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Ein ganz harmloser Mord: Waldviertel-Krimi (Tatort Niederösterreich)
Ein ganz harmloser Mord: Waldviertel-Krimi (Tatort Niederösterreich)
Ein ganz harmloser Mord: Waldviertel-Krimi (Tatort Niederösterreich)
eBook246 Seiten2 Stunden

Ein ganz harmloser Mord: Waldviertel-Krimi (Tatort Niederösterreich)

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Über dieses E-Book

Auf dem Friedhof von Klein Schiessling wird Isabella Schönberger, eine verwandte Willi Fohmeiers, tot aufgefunden. Die Obduktion ergibt: Tod durch Vergiftung. Das Gift Aconitum befand sich in allen Pralinen einer Bonbonniere, welche bei der Hausdurchsuchung im Haus Isabella Schönbergers gefunden wurde. Inspektor Schreiners Ermittlungen führen ihn in die Vergangenheit, und natürlich zu den Dorftratschen von Klein Schiessling.

SpracheDeutsch
HerausgeberFederfrei Verlag
Erscheinungsdatum5. Mai 2022
ISBN9783990741931
Ein ganz harmloser Mord: Waldviertel-Krimi (Tatort Niederösterreich)
Autor

Lore Macho

Lore Macho lebt mit ihrem Mann seit 1987 in dem kleinen Weinort Straning, nahe Eggenburg (NÖ), wo Wein- und Waldviertel ineinander übergehen. Nach dem Besuch der Handelsschule und einigen Jahren der Tätigkeit als Sekretärin absolvierte sie 1974 die Sommerakademie für Malerei in Sirmione und ist seit dieser Zeit freischaffende Malerin. Neben dem Malen gilt ihre große Freude dem Schreiben. Bisher wurden von ihr drei Bücher zum Thema Malen veröffentlicht sowie ihre Dorfkrimis im Verlag federfrei.

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    Buchvorschau

    Ein ganz harmloser Mord - Lore Macho

    Prolog

    Eigentlich fing die Sache ganz harmlos an.

    Der Weinort Klein Schiessling, mit gerade einmal fünfhundert Einwohnern, einer Kirche aus dem 18. Jahrhundert, in der Pfarrer Miroslav Jankovic mit seiner Köchin Liesel für das Wohl seiner Schäfchen betet, daneben das Gemeindeamt, in welchem Bürgermeister Alfons Pummerl regiert, gleich gegenüber das Dorfwirtshaus mit den Wirtsleuten Herrn und Frau Krügerl und der Dorftratschen Annerl Passer, die, seit ihr lieber Mann vor vielen Jahren verstorben ist, immer noch Schwarz trägt, liegt an der Grenze vom Weinviertel zum Waldviertel im schönen Niederösterreich.

    Es war Anfang November und Annerl Passer, die Klein Schiesslinger Dorftratschen, litt wieder einmal, wie so oft, an ihren legendären Schlafstörungen. Sie ging langsam auf die Achtzig zu, und da konnte es schon hin und wieder vorkommen, dass sie der Schlaf partout nicht ins Land der Träume befördern wollte. Er hatte sich vorübergehend verabschiedet, warum auch immer. Vielleicht ging ihm der seit Tagen anhaltende Novembernebel auf den Wecker, dessen undurchdringliche Decke aus feuchtem Dunst Bauernhäuser samt Kirche unter sich begrub. Selbst die in der romantischen Kellergasse aufgefädelten Presshäuser der Klein Schiesslinger Winzer blieben von diesem dichten Nebel nicht verschont.

    Deshalb lehnte sich Annerl Passer weit nach Mitternacht aus ihrem Fenster, atmete tief die feuchtkühle Nachtluft ein und stierte in die Finsternis. Obwohl von ihrem Fenster aus nichts zu sehen war als der benebelte Eingang zum Friedhof. Und der auch nur, wenn sie sich weit genug hinausbeugte und den Kopf nach rechts drehte. Streckte sie ihn nach links, konnte sie gerade einmal die Ecke des neuen Kulturhauses dunkelgrau und schemenhaft erahnen.

    Als Annerl eine Weile so nichtsahnend mit müden Augen die leere Hauptstraße betrachtete, fiel ihr plötzlich doch etwas auf, das normalerweise nicht da hingehörte. Zumindest nicht mitten in der Nacht.

    Der Schatten einer Gestalt schlich die dunkle Straße entlang, auf den Friedhof zu und beim schmiedeeisernen Tor hinein, welches leise in den Angeln quietschte.

