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100 x Österreich: Geschichte
100 x Österreich: Geschichte
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eBook440 Seiten3 Stunden

100 x Österreich: Geschichte

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Über dieses E-Book

Eine mitreißende Zeitreise

Österreich blickt auf eine faszinierende Geschichte zurück: von der römischen Provinz und einfachen Markgrafschaft wird es wenige Jahrhunderte später zum glanzvollen Zentrum des Heiligen Römischen Reichs und schließlich zum eigenständigen Kaisertum – die Zeit der legendären Donaumonarchie der Jahrhundertwende liefert bis heute Stoff für Geschichten aus der "guten alten Zeit". Doch war diese wirklich immer gut? War Österreich immer Österreich, wie wir es heute kennen?
Georg Hamann erzählt in 100 abwechslungsreichen Kapiteln von Menschen, Mächten und Momenten, die das Land zu dem machten, was es ist.

Aus dem Inhalt:
Pannonia und die Markomannenkriege
Der Aufstieg Wiens im Hochmittelalter
Rudolf IV. und der Erwerb Tirols
Tu felix Austria … die Doppelhochzeit von 1515
Katholizismus und Barock: die "Pietas Austriaca"
Hexenverfolgung in Österreich
Der "Zwetschkenrummel" – das Innviertel wird Teil Österreichs
Die Ära Metternich und das Ende Napoleons
Kaiser Franz Joseph – der Beginn einer Ära
Gründerzeit und Börsenkrach
Die Eisenbahn erobert Österreich
Hunger und Not im Ersten Weltkrieg
Der Weg in die Shoah
Zivilgesellschaft und Protestkultur
Österreichs Hymnen als Spiegel ihrer Zeit
und viele andere

Mit zahlreichen Abbildungen in Farbe und Glossar
SpracheDeutsch
Erscheinungsdatum15. Juni 2021
ISBN9783903217645
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    Buchvorschau

    100 x Österreich - Georg Hamann

    001

    DER ERSTE STAAT

    AUF ÖSTERREICHS BODEN:

    DAS REGNUM NORICUM

    Keltischer Bronzebeschlag, gefunden am Dürrnberg bei Hallein, wo die Kelten bereits seit dem 8. vorchristlichen Jahrhundert siedelten

    Ein Staat im heutigen Sinn war es freilich noch nicht, was rund um das Jahr 200 v. Chr. gebildet wurde, aber zumindest ein staatsähnlicher Zusammenschluss mehrerer Fürstentümer, eine lockere Vereinigung keltischer Stämme, von denen jener der Noriker eindeutig der dominierende war. Dieses »Regnum Noricum« stellte den letzten Höhepunkt des Keltentums auf dem europäischen Festland dar, bevor es nach der Übernahme durch Rom aus der Geschichte verschwand. Es umfasste zur Zeit seiner größten Ausdehnung beinahe das gesamte heutige Österreich: Vom Inn reichte es bis auf das Gebiet Ungarns und von der Donau, ja vielleicht sogar von der Thaya im Norden, bis hinab ins heutige Slowenien.

    Viele Rätsel, die sich um dieses Reich ranken, werden vermutlich nie gelöst werden, viele Details liegen heute noch im Dunkeln. Obwohl die Kelten eine Schrift hatten, sind wir doch zunächst auf archäologische Funde angewiesen und vor allem auf jene Schilderungen, die von ihren römischen Nachbarn stammen. Diese nannten die Bewohner des Norischen Reichs »galli transalpini«, also »Kelten von jenseits der Alpen«. Von dort war in den 180er-Jahren v. Chr. eine Gruppe von mehreren tausend Menschen in den Raum Aquileia ausgewandert, in der Absicht, sich dort dauerhaft niederzulassen. Die Römische Republik war damit alles andere als glücklich, immerhin hatte man erst kurz zuvor die oberitalienischen Kelten bezwungen und wollte sich nicht gleich wieder mit deren transalpiner Verwandtschaft herumschlagen müssen. Zugleich erwachte aber das Interesse am Land hinter den Bergen. Eine römische Gesandtschaft wurde ins heutige Kärnten geschickt, um Kontakt mit der dort ansässigen norischen Führung aufzunehmen. Es sollte der Beginn einer lange andauernden, respektvollen Beziehung werden, die sich für beide Seiten als Vorteil erwies und letztlich in einen förmlichen Freundschaftsvertrag (ein »hospitium publicum«) mündete.

