Entdecken Sie Millionen von E-Books, Hörbüchern und vieles mehr mit einer kostenlosen Testversion

Nur $11.99/Monat nach der Testphase. Jederzeit kündbar.

Made in Germany: Deutschlands Wirtschaftsgeschichte seit 1800
Made in Germany: Deutschlands Wirtschaftsgeschichte seit 1800
Made in Germany: Deutschlands Wirtschaftsgeschichte seit 1800
eBook634 Seiten5 Stunden

Made in Germany: Deutschlands Wirtschaftsgeschichte seit 1800

Bewertung: 0 von 5 Sternen

()

Vorschau lesen

Über dieses E-Book

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war die politische und wirtschaftliche Geschichte Deutschlands auf einem Tiefpunkt angelangt. Deutschland war zu dieser Zeit im Vergleich zu den Nachbarländern, vor allem aber im Vergleich zu England, ein "Entwicklungsland". Trotzdem gilt die Zeit um 1800 als Beginn der deutschen Industriegeschichte.
Im Jahre 1887 sah sich Großbritannien genötigt, ein Handelsmarkengesetz zu verabschieden, in dem festgelegt wurde, dass auf ausländischen Waren das Herkunftsland angegeben werden musste. Damit war der Begriff "Made in Germany" geboren. Die Briten wollten mit dieser Maßnahme ihre eigene Industrie vor den angeblich minderwertigen Produkten aufstrebender Wirtschaftsnationen schützen, vor allem vor Deutschland, der damals schon drittgrößten Handelsnation der Welt. Dass aus dem Begriff "Made in Germany" schon wenig später ein Markenzeichen werden sollte, konnte 1887 kaum jemand ahnen. Wie kam es zu diesem schwunghaften Aufstieg der deutschen Volkswirtschaft, der bis in die heutige Zeit anhält?
Das vorliegende Werk erzählt diese ökonomische Entwicklung Deutschlands vor allem anhand von historischen Wertpapieren.
Der geschichtliche Überblick wird in der Anlage ergänzt durch eine Beschreibung des Begriffs "Made in Germany" und durch einige Definitionen rund um die Wertpapiere.

Die Wiedervereinigung im Jahr 1990 bildet eine Zäsur in der deutschen Wirtschaftsgeschichte. Die Wirtschaftsgeschichte ab 1990 wird daher in diesem Band nur in Form eines kurzen Überblicks dargestellt. Eine detaillierte Beschreibung der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands seit der Wiedervereinigung im Jahre 1990 wird in einem Folgeband dargestellt werden.
SpracheDeutsch
HerausgeberBooks on Demand
Erscheinungsdatum8. Feb. 2024
ISBN9783758353352
Made in Germany: Deutschlands Wirtschaftsgeschichte seit 1800
Autor

Lothar Groß

Der Autor, Dipl-oec. Lothar Groß, geboren 1954 in Mülheim an der Ruhr, absolvierte in den 70er Jahren in seiner Heimatstadt eine Banklehre und studierte anschließend Wirt-schaftswissenschaften an der Universität Duisburg. Von 2000 bis 2021 leitete er das Wirtschaftsgymnasium im Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung der Stadt Remscheid. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Mehr von Lothar Groß lesen

Ähnlich wie Made in Germany

Ähnliche E-Books

Sozialwissenschaften für Sie

Mehr anzeigen

Ähnliche Artikel

Rezensionen für Made in Germany

Bewertung: 0 von 5 Sternen
0 Bewertungen

0 Bewertungen0 Rezensionen

Wie hat es Ihnen gefallen?

Zum Bewerten, tippen

Die Rezension muss mindestens 10 Wörter umfassen

    Buchvorschau

    Made in Germany - Sabine Groß

    zusammengestellt von Lothar Groß

    zusammengestellt von Lothar Groß

    Der Autor, Dipl-oec. Lothar Groß, geboren 1954 in Mülheim an der Ruhr, absolvierte in den 70er Jahren in seiner Heimatstadt eine Banklehre und studierte anschließend Wirtschaftswissenschaften an der Universität Duisburg. Von 2000 bis 2021 leitete er das Wirtschaftsgymnasium im Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung der Stadt Remscheid. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder.

    Inhaltsverzeichnis

    Vorwort

    1 Vorgeschichte: Die deutsche Wirtschaft bis zur Zeit Napoleons

    2 Von 1800 bis zum Ende des Kaiserreichs

    a) Bergbau, Montanindustrie und Energieversorgung

    b) Maschinenbau

    c) Elektroindustrie, Feinmechanik und Optik

    d) Chemie- und Pharmaindustrie

    e) Schienen-, Schiffs- und Flugzeugverkehr: Bau und Betrieb

    f) Auto- und Motorradindustrie

    g) Auslands- und Kolonialgeschäfte

    h) Bauwirtschaft

    i) Traditionelle Produktionsbranchen (Textil, Porzellan)

    j) Landwirtschaft, Nahrungs- und Genussmittel

    k) Handel

    l) Post-, Telegrafen- und Telefonwesen

    m) Finanzwirtschaft

    (1) Zentralbanken

    (2) Banken

    (3) Versicherungen

    3 Die Weimarer Republik

    a) Bergbau, Montanindustrie und Energieversorgung

    b) Chemie- und Pharmaindustrie

    c) Eisenbahnindustrie

    d) Auto- und Motorradindustrie

    e) Luft- und Schifffahrt

    f) Landwirtschaft: Produktion und Verarbeitung

    g) Handel

    h) Finanzwirtschaft

    i) Medienwirtschaft

    4 Der Nationalsozialismus

    a) Wirtschaft und Gesellschaft im Nationalsozialismus

    b) Neugründungen

    c) Enteignungen, staatliche Übernahmen und „Arisierungen"

    d) Die Wirtschaftsbeziehungen zu besetzten Gebieten und zum Ausland

    5 Die Besatzungszeit nach dem Zweiten Weltkrieg

    6 Die Bundesrepublik Deutschland

    a) Bergbau

    b) Montanindustrie und Energieversorgung

    c) Maschinenbau

    d) Chemie- und Pharmaindustrie

    e) Fahrzeugbau

    f) Schiffbau und Flugzeugindustrie

    g) Bauindustrie

    h) Textilindustrie

    i) Landwirtschaft, Nahrungs- und Genussmittel

    j) Handel

    k) Verkehr (Post, Telekommunikation, Logistik, Transport)

    l) Medien- und Freizeitindustrie

    m) Finanzwirtschaft

    (1) Banken

    (2) Versicherungen

    7 Die Deutsche Demokratische Republik

    a) Staatsgründung

    b) Wirtschaftliche Entwicklung

    c) Bekannte Betriebe

    d) Aspekte der Gesellschaft

    e) Das Ende der DDR

    8 Die Bundesrepublik Deutschland von 1990 bis heute (kurzer Überblick)

    Anhang:

