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Sommerhitz'n: Ein Kommissar Wengler Krimi
Sommerhitz'n: Ein Kommissar Wengler Krimi
Sommerhitz'n: Ein Kommissar Wengler Krimi
eBook289 Seiten3 Stunden

Sommerhitz'n: Ein Kommissar Wengler Krimi

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Über dieses E-Book

Kommissar Wengler saß in seinem Wohnzimmer, oben im dritten Stock, in Giesing. Es war heiß an diesem frühen Abend, als er mit seinen Freunden dort vor seinem Pseudobalkon saß und mit ihnen Schafkopf spielte. Es war nur eine Tür nach draußen die man offen ließ, mit einem Geländer davor, dass man nicht aus Versehen durch diese geht und sich unten auf dem Bürgersteig wiederfand. Sie saßen dort, da dies wenigstens ein bisschen Kühle brachte. Und das war dringend nötig, da es unerträglich heiß war.

Gerade als Herbert Wengler seinen letzten Trumpf spielen wollte, um das Spiel zu seinen Gunsten zu beenden, klingelte das Telefon. Es war Armin, sein Assistent. Jemand wäre in einem Pool in der Nobelgegend Nymphenburg ertrunken, sagte er ihm. Man müsse sich darum kümmern. Also fuhren sie dort hin. Kaum dort angekommen, trafen sie auf seinen Freund Klaus Mergentheimer von der Spurensicherung. Wie immer war die Begrüßung äußerst herzlich.

„Ja, der Herbert. Bist auch schon da? Hamma ja alle sehnsüchtig auf dich g'wartet“

„Habt's nicht, weil der Tote scheinbar schon aus'm Wasser is. Oder is der am Rasen ersoffen?“

Wie so in den höheren Kreisen üblich, bekamen sie nicht viel Unterstützung in ihren Nachforschungen, warum der Hausherr sein zeitliches gesegnet hatte. Aber durch akribisches Nachhaken und unendlicher Geduld, fügten sich sehr bald die Machenschaften zu einem Bild, und die Schuldigen konnten wieder einmal ihrer gerechten Strafe zugeführt werden.

SpracheDeutsch
HerausgeberBookRix
Erscheinungsdatum4. Apr. 2023
ISBN9783755437994
Sommerhitz'n: Ein Kommissar Wengler Krimi

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    Buchvorschau

    Sommerhitz'n - Olaf Maly

    Kapitel 1

    Kommissar Wengler saß in seinem Wohnzimmer, oben im dritten Stock, in Giesing. Dort, wo die Straßenbahn seit ihrer Erbauung die Kurve nimmt, um gegen Osten zu fahren. Was man immer an dem quietschenden Geräusch mitbekommt, wenn die Tür zur Straße auf ist. Zum Balkon eben. Na ja, zum französischen Balkon. Zu einem richtigen hat es nie gereicht. Nur eine Tür nach draußen, mit einem Geländer davor, dass man nicht aus Versehen durch diese geht und sich unten auf dem Bürgersteig wiederfand. Nun, man selbst würde sich sicher nicht wiederfinden. Andere schon. Der Sanitäter, zum Beispiel, der bedauernd den Tod feststellen würde, indem er nach oben blickte, wo eben diese Tür aufstehen würde. Wenn sie kein Geländer hätte. Man hatte diese Tür nachträglich nach dem Krieg eingebaut, um die Wohnung attraktiver zu machen. Damals musste man noch Mieter suchen.

    Aber das würde dem Kommissar nicht passieren. Das mit dem Hinabstürzen vom französischen Balkon. Er wohnte dort seit seiner Jugend, also wusste er um die Gefahr und vermied, sich der Öffnung riskant zu nähern. Außerdem war seine Wohnung mitten in Giesing, wo man irgendeine Tür geflissentlich sowieso nicht zu oft aufhaben sollte.