    In erster Linie sorgte das beiderseitige Interesse am Geschäftemachen für ein starkes Band zwischen den Nachbarn. Immerhin lag das Regnum Noricum an zwei der wichtigsten Handelsrouten des Altertums, nämlich der Donau und der Bernsteinstraße, die vom Baltikum in die damals eben erst gegründete römische Provinz Aquileia führte.

    Darüber hinaus hatten die Noriker etwas, das für die Römer von unschätzbarem Wert war: hochqualitatives Eisen! Es stammte aus dem heutigen Kärnten, vom Hüttenberger Erzberg, und verfügte – nach fachkundiger Bearbeitung durch norische Schmiede – über so hervorragende Eigenschaften, dass es modernem Stahl in kaum etwas nachstand. Es war hart, aber dennoch nicht zu spröde, und so dauerte es nicht lange, bis ein großer Teil der römischen Schwerter, Lanzenspitzen und Rüstungen aus dem berühmten »Ferrum Noricum«, dem »norischen Eisen«, gefertigt wurde. Das Zentrum der Eisenindustrie und gleichzeitig wichtigster Handelsplatz war eine typische keltische Höhensiedlung am Rande des Kärntner Zollfelds: der über 1000 Meter hohe Magdalensberg.

    002

    DER MAGDALENSBERG UND

    DER ZUNEHMENDE EINFLUSS ROMS

    Der geheimnisvolle »Jüngling vom Magdalensberg« (Abguss)

    Bislang ist es nicht gelungen, am Kärntner Magdalensberg eindeutige Spuren einer keltischen Siedlung zu finden. Das mag auf den ersten Blick überraschen, denn immerhin befindet sich dort seit 1948 eines der ergiebigsten und bestdokumentierten Ausgrabungsfelder des östlichen Alpenraums. Zwar fand man große Mengen an keltischen Münzen und keltischen Inschriften, doch die Gebäude wurden allesamt von Römern erbaut!

    Bereits zur Mitte des ersten Jahrhunderts v. Chr. – also wohlgemerkt Jahrzehnte, bevor das Regnum Noricum ins Römische Reich eingegliedert wurde – ließen sich nämlich italische* Geschäftsleute auf dem Magdalensberg nieder und erweiterten die (höchst wahrscheinlich) hier bereits bestehende keltische Siedlung zu einer regelrechten Wirtschaftsmetropole des Altertums. Man darf davon ausgehen, dass es sich dabei um jenes (Alt-) Virunum handelte, das in den antiken Schriften mehrfach erwähnt wird.

    Die Römer, präziser gesagt: Unternehmer aus Aquileia, kamen damals noch keineswegs als Eroberer. Sie nutzten bloß die bereits bestehenden ökonomischen Strukturen, bauten sie aus und banden sie zu ihrem eigenen Vorteil in den nun aufblühenden Handel ein. Eine starke militärische Präsenz war gar nicht vonnöten, denn das Zusammenleben mit der ansässigen keltischen Bevölkerung schien vollkommen friedlich zu verlaufen. Diese profitierte immerhin davon, dass die römischen Kaufleute das Geschäft in ihre Hände nahmen, denn den keltischen Produkten wurden damit neue und höchst lukrative Märkte erschlossen. Im Gegenzug kam man in den Genuss von importiertem Wein und Olivenöl aus dem Süden – zumindest, wenn man es sich leisten konnte.

    Am Magdalensberg wurde ab jetzt die Produktion von hochwertigem Eisen in ganz großem Stil betrieben, bald kam auch der Handel mit kostbaren Bergkristallen und Messing hinzu. Es ist wahrscheinlich, dass auch Gold, das die Kelten in den Alpen zutage förderten, hier zu Barren gegossen wurde, um dann nach Italien exportiert zu werden. Neben Schmelzöfen, geräumigen Warenlagern, Werkstätten, Kontoren und einer Händlerbörse schufen die Römer auch ein ausgeklügeltes Brunnen- und Kanalsystem, und die erhaltenen Reste der freskengeschmückten Wohnhäuser zeugen noch heute vom behaglichen Wohlstand ihrer Bewohner.