    Nun wurde Annerl putzmunter.

    Ihr magerer Körper spannte sich, sie stellte sich auf die Zehenspitzen, fixierte die Stelle, an der sie das Friedhofstor erahnte, und wartete gespannt, was weiter geschah. Schon merkwürdig, überlegte sie und ließ dabei den Friedhofseingang keine Sekunde aus den Augen, was macht jemand um diese Uhrzeit auf dem Klein Schiesslinger Gottesacker? Kopfschüttelnd verharrte ihr Blick Richtung Friedhof, und es dauerte auch nicht lange, da kam dieselbe schemenhafte, menschliche Gestalt wieder zum Vorschein, erreichte Annerls Haus, schlich, einen Mief nach billigem Rasierwasser hinter sich her ziehend, unter ihrem Fenster vorbei und verschwand gleich darauf im dichten Nebel.

    Rasch zog Annerl ihren Kopf zurück und schloss verwundert das Fenster. Verwundert nicht nur über diese merkwürdige Begegnung, sondern auch deshalb, weil das Friedhofstor offensichtlich nicht verschlossen war, wo doch der Hiasl, der Gemeindearbeiter, schon seit Jahren jeden Abend nach Einbruch der Dunkelheit das Tor gewissenhaft absperrte, damit seine Toten nicht in ihrer ewigen Ruhe gestört wurden.

    Ordnung musste schließlich sein!

    Annerl schüttelte verständnislos den Kopf.

    Da ihr jedoch im Nachthemd kalt geworden war, marschierte sie zurück ins Schlafzimmer, legte sich in das in der Zwischenzeit ausgekühlte Bett und versuchte, Schlaf zu finden. Sie drehte sich ein paar Mal von einer Seite auf die andere und wieder zurück, bis sie endlich von der Müdigkeit übermannt einschlief und gleichmäßig vor sich hin sägte.

    Und dann träumte sie vom alten Opa Blauburger.

    Das ist jetzt genau zwei Wochen her.

    Kapitel 1

    Annerl Passer, von Kopf bis Fuß schwarz gekleidet, was ihre hagere Gestalt noch mehr betont, und ihre Freundin Berta Pitzer, ein bisserl weniger in Schwarz gehüllt, meist als Klein Schiesslinger Dorftratschen Nummer zwei bezeichnet, sind schwer damit beschäftigt, Bürgermeister Alfons Pummerls Geburtstagsfeier zu planen.

    Dieser wird in wenigen Tagen fünfundsechzig. Er hat noch kein Deka an Gewicht verloren, wenn er redet oder lacht, schwabbeln seine Hängebäckchen wie Vanillepudding und seine Knollennase, welche vom guten Wein und Bier im Laufe der Jahre eine dunkelrote Farbe angenommen hat, ist zu seinem Markenzeichen geworden. Denn mit diesem Riechkolben kann kein Dörfler im Ort so richtig mithalten. Schuld daran sind die am Stammtisch konsumierten Krügerl Bier oder alternativ Vierterln vom Grünen Veltliner der einheimischen Winzer. Die Weine in den Rieden um den Ort Klein Schiessling sind für ihre hervorragende Qualität bekannt und sehr beliebt. Die Winzer des Ortes sind deshalb angesehen und deren Weine bei ihren Stammkunden gefragt.

    Und weil Bürgermeister Alfons Pummerl in ein paar Tagen fünfundsechzig wird, steht ihm eine große Feier durchaus zu. Das ist nicht nur Annerl Passers Meinung.

    Im Trubel dieser Vorbereitungsarbeiten für das Fest der Feste gerät ihre nächtliche Beobachtung logischerweise in Vergessenheit.

    »Hallo Sandra!«, plärrt sie eines Morgens um halb acht durchs Telefon. »Willst uns nicht bei der Geburtstagsfeier für den Pummerl helfen kommen? Die Berta und ich schaffen’s nicht allein.«

    Energisch stelle ich mein Kaffeehäferl ab.