    Es war heiß an diesem frühen Abend, als er mit seinen Freunden dort vor seinem Pseudobalkon saß und mit ihnen Schafkopf spielte. Diese waren der Hintermeier Egon von der Glockenbachstraße und der Schäfer Franz aus Giesing. Sie saßen an der offenen Tür, da dies wenigstens ein bisschen Kühle brachte. Und das war dringend nötig, wegen der Hitze eben. Wenn es auch nur ein leichter Luftzug war, der von der Straße nach oben zog. Wie man sich vorstellen konnte, war dieser Schwall von Luft nicht gerade eine sehr gesunde Angelegenheit, da um diese Zeit immer noch die Autos fuhren. Wie eigentlich um jede Zeit. Besonders der Bus 52 vom Bahnhof nach Neuperlach und zurück. In der Stoßzeit alle zwanzig Minuten. Wenn dieser den Berg, es war ein kleiner Hügel, eigentlich kein Berg, hinauffuhr, musste ein Gang zurück geschaltet werden, was aus dem armdicken Auspuff, der nach oben ging, einen gewaltigen Schwall von rußigem Abgas entweichen ließ. Dann wurde es für kurze Zeit dunkel am Himmel. Je nachdem, wie der Wind wehte.

    Herbert Wengler hatte allerdings auch ein bisschen vorgesorgt, um es seinen Freunden ein wenig gemütlicher zu machen. Durch ein paar Beziehungen hatte er es gerade noch geschafft, einen der wertvollen Gebläse zu ergattern, die seit Wochen ausverkauft waren. Es gab sie nur noch unter der Hand. Sogar seine Bekanntschaften, die wirklich wussten, wie man solche Dinge, die nicht zu haben sind, bekam, hatten Probleme. Aber dort stand er nun. Auf dem Tisch seiner Mutter, der Herrgott hab sie selig, auf dem immer die Vase seiner Tante stand. Die musste weichen. Für den Ventilator. Auf höchster Stufe eingestellt, blies er die warme Luft in den Raum und letztendlich durch die französische Balkontür ins Freie. Deswegen kam auch der Geruch der Straße nicht komplett ins Zimmer, was alle drei als sehr vorteilhaft empfanden.

    „Des hast gut g’macht, Herbert", meinte der Hintermeier Egon, der sonst mit Komplimenten an seinen Freund sehr zurückhaltend war.

    „Ja, des muss ich auch sagen. Da hast recht, Egon. Da kann man sagen, was man will, aber in dem Fall hast du wirklich den Hasen abg’schossen."

    „Den Vogel."

    „Was für einen Vogel, Herbert?"

    „Man sagt den Vogel abg’schossen, Franz, nicht den Hasen."

    „Has oder Vogel, des is doch total wurscht. Abg’schossen is abg’schossen. Jetz geh endlich raus mit deine blöden Karten. Sonst werd’n wir ja nie fertig."

    „Lass dir nur Zeit. Du bist nur sauer, weilst wieder verlierst."

    „Mein lieber Herbert, des werden wir seh’n, wenn des vorbei is. Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer."

    Beide sahen ihren Freund Franz Schäfer eindringlich an. Und dann einander.

    „Ja sag, Franz, seit wann bist du denn so bewandert in der deutschen Literatur. Du kennst ja direkt zwei Sprichwörter. Wenn eins auch nicht ganz richtig war."

    „Ihr zwei unterschätzt mich total. Schon immer. Ich bin nicht so dumm wie ihr des immer glaubts."

    „Ja", sagte Herbert Wengler.

    Wir kennen dich ja auch erst seit mehr als vierzig Jahr. Da kann man schon noch was lernen. Überraschungen gibt’s immer."

    Dann war Ruhe. Alle drei mussten sich auf das Spiel konzentrieren. Besonders Herbert Wengler, da er mit zwei Euro und fünfundzwanzig Cent vorne lag und die nicht wieder verlieren wollte.