    1 Der Begriff „Made in Germany"

    2 Definitionen

    a) Aktien und andere Wertpapiere

    b) Non-Valeurs

    c) Börsen und Börsenkurse

    Vorwort

    Als das britische Handelsmarkengesetz 1887 das Herkunftsland auf ausländische Waren vorschrieb, war der Begriff „Made in Germany geboren. Die Briten wollten mit dieser Maßnahme ihre eigene Industrie vor den – angeblich - minderwertigen Produkten aufstrebender Wirtschaftsnationen schützen, vor allem vor Deutschland, der damals schon drittgrößten Handelsnation der Welt. Dass aus dem Begriff „Made in Germany schon wenig später ein Markenzeichen werden sollte, konnte 1887 kaum jemand ahnen. Wie kam es zu diesem schwunghaften Aufstieg der deutschen Volkswirtschaft, der bis in die heutige Zeit anhält?

    Ein dreiviertel Jahrhundert vor dem englischen Gesetz war die politische und wirtschaftliche Geschichte Deutschlands auf einem Tiefpunkt angelangt. Deutschland war zu dieser Zeit im Vergleich zu den Nachbarländern, vor allem aber im Vergleich zu England, ein „Entwicklungsland". Trotzdem gilt die Zeit um 1800 als Beginn der deutschen Industriegeschichte.

    Hier soll nun der Versuch unternommen werden, die ökonomische Entwicklung Deutschlands vor allem anhand von historischen Wertpapieren zu beschreiben. Das bedeutendste Wertpapier in diesem Zusammenhang ist die Aktie. Wie beim Durchblättern dieses Buches erkennbar wird, existiert aber noch eine Vielzahl weiterer Wertpapiere im Bereich der Wirtschaft.

    Die Auswahl der Unternehmen in diesem Buch ist sicherlich subjektiv, erlaubt aber trotzdem einen exemplarischen Überblick über die deutsche Wirtschaftsgeschichte seit der „Industrialisierung" im 19. Jahrhundert.

    Die Wiedervereinigung im Jahr 1990 bildet eine Zäsur in der deutschen Wirtschaftsgeschichte, nicht nur für den Osten, sondern auch für den Westen. Die weitere Entwicklung bis heute erwies sich als sehr vielschichtig in einer immer differenzierter werdenden Welt. Die Wirtschaftsgeschichte ab 1990 wird daher in diesem Band nur in Form eines kurzen Überblicks dargestellt; eine tiefer gehende Analyse bleibt einem zweiten Band vorbehalten, der in Kürze herausgegeben werden wird.

    Jedem Kapitel dieses chronologisch aufgebauten Werks werden einige allgemeine Aussagen zur Epoche vorangestellt. Illustriert werden diese einleitenden Sätze mit Bildern aus Berlin, dem symbolträchtigen Spiegelbild der deutschen Geschichte in den letzten 200 Jahren.

    Der geschichtliche Überblick wird in der Anlage ergänzt durch eine Beschreibung des Begriffs „Made in Germany" und durch einige Definitionen rund um die Wertpapiere.

    Diese vorliegende Auflage wurde sorgfältig inhaltlich überarbeitet und aktualisiert. Trotzdem kann natürlich aufgrund der Komplexität des Themas keine Garantie für die Richtigkeit aller Aussagen übernommen werden.

    Wir wünschen Ihnen viel Freude bei der Lektüre dieses Werks. Sie werden sehen: Wirtschaft ist spannend! Und die Wirtschaft geht jeden an; denn: Die Wirtschaft, das sind wir alle – als Unternehmer, als Beschäftigte, als Verbraucher oder als Steuer zahlende Mitglieder des Staates.

    1. Vorgeschichte: Die deutsche Wirtschaft bis zur Zeit Napoleons

    Die Geschichte der Menschheit ist auch immer eine Geschichte ihrer Wirtschaft. In grauer Vorzeit versorgten sich die Mitglieder einer Familie oder eines Clans nahezu ausschließlich selbst. Diese Autarkie wird von der Wirtschaftswissenschaft als „geschlossene Hauswirtschaft bezeichnet. Daneben existierte aber schon der Anfang der „Tauschwirtschaft zwischen benachbarten Familien.

    Das Brandenburger Tor (erbaut 1791)

    Das Brandenburger Tor (erbaut 1791)

    Erste Hochkulturen waren ohne diese Tauschwirtschaft nicht vorstellbar. Dabei entwickelten sich unterschiedliche allgmeine Tauschmittel, wobei sich nach und nach (ab ca. 2.000 v. Chr.) das Metallgeld durchsetzte Die Geldwirtschaft hatte begonnen. Die beginnende Metallverarbeitung in der Bronzezeit (in Mitteleuropa von ca. 2000 – 450 v. Chr.) verstärkte zudem die Arbeitsteilung, und spätestens seit dieser Bronzezeit ist auch schon der Fernhandel mit damaligen Luxusgütern in Mitteleuropa nachweisbar: In dieser Zeit entstand z. B. die „Bernsteinstraße, welche die „Bernsteinküste an der Ostsee mit der mykenischen Hochkultur, wahrscheinlich sogar mit dem pharaonischen Ägypten verband. In der folgenden Eisenzeit (ungefähr bis zur Zeitenwende) wurde der Fernhandel noch ausgebaut. Verschiedene Quellen aus dem römischen Reich bestätigen einen umfangreichen Handel mit germanischen Bewohnern der Grenzlande.

