in Wyoming
Von Günter Nehring
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Über dieses E-Book
Nach einer Kurzausbildung tritt er seinen neuen Dienst im Reservat an und wird schon bald durch abenteuerliche Erlebnisse bei Begegnungen mit den Indianern und seinen neuen Kollegen, von denen einer unter Mordverdacht steht, auf eine schwere Probe gestellt.
Das Auftauchen einer Polizistin des FBI mit deren Dienstbeflissenheit im Zusammenhang mit dem Verhältnis des Rangers zu einem Indianer-Mädchen und diesem aufzuklärenden Mordfall verkompliziert ohnehin den angespannten und gefährlichen Auftrag des Geologen. Aber er versucht immer wieder seinen Lebensweg zu stabilisieren und die nervigen Abenteuer zu bestehen.
Er verlässt das Gebiet später wieder, um eine neue Aufgabe in der Nähe Chicagos zu übernehmen. Auf dem Rückweg wird er in Fox Park mit einem verheerenden Waldbrand konfrontiert und findet dort unter dramatischen Umständen das Indianer-Mädchen wieder. Es kommt zum Kampf auf Leben und Tod.
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Buchvorschau
Gefahr in Wyoming - Günter Nehring
Hauptpersonen
Bryan Jenkins Geologe und Ranger
Tom Jenkins Bryans Vater
Jenny Jenkins Bryans Mutter
Harry Bond Chef der Wyoming-Naturreservate
Tina Waterloo Vermieterin
Tony Parker Fox Hill Farm
Annie Parker Frau von Tony
Ringo Walter Chef der Ausbildung
Bill Potter Ranger in Bryans Gruppe
Jack Flipper ehemaliger Ranger, alias „Martin"
Margot Schneider Wirtin in Lander
Jeff Wilson Chef im Indian Reservat
Shu-Shu seine Tochter
Karin Tempel FBI-Agentin
Joe Kessler Laborleiter in Casper
Jugendzeit
Bryan Jenkins wurde in Chicago geboren, genauer gesagt im Bezirk Wicker Park, dem schon etwas vornehmeren Nordwesten der Stadt. Seine Eltern waren wohlhabend und modern eingestellt. Sein Vater, ein einflussreicher Immobilienmakler, wirkte zwar durch seine stattliche Größe und Korpulenz auf den ersten Blick behäbig und träge, aber mit seinem freundlichen Gemüt bei gleichzeitiger Energie und Schaffenskraft lehrte er so manchen Geschäftskollegen das Fürchten. Seine Mutter war eine erfolgreiche Gymnasiallehrerin, aber gegenüber ihrem Ehemann eher der besorgte Typ, der sich nicht so leicht ohne längere Bedenkzeit in neue Abenteuer stürzte. Die ganze dreiköpfige Familie war immer top gekleidet, und wie man so sagt: wie aus dem Ei gepellt. Besondere Nackenschläge im Verlauf ihres bisherigen Lebens hatte es nicht gegeben, so dass Bryan wohlbehütet und jederzeit umsorgt aufwachsen konnte.
Bereits kurz nach seiner Geburt zogen die drei an den Michigan See, wo die Eltern ihre Jugend verbracht und ihr Kennenlernen ausgekostet hatten. Ein weiterer Grund war die Nähe zum Wasser, denn sie waren schon immer in ihrer Freizeit ausgiebige Segelfans.
So wechselte die noch junge Familie, Bryan war ihr einziges Kind, in den sechziger Jahren in die Marina City, einem großen Wohn- und Geschäftskomplex, der einen ganzen Straßenblock in der Mitte Chicago‘s einnahm. Und dort standen die beiden hochmodernen 179,2 Meter hohen Zwillingstürme, die aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes auch corn cobs (Maiskolben) genannt wurden, in denen sie ihr neues Zuhause fanden.
1959 waren diese beiden Rundtürme nicht nur die höchsten Wohngebäude, sondern auch die höchsten Stahlbetonbauten der Welt. Die unteren neunzehn Stockwerke bildeten ein spiralförmiges Parkhaus, die weiteren Geschosse bis zum sechzehnten enthielten neunhundert Wohnungen.