    Ja, hat sie die noch alle? Ich soll mithelfen, für den Bürgermeister eine Geburtstagsfeier zu organisieren? Als ob ich nichts Besseres zu tun hätte. Gerade für den Bürgermeister, auf den ich ohnehin nicht gut zu sprechen bin, seit er uns bei der Abstimmung, als es darum ging, dem Steinbruchbesitzer Giselbert Knaller mehrere Hektar unseres Gemeindewaldes abzutreten, um alles in die Luft sprengen zu können, schändlich über den Tisch gezogen hat. An dieser Abstimmung beteiligte er nicht nur uns Klein Schiesslinger, sondern auch die übrigen Bewohner der gesamten Großgemeinde. Diese stimmten für die Verpachtung des Waldes, wussten sie doch überhaupt nicht, worum es eigentlich ging, weil die vorangehenden Informationen mehr als dürftig waren. Damit erzielte er ein positives Ergebnis und wir unmittelbar von den Auswirkungen der Sprengungen Betroffenen blieben auf der Strecke. Und unser schöner Gemeindewald ebenso!

    »Nein, Annerl! Für jeden anderen in der Gemeinde würde ich euch helfen, aber nicht für den Pummerl!«

    »Was sagt die Sandra?«, höre ich im Hintergrund Berta brammeln.

    »Sie hilft uns nicht!«

    Gleich darauf ist Berta am Draht.

    »Was hast denn gegen uns, Sandra? Wir haben dir doch nichts getan. Warum willst uns denn nicht helfen?«

    Ich trete von einem Bein auf das andere. »Gegen euch hab ich überhaupt nichts, Berta! Aber auf den Pummerl bin ich noch immer stinksauer. Hast du schon vergessen, wie er uns damals bei der Steinbruchgeschichte hintergangen hat?«

    Eine Weile herrscht Stille im Draht, dann vernehme ich ein Gemauschel, bis Berta wieder dran ist.

    »Hast recht, Sandra! Daran hab ich gar nimmer denkt. Ich mach auch nicht mehr mit. Wenn die Annerl will, soll sie doch allein mit dieser depperten Geburtstagsfeier herumwurschteln.«

    Augenblicklich plagt mich mein schlechtes Gewissen. Nicht Pummerl, sondern Annerl gegenüber.

    Ich kann doch unsere liebenswerte, alte Dorftratschen nicht so im Stich lassen.

    »Weißt du was, Berta«, meine ich deshalb versöhnlich, nachdem ich ein paarmal tief durchgeatmet habe, »sag der Annerl, ich komme euch doch helfen.«

    Rasch trinke ich meinen Kaffee aus, stecke mir den letzten Zipfel eines Kipferls in den Mund, schlüpfe in meine dunkel­blauen Schuhe, werfe mir eine Jacke über die Schultern und fahre in den Ort hinunter. Mein Auto parke ich unmittelbar vor unserem Kulturhaus, überquere die Hauptstraße von Klein Schiessling, stehe gleich darauf vor Annerls Haustüre und werde bereits erwartet.

    »Griaß eich!«

    Annerl grinst über das hagere Gesicht und ihre Augen leuchten vor Freude.

    »Schön, dass du uns hilfst, Sandra.«

    Berta Pitzer, mit einem flaschengrünen Rollkragenpullover bekleidet, welchen sie sich erst unlängst in Horn gekauft hat, und der zu ihren rotgefärbten Löckchen einen schönen Kon­trast bildet, sitzt am großen Esstisch im Wohnzimmer, auf welchem eine Vase mit weißen und gelben Chrysanthemen steht. Nicht unbedingt mein Geschmack. Ein bunter Frühlingsstrauß würde mir besser gefallen, aber schließlich haben wir November, und zu diesem trübsinnigen und mieselsüchtigen Monat passen sie allemal. Ich lasse mich neben Berta fallen und augenblicklich steht ein anregend duftendes Häferl Kaffee vor meiner Nase.

    Interessiert beuge ich mich über die Liste auf dem Tisch, in welcher Berta herumkritzelt. Etliche Punkte sind durchgestrichen, neue hinzugefügt, für mich im Moment das reinste Chaos.

    »Was ist das?«, frage ich und deute auf das Blatt Papier.

    »Das sind Ideen, wo wir dem Pummerl seine Geburtstagsfeier ausrichten könnten und was wir ihm schenken. Und von wem im Dorf wir Geld für das Ganze sammeln können. Weil, alle sind ja nicht unbedingt gut auf ihn zu sprechen, so wie du auch, Sandra.«

    Dabei trifft mich ein undefinierbarer Blick, welchen ich ignoriere und die Liste an mich ziehe. Etliche Orte wie Kulturhaus, Heurigenlokale, Extrazimmer im Dorfwirtshaus kann ich ebenso lesen wie Gemeindeamt und Pfarrsaal. Darunter aufgelistet sind etwaige Geschenke für unseren Dorfboss. Die Auswahl ist groß.