    Wirtschaft und Handel florierten auch im Mittelalter: Im Gebiet des späteren Deutschland entwickelte sich die Wikingersiedlung Haithabu an der Schlei seit dem 8. Jahrhundert zu einem der wichtigsten Handelszentren Nordeuropas. Die kulturellen Höhepunkte des Mittelalters (zum Beispiel die Zeit Karls des Großen um 800 und die Zeit der Stauffer 400 Jahre später) korrespondierten mit Höhepunkten in Produktion und Handel.

    Zur wichtigsten Geldmünze entwickelte sich der Pfennig. Nachdem sich die deutschen Stämme, insbesondere die Karolinger, im 8. Jahrhundert immer mehr von der abgewirtschafteten Goldwährung des Römischen Reichs trennten, wurden von den Karolingern staatlich garantierte „Dinare als Silbermünzen geprägt, die im deutsch sprechenden Volksmund schnell „Pfennige hießen. Insbesondere durch die Münzreform Karls des Großen 793/ 794 wurden diese Pfennige zur Grundlage des sich ausbreitenden Fernhandels. Die Pfennige wurde an unterschiedlichsten Münzorten hergestellt; am häufigsten war der „Otto-Adelheid-Pfennig" aus dem Harz, benannt nach Kaiser Otto III und seiner Großmutter als Vormund. Das für diesen Pfennig notwendige Silber wurde im Harzer Rammelsbergwerk gefördert. Die Pfennige behielten ihre dominierende Stellung als Münze im Deutschen Reich bis zum 13. Jahrhundert.

    Für den Geldbedarf des täglichen Lebens waren die Pfennige allerdings aufgrund ihrer hohen Kaufkraft weniger geeignet – hier blieb noch lange die Warenwirtschaft vorherrschend, vor allem, weil die Fürsten, denen das Recht zur Münzprägung (das sogenannte „Münzregal") vorbehalten war, wenig Interesse an der Prägung von Kleinmünzen hatten, weil diese kaum kostenneutral herzustellen waren.

    Aber nicht nur die Fürsten, auch die Kirche beeinflusste die Entwicklung der Wirtschaft: Der einflussreiche Kirchenlehrer Thomas von Aquin (1225 – 1274), der einerseits Philosophie, Theologie und Staatswissenschaft reformierte, behinderte andererseits die Entwicklung der Wirtschaft, indem er das alte Zinsverbot der katholischen Kirche bekräftigte. Jedoch war im Wirtschaftsleben eine Verzinsung von geliehenem Geld auch zu seiner Zeit schon unumgänglich, wenn man größere Geschäfte abschließen wollte. Das kirchliche Zinsverbot war die Hauptursache für den Bedeutungszuwachs jüdischer Bankhäuser im Wirtschaftsleben.

    Trotz dieses Zinsverbots (das häufig genug umgangen oder ignoriert wurde) entwickelte sich am Vorabend der Neuzeit, ausgehend von Norditalien, eine Wirtschaftsordnung, die schon damals alle relevanten Züge des bis heute dominierenden Kapitalismus bzw. der modernen Marktwirtschaft aufwies. International bedeutende frühe Vertreter dieser Wirtschaftsordnung in Deutschland waren im Norden der Handelsverbund der Hanse (12. – 17. Jahrhundert), im Süden Deutschlands die Große Ravensburger Handelsgesellschaft (ca. 1380 – 1530).

    Diese Kaufmannsunternehmen waren zu ihrer Zeit sehr modern: Während ansonsten im Mittelalter die Einzelunternehmen (das Unternehmen gehörte einer einzigen Person) für Wirtschaftsunternehmen typisch waren, gestaltete sich z. B. die Hanse zumindest in ihrer Frühzeit als „Personenhandelsgesellschaft, weil sich in der Regel mehrere Kaufleute für einen begrenzten Zeitraum zusammen fanden, um eine Handelsfahrt zu unternehmen (seltener auch mit einem gemeinsamen Handelsgeschäft). Später wandelte sich die „Kaufmannshanse in die „Städtehanse", wurde also mehr zu einer Gemeinschaft selbstständiger Städte. (Die Hanse war aber nicht der erste und einzige Städtebund Deutschlands; im 13. Jahrhundert existierte schon der Mittelrheinische Städtebund mit Mainz, Worms, Bingen, Frankfurt am Main, Gelnhausen, Friedberg, ein Jahrhundert später fanden sich eine Vielzahl süddeutscher Städte unter der Führung von Ulm zum Schwäbischen Städtebund zusammen.)

    Zu Beginn der Neuzeit bildeten sich vor allem in Süddeutschland große Familien-Handelshäuser, die sich – um einen modernen Begriff zu gebrauchen – zu Mischkonzernen entwickelten. Die bekanntesten waren die Fugger und die Welser aus Augsburg.

    Jakob Fugger der Reiche (1459 - 1525) entwickelte aus dem regionalen Unternehmen seines Vaters den ersten deutschen Konzern mit Weltgeltung. Er war nicht nur Kaufmann in verschiedensten Waren, sondern auch Bergwerksbesitzer und Großbankier. Bekannt ist sein Kredit an den späteren Kaiser Karl V, mit dem dieser seinen erfolgreichen Wahlkampf um die Kaiserkrone betreiben konnte. Fugger schuf einen „multinationalen" Familienkonzern fast schon moderner Prägung, den er auch vererben konnte. Im 17. Jahrhundert geriet der Konzern allerdings an den Rand des Konkurses, weil er nach und nach einen Großteil seiner Kreditforderungen an das Herrscherhaus Habsburg abschreiben musste.