    Ein Forum wurde angelegt, ein Badehaus und eine Tempelanlage, in der den römischen Göttern gehuldigt wurde. Mit diesem Tempel ist auch der berühmte »Jüngling vom Magdalensberg« in Verbindung zu bringen, jene Bronzeskulptur, die im ersten vorchristlichen Jahrhundert gegossen wurde und heute (wenn auch nur als Kopie aus der Renaissancezeit) zu den besonderen Schätzen des Kunsthistorischen Museums in Wien zählt. Die Figur gibt allerdings bis heute Rätsel auf und lädt zu Spekulationen ein: Stellt sie einen unbekannten keltischen Helden dar? Zeigt sie Merkur oder Mars oder doch nur einen idealtypischen Athleten?

    Der wirtschaftliche Aufschwung und der Kontakt mit den Errungenschaften südlicher Zivilisation brachten wie gesagt große Vorteile mit sich, doch bildete der zunehmende Einfluss Roms auch einen ersten Vorgeschmack auf das, was bald folgen sollte: die politische und militärische Übernahme des Regnum Noricum. Die italischen Kaufleute, die sich am Magdalensberg niederließen, bildeten gewissermaßen die Vorhut. Die Romanisierung des Alpenraums stand bevor.

    003

    DIE RÖMER EROBERN

    DEN ALPEN- UND DONAURAUM –

    DIE PROVINZEN NORICUM

    UND RAETIA

    Mit der Bildung der Provinzen Raetia, Noricum und Pannonia etablierte sich das Römische Reich auch im Ostalpenraum, die Donau war nun Grenze zu den Barbaren.

    Es war nur eine Frage der Zeit, bis das mächtige Rom seine Hände endgültig in Richtung Norden ausstrecken sollte. Zwar hatte sich das Römische Reich bereits die dominierende Stellung im Mittelmeerraum erkämpft, hatte Schlacht um Schlacht gewonnen, Land um Land erobert, doch das Innere des europäischen Festlandes stand noch nicht unter seiner Kontrolle. Zur Mitte des ersten vorchristlichen Jahrhunderts bezwangen Roms Truppen unter dem Befehl Julius Cäsars ganz Gallien, also das heutige Frankreich. Der Rhein bildete ab nun die heiß umkämpfte Grenze zu den germanischen Stämmen, die nicht müde wurden, den römischen Invasoren erbitterten Widerstand zu leisten. Auch auf dem Balkan, an der unteren Donau, waren die Römer bald präsent. Was jetzt noch fehlte, war das Land dazwischen.

    Das keltische Regnum Noricum mit seinen westlich und östlich angrenzenden Gebieten hatte bislang eine Art neutrale Pufferzone zwischen Römern und Germanen gebildet. Unter Cäsars Nachfolger Augustus änderte sich die Situation jedoch grundlegend. Er, der erste römische Kaiser, plante, was zu Zeiten der Römischen Republik nie ernsthaft erwogen worden war: die Eroberung des Alpenraums bis hinauf zur Donau.

    Es waren strategische und militärische Überlegungen, die für die Expansion in Richtung Norden sprachen: Die Feldzüge gegen die Germanen benötigten steten Nachschub an Truppen und Versorgungsgütern aller Art. Diesen direkt über die Alpenpässe zu führen anstatt über den Umweg Gallien, schien daher naheliegend. Auch könnte man, so hoffte man in Rom, nördlich des Keltenreichs (also nördlich der Donau) ebenfalls auf germanisches Gebiet vordringen, um dort die widerspenstigen »Barbaren« endlich zu unterwerfen.

    Die Aktion war mustergültig koordiniert. Ab dem Jahr 25 v. Chr. wurden zunächst jene keltischen Stämme bezwungen, die in der heutigen Schweiz siedelten, ab 15 v. Chr. folgte dann der Vorstoß über Brenner und Reschenpass an den Bodensee und in den Raum des südlichen Bayerns. In der neu geschaffenen römischen Provinz Raetia lagen somit auch das heutige Vorarlberg und weite Teile Tirols. Römische Soldaten bauten die alten Saumpfade über die Alpen zu bequemen Straßen aus, über die nun Truppen, Post und Handelsgüter schnell und sicher transportiert werden konnten (und an die bis heute viele Meilensteine und die Reste antiker Mautstationen erinnern).