    »Habt ihr schon mit dem Pfarrer, dem Wirten und den Heurigenlokalbesitzern gesprochen, ob die überhaupt an so einer Monsterfeier interessiert sind?« Die Auswahl der Geschenke lasse ich erst einmal links liegen.

    Annerl mustert mich und Berta lässt den Kugelschreiber auf den Tisch sinken, mit dem sie gedankenverloren gespielt hat.

    »Der Krügerl hat nix dagegen.«

    »Und der Brandinger, der den Heurigen in Etzdorf hat, auch nicht«, ergänzt Annerl.

    »Habt’s ihr euch eigentlich überlegt, für wie viel Personen das Fest sein soll?«

    »Nein«, brummt Annerl, »aber das kannst ja du machen, jetzt, wost schon amal da bist.«

    Na super!

    Die leichteste Aufgabe fällt natürlich wieder einmal mir zu.

    Eine Weile überlege ich, wobei sich meine Stirn in hundert Falten legt, welche mein Aussehen nicht gerade verbessern. Die Sache ist nicht einfach. Ist der Saal zu klein, müssen Gäste der Feier fernbleiben, ist er hingegen zu groß, verlieren sie sich und das Ganze wirkt deprimierend. Den Saal im Kulturhaus würde ich deshalb ausschließen, weil er ebenso wie die Heurigenlokale nicht groß genug ist, um eine Gästeflut, die zu erwarten ist, unterzubringen. Den Pfarrsaal dafür zu wählen, schließe ich ebenfalls aus, weil, wer soll dort, bitte schön, die Bewirtung übernehmen? Ich glaube kaum, dass unser Herr Pfarrer Speisen serviert, welche die Liesel, seine Köchin, zubereitet.

    Nach diesem Ausschlussverfahren bleiben eigentlich nur die Wirtsleute Herr und Frau Krügerl übrig. Unser Dorfwirtshaus verfügt nicht nur über einen großen Festsaal, sondern auch über ein ansehnliches Extrazimmer. Selbst die Wirtsstube kann im Notfall genutzt werden, um hungrige und durstige Geburtstagsgäste aufzunehmen. Obendrein wird jede Feier durch Frau Krügerls Kochkünste zu einem königlichen Fest.

    »Ihr solltet die Geburtstagsfeier im Wirtshaus planen. Da sind die geeigneten Räume ebenso vorhanden wie Speis und Trank.«

    »Siehst, Annerl, hab ich dir doch gleich g’sagt, bei den Krügerls sollten wir das Ganze machen.«

    Berta stimmt mir zu, was letztendlich auch unsere Dorftra­tschen überzeugt.

    »Also gut! Dann hätt ma schon amal den Ort. Und was für Geschenk habt’s euch vorg’stellt?«

    Gar keines!

    »Glaubst du nicht, Annerl, dass die Organisation dieser Feier Geschenk genug ist? Immerhin macht die Vorbereitung jede Menge Arbeit und kostet unsere Zeit.«

    Berta nickt und Annerl sendet einen rügenden Blick in meine Richtung.

    »Nein! Irgendwas müss ma ihm schon geben. Ein schön eingepacktes Geschenk g’hört einfach dazu, Sandra. Das muss ja nicht viel kosten.«

    »Hauptsache es ist groß«, füge ich an und muss grinsen. Berta räkelt sich und bringt mit beiden Händen ihre Frisur in Unordnung. Man kann förmlich aus ihrem Kopf Rauch aufsteigen sehen. Bevor sie uns allerdings an ihrem aufsteigenden Rauch teilhaben lässt, beißt sie erst einmal kräftig in eine Zimtschnecke und macht einen Schluck vom Kaffee. Nachdem sie alles mit Genuss hinuntergeschluckt hat, zieht sie ihre Augenbrauen bis zum Haaransatz hinauf und blickt zuerst Annerl und dann mich an, ob wir auch aufmerksam genug sind, für das, was kommt.

    »Ich hab doch am Dachboden«, beginnt sie zögernd, »so einen alten Schinken liegen. Ein riesiges Bild mit Kühen und einer Almhütte drauf, was kein Mensch braucht.« Erwartungsvoll hebt sie den Blick. »Wäre das was für den Pummerl? Das könnten wir schön einpacken, ein riesiges Mascherl obendrauf machen und schon hätten wir ein Geschenk, das groß ist, nach viel ausschaut und nichts kostet.«

    Ich verziehe mein Gesicht zu einem schelmischen Grinsen. Der Vorschlag gefällt mir. So einen alten, verstaubten Schinken vergönne ich unserem Herrn Bürgermeister. Das ist das ideale Geschenk!