    Andere bedeutende Handels- und Finanzhäuser gerieten ebenfalls in „Schieflage" oder sogar tatsächlich in Konkurs. Z. B. wurde 1614 auch das Handelshaus der Welser zahlungsunfähig. Dieses Augsburger Handelshaus ist bis heute vor allem dadurch bekannt, dass Kaiser Karl V diesem 1528 die Statthalterschaft über die Überseeprovinz Venezuela verlieh. Nach anfänglichen wirtschaftlichen Erfolgen brachte vor allem das Jahr 1546 einen herben Rückschlag, als Bartholomäus Welser, der Sohn des Handelsherrn, auf einer Expedition zur Suche des Goldlandes El Dorado ermordet wurden. 1556 gingen mit dem Rücktritt Kaiser Karls V alle Handelsrechte der Welser in Südamerika verloren.

    Nicht zuletzt war es dieser Zusammenbruch des Finanzsystems, das den Abstieg der Städte und den Aufstieg der Fürsten zu Beginn der Neuzeit in Deutschland besiegelte (neben anderen historischen Umwälzungen, vor allem dem Dreißigjährigen Krieg).

    Mit den angesprochenen Handelsgesellschaften und Handelshäusern war Deutschland im Mittelalter und in der früheren Neuzeit eine führende Wirtschaftsmacht Europas gewesen. Diese Vormachtstellung ging aber durch die beschriebenen Finanzkrisen, durch die Entdeckungsreisen zu Beginn der Neuzeit, die Deutschland an den Rand der neuen Handelsrouten drängten, vor allem aber durch die Zerstörungen im 30-jährigen Krieg (1618 – 1648) verloren.

    Einen gewissen Einfluss auf diese negative Entwicklung hatte sicherlich auch die oftmals zweifelhafte Währungspolitik der Herrschenden in jener Zeit: Die Prägung von „verlässlichen Scheidemünzen (Scheidemünzen sind Münzen, deren Metallgehalt unter dem Nennwert liegt) war zu den Zeiten der Gold- und Silberstandards nur dann nachhaltig sinnvoll, wenn der Staat deren Umwandlung in voll ausgeprägte Kurantmünzen garantierte. Das geschah aber erst gegen Ende des 16. Jahrhunderts, und dann auch nur vereinzelt. Aber auch mit der Prägung von Kurantmünzen wurde häufig genug Schindluder getrieben: Nicht wenige Landesfürsten finanzierten ihre Ausgaben auch durch die Prägung unterwertiger Münzen („Münzverschlechterung). Wenn dies extensiv praktiziert wurde, kam es unweigerlich zu Inflationen, zum Beispiel zur „Schinderlinge-Inflation 1456 - 1460 unter Kaiser Friedrich III oder zur „Kipper-und-Wipper-Inflation 1617 – 1622, mit der die steigenden Staatsausgaben für den beginnenden Dreißigjährigen Krieg finanziert werden sollten. Auch der preußische König Friedrich der Große betrieb zur Finanzierung des Siebenjährigen Kriegs eine Währungsverschlechterung. Vorher hatte er noch eine Münzreform durchführen lassen, nach dem Krieg kehrte er mit Rückgriff auf diese Reform wieder zu einer soliden Währungspolitik zurück.

    Diese Zusammenhänge zwischen staatlicher Geldpolitik und Geldentwertung sollten sich in der weiteren Geschichte der Wirtschaft noch mehrfach wiederholen.

    Die Wirtschaftspolitik in den einzelnen deutschen Staaten war bis ins achtzehnte, teilweise sogar bis ins neunzehnte Jahrhundert hinein vom Merkantilismus geprägt, der vielleicht ältesten Wirtschaftstheorie, deren Ziele (vereinfacht gesagt) darin bestanden, den absolutistisch regierenden Fürsten den höchstmöglichen Reichtum und Einfluss zu garantieren. Zu diesem Zweck wurden neben einer Steigerung der wirtschaftlichen Produktivität vor allem Außenhandelsüberschüsse angestrebt. Daher wurde die Wirtschaft üblicherweise sehr stark durch die Regierungen reglementiert. Einige Wirtschaftsbranchen wurden überdies von der öffentlichen Verwaltung selber wahrgenommen oder als staatlich geschütztes Monopol von einem einzigen Unternehmer bearbeitet (vgl. z. B. das Jahrhunderte lang bestehende Postmonopol der Fürsten von Thurn und Taxis).

    Bis weit in die Neuzeit hinein wurde auch die Wirtschaft vom Adel geprägt: Das schon 1739 durch den Kurfürsten Clemens August gegründete Unternehmen „Eisenhütte bey Suttrop ohnweit Warstein“ (im Sauerland) übernahm später Betriebe aus Schlesien und Schleswig-Holstein und veränderte dabei seinen Namen in Warsteiner und Herzoglich Schleswig-Holsteinischen Eisenwerke AG in Warstein. Es stellte Eisen- und Metallwaren aller Art her. Das Unternehmen ging 1969 in Liquidation

    Bis weit in die Neuzeit hinein wurde auch die Wirtschaft vom Adel geprägt: Das schon 1739 durch den Kurfürsten Clemens August gegründete Unternehmen „Eisenhütte bey Suttrop ohnweit Warstein" (im Sauerland) übernahm später Betriebe aus Schlesien und Schleswig-Holstein und veränderte dabei seinen Namen in Warsteiner und Herzoglich Schleswig-Holsteinischen Eisenwerke AG in Warstein. Es stellte Eisen- und Metallwaren aller Art her. Das Unternehmen ging 1969 in Liquidation

    Die dominierende Branche, die Landwirtschaft, war nach wie vor feudalplanwirtschaftlich organisiert, in der Regel beruhend auf uralte, tradierte Rechte der Grundherren.

    In den Städten verhinderten Kaufmannsgilden und Handwerkszünfte praktisch jeden Wettbewerbsgedanken und regelten die meisten Wirtschaftstätigkeiten bis ins Kleinste: Preise, Auftragsvergaben, Lohnhöhen, selbst die Kleiderordnung lagen nicht in der Entscheidungsgewalt der einzelnen Gewerbetreibenden. Lediglich im Handel waren ansatzweise marktwirtschaftliche Strukturen vorhanden, und zwar sowohl im Fernhandel als auch auf den Wochenmärkten, auf denen die heimischen Kleinbauern und Handwerker ihre Waren feilboten.