    Im keltischen Regnum Noricum stieß die Machtübernahme durch Rom – im Gegensatz zu Raetia – offenbar auf keinen großen Widerstand, zumindest berichtet keiner der antiken Geschichtsschreiber von nennenswerten Auseinandersetzungen. Schließlich war die Beziehung zum südlichen Nachbarn zuvor schon viel zu eng gewesen, zu groß der kulturelle und wirtschaftliche Einfluss Roms, als dass die neue Herrschaft als radikaler Bruch wahrgenommen worden wäre (s. Kap. 002). Darüber hinaus behielt Noricum zunächst weitgehende Autonomie, so lange es nur Roms Oberhoheit anerkannte und Tribut zahlte. Erst um das Jahr 50 n. Chr. wurde es offiziell römische Provinz und die zur gleichen Zeit planmäßig angelegte Stadt Neu-Virunum (bei Maria Saal, Kärnten) Sitz des römischen Statthalters. Das einst so bedeutende Alt-Virunum auf dem Gipfel des Magdalensberges verfiel hingegen zusehends und geriet in Vergessenheit.

    004

    RÖMISCHE LEBENSART

    UND FRÜHES CHRISTENTUM

    Ab der Mitte des ersten nachchristlichen Jahrhunderts wurden zahlreiche Städte, Militärkastelle und Legionslager auf österreichischem Boden gegründet, zumeist anstelle oder in der Nähe bereits bestehender keltischer Siedlungen. Sie reichten von Brigantium (Bregenz) und Aguntum (bei Lienz) über Iuvavum (Salzburg) und Ovilava (Wels) bis Cannabiaca (Zeiselmauer) ganz im Nordosten Noricums beziehungsweise weiter nach Vindobona (Wien) und Carnuntum in der benachbarten Provinz Pannonia.

    Obwohl Zivilbeamter, wird der Heilige Florian meist als Soldat dargestellt. Sein Attribut, der Wassereimer, weist auf seine Ertränkung hin, machte ihn später aber zum Patron der Feuerwehr.

    Die neuen Städte glichen Abziehbildern Roms im Kleinformat: Man traf einander am Forum oder in der Therme, Gladiatorenkämpfe, Tierhatzen und Theateraufführungen in den Amphitheatern garantierten regelmäßige Unterhaltung, Kanäle und Häuser mit Fußbodenheizung sorgten für alle nur erdenklichen Bequemlichkeiten. Neben Olivenöl und italischem Wein wurde teures Glas und feinste Terra-Sigillata-Keramik importiert. Auch die Mitglieder der keltischen Oberschicht profitierten von den neuen Verhältnissen. Schnell wurde diesen Vermögenden das römische Bürgerrecht verliehen, was sie loyal an den Kaiser band. Gerne übernahmen sie die neue Mode aus dem Süden, vornehme Herren trugen nun die weiße Toga anstatt der traditionellen Hosen, und die aufwendigen Frisuren der Damen orientierten sich ebenfalls am römischen Geschmack.

    Eine große Rolle spielte das Militär. Es war nicht nur für die Sicherung der Grenzen und Straßen zuständig, sondern nahm auch entscheidenden Einfluss auf die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der neuen Provinzen – immerhin wollte der Sold der Legionäre auch ausgegeben werden. Außerhalb der Kastelle entstanden zivile Siedlungen mit Gasthäusern, Geschäften, Handwerksbetrieben und Bordellen. So kam es, dass etwa Vindobona zu seiner Blütezeit rund 30 000 Einwohner hatte, Carnuntum sogar 50 000.

    Das »Heidentor« von Carnuntum/Petronell wurde vermutlich Mitte des 4. Jahrhunderts als Triumphbogen errichtet.