    »Genau, Berta«, stimme ich zu. »Das wäre wunderbar. Und mit den Kühen auf dem Bild ist er am Abend auch nicht so allein.«

    Wir platzen los und Lachtränen kollern über unsere Wangen. Selbst Annerl gefällt dieser Vorschlag und dem Pummerl gefällt überhaupt alles, was enorm teuer aussieht. Somit hätten wir zwei Fliegen mit einer Klappe erlegt.

    Nachdem die letzten Lachtränen über Bertas Wangen gekullert sind, sprintet Annerl zur Anrichte, wo Gläser und einige Flaschen Obstler, ebenfalls von den Klein Schiesslinger Winzern gebrannt, darauf warten, von uns hinuntergekippt zu werden.

    »Jetzt ham ma alles erledigt. Das müss ma feiern! Drauf stoß ma an!«

    Drei Stamperln werden bis zum Rand gefüllt und je eines vor Berta und mich geschoben. Annerl zieht das dritte Stamperl zu sich und hebt es auffordernd uns entgegen.

    »Prost!«

    Nicht dass unsere Dorftratschen ein Bsuff wäre, aber sie weiß immer ganz genau, wann und worauf man anstoßen sollte. Diesbezüglich wurde sie von ihrem Gefühl noch nie getäuscht.

    Kapitel 2

    Die Wirtsleute, Herr und Frau Krügerl, treffen die nötigen Vorbereitungen für dieses Fest, während wir in Annerls Stube Bertas ‚Gemäldeschinken‘ in mit Wiesenblumen bedrucktes Papier wickeln und eine überdimensionale Schleife in Knallrot obendrauf setzen. Immerhin soll die Verpackung zu den Kühen passen und die Masche in Signalfarbe das Tüpfelchen auf dem i bilden.

    »Der wird Augen machen, der Pummerl.«

    Annerl hüpft freudig erregt von ihrem Sessel.

    »Glaubst du, es gefällt ihm?« Berta ist sich nun nicht mehr so ganz sicher.

    »Unbedingt«, beruhige ich sie und freue mich diebisch. »Wenn er am Abend vor dem Schlafengehen einen Blick auf das Bild wirft, kann er anstatt Schäfchen Kühe zählen, dann schläft er ganz bestimmt schnell ein.«

    »Aber dann muss er das Bild ins Schlafzimmer hängen.«

    »Natürlich, Annerl«, meint Berta. »Genau gegenüber von seinem Bett!«

    Eine Weile blödeln wir herum, danach wird es Zeit für mich, aufzubrechen.

    »Pfiat eich!«

    Im Eilschritt verlasse ich Annerls gute Stube, lasse die Haustüre hinter mir zufallen und marschiere auf mein Auto zu. Aber noch ehe ich es erreiche, bemerke ich aus den Augenwinkeln eine dattrige Gestalt aus Richtung Friedhof kommen.

    Ist das nicht der alte Opa Blauburger, frage ich mich.

    Ich bleibe stehen und warte, bis er näherkommt.

    »Grüß Gott, Herr Blauburger! Ich hab Sie ja schon lange nicht mehr gesehen. Wie geht’s Ihnen denn? Waren Sie auf dem Friedhof und haben das Grab von Ihrem Sohn besucht?«

    Doch Opa Blauburger gibt keine Antwort. Er stapfte an mir vorbei, als wäre ich Luft, und strebt auf die Kirche zu.

    Merkwürdig!

    Ist der so senil geworden, dass er mich nicht erkennt?

    Seit sein Sohn vor ein paar Jahren ermordet wurde, hat man ihn nicht mehr gesehen. Hedwig Uhudler, die Gattin des Winzers Günter Uhudler, wusste sogar zu berichten, er sei in eine Anstalt eingeliefert worden, weil er den Tod vom Alois nicht verkraftet hat. Und jetzt taucht er plötzlich wieder in Klein Schiessling auf?

    Nachdenklich schüttle ich den Kopf.

    Es geht auf Mittag zu und ich will mir noch etwas zu essen kochen, deshalb vergesse ich diese Begegnung rasch. Viel zu rasch, wie ich mir ein paar Tage später eingestehen muss.

    »Josef Maria!«

    Der Wirt dreht seinen opulenten Körper seiner Frau zu, die ihren Kopf aus der Küche streckt.

    »Was ist?«

    Frau Krügerl mustert ihren

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