    Frühe Versuche zum Aufbrechen der starren, aus dem Mittelalter tradierten Handwerks- und Kaufmanns-Regeln der Zünfte und Gilden gab es schon vor 1800. Als Beispiel dafür kann die „Fabrikstadt Frankenthal in der Kurpfalz gelten. Seit 1768 wurden durch die Regierung systematisch Manufakturen angesiedelt, deren Anzahl über die früher durch die Zünfte festgesetzten Grenzen hinausging. Die Betriebe in der Modell-Manufakturstadt führten schon frühe Formen der Arbeitsteilung und der Serienproduktion ein; trotz der kurfürstlichen Privilegien blieben aber die Betriebseinheiten regelmäßig sehr klein. Selbst das größte und bis heute bekannteste Frankenthaler Unternehmen zu jener Zeit, die Porzellanmanufaktur, hatte nie mehr als 200 Beschäftigte. Das „Fabrikstadt-Experiment, das noch nicht der Marktwirtschaft, sondern dem obrigkeitsstaatlichen Merkantilismus verpflichtet war, endete mit dem Einmarsch der französischen Revolutionsgruppen zum Ende des 18. Jahrhunderts.

    Viele deutsche Unternehmen haben eine lange Geschichte. Eine der längsten nachweisbaren Historien hatte die Hildebrandsche Mühle in Halle (AG seit 1888), deren tausendjährige (teilweise staatliche) Geschichte von 987 bis ins späte 20 Jahrhundert reichte.

    Viele deutsche Unternehmen haben eine lange Geschichte. Eine der längsten nachweisbaren Historien hatte die Hildebrandsche Mühle in Halle (AG seit 1888), deren tausendjährige (teilweise staatliche) Geschichte von 987 bis ins späte 20 Jahrhundert reichte.

    Wirtschaftliche und technische Innovationen entstanden zunehmend im Ausland und erreichten Deutschland nur mit Zeitverzögerungen. Dies gilt auch für wichtige finanzwirtschaftlich-organisatorische Neuerungen: Die Börsen in Brügge (1409) und Antwerpen (1460) entstanden weit vor den ersten deutschen Börsen in Augsburg und Nürnberg (beide 1540). Die erste „moderne" Aktiengesellschaft war die 1602 in den Niederlanden gegründete Vereinigte Ostindische Kompanie. Als erste deutsche Aktiengesellschaft gilt die 1682 in Königsberg gegründete Brandenburgisch-Afrikanische Kompagnie, welche den Handel mit der kurzfristig existierenden brandenburgischen Kolonie Groß Friedrichsburg (im heutigen Ghana) abwickeln sollte, mit dieser Aufgabe aber überfordert war. Die Organisationsformen dieser frühen Aktiengesellschaften sind aber kaum noch mit den heutigen zu vergleichen.

    Auch bahnbrechende technische Erfindungen wie die Dampfmaschine (entscheidende Verbesserungen durch James Watt 1769) oder der mechanische Webstuhl (Cartwright 1785) wurden regelmäßig im Ausland, vor allem auf der wirtschaftlich am weitesten entwickelten Insel Großbritannien entwickelt. Nicht zufällig entstanden in Großbritannien auch die wissenschaftlichen Grundlagen für die Wirtschaftsordnung, welche die fulminante Entwicklung der modernen Volkswirtschaften zu Beginn der industriellen Revolution erst ermöglichte: die liberale (freie) Marktwirtschaft.

    Diese wissenschaftlichen Grundlagen des Liberalismus waren schon im 18. Jahrhundert durch Adam Smith gelegt worden, der 1776 sein fundamentales Werk „Wohlstand der Nationen" veröffentlichte. Smith postulierte darin das Individuum als Träger wirtschaftlicher Entscheidungen. Dieses Individuum würde – nach Smith – bei seinen Entscheidungen vor allem an sein eigenes Wohl denken, was für die Volkswirtschaft ein Maximum an Wohlstand erbringen sollte. Der Staat sollte sich auf seine wenigen, ureigenen Gebiete, z. B. die innere und äußere Sicherheit (Justiz, Polizei und Militär), beschränken. Diese Grundlagen des marktwirtschaftlichen Systems wurden zu Beginn des 19. Jahrhunderts von David Ricardo um die - heute umstrittene – Theorie der komparativen Kosten ergänzt, die zur wissenschaftstheoretischen Grundlage des weltweit freien Handels wurde.

    Symbolisch für die wirtschaftliche Rückständigkeit Deutschlands zu Beginn des 19. Jahrhunderts erscheint, dass in Deutschland der Nationalökonom Adam Müller noch 1809 mit einer „romantischen Wirtschaftstheorie („Die Elemente der Staatskunst) auf den Smith’schen Wirtschaftsliberalismus antwortete.

    Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erreichte auch die politische Bedeutung Deutschlands einen Tiefpunkt: 1806 legte Franz II die deutsche Kaiserkrone nieder. Das „Heilige Römische Reich deutscher Nation, dessen Beginn weit ins Mittelalter reichte, war damit erloschen. Deutschland war also damals – im Vergleich zu seinen Nachbarn - politisch geschwächt und auch wirtschaftlich ein „Spätentwickler. Durch die napoleonischen Kriege gerieten die deutschen Staaten noch weiter ins Hintertreffen. Und trotzdem beinhaltete die napoleonische Herrschaft in Deutschland ein bedeutsames Mosaiksteinchen für die gesellschaftliche Modernisierung und den wirtschaftlichen Aufstieg Deutschlands, wie im nächsten Gliederungspunkt ausgeführt wird..