    Binnen weniger Jahrzehnte festigte sich die neue Herrschaft, wenngleich weiterhin nur ein geringer Teil der Bevölkerung aus »echten« Römern bestand. Das Zusammenleben mit den Kelten und einigen friedlich zugewanderten germanischen Gruppen gestaltete sich offenbar recht harmonisch. Wie so oft zuvor erwiesen sich die Römer als höchst erfolgreich, fremde Länder zu akkulturieren: Sie waren einerseits flexibel, wenn es galt, einheimische Gottheiten in ihr Pantheon zu übernehmen, auf der anderen Seite führten römische Beamte und Soldaten, die zuvor in fernen Weltgegenden gedient hatten, orientalische Kulte aus Syrien, Ägypten oder Persien ein, wie jenen um den Lichtgott Mithras.

    Spätestens um das Jahr 300 kam ein weiterer Glaube aus dem Nahen Osten hinzu, der zunächst als jüdische Sekte wahrgenommen wurde: das Christentum. Dieses ließ sich aber bekanntlich nicht in das römische System integrieren, weigerten sich dessen Anhänger doch strikt, andere Gottheiten anzuerkennen und den Kaiser als gottgleich zu verehren. In seinem Bemühen, dem Reich angesichts der zunehmenden Bedrohung von außen wieder zu Stabilität zu verhelfen, befahl Kaiser Diokletian die Zerschlagung der christlichen Gemeinschaften. Es waren die letzten (und blutigsten) Christenverfolgungen der Antike.

    In Österreich ist mit ihnen vor allem ein Name verbunden, jener des Florianus. Im Jahr 304 starb der ehemalige römische Beamte für seinen Glauben, als man ihn bei Lauriacum in der Enns ertränkte. Auch wenn diese Geschichte einer harten Quellenkritik kaum standhält, ändert das bis heute nichts an der Popularität des oberösterreichischen Landesheiligen.

    005

    PANNONIA UND

    DIE MARKOMANNENKRIEGE

    Marc Aurel überquert auf dem Feldzug gegen Markomannen und Quaden die Donau (oben), das »Regenwunder« (unten). Zeichnung der Reliefs auf der Marc-Aurel-Säule (Piazza Colonna in Rom)

    Östlich von Noricum ging es von Anfang an unruhig zu. Nur mühsam eroberten die Römer ab 15 v. Chr. die Gebiete bis hinauf zum ungarischen Donauknie und gründeten die Provinz Pannonia, zu der das heutige Burgenland sowie die östlichen Teile Niederösterreichs und der Steiermark gehörten. Auch von hier wurden Anstrengungen unternommen, das eigentlich gesetzte Ziel zu erreichen: die Unterwerfung von »Germania Magna« im Norden. Das Jahr 9 n. Chr. brachte den Römern jedoch ihre bitterste militärische Niederlage: Im Teutoburger Wald wurden in der berühmten Varusschlacht ganze drei Legionen (rund 20 000 Mann) von den Truppen des Etruskerfürsten Arminius aufgerieben. Es war ein Trauma, von dem sich Rom lange nicht erholte.

    In Pannonien arrangierte man sich danach mit den germanischen Nachbarn, hauptsächlich den Quaden und Markomannen, die auf dem Gebiet des heutigen Weinviertels, Mährens und der westlichen Slowakei siedelten. Doch ab Mitte des zweiten Jahrhunderts flammten an mehreren Abschnitten der Grenze Konflikte auf. Markomannen und Quaden überquerten die Donau und fielen plündernd in Pannonien und Noricum ein, manchen Gruppen gelang sogar der Marsch bis nach Oberitalien. Kaiser Marc Aurel holte nun zum militärischen Gegenschlag aus. Ausgangspunkt dafür war Carnuntum, der wichtigste Stützpunkt römischer Macht im heutigen Österreich.

    Es wurde ein harter und erbitterter Krieg, viele Jahre lang waren die römischen Truppen damit beschäftigt, die Feinde nördlich der Donau zu bekämpfen. 172 geriet Marc Aurel mit seiner Armee in größte Gefahr, als diese – von den Quaden umzingelt – von jeglicher Wasserversorgung abgeschnitten war. Das »Regenwunder« rettete die Römer. In späterer Zeit entstand die Legende, betende christliche Legionäre hätten für diese göttliche Hilfe gesorgt.