Und der Clou für Bryans Eltern war, dass zum Komplex ein Bootssteg zum Chicago River gehörte, an dem sie bereits im Haus mit dem Segelboot anlegen, parken, und nach Herzenslust mit einem Katzensprung auf dem weitläufigen Michigan See segeln konnten. Die Familie mietete sich im zehnten Geschoss des Wohnbereiches in üppigen einhundertfünfzig Quadratmetern ein, natürlich mit dem luxuriösen Traumblick zum See.
Bryan wuchs also als Einzelkind außerordentlich behütet in feinster Umgebung und bester Behausung auf. Seine Schulzeit wickelte er zur Freude seiner Eltern ohne nennenswerte Schwierigkeiten ab. Und weil seine Eltern, und somit auch er, schon immer ein Auge auf die Erhaltung der Natur geworfen hatten, machte er seine Neigung zum Berufswunsch und studierte Geologie, einem Gebiet, das sich mit dem Aufbau und der Struktur der Erdoberfläche beschäftigte. Nach dem Studium sei man Experte für vergangene und zukünftige Veränderungen unseres Lebensraumes, sagte man ihm bei seiner ersten Bewerbung an der Uni.
Als Diplom-Geologe konnte er dann endlich nach sechs Semestern Regelstudienzeit und insgesamt fünf Jahren Studium in die praktische Arbeitswelt entlassen werden. Bryan verbrachte die ersten zwei Berufsjahre bei der Stadtverwaltung von Chicago am PC. Mithilfe eines geografischen Informationssystems versuchte er die wesentlichen geologischen Daten von Iowa in ihren zeitlichräumlichen Beziehungen, das heißt die Verbreitung und Ablagerungsreihenfolge von Gesteinen, systematisch zu erfassen.
Aber nach diesen zwei Jahren, Bryan war inzwischen schon fünfundzwanzig Jahre alt, wollte er unbedingt hinaus in die Welt, etwas erleben, unter die Leute kommen und auch hie und da ein kleines Abenteuer bestehen. Seine frühere Unentschlossenheit und Zurückhaltung hatte ich sich mit zunehmendem Alter in Ehrgeiz und Drang zum Erfolg gewandelt.
Mit einer Beziehung zu einer Frau, oder gar Liebe zu einer solchen, hatte es bisher noch nicht geklappt, obwohl sich auch seine Eltern hin und wieder bemüht hatten, Töchter aus ihrem persönlichen Bekanntenkreis für ihren Sohn zu vermitteln. Bryan hatte seine eigenen Vorstellungen; es sollte echte und innige Verliebtheit sein, sozusagen die erste Liebe, Liebe auf den ersten Blick, so ganz im romantischen Sinne. Aber all die weiblichen Kommilitonen in seiner Studienzeit, sowie annähernd infrage kommenden Arbeitskolleginnen der Zeit danach, erfüllten seine Vorstellungen nicht. Seiner Meinung nach war diese weibliche Generation schon zu real und materiell gesonnen, voller Ehrgeiz und Karrieregedanken, nicht mehr in der Lage eine tiefe Verliebtheit zu spüren. So blieb er zunächst Einzelgänger, aber die Hoffnung stirbt ja zuletzt, sagte er sich, geduldig auf seine große Liebe wartend.
Noch hatte er aufgrund seiner Abenteuerlust seinem derzeitigen Arbeitgeber nicht gekündigt, aber er hob die Nase schon einmal gegen den Wind und startete dahingehend eine Bewerbungskampagne. Als Geologe – nein, als Diplom-Geologe – versuchte er zunächst sein Glück in Chicago. Aber in dieser Megastadt war nach seinen Recherchen bald nichts mehr geologisch zu bearbeiten. Dort gab es fast nur noch Wolkenkratzer, Asphalt, versiegelten Boden und fragwürdige Klärwerke mit ihren Ablaufröhren, bis in die gerade noch träge dahinfließenden Flüsse und brackigen Seen. Von Natur nur noch eine schwache Spur, außer in diesen lächerlich kleinen Parks in der City.