    Einige Wurzeln für eine moderne deutsche Volkswirtschaft waren allerdings auch schon im 18. Jahrhunderts schon gelegt worden, z. B. die „moderne Pfandbrief-Idee in Preußen aus der Regierungszeit von König Friedrich II (dem „Großen):

    Mit den Pfandbriefen begann die moderne Finanzierung großer Vorhaben mittels (Teil-) Schuldverschreibungen. Pfandbriefe sind Schuldverschreibungen, die (mittels Hypotheken oder Grundschulden) durch Immobilien gesichert sind. Die 1769 erstmals (in Preußen) ausgestellten Pfandbriefe ermöglichten zuerst nur die Rekapitalisierung der schlesischen Gutsbesitzer, die somit nach dem Siebenjährigen Krieg ihre zerstörten Höfe wieder aufbauen konnten.

    Der abgebildete Pfandbrief der Schlesischen Landschaft aus dem Jahre 1940 ist ein später „Nachfahre“ der ersten Pfandbriefe aus dem Preußen des „Alten Fritz‘“.

    Der abgebildete Pfandbrief der Schlesischen Landschaft aus dem Jahre 1940 ist ein später „Nachfahre der ersten Pfandbriefe aus dem Preußen des „Alten Fritz‘.

    Der Erfolg der Pfandbriefe führte aber anschließend zur Institutionalisierung dieser Bodenkredite bei den Großgrundbesitzern in ganz Preußen: Im Jahre 1800 bestanden in Preußen bereits 11 „Landschaften" (Pfandbriefanstalten). Wenige Jahre später erweiterte sich das Pfandbriefsystem mit Hilfe von privaten Hypothekenbanken nicht nur auf ganz Deutschland, sondern auch auf die Städte.

    Der erste „moderne Industriebetrieb Deutschlands in der Textilbranche war die von Gottfried Brügelmann 1787 in Ratingen errichtete Fabrik „Cromford, die nicht nur den englischen Namen, sondern auch die Produktionsmethoden kopierte – mit Hilfe von Industriespionage. Das Beispiel Cromford zeigt: Zum Aufbau der Industrie war das englische „Know-how" erforderlich. Dementsprechend wurde in Deutschland der Aufbau der Industrie nur unter maßgeblicher Mitarbeit von englischen Facharbeitern, Ingenieuren und Unternehmern ermöglicht.

    Zum Wegbereiter des wirtschaftlichen Aufschwungs in Deutschland wurden neben der Textilindustrie vor allem der Bergbau und die Montanindustrie.

    Vorläufer dieser Wirtschaftszweige gab es schon lange: Die Ursprünge des Bergbaus liegen in vorgeschichtlicher Zeit. Die ersten Kupferförderungen in Mitteldeutschland werden um 2.500 v. Chr. datiert. Das deutsche Bergwerk mit der längsten Geschichte ist der Rammelsberg bei Goslar im Harz. Die Ergebnisse archäologischer Ausgrabungen lassen sogar vermuten, dass am Rammelsberg im Harz wahrscheinlich schon im 3. Jahrhundert Erze gefördert wurden; urkundlich erwähnt wurde das Bergwerk erstmals im Jahre 936. Zwei Jahre nach seiner Schließung 1988 wurde Rammelsberg zum Bergbaumuseum und 2010 erhielt es als erstes Industriedenkmal Deutschlands den Status eines UNE-SCO-Weltkulturerbes.

    Auch der zeitliche Ursprung der Verarbeitung von Erzen liegt im geschichtlichen Dunkel. Schon vor Jahrhunderten wurden dazu Kohlenmeiler und „Rennöfen gebaut. Letztere existierten nachweislich schon im 7. Jh. vor Chr. in Europa. Seit 1451 ist eine Eisenhütte in Buschhütten bei Siegen nachweisbar. Seit dem 17. Jahrhundert beschleunigten sich die Innovationen in der Verhüttungstechnik: Die Familie Buderus erbaute im hessischen Hirzenhein 1678 erste „Hochöfen und gründete 1731 ein Familienunternehmen der Gießereitechnik. Über Eisenhütten in Balve-Wocklum wurde 1732 erstmals schriftlich berichtet. (Die Luisenhütte Wocklum ist heute ein Industriemuseum und beherbergt die älteste mit vollständiger Einrichtung erhaltene – noch mit Holzkohle betriebene - Hochofenanlage Deutschlands und weltweit.) Noch fünf Jahre älter ist die – ebenfalls größtenteils als Museum erhaltene und ebenfalls im Sauerland ansässige – Wendener Hütte.

    Die erste „moderne" mit Kok bzw. Kohle betriebene deutsche Eisenhütte (Hochofen) war 1758 die St.-Antony-Hütte in Oberhausen, die 1808 in das Unternehmen Gutehoffnungshütte integriert wurde.

    Das technische Hilfsmittel der Industriellen Revolution schlechthin war die Dampfmaschine. Die erste deutsche Dampfmaschine wurde 1785 in Hettstedt, Mansfeld, in Betrieb genommen.

    Schließlich eroberte auch die Rechtsform der Aktiengesellschaft zu Beginn des 19. Jahrhunderts ihren Platz in der deutschen Wirtschaft. Die erste „moderne" deutsche AG moderner Prägung bildete sich 1809, als die (schon seit 1685 existierende) Dillinger Hütte in eine Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Die Aktiengesellschaft der Dillinger Hüttenwerke existiert auch heute noch und ist daher nicht nur die erste, sondern auch die älteste deutsche AG.

    Das Ende des mittelalterlich-feudal geprägten ersten deutschen Kaiserreichs (1806) sowie das Ende der napoleonischen Besetzung Deutschlands (1813) fielen also zeitlich mit dem Aufschwung Deutschlands zur europäischen Wirtschaftsmacht zusammen. Dass hier auch ursächliche Zusammenhänge vorlagen, wird im nächsten Kapitel näher dargestellt.