    Im Jahr 180 starb der Kaiser (ob, wie oft zu lesen, in Vindobona, ist allerdings umstritten). Sein Sohn Commodus schloss sofort Frieden mit den germanischen Feinden, doch die Phase der Ruhe, die nun folgte, war nicht von Dauer. Gegen Mitte des dritten Jahrhunderts zeigte sich das Römische Reich durch Bürgerkriege und häufige Thronwechsel im Inneren arg geschwächt, was kriegerische Raubzüge durch Goten, Alemannen, Franken und andere Stämme erleichterte. Der Druck auf die Grenzen wuchs gefährlich an.

    Entlang der Donau musste der Limes durch neue Wehranlagen und Wachtürme immer weiter verstärkt werden, und mit Lauriacum (bei Enns) entstand ein weiteres bedeutendes Legionslager. Vindobona wurde zu jener Zeit zur Festungsstadt ausgebaut, hinter deren Mauern sich bald auch die Zivilbevölkerung zurückzog. Dass dort plötzlich genug Platz für so viele Menschen war, lag an der großen Verwaltungs- und Heeresreform Kaiser Diokletians. Er musste erkennen, dass die schier unendlich lange Grenze seines Reichs kaum noch mit den vorhandenen Truppen zu schützen war. Er ließ daher die Anzahl der römischen Legionen auf 70 verdoppeln, musste im Gegenzug aber deren Mannstärke dramatisch verringern. Hatte eine Legion bis dahin aus 6000 Soldaten bestanden, waren es ab nun nur noch zwischen 1000 und 2000. Diese Maßnahmen konnten den drohenden Niedergang allenfalls verlangsamen, nicht aber auf Dauer verhindern. Einige Jahrzehnte konnte sich das Römische Reich noch halten, bevor die Völkerwanderung dessen Ende einläutete.

    006

    DIE VÖLKERWANDERUNG

    Das Römische Reich wankte, doch es vergingen noch Generationen, bis es fiel. Wohlgemerkt ist vom Weströmischen Reich die Rede, denn die Herrschaft wurde im Jahr 395 auf zwei Kaiser aufgeteilt, von denen einer in Rom beziehungsweise in der neuen Hauptstadt Ravenna residierte, der andere in Konstantinopel. (Dieser östliche Reichsteil, Byzanz, sollte bekanntlich noch ein weiteres Jahrtausend bestehen, s. Kap. 032.)

    Der Heilige Severin von Noricum bekehrt einen barbarischen Krieger.

    Damals hatte bereits jener Prozess eingesetzt, den wir heute gemeinhin Völkerwanderung nennen. Das nomadische Reitervolk der Hunnen war während der 370er-Jahre von Osten her an die Ränder Europas vorgestoßen, was die dort sesshaften germanischen Stämme verdrängte und sie zu jahrzehntelangen Wanderungen kreuz und quer durch den Kontinent veranlasste. Es würde zu weit führen, all die Züge der West- und Ostgoten, Langobarden, Vandalen, Sueben, Alemannen und der vielen anderen zu erläutern, die heute allenfalls dem Namen nach bekannt sind. Nur so viel sei gesagt: Auf ihrer Suche nach geschütztem Siedlungsraum oder schneller Beute zogen sie auch durch das heutige Österreich.

    Die römische Provinz Pannonia musste 433 an Attilas Hunnen abgetreten werden, der nördliche Teil Noricums (»Ufernoricum«) wurde von den Kaisern in Ravenna immer mehr sich selbst überlassen. Es fehlte an Nachschub und Geld. An die Stelle der einst so schlagkräftigen römischen Armee traten zunehmend die mit Rom verbündeten »foederati«, barbarische Fürsten, die mit ihren Truppen Sicherheit und Ordnung gewährleisten sollten. Das taten sie aber oft recht eigenmächtig und nutzten ihre Stellung zur Schaffung eigener Hoheitsgebiete auf römischem Territorium. Zu ihnen zählten unter anderen die germanischen Rugier, die im Wein- und Waldviertel ein Reich gründeten. Über deren Beziehung zur romanisch-keltischen Bevölkerung wissen wir nicht zuletzt aus der Vita Sancti Severini, der Geschichte des berühmten Severin, der bis zu seinem Tod im Jahr 482 als christlicher Prediger im Donauraum wirkte und bereits zu Lebzeiten wie ein Heiliger verehrt wurde.

    Attila, der gefürchtete König

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