„Aber in Laramie, sagte man ihm bei der einschlägigen Berufsberatung, „da muss es doch einen Job für Sie geben, wo doch die Rocky Mountains fast vor deren Tür liegen, riesengroß und voller Steine. Da könnten Sie schürfen bis Ihnen die Hände bluten
, sagte man ihm mit einem verschmitzten Lächeln, „versuchen Sie dort Ihr Glück, hier in Chicago herrscht Ebbe – und wer weiß, ob, und wenn ja, wann mal wieder die Flut kommt. Ich sage Ihnen, das ist ohne Scherz eine gut gemeinte Empfehlung."
„Danke führ den Hinweis, ich werde es mir gut überlegen. Es soll ja ein längerer Lebensabschnitt sein, nicht nur ein Schürfen für blutige Hände", verabschiedete sich Bryan vom Berufsberater mit einem ebensolchen Lächeln.
Sein Arbeitgeber hatte Verständnis für das Fernweh des jungen Mitarbeiters, als sich Bryan dann doch offenbarte, und ignorierte die ansonsten fällige Kündigungsfrist. Es gab ohnehin auf seinem Arbeitsgebiet, das eher der Luxusbetätigung zuzurechnen war, nicht mehr viel zu tun. Die von Bryan zu erkundende „Ablagerungsfolge der Steine" konnte sich eh in den nächsten Jahren nicht wesentlich verändern.
So machte er sich, auch mit dem Einverständnis seiner Eltern, schon nach einer Woche Bedenkzeit auf, sein neues Glück in Laramie zu versuchen, mit einer Empfehlung der Berufsberatung an die dortige Stadtverwaltung für eine passende Beschäftigung in Wyoming. Dieser US-Staat lag westwärts von Chicago über Illinois, Iowa und Nebraska. Noch nie war Bryan so weit von zu Hause fort gewesen, abgesehen von ein paar Ausflügen in die Rockies. War er deshalb, und mit seiner geringen Lebenserfahrung, ein Greenhorn und würde sich im Wilden Westen möglicherweise nicht durchsetzen können, fragte er sich nicht zu Unrecht etwas besorgt?
Aber er tröstete sich und sprach sich Mut zu, denn es wartete doch eine ganz neue und noch unbekannte Welt auf ihn.
Und übrigens, der berühmte Yellowstone-National-Park mit seiner Wildnis, seinen dramatischen Canyons und Bergflüssen liegt auch nicht fern – und erst die mächtigen Geysire mit ihren spontan ausbrechenden Fontänen müssten jedes Herz eines Geologen höherschlagen lassen, dachte er sich in der ersten Euphorie.
Der Zug fuhr in Chicago pünktlich um 10:20 Uhr von der Union Station ab und sollte in Laramie auf dem North Banner Road gegen 14:50 Uhr eintreffen. Immerhin eine ziemlich lange Reise von viereinhalb Stunden. Doch es verlief alles angenehm und ruhig zur Zufriedenheit von Bryan, trotz des Berufsverkehrs an einem Freitagnachmittag. Sein Anlaufpunkt in Laramie signalisierte noch telefonisch, dass man zu seiner Ankunftszeit dienstbereit sein würde. Der Weg mit dem Taxi zur Stadtverwaltung war kurz, und er wurde dort im Bereich Naturreservate – Umweltamt und Ranger-Zentrale freundlich empfangen.
„Hallo, junger Mann, mein Name ist Harry Bond, nicht der Bond, den Sie sicher kennen, auch kein Verwandter desselben, ich heiße Sie herzlich willkommen", und er plauderte zur Einstimmung noch ganz allgemein über die herrliche Landschaft von Wyoming und dem Nachbarstaat Colorado.
Nach dieser kurzen Begrüßung kam der Beamte dann sofort zum Kern der Sache, Bryans Stellungsgesuch.