    1801 stellten die Brüder Dinnendahl die ersten Dampfmaschinen im Ruhrgebietsbergbau auf (in der Zeche Vollmond in Bochum-Langendreer). Aus den frühen Betrieben der Brüder Dinnendahl entwickelte sich später die Maschinenfabrik Westfalia Dinnendahl Gröppel AG („WEDAG“) in Bochum. Neben den Dinnendahl-Brüdern gab es weitere Wurzeln der WEDAG, nämlich die 1872 in Bochum gegründete Eisenhütte Westfalia und die Maschinenfabrik Gröppel, die sich aus einem 1857 im schlesischen Waldenburg entstandenen Ingenieursbüro entwickelt hatte. Seit den 1930er Jahren verlegte sich die WEDAG vor allem auf die Produktion und den Betrieb von Aufbereitungsanlagen für Erz- und Kohleabbau. 1969 wurde das Unternehmen in den Klöckner-Humboldt-Deutz-Konzern eingegliedert, 1979 in KHD Humboldt Wedag AG umbenannt und – im Zuge der Sanierung des angeschlagenen Mutterkonzerns - 2001 wieder aus dem Deutz-Konzern herausgelöst. Unter dem Namen KHD Humboldt Wedag International GmbH konzentrierte sich das Unternehmen auf das Anlagenmanagement im Bereich der Zementherstellung.

    1801 stellten die Brüder Dinnendahl die ersten Dampfmaschinen im Ruhrgebietsbergbau auf (in der Zeche Vollmond in Bochum-Langendreer). Aus den frühen Betrieben der Brüder Dinnendahl entwickelte sich später die Maschinenfabrik Westfalia Dinnendahl Gröppel AG („WEDAG") in Bochum. Neben den Dinnendahl-Brüdern gab es weitere Wurzeln der WEDAG, nämlich die 1872 in Bochum gegründete Eisenhütte Westfalia und die Maschinenfabrik Gröppel, die sich aus einem 1857 im schlesischen Waldenburg entstandenen Ingenieursbüro entwickelt hatte. Seit den 1930er Jahren verlegte sich die WEDAG vor allem auf die Produktion und den Betrieb von Aufbereitungsanlagen für Erz- und Kohleabbau. 1969 wurde das Unternehmen in den Klöckner-Humboldt-Deutz-Konzern eingegliedert, 1979 in KHD Humboldt Wedag AG umbenannt und – im Zuge der Sanierung des angeschlagenen Mutterkonzerns - 2001 wieder aus dem Deutz-Konzern herausgelöst. Unter dem Namen KHD Humboldt Wedag International GmbH konzentrierte sich das Unternehmen auf das Anlagenmanagement im Bereich der Zementherstellung.

    2. Von 1800 bis zum Ende des Kaiserreichs

    Napoleon und die Folgen

    Während sich in England, kurz danach unter anderem auch in Frankreich und Belgien, die Industrialisierung schon seit dem 18. Jahrhundert durchsetzte, nahm diese in Deutschland erst im 19. Jahrhundert Fahrt auf.

    Die deutschen Staaten mussten auch erst die gesellschaftlichen Voraussetzungen für die Industrialisierung schaffen.

    Der Berliner Dom (erbaut 1905)

    Der Berliner Dom (erbaut 1905)

    Ein erster Ansatz dazu war der unter französischer Herrschaft durchgeführte „Reichsdeputationshauptschluss" von 1803, mit dem viele noch bis ins Mittelalter zurück reichende Privilegien ehemaliger Feudalherren abgeschafft wurden.

    Eine weitere Maßnahme Napoleons hatte unterschiedliche Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands: Manche Branchen (insbesondere der Maschinenbau, die Textil- und die Baumwollindustrie) hatten von der von Napoleon als wirtschaftskriegerische Maßnahme (Wirtschaftsboykott) gegen England eingesetzten „Kontinentalsperre" (1805 – 1813) profitiert, weil der Wettbewerb mit der fortschrittlichen englischen Konkurrenz zeitweise wegfiel. Trotzdem wirkte das Ende dieses Handelsboykotts aber eher wie eine Erlösung für die deutsche Wirtschaft, da der Warenaustausch mit England, dem Mutterland der industriellen Revolution, wiederbelebt werden konnte.

    Ein nachhaltiger Ansatz zur Modernisierung der Gesellschaft zur Zeit Napoleons war hingegen auf jeden Fall die Einführung des modernen französischen Rechts (Cinq codes). Dabei war insbesondere der Code civil (das französische Gesetzbuch zum Zivilrecht) maßgebend für die nachfolgenden Zeiten.

    In Preußen wurden die Modernisierungsbestrebungen z. B. durch die Stein-Hardenbergschen Reformen Anfang des 19. Jahrhunderts konkretisiert (Gewerbefreiheit, Bauernbefreiung etc.).

    Die Stein-Hardenbergschen Reformen (und die ähnlichen anschließenden Reformen in den anderen deutschen Ländern) waren aber nicht nur notwendige Voraussetzungen für die weitere Entwicklung der Wirtschaft in Deutschland, sie führten auch zu verschiedenen Problemen. So entstanden nach der „Bauernbefreiung zwar viele neue, kleine Landwirtschaftsbetriebe; die nun selbstständig gewordenen Bauern gerieten aber häufig in eine neue Abhängigkeit von den ehemaligen Großgrundbesitzern. Diese wurden zwar für die Ablösung ihrer ehemaligen Flächen grundsätzlich vom Staat entschädigt, die „Neu-Bauern mussten sich aber an dieser Entschädigung in Form einer „Rente beteiligen. Fehlte ihnen dieses Geld, dann nahmen sie häufig einen Kredit bei den ehemaligen Großgrundbesitzern auf, die aber teilweise überhöhte Zinsen forderten.

    1850 reagierte der preußische Staat darauf durch die Errichtung von „Provinzial-Rentenbanken. Die „Neu-Bauern zahlten die jährliche Rente (oder einmalig das 18-fache des jährlichen Rentenbetrags) in die Rentenbanken ein; diese wiederum gaben an die ehemaligen Großgrundbesitzer verzinsliche „Rentenbriefe aus. Eine direkte Geschäftsverbindung zwischen den „alten und den „neuen Besitzern der landwirtschaftlich genutzten Grundstücke war damit nicht mehr vorhanden. Die Rentenbriefe garantierten die Auszahlung der gesamten „Ablöseforderung (mit einem 20%-igen Abschlag), bis sie schließlich (bis 1890) mit Zinsen komplett ausgezahlt wurden.