    Gerade als Herbert Wengler seinen letzten Trumpf spielen wollte, um das Spiel zu seinen Gunsten zu beenden, klingelte das Telefon. Alle drei ignorierten es. Das Klingeln eines Telefons ist in bestimmten Situationen, besonders wenn es um den Endsieg im Kartenspiel geht, total zu vernachlässigen. Als gäbe es das Geläut ganz einfach nicht. Nur, wer immer auch am anderen Ende war, gab nicht auf. Als die letzte Karte gespielt, der Franz und der Egon anfingen, gehörig zu fluchen und auf ihren Freund zu schimpfen, stand Herbert Wengler auf, um es abzunehmen. Er hatte ein bestimmtes Gefühl, wer das sein konnte, war also nicht gerade begeistert, den Weg zu nehmen. Er wusste, dass es das Ende der Schafkopfrunde sein würde. Zwar lag er nun mit drei Euro fünfzig Cent vorne, was ihm eine gewisse Genugtuung gab, er war aber deswegen nicht abgeneigt, das Spiel zu beenden. Seine Freunde aber würden es nicht glauben, dass dieser Anruf nicht von ihm bestellt war. Nur weil er gewonnen hatte. Und es nicht wieder verlieren wollte.

    „Ja, des passt ja sauber, des mit dem Anruf, Herbert. Jetz, wo dass du g’wonnen hast, müss ma aufhör’n. Du Gauner, du g’seichter."

    Der Schäfer Franz hatte ihm das nachgerufen, als er auf dem Weg zum Telefon war. Und der Hintermeier Egon musste ihm Recht geben. Nur nutzte es nichts. Das Spiel war zu Ende.

    Herbert Wengler kam nach nicht einmal einer Minute zurück.

    „Des war der Armin, könnt’s euch ja vorstell’n. Der holt mich in einer halben Stunde ab. Des Spiel da, des müss ma ein anders mal weitermachen."

    „Und des Geld bleibt, wo’s is", warf der Egon ein.

    „Ja, des mach ma so und nicht anders", gab ihm der Franz wieder Recht.

    „Ihr Saulappen, des hab ich g’wonnen und des nächste Mal fangen wir von vorn an. Und jetz schleicht’s euch. Ich muss mir noch was anzieh’n. Der Armin kommt."

    „Wir kommen mit, du Sauhund. Möcht seh’n, ob des der Armin is oder nur eine Ausred’", warf der Hintermeier Egon noch ein.

    Es waren herzliche Worte, die man sich gegenseitig zurief. Man kannte sich und liebte sich. Wie man eben seine Freunde liebte, die man sein ganzes Leben lang kannte. Da waren die Worte gewählt und freundlich. Und wurden geschätzt.

    Alle drei verließen also zusammen die Wohnung. Unten angekommen, warteten sie noch auf Armin, Kommissar Wenglers Assistenten. Sie kannten ihn. Und da der Abend früher zu Ende ging als geplant, wollten sie auch wissen was los war. Warum man ihren Freund vorzeitig abberufen hatte.

    Es war ein Samstag. Das Café auf der gegenüberliegenden Straßenseite war gerammelt voll. Die jungen Leute standen mit ihren Pappbechern auf der Straße. Unterhielten sich, rauchten, lachten und umarmten sich. Es war eine fröhliche Stimmung. Ein älterer Mann ging mit seinem Hund spazieren und musste sich durch die Menge drängeln. Man beachtete ihn nicht. Es sah aus, als wäre er Luft oder unsichtbar. Vielleicht auch beides.

    Die Straßenbahn kam um die Ecke und versperrte zeitweise den Blick auf das Gegenüber. Leute stiegen aus. Wedelten sich mit einer Zeitung Wind ins Gesicht. Es muss heiß gewesen sein in diesem Stahlkäfig, in dem man kein Fenster aufmachen konnte und der langsam durch die Schluchten fuhr. Warum eigentlich nicht, dachte sich der Kommissar. Warum haben die keine Fenster, die man aufmachen konnte. Er hatte einmal ein Bild gesehen von Straßenbahnen in San Francisco. Da gab es keine Fenster. Alles war offen. Da hingen die Leute sogar an den Streben. Mit dem Körper nach außen. Aber München ist halt nicht San Francisco.