„Oh, ja, strahlte Mister Bond über alle Backen und versuchte offenbar, Bryan sofort für den Job als Ranger zu begeisterten, „in den Rockies und ihrem Vorland gibt es noch viel zu erforschen, zu kontrollieren – und ständig zu erleben
.
„Und welche Erlebnisse könnten in diesem schier endlosen Gebirge möglicherweise auf mich warten?", fragte Bryan neugierig geworden gleich nach.
„Nun, es gibt neben Bären und sonstigem harmlosen Getier auch eine stattliche Anzahl von Räubern und Banditen, die es - natürlich auch bewaffnet – auf die Geldbeutel der harmlosen Touristen, und manchmal sogar auf Ranger, abgesehen haben. Also, Waffe tragen ist natürlich Pflicht.
Laramie zum Beispiel ist mit seinen dreißigtausend Einwohnern die drittgrößte Stadt von Wyoming. Aber schaut man in seine von Siedlern ab 1862 gegründete Geschichte, worin es unter anderem heißt: »Allerdings hatte Laramie in den ersten Jahren nach seiner Gründung zunächst sehr mit Gesetzlosigkeit zu kämpfen und wurde von kriminellen Banden beherrscht.«, dann könnte es einen heute noch gruseln", meinte der Beamte.
„Und warum heute noch?", hinterfragte Bryan etwas ängstlich die Anspielung.
„Ja, das ist eine lange Geschichte. Laramie wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts entlang der Union Pacific Railroad-Linie besiedelt. Die Stadt wurde nach Jacques La Ramie benannt, einem französischen oder französisch-kanadischen Trapper, der in den frühen 1820er Jahren in den Laramie Mountains verschwand und nie wieder gesehen wurde. Er war einer der ersten Europäer, die die Gegend besuchten. Der erste reguläre Personen-Verkehr mit der neuen Bahn begann dann am 10. Mai 1868.
Die Grenzstadt litt zunächst unter Gesetzlosigkeit. In diesem Zusammenhang wurden viele Morde unter Führung des ersten Marshall von Laramie „Big" Steve Long begangen. Er besaß mit seinen Brüdern den Saloon Bucket of Blood (Eimer des Blutes) und begann Siedler zu belästigen. Nach Weigerung zur Befolgung seiner Anordnungen tötete er, in der Regel nach einem Schusswechsel, dreizehn Männer. Der erste Albany County Sheriff Boswell organisierte daraufhin das Komitee in den Eimer des Blutes und überwältigte Long und seine Brüder.
Na? Das ist doch schon mal was, aber das war erst Laramie, in Wyoming ging es dann immer weiter", machte der Beamte eine kurze Pause.
„Und, schaltete sich Bryan ein, „was gibt es in diesen Dingen über den Staat Wyoming sonst noch Schreckliches zu berichten? Nach den Rocky Mountains will ich im Moment noch gar nicht fragen.
„Ich will es kurz machen, damit Sie nicht den Ihnen zugedachten Job ablehnen, ehe Sie ihn angetreten haben:
Wyoming ist heute mit seinen nur 580 000 Einwohnern der bevölkerungsärmste Bundesstaat der Vereinigten Staaten von Amerika. Der Name stammt von den Algonkin-Indianern und bedeutet Große Ebene, daher auch der Name der endlosen Prärie Great Plains dem sogenannten Wilden Westen der USA.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts war Wyoming zu einem großen Teil von acht Indianerstämmen bewohnt. Als die weißen Siedler von Osten weiter und weiter nach Westen vordrangen, gerieten die Indianerstämme Wyomings immer stärker unter Druck und führten einen verzweifelten Verteidigungskrieg gegen die einströmenden Weißen. Man könnte sagen: Karl May mit Winnetou ließ grüßen. Die Weißen schossen die Bisons systematisch ab und entzogen damit den Indianern die Lebensgrundlage. Buffalo Bill war einer der erfolgreichsten Bisonkiller auf der Seite der Weißen. Danach lebten alle Indianer Wyomings in Indianerreservaten. In Wyoming wurde einzig das Wind-River-Reservat gegründet, das von den Östlichen Shoshone und den Nördlichen Arapaho bewohnt wird. Aber noch heute gibt es immer wieder Zoff in diesem Wind-River-Indian-Reservation zwischen Indianern, Weißen, Touristen und immer aktiven Räuberbanden, die auch aus den Rocky Mountains herüberkommen.