    Danach wendeten sich die Provinzial-Rentenbanken anderen Aufgaben im Bereich der Landwirtschaft zu.

    Danach wendeten sich die Provinzial-Rentenbanken anderen Aufgaben im Bereich der Landwirtschaft zu.

    1928 wurden die Provinzial-Rentenbanken zu Gunsten der „Preußischen Landesrentenbank aufgelöst, deren Aufgaben ihrerseits 1939 auf das gesamte Reichsgebiet ausgeweitet wurde und die folglich in „Deutsche Landesrentenbank umfirmierte.

    1966 wurde aus der „Deutschen Landesrentenbank durch eine Fusion die „Deutsche Siedlungs- und Landesrentenbank („DSL-Bank). Die DSL-Bank wurde 1999 privatisiert und an die Postbank verkauft. Die Postbank benutzte die „DSL-Bank" aber nicht mehr als (rechtlich selbstständigen) Konzernbetrieb, sondern nur noch als Marke für ihre Imweiter. mobilienfinanzierung

    Die politische und wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands wurde aber anschließend durch den Wiener Kongress (1814, zur Neuordnung Europas nach Napoleon) eher behindert als begünstigt: Es entstanden 39 völlig selbstständige und in der Mehrheit absolutistische Fürstentümer, die durch teilweise hohe Zölle den innerdeutschen Handel behinderten. Immerhin baute Preußen die innerstaatlichen Zölle schon 1818 ab.

    Industrielle Revolution und „Soziale Frage" auf dem Weg zur staatlichen Einheit

    Fortschrittliche Wissenschaftler wie der Nationalökonom Friedrich List (Professor an der Universität Tübingen und Mitglied des württembergischen Landtags) waren überzeugt davon, dass eine wirtschaftliche Weiterentwicklung Deutschland nur durch die Industrialisierung möglich war. Für den deutschen Binnenhandel forderten sie daher einen deutschen Zollverein, um die wichtigsten Handelsschranken innerhalb Deutschlands abzuschaffen. Für den Import hingegen empfahl List – in Abkehr von der klassisch-liberalen Idee des Freihandels – einen sogenannten „Erziehungszoll auf ausländische Industriewaren, damit die deutsche Industrie eine gewisse Zeit lang vor ausländischer Konkurrenz aus höher entwickelten Ländern wie England geschützt war. Dieser „Erziehungszoll konnte seiner Meinung nach dann wieder abgeschafft werden, wenn die deutsche Industrie international konkurrenzfähig geworden war.

    List und seine Mitstreiter forderten auch den Ausbau des deutschen Eisenbahnwesens. List hatte Ende der 1820er Jahre in seinem eigenen Kohlerevier in den USA die Vorteile des Eisenbahnwesens hautnah kennen gelernt. Zur Finanzierung von Eisenbahnen und weiteren Investitionsvorhaben schlug er ein Papiergeld-Währungssystem nach amerikanischem Vorbild vor – für Europa damals ein revolutionärer Gedanke.

    Aber die Realisierung dieser Vorhaben ließ auf sich warten. Neben der mangelnden politischen Reformwilligkeit der einzelnen Regierungen hatten auch Naturkatastrophen zu Rückschlägen geführt: Der Ausbruch des Vulkans Tambora in Indonesien (1815), der größte Vulkanausbruch in der Zeit menschlicher Geschichtsschreibung, führte nicht nur zum „Jahr ohne Sommer" 1816, sondern auch bis in die Folgejahre zu schwachen Ernten, Hungersnöten und steigenden Getreidepreisen.

    Der Vulkanausbruch des Tambora war einer von vielen Gründen für die Aussiedlerwellen aus Deutschland im 19. Jahrhundert. Zu mindestens 20 % waren diese Emigrationswellen klimatisch bedingt, beispielsweise eben durch das „Jahr ohne Sommer 1806. Insgesamt wanderten im 19. Jahrhundert mehr als fünf Millionen Deutsche aus, vor allem nach Nordamerika. (Dies war nach der „Ostkolonisation im 12. – 14. Jahrhundert die zweite große Auswanderungswelle Deutschlands.)

    Die gesellschaftlich-politische Entwicklung in Deutschland verlief zäh: Das Wartburgfest (1817) und das Hambacher Fest (1832) kennzeichnen Eckpunkte des sich entwickelnden demokratisch-nationalen und liberalen Gedankenguts in Deutschland, doch die demokratischen Revolutionsversuche von 1830 und 1848 (die Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche) blieben erfolglos.

    Erst als Preußen, die führende deutsche Regionalmacht, Mitte des Jahrhunderts die deutsche Einheit forcierte – allerdings weniger mit demokratischem Hintergrund – war dies letztendlich von Erfolg gekrönt. 1833 wurde unter preußischer Führung der deutsche Zollverein geschaffen, dem zwar nicht alle deutschen Fürstentümer von Beginn an angehörten, der aber trotzdem einen geschützten, großen deutschen Binnenmarkt darstellte. Die deutsche Wirtschaft entwickelte sich dynamischer: Trug Deutschland gegen 1800 nur etwa 9 % zur Industrieproduktion der gesamten Welt bei, so waren es 1840 schon ca. 12 %. Die „Industrielle Revolution" hatte jetzt auch Deutschland in ihrer ganzen Kraft erfasst.

    Die wirtschaftliche Entwicklung im 19. Jahrhundert zeigte aber auch auf (insbesondere in den Krisenzeiten), dass eine weitgehend ungezähmte „freien Marktwirtschaft auch Schwächen beinhaltet. Dazu zählen die mangelhafte Deckung von Kollektivbedürfnissen ebenso wie die Verelendung der Arbeiterschaft und die zunehmende Monopolisierung. Die Industrielle Revolution und die „Soziale Frage gehörten zusammen wie die zwei Seiten einer Münze:

    Die negativen

    Gefällt Ihnen die Vorschau?
    Seite 1 von 1