    Auf seiner Seite war nicht viel los. Es gab kein Café oder einen Laden. Alles spielte sich gegenüber ab. Auch einen Gemischtwarenladen gab es dort neben dem Café, der fast immer aufhatte. Dann, wenn der junge Mann, er hieß Amed, eben Lust hatte. Geregelte Öffnungszeiten gab es nicht. Das war eine Erfindung der westlichen Welt, in der alles geregelt werden wollte. Auch der Kommissar kaufte dort manchmal eine Flasche Bier, wenn es ihm ausgegangen war. Er hatte sogar Augustiner, sein Lieblingsbier. Das machte ihn umso sympathischer.

    Kapitel 2

    Armin kam, als Herbert Wengler mit seinen beiden Freunden unten auf der Straße stand und sie sich den Betrieb ansahen, der um sie herum vor sich ging. Sie redeten gestikulierend miteinander. Schwenkten die Arme, gingen im Kreis und rannten herum. So, als würden sie gerade die Probleme der Welt lösen.

    Franz hatte sich noch einen Zigarillo angezündet. Niemand durfte in der Wohnung des Kommissars rauchen. Also war er nicht ganz unglücklich, dort zu stehen. Die beiden neben ihm sahen ihn nur mitleidig an. Dann redeten sie wieder, als ginge es um ihr Leben.

    Armin kam um die Kurve. Ein bisschen schneller als er sollte. Dann parkte er seinen Wagen auf dem Bürgersteig, was zwar verboten war, aber wenn er sein Blaulicht auf das Dach stellte, wusste jeder, sogar die Politesse im Dienst, dass es ein Polizeiauto war. Und diese Politesse war immer im Dienst. Konnte man denken, wenn man dort wohnte und ein Auto hatte. Irgendwie war sie immer zu sehen. Auch wenn nichts zu sehen war. Wenn man parkte, nur um sich etwas aus dem Laden zu holen, stand sie plötzlich vor einem. Als wäre sie aus der Hölle nach oben gestiegen. Herbert Wengler kannte das von Erzählungen. Er selbst hatte nie ein Auto gehabt, aber da er bei der Polizei war, was alle wussten, erhofften sich manche durch einen guten Kontakt, wie eben er, Gnade zu erwirken. Nur, Politessen sind gnadenlos. Das wusste jeder.

    Armin stieg aus und begrüßte die drei, die immer noch heftig zu diskutieren schienen, als er auf sie zuging.

    „Geht es wieder ums Schafkopfen, oder wie das seltsame Spiel heißt?", fragte er, als er nahe genug war, sodass sie ihn verstehen konnten. Und er nebenbei mitbekam, worüber sie sprachen.

    Plötzlich war der Disput zu Ende. Als hätte es nie einen gegeben. Wie es so ist in diesem Fall, konnte man sich sehr echauffieren, wenn man nicht derselben Meinung war. Wenn jedoch ein Unbeteiligter meinte, er müsse eingreifen, kam man geeint zusammen und vertrug sich. Man bildete eine Koalition gegen den Eindringling.

    „Armin, da verstehst du absolut nichts davon. Also probier des erst gar nicht. Des muss man im Blut ham, verstehst! Mit der Muttermilch aufsaugen. Lernen kannst des nicht, falls da du des vorhast."

    „Keine Sorge, Herr Kommissar. Ich habe nicht vor, die bayerische Tradition des sich gegenseitig Zerfleischens zu erlernen. Wo ich herkomme, spielt man zivilisiert Karten. Auch wenn man verliert, bleibt man Freunde."