So, mit dieser „Räuberpistole habe ich Ihnen gleich Ihr künftiges Arbeitsgebiet beschrieben. Selbstverständlich als anerkannter Ranger in diesem Reservat bei kostenloser Unterkunft und freiem Gebrauch der überlassenen Handfeuerwaffen. Ist das ein Angebot? Ich gebe zu, als Geologe zum Steine klopfen kann ich Sie nicht gebrauchen, aber ich garantiere Ihnen, Langeweile werden Sie in diesem Job nicht haben, nicht bei Tag und auch nicht bei Nacht
.
„Ich muss zugeben, dass ich erst einmal geschockt bin, aber gibt es neben diesen raubeinigen Abenteuern nicht noch andere Aufgaben für einen Ranger?", fragte Bryan ziemlich besorgt.
„Entschuldigung, ich wollte Sie nicht verunsichern. Klar, natürlich gibt es die, und zwar nicht zu knapp und mit hoher Priorität", beeilte sich Harry zu informieren.
„Ein Ranger ist ein Aufseher in einem Nationalpark, in unserem Fall im Wind-River-Indian-Reservation. Er arbeitet im Dienste der Natur und ist vor allem ein Wildhüter. Ihm obliegt der Schutz ganzer Gebiete, was Flora und Fauna umfasst. Aber sie haben, wie gesagt, in den USA auch volle Polizeigewalt, für jedes Schutzgebiet sogenannte Law enforcement rangers. Sie sorgen zum Beispiel für die Einhaltung des Campingverbotes an bestimmten Plätzen, weil es im Park wegen der Wildtiere lebensgefährlich ist. Außerdem betreuen sie Touristen des Nationalparks und betätigen sich gelegentlich als Fremdenführer".
„Und gibt es neben den Aufgaben für einen Ranger auch eine Definition des Nationalparks und seiner Zielrichtung?", fragte Bryan und war schon ganz bei der Sache, obwohl seine Zustimmung zu diesem Job noch völlig offen war.
„Ja, beeilte sich Harry zu antworten, denn den Fisch hatte er schon fast an der Angel, „das will ich kurz erklären: Ein Nationalpark ist ein meist ausgedehntes, staatlich ausgewiesenes und verwaltetes Schutzgebiet, das umfangreiche Naturräume mitsamt dem vorkommenden Arten und Ökosystemen langfristig schützt. Er soll auch für die Zwecke der Forschung, Bildung und Besichtigung zur Verfügung stehen.
In einem Nationalpark sind die natürlichen Abläufe zu respektieren und deshalb sind Eingriffe innerhalb der Naturzone tabu".
„Und gibt es noch mehr Voraussetzungen zur Errichtung eines Nationalparks?", war Bryan weiter wissbegierig.
„Sie sind ganz schön hartnäckig, aber das freut mich. Voraussetzung ist ein geschlossenes Landschaftsschutzgebiet von mindestens 10.000 Hektar Fläche, mit einem ausgeglichenen Naturhaushalt und einer besonders herausragenden Bedeutung wegen der Bodengestaltung, der Vielfalt der Natur oder der landschaftlichen Schönheit".
„Und in dieses schöne Eckchen hat man einfach die restlichen Indianer aus dieser Gegend mit hineingequetscht, hatte Bryan immer noch nicht genug, „und was wurde mit den restlichen Büffeln?
„Nationalparks sind grundsätzlich von jeder Nutzung ausgeschlossen, zum Beispiel die der Mammutbäume. Andererseits sind alle Tiere und sonstigen Lebewesen geschützt, die infolge der Nachstellung des Menschen im Aussterben begriffen sind. Das heißt eben auch die Büffel- und Indianerreste."