    „Wo du herkommst, Armin, is nix zivilisiert. Des wissen wir. Deswegen geh’n wir da nicht hin. Hab ich recht?"

    Dabei sah Herbert Wengler seine Freunde an. Beide stimmten lautstark zu. Es war wichtig, in diesem Fall einer Meinung zu sein.

    Nachdem man das nun geklärt hatte, fragte der Kommissar, was denn los sei und was ihn gezwungenermaßen aus seinem schönen Heim vertreiben sollte.

    „Wir haben einen Toten in einem Schwimmbecken."

    „Ja", sagte der Hintermeier Egon.

    Der wird halt ins Wasser g’sprungen sein und dann is er ersoffen."

    „Oder auch nicht", warf Armin ein.

    „Deswegen müssen wir das überprüfen. Immer wenn jemand zu Tode kommt, wo die Umstände nicht ganz klar sind, schalten wir uns ein. Wenn es so war, wie Sie sagen, sind wir in ein paar Stunden wieder hier und Sie können sich weiter gegenseitig Nettigkeiten an den Kopf werfen."

    „Armin, seit wann red’st du jetz so g’schwollen daher? Hast was g’trunken? Zwei Kölsch, oder wie des gelbe Spülwasser bei euch da heißt."

    „Herr Kommissar, wir haben einen Toten, der auf nicht natürliche Weise ums Leben gekommen ist. Und jetzt würde ich empfehlen, erst einmal dorthin zu fahren. Dann sehen wir weiter."

    „Also, worauf wart ma dann?"

    Damit ging der Kommissar zum Wagen. Vorher verabschiedete er sich noch herzlich von seinen Freunden und wünschte ihnen einen guten Weg nach Hause. Das hieß, wie immer das auch an diesem späten Nachmittag ausgehen würde, das Spiel musste man vertagen.

    Kapitel 3

    Als beide, der Kommissar und Armin Staller im Wagen saßen, wollte der Kommissar natürlich Einzelheiten wissen. Warum er aus einem so wichtigen Ereignis herausgerissen werden musste, sollte geklärt werden. Und er hoffte, nicht nur für sich selbst, sondern auch für Armin, dass es wirklich wichtig war.

    „Viel gibt es nicht, Herr Kommissar. Nur eben diesen Toten im Schwimmbecken."

    „Schwimmbecken? Im Freibad?"

    „Nein, es ist in einem Haus in Nymphenburg."

    „Aha, da also, wo die wohnen, wo die sich so ein Becken leisten können. Weil’s zu fein sind, dass die ins Freibad geh’n."

    „Ja, genau da. Und die nicht ins Freibad gehen, da haben Sie recht. Ich wusste, dass Ihnen das Freude machen wird, dort einmal zu ermitteln. Es scheint eine besondere Gegend zu sein. Jedenfalls hat die Haushälterin angerufen, dass der Chef tot im Pool liegen würde."

    „Also nicht die Frau?"

    „Nein, aber die ist scheinbar auf dem Weg. Oder vielleicht auch schon da. Ich habe bereits den Mergentheimer hinbestellt. Und der Doktor Brunner ist auch verständigt."

    Klaus Mergentheimer war der diensthabende Kollege und Freund von Herbert Wengler. Er arbeitete in der KTU, dem Bereich, der sicherstellte, dass alle Beweise gesammelt wurden, die man später brauchen könnte, um den Täter zu überführen. Oder besser, dem vom Kommissar überführten Täter auch zu beweisen, dass er überführt worden war. Was im Prinzip auf dasselbe hinauslief.

    Eigentlich ist Herbert Wengler der Meinung, dass das Zeitverschwendung war, da er seine Fälle auch ohne diesen Schmarr’n, wie er es nannte, lösen konnte. Nur hatten andere Leute eben andere Meinungen darüber, und deswegen wurde der Leiter der Spurensicherung an den Tatort gerufen.

    Doktor Brunner wiederum war der Gerichtsmediziner, der feststellte, woran die Toten gestorben waren.

    „Armin, wenn du so weiter machst, braucht man mich schon bald nicht mehr."

    „Keine Sorge, Herr Kommissar. Ich brauche Sie. Und München braucht Sie. Wahrscheinlich ganz Bayern braucht Sie."

    Dazu lächelte er ihn an. Man verstand sich.

    Nach einer Weile kamen sie an dem Haus an. Armin hatte die Klimaanlage eingeschaltet und die Fenster zugemacht. Kommissar Wengler genoss die kalte Luft, die ihn anströmte. Er stellte die Luftauslässe genau so, dass der Schwall sein Gesicht traf. Bis es ihm fast zu kalt wurde und er Angst hatte, dass seine Nase Schaden nehmen konnte. Wie jeder wusste, war das die empfindlichste Stelle im Gesicht, wenn es um Kälte ging. Jedenfalls von den Stellen, die frei der Luft ausgesetzt waren.

    Das Haus war ein flacher Bungalow. Modern gebaut. Gerade Wände aus Beton. Alles viereckig. Mit viel Glas. Nicht wie man früher Häuser gebaut hat. Mit Ziegel, Putz und weißer Farbe. Nein, es waren graue, unverputzte Wände. Man konnte die Muster der Schalbretter sehen, die den flüssigen Betonbrei in Form gehalten hatten, bis er ausgehärtet war. Zumindest so weit, dass keine Gefahr mehr bestand, dass die Wände wieder einfielen.

    Um das Haus herum war ein hoher Zaun aus schwarzen Gitterstäben, eng nebeneinander gereiht. Das Tor zur Garage war in gleicher Höhe und konnte elektrisch zur Seite verschoben werden. Es stand offen. Der Rand um den Zaun herum war mit niedrigen Hecken bepflanzt. Nur vereinzelt gab es einen Baum. Die Fenster waren sehr groß, gingen fast bis zum Boden. Sie waren undurchlässig. Schwarz. Dunkel. Man sah nur schemenhaft Lichter und verschwommene Gestalten, die sich im Haus bewegten.

    „Die Fenster sind richtig dunkel. Da sieht man fast nix, Armin."

    „Nur wenn man sie dunkel macht."

    „Heißt was?"

    „Dass man die dunkel oder hell machen kann, wie man will. Ich habe da einmal einen Bericht gelesen. Irgendwie geht das mit Strom, aber fragen Sie mich nicht wie. Man hat so eine Fernbedienung und kann das einstellen, wie man will."

    „Da brauchst dann keine Vorhänge mehr."

    „Genau, das ist der Sinn der Sache. Vorhänge passen nicht in so ein Haus. Viel zu altmodisch."

    In der Einfahrt zur Garage sah man die Polizeiwägen der Spurensicherung und einige andere Dienstwägen. Polizisten standen herum und redeten. Blaulichter kreisten unablässig auf den Dächern der Wägen.

    Die beiden gingen langsam zum Haus.

    „Schalt’s doch amal die blöden Lichter da aus. Muss ja nicht die ganze Stadt wissen, was hier los is." Kommissar Wengler sprach zu einem der Polizisten, der gerade teilnahmslos an einem Wagen gelehnt seine Zigarette rauchte.

    Dieser murrte irgendetwas in seinen Bart, drehte sich um und verschwand. Die Lichter machte er nicht aus.

    „Komm, lass uns außen rum geh’n, Armin. Der Pool wird ja wohl im Garten sein, nehm ich an."

    „Nehme ich auch an."

    Am Schwimmbecken angekommen, sahen sie Klaus Mergentheimer bereits bei der Arbeit. Er unterhielt sich mit einem seiner Leute.

    „Klaus, was hamma?"

    Klaus Mergentheimer drehte sich um und ging auf seinen Kollegen zu.

    „Ja, der Herbert. Bist auch schon da? Hamma ja alle sehnsüchtig auf dich g’wartet."