„Super, war Bryan begeistert und im Geiste bereit zu applaudieren, „ich werde nun über eine endgültige Entscheidung noch eine Nacht schlafen müssen. Ist das für Sie O.K.?
, versuchte Bryan Zeit zu gewinnen, denn die Wucht des zu erwartenden sogenannten Abenteuers könnte ja im schlimmsten Fall tödlich enden.
„Natürlich", antwortete sein Gegenüber, „aber Du kannst ruhig Harry zu mir sagen, das Bond klingt immer so kriminell. Und wo gedenkst Du für diese Nacht Deiner Entscheidung Deine Zelte aufzubauen?"
„Das weiß ich ehrlich gesagt noch nicht. Wenn wir von Chicago nach Westen fuhren, haben wir Laramie stets umfahren, uns standen die Rockies für Ausflüge immer näher im Sinn."
„Gut", überlegte Harry kurz, „ich wüsste da was, das dürfte Deine noch junge Kasse nicht allzu stark überfordern: Motel 6 hier in Laramie, 621 Plaza Lan. Das ist nicht allzu weit von uns hier, der City Hall von Laramie. Aber ich empfehle trotzdem ein Taxi. Morgen früh, wenn wir uns wiedersehen, kannst Du ja mit einem Morgenspaziergang starten. Übrigens, wenn Du dort sagst, dass Du auf meine Empfehlung kämst, dann kriegst Du sicher eine Pizza gratis, entweder noch heute Abend oder auf Wunsch erst morgen früh. Willst Du das Angebot annehmen? Dann würde ich gleich für Dich reservieren."
„Danke, vielen Dank, beeilte sich Bryan zu antworten, „das kommt mir sehr entgegen, bin ich doch noch ein Greenhorn in dieser Gegend und deshalb auch auf Deine Hilfe angewiesen.
Er hatte schon eine gehörige Portion Vertrauen zu Harry gewonnen und hätte ihm fast schon seine im Hinterkopf keimende Entscheidung präsentiert. Aber er hielt sich im letzten Moment noch zurück, denn die Meinung seiner Eltern war ihm wichtig, und diese Nacht der Entscheidung wollte er auf jeden Fall noch als Karenzzeit nutzen. Er verabschiedete sich ganz höflich, konnte aber aufgrund seiner guten Erziehung nicht vermeiden, beim Händeschütteln einen kurzen Diener zu hinterlassen.
„Also, dann bis morgen, sagen wir mal so gegen zehn, und ein Taxi bestelle ich Dir gleich. Schlaf gut, und träum was Schönes. Ich würde gern längere Zeit mit Dir rechnen; nur, dass Du das weißt."
Bryan verließ die City Hall mit einem leichten Hochgefühl. Hatte sich doch gleich der erste Bewerbungsempfänger positiv ihm gegenüber verhalten, ein nicht zu verachtender Erfolg. Es war inzwischen spät geworden, so dass er sich unverzüglich nach dem Checkin in dem ansprechenden Motel 6 in das Restaurant begab und dort seine Empfehlung durch Harry zum Ausdruck brachte. Zunächst bestellte er nur eine Cola und wartete dann auf die prophezeite Lieferung der Pizza. Es dauerte eine ganze Weile, ehe der Ober sein Angebot für eine Gratispizza unterbreitete. Das Ergebnis der recht spät folgenden Lieferung konnte sich allerdings nicht sehen lassen: aufgetischt in der Größe einer Untertasse war der Belag, bestehend aus zwei Tomatenscheiben, wenigen Gramm Käse und einer mittig dekorierten roten Peperoni-Schote mehr als dürftig. Nun ja, Bryan nahm es gelassen und bestellte sich dazu noch ein Sandwich der niederen Preisklasse.
Nach dem Essen machte er noch einen kleinen Spaziergang zum Kennenlernen der Stadt, so zwischen niedrigen Wohn- und Geschäftshäusern, kleinen Parks und einem ausgedehnten Gewerbegebiet mit Highways kreuz und quer. Ansonsten nichts Aufregendes. Die frühere Umfahrung