    „Habt’s nicht, weil der Tote scheinbar schon aus dem Wasser is. Oder is der am Rasen ersoffen?"

    „Nein, aber weißt, wir ham denkt, dass des für euch vom Büro besser is, wenn ihr nicht in des Becken springen müsst, um sich den anzuschau’n. Deswegen ham wir den schon einmal frisch dahin g’legt. Nur für euch."

    „Des is aber sehr zuvorkommend von euch. Hätt ich nicht erwartet, soviel Rücksichtnahme. Aber ich glaub, des habt’s ihr nur für den Brunner g’macht."

    Kommissar Wengler sah Doktor Brunner aus dem Haus kommen. Er hatte einen schwarzen Anzug an, als wollte er auf eine Beerdigung gehen.

    „Kommen’s jetzt schon mit dunklem Anzug zur Arbeit? So aus Trauer für die Toten, die Sie dann aufschneiden und untersuchen?"

    „Ihnen auch einen schönen Tag, Herr Wengler. Und nein, ich wollte in die Oper. Festspiele, falls Sie davon gehört haben. Und pflichtbewusst, wie ich bin, hab ich das eben verschoben. Sie haben ja auch immer Leichen, wenn man sie nicht braucht."

    „Des nächste Mal sag ich Bescheid bei dene Mördern, dass die auf Sie Rücksicht nehmen sollen."

    „Danke, aber wieso glauben Sie, dass des Mord war? Vielleicht is der ja nur ertrunken?"

    „Kann sein. Und sehn’s, deswegen sind Sie hier, dass Sie mir des sagen, ob des Mord war oder ein Unfall. Vielleicht könnt ma des möglichst bald feststellen. Dann könnt ich nämlich wieder heim."

    „Herr Kommissar, daheim sterben die Leut, sagt man in Bayern. Treiben Sie sich ein bisschen herum, machen Sie sich eine gute Zeit, erleben Sie was. Das Leben ist kurz, wie Sie sehen."

    Dabei zeigte er auf die Leiche, die vor ihnen im Gras lag. Dann beugte er sich hinunter, um sich den Mann anzusehen.

    Der Tote war in den Vierzigern, konnte man annehmen, obwohl – in diesen Kreisen sollte man sich da nicht so sicher sein. Bekleidet war er mit einer Badehose, die ihm fast bis zu den Knien reichte. Ansonsten hatte er nichts an, was nicht verwunderlich war, da er ja im Schwimmbecken war. Seine blonden Haare waren schon eher spärlich auf seinem Kopf verteilt.  Jedenfalls, wenn sie nass waren. Trocken waren sie sicher besser anzusehen. Man sah eindeutig, dass sie nachträglich eingepflanzt worden waren. Die Figur war sportlich, die Haut hellbraun gebrannt. Er sah aus, als hätte er ein gutes Leben gehabt.

    „Mein erster Eindruck ist, dass er ertrunken ist. Ich sehe keine Einwirkung von Gewalt oder so, aber endgültig kann ich das erst sagen, wenn ich ihn auf dem Tisch habe."

    „Dann nehmen’s ihn mit, Doktor. Ich muss wissen, ob des ein Fall ist oder nicht. Ich hab was Besser’s zum Tun, als mich in der Nacht rumzutreiben, nur weil einer in seinem Pool ersoffen is."

    „Das glaube ich Ihnen aufs Wort. Obwohl ich nicht wüsste, was das sein soll. Das Bessere, meine ich. Sie leben doch mit Ihrer Arbeit, Herr Kommissar."

    Dann wandte er sich vom Kommissar ab.

    „Kann ich den mitnehmen, Klaus?", fragte er Klaus Mergentheimer, ohne eine Antwort abzuwarten.

    „Nimm ihn mit. Des Wasser hat eh alle Spuren versaut. Wir schau’n uns noch a bisser’l um, und dann sind wir auch wieder

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